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The Jimi Hendrix Book (9) – Verstärker und Effektgeräte

Jimi on Sunday 09: More Sounds! Über Jimi Hendrix’ Amps und Effekte

13. November 2022

The Jimi Hendrix Book (9)

Jimi Hendrix‘ Effekte waren zentraler Bestandteil seiner Musik. Kein anderer Gitarrist hat so exzessiv seine Verstärker und Boxen instrumentalisiert und auch mit diversen Effektgeräten neue Sounds und Klangfarben geschaffen. Amazona.de-Autor Lothar Trampert berichtet über Hendrix‘ Amps und Effekte.

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Jimi Hendrix’ Marshall-Verstärker & -Boxen

„It was 99 % Marshall“. Mit dieser Kurzformel des Technikers Eric Barrett ist das Thema „Hendrix-Amps“ im wesentlichen bereits abgehandelt. Seit Beginn seiner Plattenkarriere in England hat Jimi Hendrix, bis auf wenige Ausnahmen, ausschließlich Marshall-Verstärker gespielt. Dabei handelte es sich um Vollröhren-Gitarrenverstärker ohne irgendwelche Zusatzeffekte wie etwa die bekannten Hall- oder Tremolo-Einheiten, ausgerüstet nur mit Lautstärkereglern und einer relativ wirkungsarmen Klangregelung. Das typische Klangcharakteristikum dieser klassischen Röhrenverstärker besteht bekanntlich in der Möglichkeit der harmonischen Übersteuerung, die sich am deutlichsten in der sogenannten „Englischen Einstellung“ zeigen: Alle Regler des Marshall-Amps werden bis zum Anschlag nach rechts aufgedreht.

Was Boxen und Lautsprecher betrifft, verwendete Hendrix 4×12″-Cabinets mit serienmäßig eingebauten Celestion-, seltener auch Eminence-Speakern. Auf manchen Hendrix-Fotos sind unter den Marshall-Tops auch Sound-City-Boxen (vermutlich bestückt mit den gleichen Speakern) zu sehen. Erst ab Anfang 1970 wurden die Celestions durch die hochwertigeren JBL-Lautsprecher ersetzt; sie waren bedeutend widerstandsfähiger als ihre Vorgänger, die bei voll aufgedrehtem Marshall-Top oft und gern ihren Geist aufgaben. Zusätzlich wurden noch bei einigen frühen Gigs in England WEM-Lautsprecher-Boxen benutzt, die aber wahrscheinlich nur Monitor-Funktion hatten.

Der Vorläufer des Marshall-Amps wurde bereits 1962 in England von dem Techniker Ken Bran entwickelt. Dieser Verstärker war von seiner Leistung (er lieferte nur 35 Watt), Röhrenbestückung und gesamten Konzeption her noch nicht mit dem heute als klassisch angesehenen Marshall-Modell vergleichbar. Jim Marshall versuchte in der Folgezeit, die Grundidee dieses „Urtyps“ im Hinblick auf die Ansprüche der ihm bekannten Gitarristen zu variieren. So entstand Ende 1965 für den Who-Chef Pete Townshend das erste Marshall Stack – d.h. ein Verstärker-Top mit zwei 4×12″-Boxen. Erst 1966 wurde der Verstärker mit der noch heute üblichen Röhrenbestückung (EL34) versehen. Jimi Hendrix war somit einer der ersten Gitarristen, die diesen Gitarrenverstärker und seinen neuen Sound bekannt gemacht haben.

Schon kurze Zeit, nachdem die Experience-Besetzung mit Mitch Mitchell (dr) und Noel Redding (b) feststand, stattete er Jim Marshall (bei dem sein früherer Schlagzeug-Schüler Mitch Mitchell zeitweilig als Verkäufer angestellt war) einen Besuch ab und bestellte gleich zwei Marshall-Super-100-Amps und vier 4×12″-Boxen. Mit einem Teil dieses Equipments stand er schon bei den ersten Experience-Konzerten in Frankreich (ab dem 13 Oktober ’66, im Vorprogramm von Johnny Halliday) sowie bei den anschließenden BBC-Fernsehaufzeichnungen auf der Bühne.

Während Hendrix zum Zeitpunkt dieser ersten Gigs und Studio-Aufnahmen meist nur über ein 100-Watt-Topteil mit der zugehörigen Lautsprecherbox spielte, steigerte sich sein Verstärkereinsatz kontinuierlich: Schon kurze Zeit später standen regelmäßig beide bei Jim Marshall gekauften Stacks auf der Bühne die Regel. Ein Beispiel für die Ausmaße von Hendrix‘ Gitarren-Anlage bei seinen größeren Konzerten: Am 24. Februar 1969 spielte er in der Londoner Royal Albert Hall mit sieben Marshall-Tops und vierzehn Boxen; Die gesamte Anlage wurde zusätzlich mit Hilfe von Mikrofonen über die hauseigene PA-Anlage verstärkt. Einschränkend ist natürlich zu sagen, dass diese PA-Systeme weder in ihren Ausmaßen noch im Hinblick auf ihre Aufgabe den heute üblichen entsprachen. Hendrix hat, im Gegensatz zur heutigen Praxis, die für das Publikum bestimmte Lautstärke mit Hilfe seiner Anlage, also unmittelbar von der Bühne aus und nicht erst durch die PA, erzeugt, der damals noch eher die Funktion einer „Gesangsanlage“ zukam. Trotzdem waren die Kapazitäten, die er dazu einsetzte, beachtlich. Hendrix‘ Ziel war ohne Zweifel eine sehr hohe Lautstärke; in den großen amerikanischen Konzerthallen oder bei Open-Air-Veranstaltungen verwendete er später sogar gleichzeitig bis zu fünf der inzwischen entwickelten 200-Watt-Tops plus drei 100-Watt-Tops, gekoppelt mit je ein bis zwei Boxen. Laut Eric Barrett standen während der späteren Hendrix-Tourneen stets zwölf bis achtzehn Verstärker mit einer entsprechend großen Anzahl Boxen zur Verfügung. Ein Grund dafür war natürlich die extreme Materialbeanspruchung, die unter anderem auf die „Englische Einstellung“, die regelmäßig ihre Opfer forderte, zurückzuführen war. Der Kritiker Albert Goldman wies in einem Artikel aus dem Jahr 1968 auf Hendrix‘ beachtlichen „Verstärkerkonsum“ hin, indem er die fiktive Konzertansage einflocht: „Jimi Hendrix, Ladies and Gentlemen, in: The dance of the dying amp!“

