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Die Geschichte der VCFs in Roland Juno- & Jupiter-Synthesizern

Rolands VCF in der Jupiter & Juno Ära

1. Mai 2021
Die Geschichte der Roland VCFs in der Jupiter & Juno Ära

Die Geschichte der Roland VCFs in der Jupiter & Juno Ära

Roland hat von 1971 bis etwa 1987 Synthesizer mit analogen Filtern gebaut. Im ersten Teil des Artikels stellten wir Ihnen die Entwicklung von den diversen Adaptionen der Transistor- und Dioden-Kaskaden-Filtern bis hin zum vierstufigen OTA-Filter vor, mit dem die Firma Roland dann „ihren“ Sound begründet hat. Im zweiten Teil werden wir jetzt sehen, dass sich Roland dann aber nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht hat und nochmals einen Wandel in der Filtertechnik anging. Lesen Sie selbst.

Roland Jupiter-4, Promars MRS-2, SPV-355 Synthesizer

Der Roland Jupiter 4 sorgte für polyphone Klänge auf Dare.

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Die ersten Serien des Jupiter-4 arbeiten noch mit vier getrennten OTA-Chips; rot=Steuerspannung, gelb=Signalpfad, blau=Resonanzpfad

Das IC-IR3109 enthält 4 OTAs, die von der gleichen Steuerspannung angesprochen werden

Die neue Serie des Jupiter-4 verwendet erstmals IR3109

Die große Sensation des Jahres 1979 war der Jupiter-4, der erste polyphone Synthesizer aus dem Hause Roland. Lässt man alle sicher betrachtenswerten Spezialitäten des Jupiter-4 beiseite, und sieht sich nur den Filterbereich an, so fällt zunächst auf, dass es drei Versionen des Voiceboards gibt. Die ersten beiden Versionen verwendeten für das Filter das vierstufige 24 dB OTA-Filter auf der Basis der BA662. Es wurde wieder der Feldeffekt-Transistor als Puffer verwendet, jedoch blieb die Pufferstufe des BA662 ungenutzt. Man hat es also fast mit der Schaltung des SH-1 zu tun. Ein Detailunterschied besteht allerdings doch: Beim Jupiter-4 werden die OTAs als nicht-invertierende Verstärker betrieben, bei den anderen Synthesizern wurde eine invertierende Beschaltung verwendet. Ich bezweifle, dass dies klangliche Relevanz hat, und vermute, dass sich dadurch nur die Zuführung der spannungsgesteuerten Resonanz einfacher gestalten ließ.

In der dritten Version des Voiceboards, die ab 1981 eingesetzt wurde, kam erstmals ein Roland Spezial-Chip zum Einsatz: der IR3109. So sehr speziell ist der Chip allerdings nicht. Tatsächlich handelt es sich wohl um vier BA662 in einem einzigen IC-Gehäuse. Hintergrund für diesen Wandel dürfte der 1981 erschienen Jupiter-8 gewesen sein. Es dürfte wohl günstiger gewesen sein, einen Spezialchip bei einem IC-Hersteller zu beauftragen, anstatt die Arbeitsstunden zu bezahlen, die beim Einlöten von vier ICs und noch ein paar Bauteilen vergehen. Denn man höre und staune: Damals wurden auch bei einer Firma wie Roland noch alles per Hand gelötet! Damit sind wir aber noch nicht durch mit dem Jupiter-4. Er hat nämlich noch das schon bekannte 6 dB Hochpassfilter. Nun gut, werden Sie sagen, das kennen wir jetzt schon. Da jedoch in einem polyphonen Analogsynthesizer (und noch dazu in einem programmierbaren) jeder Parameter durch eine Spannung gesteuert werden muss, war das Hochpassfilter eben ein spannungssteuertes Filter. Hier stellen sich bis heute viele Leute die Frage, warum Roland nicht die Gelegenheit beim Schopf gepackt hat und das Hochpassfilter wahlweise an die Steuerspannungen des 24 dB Tiefpasses gehängt hat – eventuell mit einem Offset. Yamaha hatte es bei der CS-Serie vorgemacht und im Prinzip hatte Roland das Gleiche schon beim SH-5 einst realisiert gehabt. Man kann nur vermuten, dass Roland Jahre später dieses Defizit erkannte und dann dem Jupiter-6 ein vollständig steuerbares Hochpassfilter spendierte.

