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Feature: Abgefahrene Effektpedale für Gitarristen

5 abgefahrene Effekte für dein Pedalboard

11. Oktober 2022
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Montreal Assembly Count to Five

Abgefahrene Effekte auf einem Pedalboard sollen uns inspirieren und uns neue Soundmöglichkeiten bieten. Also, warum den üblichen Verdächtigen wie Verzerrern, Modulationspedalen und Delay oder Reverbs also nicht mal einen etwas ausgeflippten Gesellen, ein sogenanntes „One Trick Pony“ zur Seite stellen?
Für manchen Gitarristen bringt das die nötige Inspiration für neue Songs und kann bisweilen sinnvoller sein, als seinen Low-Gain-Overdrive gegen einen transparenten Overdrive auszutauschen.
Gerade mit einer E-Gitarre müssen wir uns nicht an klassischen Sounds orientieren. Schon Hendrix wollte mit seiner Effektkombination und seiner Spielweise die Grenzen des Machbaren aufzeigen.

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Also möchte ich heute 5 Kategorien aus dem Bereich abgefahrener Effekte und einige ihrer bekanntesten Vertreter vorstellen, von denen einige eventuell noch nie gehört, geschweige denn sie ausprobiert haben.
Vielleicht sind sie nichts für jedermann – aber sie sind definitiv besonders.
Und wie bei allem, was besonders ist, gilt auch bei den abgefahrenen Effekten: Weniger ist oft mehr. Daher sollte man sie wohl auch nicht bei jedem Song anschalten, sondern abgefahrene, aber dezente Akzente setzen.
Hier eine kleine Übersicht über sogenannte „One Trick Ponys“:

Abgefahrene Effekte, die Erste: Granular-Delays

Ja, ich weiß, Delays sind nichts Neues und gehören in der Regel nicht eine der 5 Kategorien „abgefahrene Effekte“.
Aber Granular-Delays klingen und verhalten sich ganz anders als das gewohnte Delay.
Es wiederholt nicht den gesamten, gespielten Ton, sondern sampelt kurze Stückchen, sogenannte Grains, und bearbeitet diese dann. Klanglich reicht das dann von Pitch-Shifting, Time-Stretching über Reverse-Delays und Stutter bis hin zu Glitch-Effekten.
Kurz zusammengefasst: Das, was rauskommt, klingt definitiv anders als das, was reingeschickt wird.

Anders als einige vermuten, passiert das jedoch nicht wahllos, sondern lässt sich mit den Parametern meist ziemlich gut justieren.
Einer der Vorreiter und wohl das bekannteste Pedal dieser Art ist das Montreal Assembly Count to Five.

Es ist sicherlich kein Geheimtipp mehr, aber trotzdem haben viele Gitarristen, vielleicht aufgrund der spärlichen Beschriftung oder der Mehrfachbelegung der Potis, einen gehörigen Respekt vor dem Pedal. Aber mit etwas Geduld durchschaut man diesen blauen Freak recht schnell. Zu seinen Stärken gehören das Pitch-Shifting und das Layern von kurzen Loops. Wenn man das Signal nach unten shiftet und mehrere Lagen übereinanderlegt, hat man einen Instant-Background-Sound für flächige Klangteppiche.

Das Red Panda Particle Delay hat ähnliche Funktionen.
Und das Hologram Electronics Microcosm ist wohl das umfangreichste seiner Gattung.

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Hologram Electroonics Microcosm

Einen ausführlichen Testbericht von diesem Vertreter dieser Kategorie „abgefahrene Effekte“ findest du hier. 
Mit einem Looper und zahlreichen Slice-Optionen reicht oft schon ein einzelner Ton, um mit Hilfe des Pedals ganze Alben zu füllen. Da muss man eigentlich gar nicht mehr Gitarre spielen.

Das Chase Bliss Audio Habit ist wohl der neuste Streich der Granular-Delay-Familie und dieses Pedal stellt, neben den Pitch- und Modulationsmöglichkeiten den Looper in den Vordergrund. Dadurch können unterschiedliche gespielte Parts wieder aufgerufen und bearbeitet werden.
Einige der Granular-Delays sind wohl eher etwas für Gitarristen, die auf ihren Knien vor dem Pedalboard verweilen, da man die Pedale wie Instrumente spielen und manipulieren kann.
Als springender Live-Gitarrist wird man wohl nur einen Teil der Funktionen wirklich nutzen können.