The Jimi Hendrix Book (9)

Ein ikonisches Foto auf dem Cover des raren 5LP-Boxsets „Jimi Hendrix Live & Unreleased. The Radio Show“: Jimis Schatten auf seinen von Stratocaster-Attacken zerfetzen Marshall-Cabinets.

Die riesigen Wände aus Lautsprecherboxen, die in den späten 60er-Jahren erstmals auf den Rock-Bühnen zu sehen waren, müssen dem damaligen Publikum wie ein neues Show-Element oder wie Architektur vorgekommen sein; denn bis dahin war eigentlich noch jeder Gitarrist in der Lage gewesen, seinen Kofferverstärker eigenhändig zum Gig zu tragen. Mit dem Beginn der Marshall-Sound-Revolution war jedoch endgültig die Erfindung des Gitarren-Roadie fällig.

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Fender, Sunn & Co.: Hendrix‘ Amp-Experimente

Neben den Marshall-Amps setzte Hendrix auf seiner zweiten USA-Tour auch Fender-Dual-Showman-Tops und mit je zwei 15″-JBL-Lautsprechern bestückte Boxen ein. Dieses Equipment machte jedoch anfangs einige Schwierigkeiten: Die Verstärker waren unzuverlässig und sehr viel anfälliger als die Marshalls. Außerdem hatte Hendrix zu bemängeln, dass sie im Hinblick auf die Lautstärke nicht die gleiche Leistung brachten und auch nicht so übersteuerungsfähig waren. Fender-Amps verhielten sich schon damals zu Marshalls, wie die Beatles zu den Stones – zwei Welten, und oft nur eine Glaubensfrage, was denn nun „besser“ ist. Und auch 15“-JBL-Lautsprecher liefern klanglich andere Ergebnisse als 12“-Celestions. Da war man auf der US-Tour von Management-Seite wohl zu kompromissbereit, was das bereitgestellte Equipment anging. Grund des Problems dürfte gewesen sein, dass man die hohen Transportkosten des schweren Equipments, von England nach Amerika umgehen wollte. Außerdem betrug die Netzspannung in UK 240 Volt / 50 Hz, in den USA 110 Volt / 60 Hz, was zu weiteren technischen Problemen hätte führen können.

Noch ein kurzer Blick zurück: Abgesehen von den unbekannten Gitarren-Amps, die Hendrix in seinen ersten Bands in Seattle einsetzte, hatte er nach seiner Entlassung aus der Army im Jahr 1962 für einige Zeit einen Twin-Twelve-Combo von Silvertone im Einsatz. Im übrigen soll er sich in den meisten Fällen kurzfristig bei Freunden oder in Läden einen Amp für bevorstehende Gigs ausgeliehen haben.

Auf Fotos mit der Band von Curtis Knight ist Hendrix 1965/66 mit einem Supro-Combo, Modell S6420 Thunderbolt, zu sehen – und mit einem Blackface Fender Twin Reverb, einen Gitarren-Kofferverstärker mit zwei 12″-Lautsprechern plus eingebautem Hall- und Tremolo-Effekt. Der Twin Reverb war damals der amerikanische Standardverstärker, der von Musikern der verschiedensten Stilrichtungen eingesetzt wurde. Hendrix hat dieses Modell insbesondere auf Sessions, aber auch im Studio immer wieder gespielt. Den Twin Reverb und den ähnlich konzipierten Super-Reverb-Kofferverstärker kannte Hendrix ohne Zweifel bereits seit den frühen 60er-Jahren, und man darf davon ausgehen, dass er bis zu seiner Übersiedlung nach England fast ausschließlich Fender-Modelle gespielt hat, die auf dem US-Markt am erfolgreichsten waren.

Bei den allerersten Experience-Proben setzte Hendrix kurzzeitig die englischen Burns-Kofferverstärker ein, die Mitch Mitchell beschafft hatte. Dabei handelte es sich ebenfalls um Röhrenverstärker, die allerdings nur 30 Watt Leistung über einen 12″-Speaker abstrahlten und somit nur bedingt Hendrix‘ Sound- bzw. Lautstärke-Vorstellungen entsprachen. Dann kam Jim Marshall ins Spiel, und in der Regel wurden von Ende 1966 bis 1970 nur noch Marshall-Stacks verwendet, hin und wieder – vor allem im Studio – ergänzt durch Fender Twins oder Dual Showmans für cleanere Sounds.

Noch ein paar Anmerkungen zu den wenigen Ausnahmen von der Marshall-Regel: In der kurzen Zeit von November 1967 bis Ende Januar 1968 setzte Hendrix auf der Bühne zusätzlich ein Sound-City-Stack ein, dessen Konzept dem der Marshalls entsprach, das jedoch einen etwas klareren Sound mit weniger Verzerrung lieferte – der Grund, weshalb der Sound City, wie es heißt, auch im Studio für einige Rhythmusgitarren-Tracks der zweiten Hendrix-LP verwendet wurde. Im Live-Kontext war dieser Verstärker als Sidefill-Monitor-Anlage im Einsatz und Ziel von Hendrix‘ berühmt-berüchtigten Gitarrenattacken, denen so manche Box zum Opfer fiel. Jimis große Liebe scheint der Sound City allerdings nicht gewesen zu sein.