Wie klangen nun diese drei Versionen des Jupiter-4? Zunächst sollte man erwähnen, dass der Jupiter-4 auf alle Fälle zu den Instrumenten gehört, die aufgrund der Varianz der vielen Schaltungsbestandteile von Gerät zu Gerät unterschiedlich klingen. Trotzdem traue ich mich zu sagen, der „Vierer“ der ersten beiden Versionen wohl den überwältigsten Filterklang aller polyphonen Roland Synthesizer hat. Am ehesten würde ich ihn mit dem SH-1 vergleichen. Die dritte Version mit dem IR3109 klingt schon etwas gezähmter, aber auch klarer und diese Version mutet besser kontrollierbar an. Das Filter-Tracking in der Eigenresonanz ist bei der dritten Generation auf jeden Fall besser als bei den älteren Varianten. Abschließend sei noch der Promars MRS-2 erwähnt, der eine monophone Dual-VCO-Version des Jupiter-4 darstellt. Filtertechnisch gibt es keinen Unterschied zum Jupiter-4. Ebenso sei noch der Racksynthesizer SPV-355 von 1980 erwähnt. Dort kommt die Filterschaltung des frühen Jupiter-4 zum Einsatz.

Roland Jupiter-8 Synthesizer

Roland Jupiter-8

Das Filter des Jupiter-8. Die dünnere blaue Linie bezeichnet den Weg des Resonanzausgleichs.

1981 brachten Roland dann den ewigen König ihrer Produktpalette auf den Markt: den Jupiter-8. Obgleich nun sicher viele Möglichkeiten des Jupiter-8 ihn äußerst bemerkenswert und manchmal einzigartig machen, so ist sein Filter quasi eine „Standard“-Ausführung für Roland. Es handelt sich wieder um statischen 6 dB Hochpass und das vierstufige 24 dB OTA-Filter auf der Basis des IR3109. Gegenüber dem Jupiter-4 wurde nur der überstreichbare Bereich des Filters etwas geändert, der Jupiter-8, kann sein Filter „weiter auf“ machen; ob der Unterschied allerdings im hörbaren Bereich liegt ,bezweifle ich. Mangels eines exakten Datenblattes zum IR3109 kann man das leider nicht berechnen. Eine Besonderheit gibt es jedoch beim Jupiter-8: Man spendierte ihm einen Wahlschalter, mit dem man den Ausgang des Filters von der vierten Stufe auf die zweite Stufe vorverlegen kann. Dadurch bekommt man wahlweise ein 24 dB Filter oder ein 12 dB Filter. Die Resonanz wird übrigens weiterhin erst nach der vierten Stufe, also mit 24 dB abgegriffen. Der Jupiter-8 war zudem der letzte Synthesizer, dem Roland nochmals den Ausgleich zwischen Resonanz und Pegel spendierte.

In der 12 dB Variante klingt das Filter außerordentlich hübsch und weich. Gerade für „holzig“ klingende perkussive Klänge (am besten über den Arpeggiator gespielt) ist die 12 dB Variante definitiv die erste Wahl. In der 24 dB Version klingt das Filter genauso wie beim späten Jupiter-4 oder etwa beim nachfolgenden SH-101: kräftig, solide und sauber. Leider hat Roland die äußerst simple und wirkungsvolle Idee mit dem 12 dB Schalter bei ähnlich konstruierten späteren Geräten nie mehr aufgegriffen. Dabei wäre sie etwa beim SH-101, aber auch bei Juno-6, Juno-60 oder JX-3P vergleichsweise einfach zu realisieren gewesen.