Trotzdem ist es eine Herausforderung, auch aus diesen Pedalen etwas rauszukitzeln. Es macht auf jeden Fall viel Spaß und ist weit weg vom Mainstream.

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Stutter-Pedale – abgefahrene Effekte mit der Lizenz zum Töten

Die nächste Kategorie aus dem Bereich „abgefahrene Effekte“ möchte ich den Stutter-Pedalen widmen. Wer Tremolos mag, wird diese rhythmischen Tänzer lieben. Als Stutter-Pedal gilt ja im Grunde schon ein normaler Kill-Switch in einem kleinen Gehäuse. Durch das Treten des Tasters wird das Signal unterbrochen. Das Coppersound Telegraph hatte dies vor einiger Zeit mal, optisch verschönert, in Form eines alten Telegraphen, wie der Name schon sagt, verpackt. So einfach wie genial, aber es geht noch abgefahrener.
Dwarfcraft Devices hat mit dem Memento ein tapbares Killswitch-Pedal hergestellt. Dieses kann ein eingetapptes Pattern wiedergeben. So kann man das Gitarrensignal zu konstanten Morsezeichen umwandeln. Tom Morello wäre sicher neidisch.

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Dwarfcraft Devices Memento

Einfacher wäre es noch, wenn das Stutter-Signal mit Potis eingestellt werden könnte. Und dies bieten das MASF Raptio und das Judder von MWFX. Während das MASF Raptio kurze Glitches erzeugt und so wirklich schnelle Kill-Switch-Effekte hervorbringen kann, geht das Judder noch weiter. Mit eingebautem LFO, Modulation und unterschiedlichen Modi kann das Signal bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt werden. Und trotzdem klingt es musikalisch. Wenn das kein abgefahrener Kram ist, weiß ich auch nicht weiter.

Der bereits nicht mehr hergestellte Boss SL-20 Slicer gehört auch in diese Kategorie der Stückler. Er arbeitet mit verschiedenen voreingestellten Patterns, die wie ein rhythmisches Tremolo klingen. Es ist vielleicht etwas harmloser als die vorherig genannten Kandidaten, bietet dafür aber viele Features. Es erinnert mich klanglich eher an das Moog Moogerfooger M-105 Murf, das Resonanzfilter.
Ähnlich arbeitet das Catalinbread Csidman, das eine zerkratze CD nachbilden soll. In Verbindung mit dem eingebauten Delay kommen so zufällige Glitch- und Stutter-Effekte zustande, die wirklich nach der alten CD klingen, die schon 10x hinter den Schrank gefallen ist.

Also, lass Tom Morello alt aussehen und probier mal ein Stutter-Pedal.

Aller guten Dinge sind 3: Pitch-Delays

Neben den bekannten Pitch-Pedalen, die per Expression-Pedal im Stil von Whammy-Pedalen das Signal konstant oder fließend pitchen, können Pitch-Delays dies etwas spielerischer umsetzen.

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Chase Bliss Audio Thermae

Ich denke hier an das Chase Bliss Audio Thermae, ein analoges Delay mit rhythmisch programmierbaren Pitch-Effekten und das Earthquaker Devices Rainbow Machine.
Alien Sounds, Traumsequenz-Melodien und SciFi-Soundtracks sind das Spezialgebiet dieser Pitch-Delays. Sie können auch als Harmonizer genutzt werden, mit denen bestimmte Intervalle eingestellt werden. Auch dieses Teil hat Dimi schon auf Herz und Nieren hier getestet:
Schon das Boss PS-3 Pitch-Shifter-Delay konnte diese verrückten Sounds erzeugen. Aber erst durch die bunte Boutique-Welt haben sich mutige Gitarristen wohl erst für diese andere Seite der Klangwelt entscheiden können.
Auch Alexander Pedals Radical Delay 2 und das Meris Hedra dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Beide finden wahrscheinlich ihren Großvater in dem Boss PS-3 und pitchen, was das Zeug hält.

