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Workshop: Braucht man Kompressor-Pedale auf dem Pedalboard?

Brauche ich als Gitarrist wirklich ein Kompressorpedal?!

20. November 2022

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Bei der Frage, ob man Kompressor-Pedale braucht oder nicht, gehen die Meinungen der Gitarristen oft auseinander. Kompressoren sind ein spezieller Effekt, der meist nur über wenige Einstellmöglichkeiten verfügt und daher gerne mal falsch eingestellt wird.
Aber welche Einstellmöglichkeiten sind für einen guten Sound sinnvoll?
Welche Vorteile und Nachteile hat die Nutzung von Kompressoren und welche möglichen Fehlerquellen gibt es bei deren Nutzung?
Oder sollte man ganz auf einen Kompressor verzichten und auf volle Dynamik setzen?

Wer bei dem Wort Kompressor gleich an einen Cowboyhut tragenden Country Chicken Picker denkt, hat den Kompressor wahrscheinlich noch nicht für sich entdeckt.
Grund genug, sich die Sache mit dem Kompressor für Gitarren mal ein bisschen genauer anzuschauen.

Kompressoren: die besseren Booster?

Den trockenen, technischen Part eines Kompressors erspare ich dir an dieser Stelle mal, da wahrscheinlich jeder Gitarrist weiß, dass ein Kompressor die lauten Passagen komprimiert und dadurch die leiseren Stellen im Volume angehoben werden können.
Auf diese Weise wird das Klangbild etwas einheitlicher und die Dynamik reduziert.
Die üblichen Kompressor-Parameter sind Attack, Threshold, Release und Ratio.
Also grob gesagt, wie schnell, wie stark und wie lange die Kompression arbeitet und ab welchem Schwellenwert er beginnt zu komprimieren.

Da die Pegelspitzen abgeflacht werden, ist ein Vorteil und willkommener Nebeneffekt dieser Kompression ist natürlich auch, dass das Gitarrensignal lauter eingestellt werden und sich die Gitarre im Bandmix besser durchsetzen kann.
Lauter sein … Na, habe ich deine Aufmerksamkeit geweckt?
Ein Kompressor hat zum Ausgleichen des Lautstärkeverlusts durch die Kompression einen Volume-Regler, mit dem das Signal angehoben werden kann. Im Grunde ist ein Kompressor daher eigentlich der bessere Booster. Selbst mit einer ganz gering eingestellten Kompression bekommt man nicht nur etwas mehr Sustain, sondern auch mehr Lautstärke.

Kompressorpedale – Alles eine Frage der Einstellung

Mein größter Fehler zu Beginn meiner Beziehung zu einem Kompressor war, dass ich den Kompressor als Effektgerät angesehen habe.
Und ein Effektgerät sollte ja immer irgendwie hörbar sein.
Beim Kompressor ist das eigentlich anders herum: Er ist dann richtig eingestellt, wenn man ihn nicht hört, sondern spürt.
Oder anders gesagt: Man hört ihn erst, wenn man den Kompressor ausschaltet.
Alle Regler auf 12 Uhr funktioniert dann schon mal gar nicht. Oder wenn, dann nur durch Zufall.
Jeder weiß wohl, was passiert, wenn man den Kompressor falsch oder zu stark einstellt. Das Gitarrensignal wird plattgemacht und wenn man eine Steigerung im Song spielen möchte, wird das Signal noch weiter in den Hintergrund gedrückt.
Also sollte man die Einstellung des Kompressors, gerade als Gitarrist, beziehungsweise Gitarristin, immer dezent beginnen und bei Bedarf etwas nachjustieren.

Ein Kompressor ist dementsprechend eher als eine Art Sound-Tool, also ein Werkzeug, um den Grundsound der Gitarre zu formen.
Und dies kann auch in subtilster Einstellung bereits der Fall sein.
Wenn man seinen Amp so einstellt, dass er einen perfekten Clean-Sound hat, also bei einem Röhrenamp eigentlich kurz bevor die Verzerrung einsetzt, dann wird das Gitarrensignal dadurch dass es etwas mehr Lautstärke ohne Pegelspitzen bekommt, wie durch eine Lupe sehr viel feiner im Detail und er Amp klingt nochmals besser.

MXR Dynacomp

Für wen ist ein Kompressor geeignet?