Roland Juno-6, Juno-60, SH-101, JX-3P, Gitarrensynthesizer

Im Jahr 1982 und 1983 hatte dann Roland Erbarmen mit den Geldbeuteln der Musiker. Mit Juno-6, Juno-60, SH-101 und später mit dem JX-3P kamen deutlich erschwinglichere Synthesizer auf den Markt. Es mag seltsam erscheinen, dass diese in der heutigen Dance-Floor-Musik so zentralen Instrumente hier nur in einem gemeinsamen kurzen Absatz behandelt werden, doch beim Thema Filter gibt es keine großen Unterschiede zu berichten. Alle vier Instrumente verwenden den 24 dB OTA-Filter auf der Basis des IR3109 und bis auf den SH-101 auch das 6 dB Hochpassfilter. Einen kleinen Unterschied macht der JX-3P: die durchschnittliche Kennfrequenz ist leicht tiefer angesiedelt als bei den anderen dreien. Wieder wage ich zu bezweifeln, dass der Unterschied hörbar ist. Und nicht zu vernachlässigen: Ein Juno-6 Filter klingt definitiv identisch wie ein Jupiter-8 Filter. Nun werden Sie, lieber Leser, einwenden, dass die Junos und der JX-3P und wiederum der SH-101 durchaus unterschiedlich klingen – vom Jupiter-8 ganz zu schweigen. Da haben Sie natürlich Recht. Aber diese Unterschiede liegen nicht im Filter begründet, sondern etwa in der Art der Hüllkurvenerzeugung, beim Unterschied zwischen DCOs und VCOs, bei der Art der Steuerspannungserzeugung und ähnlichem. Bei den Filtern sind diese Instrumente alle miteinander gleich.

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Auch hier ist nochmals ein Verweis auf die neueren analogen Gitarrensynthesizer GR-300, GR-300B und GX-700 angebracht. Diese drei Geräte verwendeten jeweils das IC IR3109. Interessant ist hier auch, dass der JX-3P in weiten Teilen von den Ingenieuren der Gitarren-Abteilung bei Roland entwickelt wurde. Im GX-700 arbeitet die Klangerzeugung eines kompletten JX-3P.

Roland 
TB-303 Synthesizer

Der Filterschaltplan der TB-303. Beachten Sie das Doppelpoti bei der Resonanz (grau).

1982 kam es nochmals zu einer unerwarteten Renaissance des Dioden-Kaskaden-Filters, das beim späten SH-2000, beim System-100 und dem SH-5 verwendet wurde. Die TB-303 arbeitete wieder mit dieser Schaltung. Über „die 303“ hier im Detail zu berichten, dürfte nicht nötig sein. Jedoch gilt es mit einem lange Jahre verbreiteten Mythos aufzuräumen: Die TB-303 hat kein 18 dB Filter! Tatsächlich handelt es sich um ein vierstufiges Dioden-Kaskaden-Filter. Vier Stufen zu je 6 dB macht 24 dB. Die Fehlinformation, die übrigens auch von vielen eigentlich kenntnisreichen Menschen verbreitet wurde, rührt daher, dass der Kondensator der untersten Stufe nur den halben Kapazitätswert der anderen Kondensatoren aufweist. Da die Kennfrequenz bei gleichen Widerstandswerten direkt von der Kapazität des Kondensators abhängt, müsste diese Stufe also eigentlich eine doppelt so hohe Kennfrequenz haben. Erst Tim Stinchcomb hat in einem 2008 veröffentlichten Paper nachgewiesen, dass dem nicht so ist. Da die Dioden (bzw. die als Diode eingesetzten Transistoren) die einzelnen Stufen nicht von einander abtrennen, passt sich der jeweilige Pseudowiderstandswert jeder einzelnen Stufe so an, dass es wieder zu einer gemeinsamen gesamten Kennfrequenz kommt. Ein Dioden-Filter mit unterschiedlichen gleichen Kondensatorwerten hat daher die gleiche Filtersteilheit wie eines mit unterschiedlichen Kondensatorwerten.

Bemerkenswert ist auch die Anpassung des Signalpegels an die Resonanz. Diese erfolgt über ein Doppel-Potentiometer, das die Hüllkurve etwas mehr auf den VCA gibt. Das Ganze ist dann auch noch von der Accent-Programmierung abhängig.

Eine nicht wirklich beantwortete Frage wäre, warum Roland überhaupt nochmals diese Filterschaltung aus dem Archiv geholt hat. Hier kann man nur vermuten, dass die Vorgabe für die TB-303 war, ein absolutes Lowcost-Gerät zu produzieren. Der damals schon verfügbare IR3109 war vermutlich mit geschätzten 10 Euro Einkaufspreis zu teuer, im Vergleich zu dem Cent-Betrag für die erforderliche Hand voll Transistoren.

