Praxistest: Cre8audio Capt’n Big-O Eurorack-Modul – Ein großer Fang!
Hallo da draußen!
Dies ist meine erste Story hier bei Amazona, im Netz nenne ich mich Gamma Noize und mache als Hobby seit knappen 11 Jahren elektronische Musik und Sounddesign.
Heute kam ein tolles Paket bei mir an. In diesem Paket war das vor kurzem erschienene Eurorack Modul „Capt’n Big-O“ von Cre8audio, welche u.a. für das erschwingliche „Nifty Case“ Eurorack Gehäuse bekannt sind.
Cre8audio Capt’n Big-O Oszillator Modul
Cre8audio hat sich nun mit Pittsburgh Modular zusammengetan und zwei neue Module auf den Markt gebracht. Eines davon ist „Capt’n Big-O“. Ein voll analoger Oszillator, der neben der Klangerzeugung noch einen Wavefolder und ein Overdrive mitbringt. Laut der Website von Pittsburgh Modular handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Oszillators, welcher im Pittsburgh Voltage Research Lab Verwendung findet. Eben diese Zusammenarbeit hat mich hellhörig werden lassen. Pittsburgh Modular hat sich einen ziemlich guten Ruf in der Eurorack-Gemeinde erarbeitet und ich besitze schon den semi-modularen Synthesizer Microvolt 3900 des Herstellers, wodurch ich auch gewisse Erwartungen hatte.
Und was soll ich sagen? Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Der Klang des Capt’n Big-O ist für meine Ohren sehr warm und druckvoll. Besonders die Pulsbreitenmodulation hat es mir hier angetan. Diese klingt besonders fett. Was die Stabilität angeht, scheint der Oszillator so gut wie keinen Drift zu haben. Ich habe ihn jetzt mehrere Stunden in Betrieb, ohne dass er sich verstimmt hat. Das CV-Tracking muss ich noch ein klein wenig kalibrieren, da das noch nicht 100% mit meinem MIDI/CV Interface zusammen spielt. Aber selbst ohne Kalibrierung war die Abweichung bei 1 – 3 cent pro Oktave, was ich für ein voll analoges Modul nicht schlecht finde.
Eine kleine Warnung: Die Platine des Moduls ist relativ groß. Sollte man ein Eurorack Gehäuse mit etwas dickeren Schienen haben, könnte es passieren, dass das Modul nicht dazwischen durch kommt. Bei meinem TipTop Audio Mantis Gehäuse hat es gerade so von der Höhe her hineingepasst.
Beispiel-Sounds der rohen Wellenformen über mehrere Oktaven:
Wie schon kurz erwähnt, bringt das Modul auch vieles zur Klangformung mit. Direkt auf den Oszillator einwirken können, Hard-Sync, lineare FM und exponentielle FM. Die Pulswelle kann zudem in der Breite moduliert werden. Außerhalb der Klangerzeugung hat man dann noch einen Wavefolder und ein Overdrive zur Verfügung. Mehr kann man sich hier fast nicht wünschen.
Die lineare FM (Frequenzmodulation) ist die „zahmere“ Variante und musikalisch besser nutzbar, als die exponentielle Variante. Die exponentielle FM geht schnell in klangliche Extreme, welche oft sehr dissonant und atonal werden können. Es gibt trotzdem auch bei der exp0nentiellen FM ein paar Sweetspots, bei denen man die Klänge noch gut spielen kann. Ansonsten eignet sie sich auch für wilde Effektsounds. Nachfolgend ein paar Beispiele für die einzelnen Wellenformen mit linearer FM und mit exponentieller FM (Regler bei ca. 50%):
Der Wavefolder ist ein ziemlich nützliches Werkzeug, um die Grundwellenformen mit zusätzlichen Obertönen anzureichern. Dies geschieht, durch Falten der Welle. Sprich ähnlich zu einem Overdrive oder einer Distortion wird das Signal verstärkt bis es einen Schwellenwert erreicht. Im Gegensatz zum Overdrive oder Distortion wird die Welle nicht einfach abgeschnitten, sondern wieder zurück gespiegelt. Das gibt dem Signal dann einen etwas metallischen Charakter, der etwas an FM Klänge erinnern kann. Bei diesem Modul ist die Sinuswelle auf den Wavefolder normalisiert. Man kann dennoch über einen eigenen Eingang jegliches Audiomaterial einspeisen. Was bei diesem Folder interessant ist, ist dass auch die Sägezahn-, bzw. hier Rampen-Wellen gefaltet werden kann.
Damit haben viele Wavefolder ihre Schwierigkeiten, da sich Faltungen mit steilen Flanken nur schwer umsetzen lassen. Bei der Pulswelle merkt man dann dieses Phänomen trotzdem. Hier erhält man nur eine Änderung der Lautstärke und an gewissen Reglerpositionen eine Art „Glitch“, der sich anhört als würde ein Gameboy sich bei der Musikwiedergaben etwas verhaspeln.
Um den Folder zu steuern hat man zum einen ein Potentiometer zur manuellen Einstellung und einen CV Eingang mit eigenem Abschwächer zur Verfügung. Bei modulation mit bipolaren Signalen muss man etwas aufpassen, da negative Spannungen den Folder wie einen VCA arbeiten lassen und das Signal leiser machen. Dies kann bis zur völligen Stille reichen. Das hat allerdings auch seine Vorteile, da man so den Wavefolder auch als VCA nutzen kann, sollten einem alle VCAs im Rack ausgegangen sein. Im nachfolgenden Beispiel werden nach und nach die einzelnen Wellenformen des Oszillators durch den Wavefolder geschickt.