Über die mögliche Verwendung weiterer Verstärkertypen existieren nur wenige ergiebige Informationen. Roger Mayer erwähnt die zeitweilige Kombination der Marshall-Verstärker mit den ähnlich konzipierten, aber brillanter klingenden Hiwatt-Amps, die dem Zweck diente, im Studio einen gleichzeitig transparenten und sustainreichen Ton zu erzielen. Der Hiwatt-Amp besaß also in diesem Zusammenhang eine ähnliche Funktion als Sound-Zutat, wie der oben beschriebene Sound City oder die Fender-Combos.

Eine weitere kurze und eher unerfreuliche Episode war die der bereits erwähnten amerikanischen Sunn-Verstärker, die während der USA-Tour im Februar 1968 ihren Anfang nahm. Sunn-Firmenchef Buck Munger sah damals in Hendrix, der seiner Meinung nach mehr mit seinen Verstärkern als mit der Gitarre spielte, einen idealen Werbeträger und bot ihm bzw. seinem Management daher einen Endorsement-Vertrag an. Dieser sah vor, dass sich Hendrix für fünf Jahre an die Firma band und sich verpflichtete, in dieser Zeit ihre Produkte auf der Bühne einzusetzen.

Der Vertrag betraf außerdem die gesamte Experience-Besetzung, also auch die Backline von Bassist Noel Redding sowie Teile der Monitor- und PA-Anlage. Sunn versorgte die Band in sehr großzügiger Weise mit allem Equipment, das sie benötigte. Hendrix verwendete jedoch die zur Verfügung gestellten Teile schon nach kurzer Zeit nur noch in Kombination mit seinen Marshall-Anlagen, auf die er auch in Zukunft nicht verzichten wollte. Denn die Sunn-Amps waren in technischer und klanglicher Hinsicht völlig anders konzipiert. Firmenchef Buck Munger sprach von einem „almost surfer sound“, der einen weitaus größeren Höhenanteil als die üblichen Verstärker aufwies.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Gitarrenverstärker anfangs über Sunn-100-F-Boxen betrieben wurden, die neben einem 15″-JBL-Lautsprecher auch über ein zusätzliches Hochtonhorn verfügten, die beide über eine Frequenzweiche getrennt waren. Von ihrer Grundkonzeption her entsprachen sie damit eher PA-Boxen. Diese Konzeption war und ist jedoch für die elektrische Gitarre völlig unüblich, ganz besonders im Hinblick auf den von Hendrix favorisierten verzerrten Röhren-Sound, der im wesentlichen, um noch relativ ausgewogen zu klingen, auf eine perfekte Übertragung des mittleren Frequenzbereichs angewiesen ist und die frequenzmäßige Limitierung durch einen Gitarrenlautsprecher braucht. Eine verzerrte Gitarre, über solche Hochtöner wiedergegeben, klingt relativ unangenehm, ihr Sound ähnelt dem einer übersteuerten HiFi-Anlage.

Lustig: Außerdem wollte Gitarrist Hendrix auch nicht auf die beim Marshall übliche „englische“ Einstellung aller Regler nach rechts verzichten, die bei den Sunn-Verstärkern aber nur neue Probleme wie einen hohen Nebengeräuschpegel zur Folge hatte. Bevor die Sunn-Techniker ihre Versuche, sich aus den genannten Gründen dem Konzept der britischen Verstärker weiter anzunähern, beenden konnten, hatte sich Hendrix bereits den Rest seines Marshall-Equipments, das er seit Anfang April 1968 wieder ausschließlich benutzte, nach New York einfliegen lassen. Noel Redding, der mit seinem neuen Bass-Verstärker zufrieden war, kam zwar auch weiterhin seinen vertraglichen Verpflichtungen nach, ansonsten wurden die Sunn-Geräte aber nur noch für die Monitor-Anlage eingesetzt. Nach knapp anderthalb Jahren wurde der Kontrakt mit Sunn dann vorzeitig beendet.

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Sinn und Zweck dieses Sunn-Intermezzos in der Hendrix-Karriere sind bis heute nicht ganz klar. Hendrix war mit seinen Marshall-Amps grundsätzlich sehr zufrieden, und in Bezug auf die von ihm in den USA zusätzlich verwendeten Fender-Anlagen gab es, nachdem die anfangs auftretenden Probleme behoben waren, höchstens noch Beanstandungen im Zusammenhang mit der Lautsprecherbestückung. So stellt sich die Frage, aus welchen Gründen der Vertrag mit Sunn überhaupt zustande kam, insbesondere da die Mängel dieser auch für Hendrix‘ Sound-Vorstellungen einfach nicht kompatiblen Produkte, von Anfang an so offensichtlich waren. Die Vermutung liegt nahe, dass auch hier möglicherweise das Management mehr zu sagen hatte als der Künstler selbst. Denn, dass man unter den geschilderten Umständen auf den angebotenen Fünfjahresvertrag einging, lässt beinahe auf Ignoranz schließen. Die Tatsache, dass Hendrix‘ Musik wesentlich mit einem fest umrissenen Sound-Konzept zu tun hatte, das technisch realisiert werden wollte, scheint zumindest einigen Verantwortlichen nicht bewusst oder eben egal gewesen zu sein. Falls Hendrix den Vertrag eigenhändig unterzeichnet hat, was eher unwahrscheinlich ist, standen ihm jedenfalls schlechte Berater zur Seite und/oder er unter Druck. Denkbar ist aber auch, dass die Tatsache, dass The-Who-Gitarrist Pete Townshend zeitweilig ebenfalls auf Sunn-Equipment spielte (über seine Erfahrungen mit diesem Verstärkertyp ist nichts bekannt), ein Grund für Hendrix‘ anfänglich etwas unkritisches Interesse an den Produkten dieser Firma war.