Roland Juno-106, MKS-7, MKS-30 Synthesizer

Das Prinzipschaltbild des VCF/VCA-Moduls des Juno-106

Roland war offensichtlich mit dem standardisierten Filter des IR3109 sehr zufrieden. Es verwundert daher nicht, dass die Tendenz in Richtung eines kompletten ICs gehen würde, das die Funktionen einer kompletten Synthesizerstimme abdecken würde. Ein erster Versuch war der Baustein 80017A (die vollständige Bezeichnung lautet übrigens A1QH80017A), den Roland ab dem Jahr 1984 in verschiedenen Geräten verwendete. Dabei handelt es sich nicht wirklich um einen integrierten Schaltkreis, sondern um eine kleine Platine, auf der ein IR3109, zwei BA662 sowie ein paar Widerstände und Kondensatoren – alles in SMD-Ausführung – montiert waren. Diese Platine wurde bis auf 11 Anschlusspins mit Epoxydharz vergossen und dann als steckbares Modul auf den Basisplatinen verwendet. Dieses Modul wurde im Juno-106, dem MKS-7 und dem MKS-30 verwendet. Tatsächlich ist die Filterschaltung identisch mit der in Juno-6 und Konsorten. Eine Besonderheit gilt es aber beim Juno-106 zu erwähnen: Sein Hochpassfilter ist in vier Stufen schaltbar; das kennt man anscheinend schon vom Modul M112 des System 100m. Allerdings ist die Arbeitsweise beim Juno-106 anders: Die Stufe 0 ist tatsächlich eine 3 dB Anhebung der Bässe, die Stufe 1 entspricht einem Bypass des Hochpassfilters, die Stufen 2 und 3 bieten unterschiedlich starke Absenkungen. Insbesondere diese Anhebung der Bässe sorgte dafür, dass in der Techno-Fraktion dem Juno-106 geradezu mythische Eigenschaften bezüglich der Erzeugung von Bassklängen zugesprochen werden. Tatsächlich kann man aber den gleichen Effekt mit jedem anderen Synthesizer mit der Klangregelung am Mischpult erzielen.

Eine eher leidiger Aspekt des 80017A zeigte sich erst zwanzig Jahre später: Die Bausteine zeigen Ausfallerscheinungen. Erst lässt sich die Resonanz nicht mehr herunterregeln, dann kommt es zu Dauertönen der betroffenen Stimme und letztlich verstummt die Stimme ganz. Schuld ist Feuchtigkeit, die in das alternde Epoxydharz eindringt und dann mit den aus dem Harz gelösten Stoffen zu einer kurschlussfähigen Masse zwischen den IC-Beinchen wird. Eine Reparatur ist im Prinzip möglich: Durch tagelanges Einweichen der ausgelöteten Module in Aceton kann man die Epoxydmasse aufweichen, um das Harz dann mit einem Bastelmesser und einem Zahnarzt-Kratzer vom Modul zu entfernen. Allerdings sollte dies unbedingt sehr gut und ständig belüfteten Räumen oder noch besser im Freien geschehen. Aceton-Dämpfe sind gesundheitsschädlich. Auch die Brand- und Explosionsgefahr durch Entzündung der Dämpfe sollte nicht zu unterschätzt werden. Wer sich dem nicht aussetzen will, der kann sich bei analoguerenaissance.com 1:1-Nachbauten des 80017A kaufen.

Roland Jupiter-6 Synthesizer

Das Filter im Jupiter-6 besteht aus zwei 12 dB SVFs, in Gelb das Tiefpass-Signal, in Grün das Hochpass-Signal