Kategorie 4: Fuzz/Circuit-Bend als abgefahrene Effekte

Es gibt mittlerweile Fuzz-Pedale, die in ihrer Funktion über das übliche Verzerren hinausgehen. Ein Vorreiter war die Z.Vex Fuzz Factory, die bereits ein Oszillieren und Gated-Fuzz ermöglichte. Und die Fuzz Factory Probe lässt dies auch noch per Fuß über eine Art Antenne steuern.
Dies haben einige Hersteller noch auf die Spitze getrieben. Und so sind Exoten wie der WMD Geiger Counter, der eigentlich aus der Modular-Synth-Welt kommt, eines der wenigen Pedale, die mit digitalem Fuzz, Bit-Reduction und Sample-Rate-Reduction das Gitarrensignal auffressen und zerkaut wieder ausspucken. Schön klingt wahrscheinlich anders und ich musste mich an die Funktionsweise erst einmal gewöhnen. Ungewöhnlich ist, dass man verschiedene Wavetables laden und alles per Control-Voltage bearbeiten kann. Für einen Gitarristen ist dieses Gebiet ja eher Neuland.
Das Frazz Dazzler von Dr. Scientist ist dagegen schon fast ein Schöngeist, bietet mit Volt-Regler, der die Spannung des Pedals regelt, aber auch schon recht abgefahrene Sounds. Dem Dwarfcraft Great Destroyer haben NIN sogar einen Song gewidmet, was seine Qualitäten wohl zur Genüge untermalt. Er liefert die gesamte Bandbreite: Oszillation, Fuzz, gated Tremolo-artige Sounds bis zur totalen Zerstörung.

 

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Death By Audio Evil Filter

Das Death by Audio Evil Filter Fuzz kombiniert sein markantes Fuzz-Pedal mit einem Filter, wie man ihn aus der Synthesizer-Welt kennt. Lowpass, Bandpass, Hipass in Verbindung mit einem Fuzz und dir fliegt der Hut weg. Dimi hat das Teil hier ausführlich getestet und ist auch in die PLL Fuzz-Welt anhand des Industrialectric 4046-m eingetaucht.

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Death by Audio Evil Filter - Fuzz Filter
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Kundenbewertung:
(7)

Wem das alles noch nicht extrem und andersartig genug ist, der könnte mal ein sogenanntes Circuit-Bend-Pedal probieren. Das sind Pedale, die aufs Extremste modifiziert wurden. Manche haben Patch-Points, mit denen neue Verbindungen auf der Platine hergestellt werden können, andere zahlreiche Schalter und Potis. Damit wird jeder normale Verzerrer zu einem klanglichen Chaos und Oszillator.

Sustainer: Kategorie 5, aber nicht das Ende

Ganz für Gitarren untypische Sounds können auch Sustainer erzeugen. Das Electro Harmonix Freeze war oder ist einer der Vorreiter dieser Kategorie für „abgefahrene Effekte“.

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Electro Harmonix Freeze

Das Pedal reduziert die Funktionen auf das Wesentliche und klingt etwas synthetisch. Aber gerade das macht den Reiz meiner Meinung nach aus. Das Signal wird lange gehalten und es können weitere Parts darüber gespielt werden. Mit dem Superego hat Electro Harmonix eine erweiterte Version auf den Markt gebracht, die die ein paar Zusatzfeatures bietet und die Christian hier schon mal ordentlich getestet hat.
Das EHX Superego Plus fügt dem Ganzen noch eine ganze Palette von weiteren Effekten hinzu. Das klingt wirklich abgefahren und macht Spaß.

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Electro Harmonix Freeze Sound Retainer
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(394)

Das Gamechanger Audio Plus Pedal ist ebenfalls ein Sustainer und sorgte vor einigen Jahren für Furore. Es klingt natürlicher, bietet Layer-Möglichkeiten und zahlreiche Features. Und nicht zuletzt überzeugt es durch seine ausgefallene Optik. Mehr Sustain-Pedal geht nicht.

Game_Changer_Audio_Plus_Pedal_Abgefahrene_Effekte

Game Changer Audio Plus Pedal

Jedes dieser Pedale hat seine Vor- und Nachteile, aber diese Kategorie aus dem Bereich „abgefahrene Effekte“ soll ja gerade nicht mehr natürlich klingen, sondern das Attack entfernen und einen endlosen Klangteppich liefern, der anschließend noch verfremdet werden kann. Zugegeben, das Spielen mit einem Sustainer erfordert etwas Übung, aber das Resultat ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Klangteppich. Mehr Fläche geht nicht.