Der an der Produktion von ,Electric Ladyland‘ beteiligte Techniker Phil Brown erwähnte noch einen Vox AC30-Combo, mit dem Hendrix die kompletten Overdubs des Tracks ‘All Along The Watchtower’ eingespielt habe – das wären dann die Lead-Parts und/oder die gedoppelten Harmonien. Abgenommen wurde das Lautsprechersignal von zwei Neumann-U67-Mikrofonen und einem AKG C12A, die in verschiedenen Abständen positioniert waren.

Über gravierende Modifikationen der von Hendrix verwendeten handelsüblichen Verstärker ist nichts bekannt. Der Elektroniker Tony Franks veränderte angeblich bei einigen 100-Watt-Marshall-Tops den Verstärkungsfaktor im Preamp-Bereich und erzielte so eine um etwa 30 Prozent erhöhte Leistung und ganz sicher auch ein günstigeres Übersteuerungsverhalten. Abgesehen davon wurden verhältnismäßig oft die Röhren ausgetauscht, deren Leistung aufgrund der Tatsache, dass die Verstärker durchweg bis zum Anschlag aufgedreht wurden, rasch nachließ. Henry Goldrich von Manny’s, einem bekannten Musikladen in New York City, verstärkte die Gehäuse- und Chassis-Konstruktionen einiger Tops und installierte auch häufig neue und bessere Röhren. Und John Downing, einer von Hendrix‘ Roadies, kennzeichnete im Januar 1969 das gesamte Marshall-Equipment mit dem aufgesprühten Signet „J.H.EXP“.

Der gemeinsame Nenner aller aufgeführten Verstärkertypen ist ihr auf der traditionellen Röhrentechnik basierendes Konzept, die im allgemeinen die Möglichkeit der Klangverzerrung durch Übersteuerung bietet – eine wesentliche Komponente von Hendrix‘ Musik. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist jedoch, ähnlich wie bei den Gitarren, dass Hendrix schon vor seiner „offiziellen“ Entdeckung vor allem in Musikerkreisen als herausragender und im Hinblick auf seine Sound-Konzeption revolutionärer Gitarrist angesehen wurde. Er konnte also in musikalischer Hinsicht auch mit den damals zur Verfügung stehenden relativ bescheidenen Mitteln das bieten, was später viele Chronisten und Kritiker in erster Linie auf sein gigantisches Instrumentarium zurückführten. Somit muss sein Konzept um einiges komplexer gewesen sein, als es die Theorie vorsieht, dass es nur aus einer „Wand“ von Lautsprechern bestand. Hier spielten zweifellos noch andere Faktoren eine Rolle.

The Jimi Hendrix Book (9)

Wah, Fuzz & Co.: Hendrix‘ Effekte

Gerade im Hinblick auf die Verwendung von Klangeffekten, speziell von Gitarren-Effektgeräten, ist oft über geheimnisvolle, noch unbekannte Sonderanfertigungen spekuliert worden, ohne die Hendrix‘ Sound-Experimente angeblich nicht möglich gewesen wären. Beschäftigt man sich eingehender mit dem Effekteinsatz in seiner Musik, dann wird zunächst einmal deutlich, dass zwischen der Live-Situation auf der Bühne und der Arbeit im Studio große Unterschiede bestanden.

Bei Live-Gigs kam es darauf an, mittels weniger zuverlässiger, hintereinandergeschalteter Geräte einige brauchbare Sound-Varianten herzustellen. Viele dieser Sounds erzeugte Hendrix in erster Linie mit Hilfe des Lautstärkereglers und des Tonabnehmer-Wahlschalters seiner Gitarre, die in Verbindung mit einem voll aufgedrehten Röhrenverstärker neben ihren ursprünglichen Funktionen auch noch Faktoren wie Verzerrungsgrad, Feedback, Klangfarbe, Tonansatz, etc. beeinflussen können. Der Gitarrist Michael Bloomfield, der Hendrix schon vor seinem großen Durchbruch in New York mit den Blue Flames erlebte, bemerkte dazu: „Er fabrizierte jeden Sound, den ich je von ihm gehört habe … mit einer Stratocaster, einem Fender-Twin-Verstärker, einem Maestro-Fuzz-Gerät, und das war alles – er brachte alles andere durch extreme Lautstärke zustande.“

Neben dieser grundsätzlichen Möglichkeit der Klangbeeinflussung setzte Hendrix ab 1967 auf der Bühne in der Regel nur zwei Effektgeräte ein: das Arbiter Fuzz Face und ein Vox-V846-WahWah-Pedal. Hendrix hat Verzerrer meist in ihrer Doppelfunktion benutzt: den harten und aggressiven Klang des transistorisierten Fuzz setzte er mit hoher Ausgangsleistung als vorverstärktes Signal zur noch extremeren Übersteuerung des Marshall-Röhrenverstärkers ein. Dadurch wurde der Klang des Verzerrers etwas entschärft, da er von der weicheren Röhrenverzerrung teilweise überdeckt wurde.