Beipsiel:
Der Overdrive basiert auf einem VCA der über cleanen Headroom hinaus verstärkt. Den Klang empfinde ich als sehr warm und rund, kann je nach Eingangssignal aber auch recht bissig werden. Es wird dabei in den Höhen nicht muffig, sondern bleibt weitestgehend klar. Wie stark die Verzerrung ist, hängt nicht nur von den Parametereinstellungen am Modul ab, sondern auch wie laut das Eingangssignal ist. Ein bereits relativ lautes Signal wird stärker verzerrt, als ein leiseres. Allerdings bietet dieser Overdrive genug Gain, um auch leise Signale noch gut anzuzerren. Die Steuerung ist ähnlich, wie beim Wavefolder. Man hat ein Potentiometer zur manuellen Einstellung und einen CV Eingang mit Abschwächer. Auch hier gibt es wieder die gleiche Eigenheit, wie beim Folder. Wird die Steuerspannung negativ, schwächt die Schaltung das Signal ab. Hier ist es sogar etwas logischer, da der Overdrive ja auf einem VCA basiert. Nachfolgend ein Beispiel bei dem nach und nach die einzelnen Wellenformen des Oszillators durch den Overdrive geschickt werden.
Beispiel:
Abschließend habe ich noch ein paar Patches, die ein paar mehr Module umfassen. Es wurde zur Klangerzeugung nur Capt’n Big-O verwendet. Zur Klangformung kam zusätzlich zum Wavefolder und Overdrive noch ein Dreadbox Eudemonia als Filter und Mixer und als VCA ein Doepfer A-135-2 zum Einsatz.
Modulation kommt vom Dreadbox Ataxia als Hüllkurve und LFO und vom Klavis Twin Waves, der als geclockter LFO eingestellt ist. Für FM wurde ein Erica Synths Pico VCO als Modulator verwendet. In den Beispielen ist der Sound zuerst ganz trocken, dann mit Effekten versehen. (NI Replika XT – Delay, NI Raum – Reverb)
Insgesamt bin ich von diesem Modul sehr angetan. Es klingt bombastisch, hat so ziemlich alles an Features, was man sich von einem Oszillator wünschen kann und bringt gleich noch Möglichkeiten zur Klangformung mit. In seiner Preisklasse braucht er sich wirklich nicht zu verstecken und bringt sowohl für den Preis als auch für die Größe des Moduls sehr viel mit.
Hallo Gamma Noize,
Danke für diesen Bericht!!!!
Dieses Modul habe ich auch auf dem Radar.
Da ich Besitzer eines Cellz bin und damit schon ein paar nette Sequenzen generieren konnte
wäre ev. so ein BIG-O ganz fein dazu.
Gerade auch mit Wave Folder…;-)
Eigentlich hätte ich mit dem Cellz auch das Chipz gerne mein Eigen genannt,
leider ist sich das noch nicht ausgegangen.
Das mit der Übergröße der Module bei cre8audio kann ich bestätigen.
Ich musste mein DIY Case aufbohren um das Cellz montieren zu können,
das war echt madig.
Wer weiß viell. check ich das Big-o mal gebraucht od. so …..
Ciao Joe
Ansich könnte man meinen es gäb‘ schon genug Oszillatoren, aber…grade der Wavefolder klingt doch recht fein, und auch der Preis stimmt. Macht das Modul Through-Zero-FM?
Ich war ja recht überrascht, wieder was von Cre8audio zu hören, weil nach dem NiftyBundle gabs recht lang…nix.
@D-Joe: ich hab zwar keine Erfahrungen mit dem Modul, aber Cellz und Chipz passen wunderbar in Monsterbase/case, Moog Skiff und logischerweise auch ins Niftycase.
@GammaNoize: bist Du das? https://www.modulargrid.net/e/users/view/126563
@moinho Hi!
Ob das Modul Through-Zero macht, weiß ich leider nicht. Dazu steht auch leider nirgends etwas. Müsste man mal direkt bei cre8audio anfragen.
Bzgl. Modular Grid: Ja, das bin ich.
Recent Rack ist mein aktuelles Rack. :)
@moinho Für TZFM kannst du dir den vergleichbaren T-ZED von LA67 anschauen.
Eine Kleinigkeit, die mir im Nachhinein noch auffällt, was ich erwähnen hätte sollen:
Die Reihenfolge der Wave bei den „Dry Sound“ Beispielen ist: Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck (und bei einigen noch PWM)
Ehrlich gesagt erinnern mich die Klänge stark an die casio VZ Kiste aus 1988. Die sind natürlich nix fürs Eurorack aber haben 8 oder 16 Stimmen und ich mag die sehr gerne spielen. Hier siegt die Polyphonie und der Nutzen als Presetschleuder.
Zwischen Casio VZ und einem ungefilterten, analogen VCO liegen Welten.
Toller detailierter Bericht!
Ein sehr interessanter Bericht und der Grundklang des Moduls gefällt mir ausgezeichnet, damit kann man doch schon sehr gut ohne zusätzliche Effekte arbeiten, was bei vielen festverdrahteten Geräten ja nicht mehr der Fall ist.
Cre8audio hatte ich bis letzte Woche nicht auf den Schirm, bis ich während dem Stöbern beim Kölner Händler zufällig auf das „Nifty Bundle“ gestoßen bin und dieses Angebot wird jetzt mein spontaner Einstieg in die Modularwelt …. anstatt mit der Grippe bin ich hoffnungslos mit dem DIY Platinen-Virus befallen und da kommt jede Hilfe zu spät, da es massenweise DIY Module gibt, die dann preislich oft unter 100 Euro liegen. Es ist aber auch nicht nur eine Kostenfrage, die Möglichkeiten sind ja heutzutage enorm und die Freiheit sich seinen Synthi selbst zusammenzustellen, gehört für mich mit zur Essenz der Kunst.