Korg Miku

Eine spezielle Erwähnung bekommt noch das Korg Miku, das in meinen Augen in keine der 5 zuvor genannten Kategorien aus dem Feld „abgefahrene Effekte“ reinpasst. Eine Art Vocoder wandelt das Gitarrensignal in Manga-Gesang. Ja, das klingt eigenartig und das ist es auch. Ich weiß nicht, wie Korg auf diese Idee kam, aber es klingt definitiv anders als alles bisher Dagewesene.

Einen ausführlichen Test zu diesem Schmankerl aus der Reihe „abgefahrene Effekte“ findest du hier.
Allenfalls ähnlich in der Funktionsweise ist das Electro Harmonix Ravish Sitar, das in seiner Karaoke-Maschine keinen Manga-Gesang, sondern den Sound einer Sitar hat. Die Funktionsweise dürfte aber technisch ähnlich sein.
Strange, aber es hat seine Daseinsberechtigung.

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Fazit

Wer als Gitarrist etwas mutig ist, hat heute schier unendliche Möglichkeiten, abgefahrene Effekte zu nutzen und so Sounds zu kreieren, die oft nur noch entfernt an eine E-Gitarre erinnern.
Es lohnt sich absolut, seine Angst vor diesen „One Trick Ponys“ zu überwinden und sich ein bisschen mit der Materie zu befassen. Viele der hier vorgestellten Effekte sind eine echte Herausforderung, weil man sich in ihre Bedienung zum Teil etwas reinfuchsen muss. Um kein Opfer eines „Random Tone Generators“ zu werden, bedarf es ein wenig Einsatz, denn schließlich will man selbst Herr über das sein, was am Ende aus dem Verstärker kommt und nicht ständig hoffen müssen, dass das, was heute noch so geil klang, auch morgen noch reproduziert werden kann.
Und dann gilt es, genau abzuwägen, welche Dosis von abgefahrenen Sounds die eigene Musik verträgt. Manchmal ist weniger mehr, aber bisher kam jedes meiner „One Trick Ponys“ trotzdem so oft zum Einsatz, dass ich den Kauf auch vor meiner Frau rechtfertigen konnte.

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Forum
  1. Profilbild
    SynthUndMetal

    Interessante Zusammenstellung! Erwähnenswert sind auch noch der Stretch Weaver und Molecular Disruptor von Drolo.

  2. Profilbild
    volcarock

    coole Zusammenstellung! Mir fehlt da nur noch das Hexe – Revolver
    sowie die komplette Gattung der experimentellen LoFi -Pedale
    wie z.B. 3DegreesAudio – Bygones, Chase Bliss Generation – Loss MKII usw.

    • Profilbild
      Dimitri RED

      @volcarock Das Hexe Revolver ist tatsächlich ein bisschen der „Unsung Hero“ der Glitch Pedale. Macht Hexe überhaupt noch was?

      • Profilbild
        volcarock

        @Dimitri Ein Tüftler wie Piotr kennt doch keinen Stillstand.😁
        Revolver ist mittlerweile bei Version IV angekommen.
        Gegenüber meinem DX -dem direkten Vorgänger von 2016- gibts wesentliche Veränderungen:
        full Stereo, statt Mono
        LoFi ade: 16bit/44,1khz statt 12bit/32 khz
        max Samplezeit 47 statt 4 sec
        neue FX: Random S&H Filter, random Ring Mod, Random Octave Jump…
        und noch einiges mehr.

  3. Profilbild
    Smuxen

    Wenn auch fernab von Boutique-Pedalen:

    Ich konnte meine ersten Effekt-Orgien-Gehversuche mit einem Zoom B3 ausleben und das kann ich ehrlich gesagt jedem nur ans Herz legen.
    Nicht nur gab es viele Effekte, die auch heute noch so nicht auf dem Pedalmarkt wiedergefunden habe(oder wenn dann für das dreifache des b3), man kann auch alle effekte in der Kette schnell nach belieben miteinander tauschen, falls man mal hören will wie es klingt, wenn das vibe zuerst kommt und dann in in octaver und bitcrusher geht statt andersrum.

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