Das Arbiter-Fuzz-Face wurde in England hergestellt und war seit Ende 1966 auf dem Markt. Wegen seines runden, flachen Metallgehäuses mit in verschiedenen Farben erhältlicher Hammerschlag-Lackierung wurde es oft „Tretmine“ genannt – und der Begriff hat sich ja dann für Boden-Effektgeräte etabliert. Das Fuzz Face besaß einen Lautstärkeregler, der das Ausgangssignal bestimmte, einen Regler, mit dem das Sustain beziehungsweise der Verzerrungsgrad eingestellt wurde, sowie den üblichen On/Off-Fußschalter. Aufgrund der eingebauten Transistoren hatte das Fuzz-Face den Nachteil, dass es, wenn man es eingeschaltet hatte, häufig Radiosignale empfing und die dann über den Verstärker wiedergab. Hendrix setzte es wahrscheinlich schon ab Ende 1966 immer wieder auf der Bühne ein.

Das erste Gerät dieser Art, das Hendrix benutzte, soll das von Mike Bloomfield genannte Maestro-FZ-1-Fuzz-Tone gewesen sein. Bis Anfang 1966 scheint Jimi jedoch überhaupt keinen Verzerrer besessen und nur mit der Verstärker-Übersteuerung gearbeitet zu haben. Den Maestro-Fuzz-Tone setzte er zum ersten Mal während seiner Zeit bei Curtis Knight & The Squires ein: Dieser besaß außer dem üblichen On/Off-Schalter, dem Lautstärke- und dem Sustain-Regler, noch einen weiteren Schalter, mit dem man zwischen zwei Grund-Sounds wählen konnte. In England hat Hendrix dieses Gerät aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch nicht mehr benutzt. Dagegen soll er das amerikanische Mosrite-Fuzzrite, das dem Arbiter Fuzz Face vom Sound her sehr ähnlich war, noch zwischen 1969 und 1970 im Studio verwendet haben. Relativ sicher ist auch die Verwendung eines Marshall Supa Fuzz, denn Hendrix hat dieses Effektgerät im Januar 1967 bei Sound City, London gekauft; die Quittung wechselte vor einigen Jahren bei einer Auktion den Besitzer. Jimi hatte diesen Verzerrer jedenfalls bei seinem Gig am 24. Januar 1967 im Londoner Marquee Club auf der Bühne.

Angeblich verfügte Hendrix bei Studio-Aufnahmen zeitweise über bis zu sechzehn verschiedene Verzerrertypen, die ihm Techniker Roger Mayer für unterschiedliche Spielsituationen konzipiert hatte. Bass-Riffs, Singlenote-Spiel in hohen Lagen oder durchgeschlagene Rhythmusakkorde beispielsweise erforderten für den Sound-Ästheten Hendrix unterschiedliche Verzerrungsgrade, Klangfarben und Frequenzgänge. Während handelsübliche Verzerrer aufgrund starker Veränderungen des hohen Frequenzbereiches die eigentliche Klangcharakteristik des Instruments meist überdeckten, trat dieses Problem bei der von Mayer entwickelten speziellen Transistorschaltung nicht auf. Eines dieser Geräte, den von Mayer im Jahr 1967 konzipierten Axis-Fuzz, setzte Hendrix zusammen mit dem Arbiter-Fuzz-Face auch beim Woodstock-Festival sowie bei Konzerten der Band Of Gypsys ein.

Roger Mayer hatte Hendrix im Januar 1967 im Londoner Bag O’Nails Club kennengelernt. Nachdem im Mayer von seiner Arbeit und dem Octavia erzählt hatte, soll Hendrix kurz darauf die bereits eingespielten Solo-Parts der Tracks ,Purple Haze‘ und ,Fire‘ noch mal mit dem neuen Gerät overdubbed haben. Ab dem zweiten Album ,Axis: Bold As Love‘ arbeiteten die beiden dann eng zusammen, und Roger Mayer, der sich neben den Effektgeräten auch um Modifikationen und Reparaturen an den Amps und Gitarren kümmerte, war neben Produzent Eddie Kramer der wichtigste Partner für Hendrix.

Und dann war da natürlich noch das WahWah-Pedal! Ein hervorragendes Beispiel für Hendrix‘ Art des Wah-Einsatzes enthält das Intro des Songs ,Rainy Day, Dream Away …‘ von der DoLP ,Electric Ladyland‘ (1968). Auf der Bühne verwendete Hendrix das Vox-WahWah ab dem Sommer 1967. Die allererste Studio-Aufnahme mit dem Pedaleffekt ist wahrscheinlich ,The Burning Of The Midnight Lamp‘ vom 7. Juli 1967. Bei der Aufnahme des Titels ,I Don’t Live Today‘ (vom Debüt-Album ,Are You Experienced’, 1967), der bereits im Februar des selben Jahres eingespielt worden war, hatte Hendrix dieses Effektgerät noch nicht zur Verfügung gestanden. Der Sound wurde hier über einen von Hand geregelten Filter (Klangregler) nachträglich erzeugt; in technischer Hinsicht handelte es sich also um den gleichen Vorgang, wenn man davon absieht, dass der Effekt nicht über ein Fußpedal gesteuert wurde.