1983, also bereits ein Jahr vor dem Juno-106, brachte Roland mit dem Jupiter-6 einen zweiten polyphonen Großsynthesizer auf den Markt. In diesem Instrument vollzog Roland nochmals eine große Veränderung bei der verwendeten Filtertechnik. Der Jupiter-6 setzt nämlich auf eine Kombination von zwei in Serie geschalteten 12 dB State-Variable-Filtern (kurz SVFs) – also Multimodefiltern, wie sie bereits einmal im System 700 verwendet worden waren. Der Jupiter-6 bietet tatsächlich auch die drei Filterarten Tiefpass, Bandpass, Hochpass. Interessanterweise wird der Bandpass nicht durch Abgriff der entsprechenden Ausgänge erzeugt, sondern durch eine Kombination aus dem Hochpass im ersten Filter und Tiefpass im zweiten Filter. Die Resonanz wird für beide Filter getrennt, aber gleichzeitig geregelt. Auch beim Jupiter-6 fehlt die Anpassung des Pegels an die Resonanz, obgleich dies sehr einfach zu bewerkstelligen ist (siehe Verweis auf die Modifikation in den Link-Hinweisen). Das Filter des Jupiter-6 wird oft als scharf, klinisch exakt und etwas steril oder gar „kalt“ beschrieben. Aber tatsächlich hängt diese Sterilität wohl eher mit den damals ungewohnten „kalten“ Hochpassklängen und dem sehr genauen Autotuning des Jupiter-6 zusammen, das ein sehr exaktes Klangbild schon auf VCO Ebene gewährleistet. Dreht man die Resonanz auf, so kann das Klangbild der Filter nach meiner Wahrnehmung sogar eher verschwommen werden. Der Grund dafür dürfte in den zwei parallel arbeitenden Resonanzwegen der beiden Filterstufen liegen. Wegen der nicht komplett vermeidbaren Bauteilungenauigkeit sind die beiden Resonanzfrequenzen nicht 100 % gleich. Deshalb kann es hier zu einem Effekt kommen, den man am ehesten mit „Schwebungen“ zwischen den beiden Filtern bezeichnen könnte. Wie dies klanglich zu bewerten ist, ist freilich Geschmackssache. Es wäre aber sicher interessant, testweise einen der beiden Resonanzwege zu deaktivieren. Allerdings ist dies ein nicht unerheblicher Eingriff in die sehr dicht bestückte Platine des Jupiter-6.

Roland JX-8P, JX-10, MKS-80, MKS-50, Alpha-Juno-Serie Synthesizer

Das Prinzip-Schaltbild des IR3R05. Man erkennt die zwei 12 dB Blöcke des Jupiter-6 wieder.

Die im Jupiter-6 etablierte Kombination aus zwei 12 dB State-Variable-Filtern etablierte sich dann in allen folgenden analogen Roland Synthesizern. Zunächst wurde dafür noch der IR3109 in den ersten MKS-80 Serien verwendet. Aber bald wurde ein neuer Chip eingesetzt, der IR-3R05. Dabei handelte es sich einfach um die nun wirklich als monolithischer Schaltkreis gebaute Version des 80017A, also letztlich auch nur um den IR3109. An dieser Stelle kurz der Hinweis: Der IR-3R05 hat als „richtiges“ IC nicht mit den Verfallsproblemen des 80017A zu kämpfen. Etwas enttäuschend ist, dass Roland bei all diesen Synthesizern nur mehr die Tiefpassfunktion der beiden Filter verwendete. Die eigentlich grandiose und technisch noch ausbaubare Möglichkeiten der getrennten Multimodefilter ließ Roland ungenutzt liegen. Der Vollständigkeit halber sei dann auch noch das immer verbaute 6 dB Hochpass-Filter erwähnt, das manchmal schaltbar, manchmal durchstimmbar konstruiert war, aber nie mehr wie beim Jupiter-6 moduliert werden konnte.

Filter und Finanzen – ein Fazit

Es gibt nur wenige Hersteller, die so signifikant die Entwicklung von Synthesizern beeinflussten wie die Firma Roland. Dass sie dazu in der Lage war, ist sicher darin begründet, dass die Roland-Ingenieure immer ein Gleichgewicht zwischen dem Klanganspruch der Musiker und dem kaufmännisch Machbaren vereinbarten. Man sollte also die Entwicklung der Filtertechniken in den Roland Geräten immer unter beiden Gesichtspunkten betrachten: Der SH-2000, der sich in hohen Stückzahlen an Unterhaltungsmusiker verkaufte, wurde mit dem Patent-freien und daher finanziell günstigeren Diodenfilter gebaut; der SH-3A zielte auf klanglich anspruchsvollere Musiker ab und behielt daher das wegen des Patents teurere Moog Filter. Dass mit der TB-303 wohl ausgerechnet aus Gründen der Sparsamkeit ein Filter gebaut wurde, das die Musik der folgenden zwanzig Jahre wohl maßgeblich mit beeinflusst hat, ist dann sicher eine völlig ungeplante Entwicklung. Und letztlich ist die Klanggeschichte der achtziger Jahre auch maßgeblich davon beeinflusst, dass Roland mit der Standardisierung einer Filterschaltung vor allem einem kaufmännischen Argument folgte.