Eigentlich kann jede Gitarristin und jeder Gitarrist für jedwede Musikrichtung einen Kompressor gebrauchen. Gerade cleane Gitarrensounds haben meist ein starkes Attack und ein relativ kurzes Sustain.
Gainstaging ist ja für jeden Gitarristen ein Thema, selbst bei cleanen Sounds fügt der Röhrenverstärker eine leichte Kompression hinzu.
Der Kompressor wird daher oft auch als „der Verzerrer für den cleanen Sound“ bezeichnet und damit liegt man dann auch goldrichtig.
Wie beim verzerrten Sound wird das Signal etwas aufgebläht, das Spiel getragen, der Sound etwas fetter und die einzelnen Noten gehen dadurch gleich noch mal leichter von der Hand.

Im Grunde gibt es keinen transparenteren Verzerrer als den Kompressor. Und eigentlich wurde dieser Umstand auch oft von Fuzz-Spielern genutzt, wenn sie das Gain am Fuzz voll aufgedreht und dann mit dem Volume-Regler der Gitarre zurückgeregelt haben. Der Gitarrenton wird dadurch leicht gefärbt und komprimiert.

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Wenn man mit dem Kompressor nicht klarkommt, kann es auch einfach sein, dass man den falschen Kompressor-Typ gewählt hat.
Der klassische Ross bzw. MXR Kompressor greift selbst in den dezentesten Einstellung recht heftig zu.

Ein subtiles Einstellen ist, ohne Modifikation des Gerätes, meist nicht möglich und so bleibt dieser Kompressor oft nur die erste Wahl für den Country-Picker mit seiner Telecaster.

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Aber einige Neuauflagen dieses Klassikers haben ja seit einiger Zeit das Zusatzfeature des Blend-Reglers. Dieses Prinzip kommt aus der parallelen Kompression der Studiotechnik und ist für Gitarristen Gold wert. Dadurch dass die Kompression stufenlos zum originalen Signal hinzugemischt werden kann, erhält man das Attack der Gitarrensaite und durch den einsetzenden parallelen Kompressor erhöht man das Sustain.
Mit diesem Zusatzfeature kann die Kompression sogar etwas höher eingestellt werden, da das cleane Signal ja nicht untergehen kann.
Aber auch ein optischer Kompressor, mit oder ohne Blend-Regler, kann eine sehr viel sanftere Kompression erzeugen.
Und der Diamond Kompressor hat sich nicht ohne Grund auf vielen Pedalboards durchgesetzt. Optische Kompressoren greifen nicht so schnell ein und können daher sehr subtil justiert werden. Ein wirklich nobler und dezenter Spielpartner.

Ich persönlich mag einen dynamischen Cleansound ohne viel Kompression. Aber eines meiner wichtigsten Pedale, neben dem Pedalboard, da es zu groß ist, ist der Cali76 von Origin Effects.

Workshop: Braucht man Kompressor-Pedale auf dem Pedalboard?

Origin Effects Cali76

Er boostet das Signal und fühlt sich an wie einer kleiner Röhrenamp vor dem eigentlichen Röhrenverstärker. Zu beurteilen, ob es sinnvoll ist, ist jedem selbst überlassen. Ich finde es aber super.

Wieviele Potis brauchen Kompressor-Pedale?

Klassische Kompressor-Pedale, wie der MXR Dyna Comp und seine Nachfahren, haben meist nur zwei Potis: Eins für das Volume und eins für die Kompression.

Andere wiederum, wie der Empress Compressor MK2, haben zahlreiche Potis und damit eine sehr präzise Einstellmöglichkeit.

Kompressor Pedale

Empress Effects Compressor MKII Blue

Ich persönlich mag das Mittelding.
Wenn mir der Grundsound des Kompressors gefällt, braucht er eigentlich gar nicht mehr so viele Einstellmöglichkeiten.
Für mich hat ein Kompressor Pedal meist einen Sweetspot.
Hat das Kompressor-Pedal also viele Potis, ist dieser meist schwerer zu finden.
Aber Kompressoren mit sehr wenigen Einstellmöglichkeiten klingen manchmal zu präsent.
Einige Kompressor-Pedale haben ein VU-Meter, also eine optische Darstellung der einsetzenden Kompression. Dies erleichtert die Einstellung des Pedals natürlich enorm.

Da ich grade den Grundsound des Kompressors ansprach: Jeder Kompressor hebt andere Frequenzen hervor, ähnlich wie bei unterschiedlichen Overdrive-Schaltkreisen.
Beide Schaltungen sind sich gar nicht so unähnlich, mit dem Input-Buffer, der Verstärkung und der Output-Stage ähneln sie sich sehr.
Und so können auch unterschiedliche Bauteile beim Drive oder Kompressor unterschiedliche Klangnuancen hervorheben.
Für mich gilt daher: Entweder mag man den Grundsound eines Kompressors oder man mag ihn nicht. Wer beim ersten Antesten des Kompressors nicht wenigstens schon grob seinen Klang wiederfinden kann, sollte ihn gleich wieder vom Board nehmen und einen anderen testen.