Dieses Gerät, wie auch das Fuzz-Face, spielte Hendrix durchgehend bis 1970; nur für eine kurze Zeit wich er aus bis heute unbekannten Gründen auf das im Prinzip baugleiche Jennings Cry Baby aus. Auch das im Studio häufig benutzte Uni-Vibe der amerikanischen Univox Company verwendete Hendrix auf der Bühne seltener. Beim Uni-Vibe handelt es sich um ein ursprünglich für elektronische beziehungsweise elektromagnetische Orgeln entwickeltes Gerät zur Simulation des Klangeffekts eines rotierenden Lautsprecherkabinetts; es sollte die schweren und unförmigen Leslie-Speaker-Cabinets, die bis dahin denselben Effekt auf mechanischem Weg erzeugt hatten, ablösen. Bei beiden Geräten ist die Geschwindigkeit des Rotationseffekts, beim Uni-Vibe zusätzlich auch dessen Intensität regelbar. Hendrix, der früher häufiger Leslie-Systeme eingesetzt hatte, soll diese noch eine Zeitlang in Kombination mit dem Uni-Vibe verwendet haben, bevor er sich endgültig für letzteres entschied. Das Leslie besitzt gegenüber seiner elektronischen Kopie allerdings den Vorzug, dass der Motor des rotierenden Lautsprechers (bzw. der rotierenden Schallblende um den Lautsprecher) nach dem Einschalten allmählich bis zur gewünschten Geschwindigkeit beschleunigt und nach dem Abschalten in gleicher Weise „ausläuft“, während das Uni-Vibe von Anfang an die gewählte Effektrate wiedergibt. Dieses Feature wurde erst sehr viel später „in the box“ angeboten. Durch ein zusätzlich angeschlossenes Fußpedal konnte jedoch die Effektgeschwindigkeit auch während des Spielens stufenlos verändert werden. Mit Hilfe eines Fußschalters konnte man zwischen dem beschriebenen Rotationseffekt und einem Vibrato-Sound wählen. Das erste Uni-Vibe konnte offenbar auch nicht wie andere Effektgeräte mit Hilfe eines Fußschalters überbrückt werden; die einzige Möglichkeit dazu bestand darin, über das Pedal die Geschwindigkeit auf Null zu reduzieren. So hatte dieses Gerät, auch wenn der Effekt selbst nicht aktiviert war, Auswirkungen auf den Signalverlauf und damit den Sound: Grund dafür war der integrierte Vorverstärker, der, sobald das Uni-Vibe einmal in die Effektkette integriert war, arbeitete. Der Gitarrenton wurde auf diese Weise etwas weicher und kräftiger. Hendrix setzte das Uni-Vibe unter anderem in den Songs ,Astro Man‘ (auf ,The Cry Of Love‘), ,Hey Baby‘ (auf ,Rainbow Bridge‘) und ,Machine Gun‘ (auf ,The Band Of Gypsys‘) ein. Auf der Bühne benutzte Hendrix das Uni-Vibe, abgesehen von einer Session im „Tinker Street Cinema“, erstmals beim Woodstock-Festival und dort gleich in mehreren Stücken. Nach Woodstock war das Gerät fester Bestandteil seines Effekt-Setups, auch wenn sich sein Einsatz in der Regel auf die o.g. Titel beschränkte.

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Die Schaltung der Live-Effektgeräte

Die beschriebenen Effektgeräte – das WahWah, das Fuzz-Face und, mit Einschränkungen, das Uni-Vibe – gehörten bei Konzerten zu Hendrix‘ Standard-Ausrüstung, die von seinen Experimenten mit anderen Geräten unberührt blieb. Was jedoch die Frage der Schaltung der Effektgeräte bei Hendrix betrifft, gehen die Meinungen bis heute auseinander. Sicher ist, dass diese Geräte zwischen Instrument und Verstärker geschaltet wurden; die heute üblichen Einschleifwege innerhalb des Amps gab es damals ja noch nicht. Normalerweise gilt dafür die Grundregel, dass modulierende Effektgeräte (WahWah, Chorus, Phaser, Delay), die die Grundfarbe des Gitarrentons weitgehend erhalten, stets hinter die Verzerrer-Einheiten (die das Teiltonspektrum massiv verändern) geschaltet werden. Ein simples Beispiel: Die Reihenfolge „Gitarre – Verzerrer – Delay“ ergibt einen verzerrten Gitarren-Sound, der mit Echoeffekten versehen ist. Die Schaltung „Gitarre – Delay – Verzerrer“ produziert einen insgesamt verzerrten Echoeffekt. Ähnliches gilt für WahWah und Chorus: Ein Verzerrer hinter einem solchen Effekt vermindert in jedem Fall seine Wirkung, sprich: die Effektivität; darüber hinaus werden unerwünschte Nebengeräusche vorgeschalteter Geräte von Verzerrer-Einheiten noch verstärkt. Diese Nebengeräusche sind mit ein Grund dafür, dass Effektgeräte heute zwischen Vor- und Endstufe des Gitarrenverstärkers eingeschleift werden; das (erwünschte) Vorstufenverzerren beeinträchtigt auf diese Weise auch weniger den Effekt-Sound sondern wird Teil davon. Auf einigen Konzertfotos ist nun aber zu sehen, dass Hendrix anscheinend zuerst das WahWah und dann den Verzerrer geschaltet hatte; welchen Vorteil er darin sah, ist unklar. Eine Erklärung, die sich anbietet, ist, dass er das WahWah-Pedal und den Verzerrer nie gemeinsam benutzte; seinen regulären verzerrten Sound erhielt er ja ohnehin von den übersteuerten Marshalls. Benutzte er mehrere Effekte, so galt beispielsweise folgende Reihenfolge: Gitarre – WahWah – Verzerrer – Uni-Vibe – Verstärker.