Dass dabei manchmal großartige Chancen vertan wurden, steht auf einem anderen Blatt. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass in einem Alpha Juno-1 oder einem MKS-80 die Möglichkeiten der Filter von CS-80 und Co. schlummern. Doch wer will es Roland verdenken, dass sie in den achtziger Jahren die Ernte der vielen Arbeit der vorangegangenen Jahrzehnte einfuhren. Nicht zuletzt damit haben sie die Entwicklung so großartiger Instrumente wie dem D-50, dem JD-800 und – weit gesehen – dem V-Synth vorantreiben können. Doch diese Geschichte soll ein andermal erzählt werden.

Ein herzliches Dankeschön geht an Michael Menze, für seine Engagement beim Kontakt zur Roland-Entwicklungsabteilung in Japan. Weiterer Dank geht an Ramcur für die Überlassung seiner Bilder.

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Forum
  1. Profilbild
    MusicChest

    Das ist mit Abstand einer der besten Artikel, den ich auf den Seiten dieser Amazonen-Selbsthilfegruppe jemals lesen durfte.

    Erfrischend faktenorientiert und aufbereitet, …so ganz anders, als von Frisur-Architektur-Gitarristen geschwülstig verfasste Berichte über von Platzhirschen hinterlassene Duftmarken…

    Bravo!

  2. Profilbild
    Inductor

    Toller zweiter Teil, auf den ich mich schon gefreut hatte. Vielleicht wären in einem dritten Teil auch Soundvergleiche möglich? Das wäre fantastisch. Denn alles habe ich nicht wirklich im Detail verstanden , da ich nur grobe Elektronik-Kenntnisse habe.
    Die Bildunterschrift 2. Bild sollte vielleicht noch angepasst werden. Die Signalpfade sind in fast allen Bilder gelb, nicht grün.

    • Profilbild
      Tyrell RED

      @Inductor Danke für den Hinweis mit den Farben. Habe den Text soeben korrigiert.

  3. Profilbild
    NDA

    RE: TB-303 vs SH-5 diode-ladder filter

    Hallo Florian, alle,
    zur sachlichen technischen Diskussion hier im Forum:
    Beim direkten Schaltungsvergleich sehe ich beim TB-303 Filter nur 3 Diodenpaare, beim SH-5 dagegen 4 Diodenpaare. Die jeweiligen Diodenpaare bilden zusammen mit den jeweils darüberliegenden Kondensatoren C die frequenzbestimmenden RC-Glieder (die Dioden dabei als einstellbare Widerstände R). All diese Kondensatoren weisen jeweils die gleichen Werte auf (TB-303: 0.033; SH-5: 0.068).
    Dagegen ist der Kondensator zwischen den Kollektoren der beiden Transistoren des Differenzverstärkers (zur Ansteuerung der „Leiter“) bei beiden Schaltungen immer niedriger (TB-303: 0.018; SH-5: 0.022). Er dient rein zur Bedämpfung allzu hoher Frequenzen (und unterdrückt damit wohl vor allem eine unerwünschte Eigenresonanz der Verstärkerschaltung).
    Damit hat die TB303 so aber tatsächlich nur 3 Pole und damit eben 18dB, der SH-5 dagegen 4 Pole und 24dB.

    Ansonsten wieder Herzlichen Dank für diesen schönen Artikel!

    • Profilbild
      Florian Anwander RED

      @NDA Hallo KrauTronicA,

      da muss ich Dich leider enttäuschen. Genau diese Fehlannahme hat Tim Stinchcomb im Artikel widerlegt, der über „Analyse der Diodenfilter“ verlinkt ist. Siehe Überschrift „The 18dB versus 24dB ‚dispute'“ in diesem Artikel.