Die Reihenfolge für Kompressor-Pedale

Da KompressorPedale, wie Drive-Pedale, ja Teil des Gainstagings sind, ist auch die Reihenfolge der beiden Pedale nicht uninteressant für das beste Klangresultat.
Klassisch ist die Positionierung des Kompressors vor dem Verzerrer. So werden die Pegelspitzen etwas abgeflacht und anschließend das Signal angezerrt.
Schaltet man den Kompressor nur in bestimmten Passagen dazu, so kann, je nach Setting, mehr Gain aus dem Pedal herausgekitzelt werden und man kann den Kompressor als weitere Gain-Stufe ansehen.
Ich persönlich mag den Kompressor lieber nach dem Verzerrer. So kann gerade ein Low-Gain-Overdrive mit den unterschiedlichen Dynamiknuancen besser arbeiten und während einzelne Töne vielleicht noch unverzerrt sind, können Akkorde schön anzerren.
Der Kompressor nach dem Drive gleicht dann die Pegelspitzen etwas an und gibt noch etwas Sustain. Auch bei geringer Lautstärke kann man so ziemlich gut den Tube-Sag-Effekt nachbilden. Sprich, wenn Töne hart angeschlagen werden, sackt das Signal leicht ein.
Dies erinnert vom Spielgefühl und Klang für mich dann schon an einen aufgedrehten Röhrenamp, bei dem entweder die Vorstufen bereits verzerren oder die weit aufgedrehten Endstufen eine Verzerrung erzeugen. Die Dynamik bleibt dann erhalten, da die Kompression erst am Schluss erzeugt wird.
Allerdings werden so auch mögliche Nebengeräusche, wie das Rauschen des Verzerrers, durch die Kompression etwas angehoben. Auch hier sollte man also beides mal ausprobieren und behalten, was gefällt.

Richtig eingesetzt killt der Kompressor also keine Dynamik, sondern agiert als Dynamik-Bindeglied zwischen Gitarre und Amp.
Um das passende Setting einzustellen, lohnt es sich, den Kompressor ab und zu auszuschalten und den Klang unkomprimiert anzuhören. Dieser A/B-Vergleich verhindert es, dass man sich verleiten lässt, zu viel von dem Effekt zu nutzen. Das Einstellen der Kompression mit geschlossenen Augen, oder zumindest ohne auf die Potis zu starren, ist ebenfalls eine Möglichkeit, um seinen Sound zu bekommen. Es gilt also, sich selbst bei jeder Änderung zu fragen, ob der Sound besser oder schlechter geworden ist.
Eine generelle Einstellung für E-Gitarren gibt es letztlich nicht.
Also nicht beim Nachbarn abgucken.

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Fazit

Der Kompressor, dein Freund und Helfer für Volume, Sutain und eventuell für das Gainstaging.
Ja, er kann vielseitig sein und er kann das Signal und vor allem die Dynamik auch komplett zerstören, wenn man ihn falsch einstellt.
Aber mit etwas Mut, Geduld und der richtigen Auswahl des Pedals kann er für ein richtig gutes Klanggefühl sorgen und den kleinen Amp auf Zimmerlautstärke richtig groß klingen lassen.

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Forum
  1. Profilbild
    Jörg Hoffmann RED

    Vielen Dank für den tollen Bericht. Ich nutze auf meinem Pedalboard das CP-1X von BOSS, welches als Multibandkompressor abhängig vom EIngangssignal komprimiert. Ein toller Effekt, der in den richtigen Situationen dem Klang ganz viel Charakter gibt.

    • Profilbild
      DelayDude RED

      @Jörg Hoffmann Hi Jörg,
      das CP-1X ist wirklich das absolute Arbeitstier, das wie du schon sagst, super als Soundtool agiert.
      Ich bin ja immer ein Fan davon, wenn ein Kompressor ein visuelles Feedback gibt🎸

  2. Profilbild
    Jan Steiger RED

    Die Frage ist nicht „ob“, sondern „welches“ 😁
    Mein All-Time-Favorit ist das Boss CS-3 Pedal. Aber seit ich den Walrus Audio Mira zum Test hier hatte, kämpfe ich mit Gewissen und Portemonnaie…

  3. Profilbild
    harrymudd AHU

    frei nach Loriot:
    ein Leben ohne Kompressor ist möglich, aber sinnlos.

    Mein Tip ist der tc electronic Hypergravity. Single- und Multiband, alle üblichen Einstellmöglichkeiten Dank Toneprint und ein guter Preis zeichnen ihn als heiße Empfehlung aus.

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