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Hendrix Effekte: Über Raritäten & Legenden

Zu den Effektgeräten, die in der Regel nur im Studio zum Einsatz kamen, zählte auch das bereits erwähnte, von Roger Mayer entwickelte Octavia, das dem Originalsignal einer Gitarre die nächsthöhere Oktave hinzufügt. Außerdem arbeitet das Gerät insofern „anschlagdynamisch“, als es – je nach Intensität des erzeugten Eingangssignals – die oberen Frequenzen stärker betont. Beispiele dafür sind Songs wie ,One Rainy Wish‘, ,Little Wing‘ und ,Little Miss Lover‘ von der zweiten Hendrix-LP ,Axis: Bold As Love‘, wobei anzumerken ist, dass der Effekt, den Hendrix als „like a whistle or a flute“ beschreibt, in den genannten Titeln nicht eindeutig zu identifizieren ist. Das Octavia war bei seinen seltenen Live-Einsätzen zwischen WahWah und Verzerrer geschaltet, was gleichfalls nicht sehr sinnvoll erscheint Eine Variante dieses Effekts ist die Erweiterung des Signals durch die Unteroktav, die deutlich auf der Live-Aufnahme des Titels ,Who Knows‘ (auf der LP ,Band Of Gypsys‘) zu hören ist. Da das Octavia lediglich in der Lage ist, Einzeltöne sauber zu verarbeiten, entstehen, wie man hier hören kann, beim gleichzeitigen Anschlagen mehrerer Töne höchst eigenartige Klänge, deren Zusammensetzung nicht mehr eindeutig zu analysieren ist. Bei der Band-Of-Gypsys-Aufnahme wurde jedoch mit Sicherheit ein gegenüber der früheren Octavia-Version weiterentwickeltes Gerät verwendet, denn der beschriebene Effekt ist in dieser Intensität auf älteren Aufnahmen nicht auszumachen. Roger Mayer baute für Hendrix eine ganze Reihe dieser Geräte, die von diesem jedoch ab Februar 1970 nicht mehr live eingesetzt wurden, weil sie angeblich schneller gestohlen wurden, als Mayer sie nachfertigen konnte.

In einem Artikel der amerikanischen Fachzeitschrift Guitar Player (09/1975) erwähnt Autor Don Menn ein Effektgerät mit dem Namen „The Bag“, das einige Rätsel aufgibt: Angeblich wurde es vom Spieler wie ein schottischer Dudelsack gehalten; über seine Funktion und seinen Klang ist indes nichts bekannt. Ähnliche Fragen wie zum „Bag“ stellen sich auch in Bezug auf das Uni Drive der Firma Uni-Vox; ein Exemplar dieses Gerätes soll, wie es heißt, Mitte 1970 vom Hersteller an Hendrix übergeben worden sein; auch über seine Funktion ist jedoch nichts bekannt. Dass das Uni Drive, wie gelegentlich vermutet wurde, für den Orgelsound der Gitarre in den letzten Takten des Titels ,Angel‘ (auf dem Album ,Cry Of Love‘) verantwortlich war, ist Unsinn: Das „Uni Drive“ war ein Booster/Overdrive, also eine Distortion-Einheit im Pedalformat. Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page war ebenfalls ein Fan dieses Pedals, für das heute Preise über $ 600 gezahlt werden. Das Geheimnis des ,Angel‘-Gitarren/Orgel-Sounds ist da schon wesentlich interessanter: Entweder handelte es sich tatsächlich um ein bis heute unbekanntes Effektgerät, das in der Lage war, den genannten Sound zu produzieren, oder Hendrix spielte seine Gitarre, um das konstante Lautstärke-Level zu erreichen, über einen Compressor/Limiter oder einen zusätzlichen Röhrenverstärker, imitierte die Klangfarbe der Pseudo-Hammond vielleicht noch mit Hilfe eines festeingestellten WahWah-Pedals oder eines anderen Filters und schickte das Signal anschließend mit Sicherheit über ein Leslie-System – den berühmten Orgelverstärker mit dem rotierenden Lautsprecher.

Sicher ist auch, dass Hendrix eine Reihe von Geräten, die er ständig benutzt haben soll, nie zu Gesicht bekommen hat. So hat sich etwa der amerikanische Hersteller Electro-Harmonix mehrfach mit Werbe-Slogans für den Verzerrer Big Muff und das Echoplex hervorgetan, die Hendrix angeblich favorisiert habe – Behauptungen, die mit ziemlicher Sicherheit nicht den Tatsachen entsprechen; jedenfalls existiert, außer von der Firma selbst, keinerlei Hinweis darauf, dass eines dieser Geräte von Hendrix jemals verwendet worden ist. Der Big Muff war kein Jimi-Hendrix-Effekt.

Roger Mayer hat nach eigenen Angaben an sämtlichen Effektgeräten, die zum Einsatz kamen, Veränderungen vorgenommen, die sich jedoch in erster Linie auf das Ersetzen verschiedener Bauteile durch qualitativ besseres Material beschränkten. Auf diese Weise sollte nicht zuletzt eine präzisere Anpassung der hintereinander geschalteten Geräte erreicht werden. Auch mit der Einstellung des Pedalwegs und des Einsatzpunkts des WahWah-Pedals – im wesentlichen ein Problem der Mechanik – versuchte Mayer Hendrix‘ relativ bescheidene (Live-)Effektkombination in jeder Hinsicht zu optimieren. Fest steht, dass Mayer neben den oben genannten noch weitere Effektgeräte für Hendrix entwickelt hat, über die jedoch kaum etwas bekannt ist. Meist existierten für sie nicht einmal Bezeichnungen; vermutlich verschwanden sie nach kurzen Studio-Tests wieder in Mayers Werkstatt.

Hervorzuheben ist, dass Hendrix, obwohl er die verschiedensten Effekte einsetzte, trotzdem nur sehr sparsamen Gebrauch von ihnen machte. Abgesehen von der mehr oder weniger starken Verzerrung seines Gitarren-Sounds, die in Hendrix‘ musikalischer Konzeption zu eng mit seinem Instrument verbunden ist, als dass der Begriff „Effekt“ noch auf sie anwendbar wäre, nahm er in vielen seiner bedeutendsten Aufnahmen kaum großartige klangliche Manipulationen vor. Die Tatsache, dass Jimis Gitarre trotz dieser Zurückhaltung immer als die Hendrix-Gitarre zu identifizieren ist, macht deutlich, dass seine Bedeutung als Musiker und Gitarrist nicht nur auf die Verwendung eines bestimmten Instrumententyps oder eines besonderen Effektgeräts zurückzuführen sein kann, sondern dass auch hier noch weitere Faktoren eine Rolle gespielt haben müssen.

Sagen wir mal so: Der Mann hatte es einfach drauf! Und er hatte es in den Händen, im Kopf, im Blut. Im Fall von Jimi Hendrix kamen fortgeschrittenes Handwerk, eine gewachsene Liebe zur Musik und eine Menge Feeling zusammen. Und dann hatte er (und haben wir) das Glück, dass da 1966 einige Leute an ihn glaubten und ihn erst berühmt und dann zum unsterblichen Star gemacht haben. Mit 24 Jahren war Jimi Hendrix noch ein unbekannter Club-Musiker in NYC, mit knapp 28 war er tot. Vier Jahre und fünf Alben reichten ihm, die Rock-Musik und das E-Gitarrenspiel zu prägen wie niemand anders vor und nach ihm.

Statement: Thomas Blug

Der 1966 in Saarbrücken geborene Gitarrist Thomas Blug ist seit vielen Jahren Hendrix-Fan – und hat auch schon zwei Veröffentlichungen seinem Idol gewidmet: Die CD ,Blug plays Hendrix – Live‘ (2011) und die Live-DVD ,Jimi’s 70th Electric Birthday Experience – Live in Hamburg‘ (2014). Seit 2010 tourt er schon mit seinem Projekt „Blug plays Hendrix“. Sein Lieblings-Album von Jimi Hendrix heißt ,Axis: Bold As Love‘, der favorite track ,All Along The Watchtower‘. Thomas arbeitet auch als Amp-Entwickler und Unternehmer für seine Firma BluGuitar. Seine ständige Begleiterin ist eine modifizierte Fender Stratocaster von 1961.

The Jimi Hendrix Book (9)

„Als Gitarrist kommt man ja nicht an Jimi Hendrix vorbei. Er hat die elektrische Gitarre revolutioniert. Allerdings hat es bei mir etwas länger gedauert, bevor mich der Virus voll erwischt hatte. ,Axis: Bold As Love‘ hat mir die Augen geöffnet: Es ist für mich ein Mini-Konzeptalbum mit unfassbar schönen Songs, welche mich auf eine musikalische Reise mitgenommen haben. Dieses Album war lange meine Lieblings-Hendrix-Platte. Danach habe ich Sachen entdeckt wie ,Freedom‘, ,Band of Gypsys‘, und das ganze Film Material. Auch die Art und Weise wie Jimi mit seinen Sounds umgegangen ist hat mich völlig fasziniert. Und hat mich sogar dazu bewegt mein Power Trio Dreist zu gründen bei dem ich auch Marshall-Plexi-Verstärker und Jimi-Hendrix-Effekte wie Vox Wah, Uni-Vibe, Fuzz und Booster einsetze, also wie Jimi Hendrix sie benutzt hat. Im Jahr 2010 gründete ich dann meine Band Blug plays Hendrix bei der wir die Musik von Jimi auf unsere eigene Weise interpretieren mit teilweise moderneren Grooves und Sounds. Jeder der gestanden Musiker – Reggie Worthy, , Manni von Bohr, David Readman – hat seine eigene Beziehung zur Musik von Hendrix und gibt dadurch der Band eine eigene Farbe. Das aber immer im Geiste Jimis – wie zelebrieren seine Electric Church Music.“

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Zwei Gitarristen sieht Thomas klar in der Hendrix-Nachfolge: „Stevie Ray Vaughan, wegen seiner Energie und Authentizität. Michael Landau – er hat für meinen Geschmack den Geist von Hendrix am weitesten und homogensten in sein Spiel integriert, so dass man oft gar nicht mehr von direkten Hendrix-Zitaten sprechen kann.“
Weitere Infos: www.thomasblug.com

Nächsten Sonntag, 17 Uhr …

geht es weiter mit JIMI ON SUNDAY 10 und DAS STUDIO ALS INSTRUMENT

Danke fürs Lesen und bis demnächst!

 

 

 

 

 

 

 

 

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Forum
    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @RainerJTM Vielen Dank, Rainer! Dein Urteil „Bildungsfernsehen“ hängt jetzt gerahmt über meinem Sofa! ;-)
      Freut mich wirklich sehr.

      • Profilbild
        RainerJTM

        @LOTHAR TRAMPERT Hi Lothar,

        Die gesamte Reihe ist einfach hochinformativ und hat mit Sicherheit viel Arbeit gemacht.
        Allein dafür gebührt Dir schon Anerkennung.😉

  1. Profilbild
    Peter Weins

    Hey Lothar,

    ganz GROßARTIG! Dich hier zu lesen, ist wie bei „ELEKTRISCH!“ für mich eine besondere Erfahrung! Ich lese über Hendrix und höre dabei Deine Stimme. Deine Entwicklung als Autor tut dem Thema, bei aller Faktentreue, wie ich finde sehr gut. Hendrix darf sein Mysterium und seine Geheimnisse behalten und ich habe ein paar Worte mehr, um neu oder anders über diesen Menschen zu staunen. Mir gefällt besonders gut, zu lesen, welchen Eindruck Hendrix auf andere Musiker hat, wie er in seiner Zeit und darüber hinaus gewirkt hat.
    Wäre schön, das doch irgendwann gedruckt in Händen zu halten.
    Liebe Grüße
    Peter

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Peter Weins Vielen Dank, Peter!!!
      Das freut mich.
      Vielleicht klappt es ja doch noch irgendwann mit einer Buchfassung.
      Liebe Grüße & einen schönen Abend,
      Lothar

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