      Gruß
      Florian

      • Profilbild
        NDA

        @Florian Anwander Hallo Florian,
        kein Grund zur Enttäuschung, wenn ich dabei etwas lerne.

        Die Artikel von T. Stinchcomb habe ich mir jetzt angeschaut; allerdings vor allem mit Schwerpunkt auf das Grundprinzip eines Pols und dessen wesentlichen Funktionselemente. Die später folgenden, detaillierten Rechnungen zu den verschiedenen Filterkonfigurationen tragen m.E. nicht gerade zum ersten (!), grundlegenden Verständnis bei (letztlich geht’s da um die Feinheiten mehrerer in Serie geschalteter Dioden).

        Das frequenzbestimmende RC-Glied wird demnach also aus dem jeweils unter den Transistoren/Dioden liegenden Kondensator gebildet – darin lag mein Gedankenfehler. Damit sind’s auch beim TB-303 Filter 4 Paare = 4 Filterpole.

        Im bildlichen Sinne ist also von Interesse, was „in der Leiter von unten nach oben gesehen“ jeweils noch als Last parallel zum jeweiligen Kondensator liegt. Solange dieser parallele (Wechselstrom)Widerstand deutlich geringer als der Blindwiderstand des Kondensators bei der jeweiligen Frequenz ist, bleibt der Kondensator noch ohne Wirkung. Der (Wechsel-)Strom sucht sich lieber den Weg des geringeren Widerstands.

        Grüße
        KrauTronicA

        • Profilbild
          NDA

          @NDA Für Interessierte:
          Als sehr stark vereinfachtes (!!!), plakatives Beispiel zur Veranschaulichung der Größenordnungen anhand der Werte der TB-303 bedeutet das für einen Frequenzbereich von 10Hz … 10kHz (also Faktor 1.000!).
          Bei maximalem cut-off sind alle vier Kondensatoren quasi parallelgeschaltet; Summe 117nF. Der Scheinwiderstand ist dann bei 10kHz nur 136 Ohm. Das oberste Transistorpaar muß dann aber einen noch geringeren Wechselstromwiderstand besitzen (dito alle Dioden). Das geht nur mit entsprechend hohem Strom.

          Bei minimalem cut-off kann schon der unterste Kondensator eine Menge beitragen. Mit 18nF und bei 10Hz ist dessen Scheinwiderstand ca. 884kOhm. Also ca. um den Faktor 6.000 (!) höher als die 136Ohm bei max cut-off. Machen wir’s uns einfach und setzen die jetzt benötigte Last mit 136kOhm an „um die 10Hz noch gut durchzulassen“. Das läßt sich (gegenüber den 136Ohm) mit um einen Faktor x1000 niedrigeren Strom leicht erreichen.

          Jetzt heißt es aber VCF, also voltage controlled filter. Wir brauchen sowohl eine Umsetzung von Spannung in Strom und müssen gleichzeitig diesen Faktor in der Größenordnung > 1.000 erreichen. Glücklicherweise gibt’s dazu das passende elektronische Bauteil namens Transistor, das diesen Job „von Natur aus“ erledigt.

  4. Profilbild
    justme

    Klasse Bericht, danke.
    Auch für einen kompletten Technik-Laien wie mich mit Affinität zu den alten Schätzen so geschrieben, daß man sich gut dran orientieren kann, was im Innenleben stattfindet, möglicherweise austausch- bzw. leicht reparierbar usw. ist.

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Super Artikel, war bestimmt mit hohem Aufwand verbunden. Vielen Dank dafür!

    Was mich auch sehr interessieren würde: Wie schafft es Roland heute, mit Analog Circuit Behavior (ACB) und ZEN-Core den Sound der früher verwendeten Komponenten zu emulieren? Dazu wäre ein Interview mit den Software-Architekten oder Entwicklern ziemlich spannend. Oder gibt es dazu schon was im Netz über die einschlägigen Werbetexte von Roland hinaus? Freue mich über Tipps …

  6. Profilbild
    amyristom AHU

    Ein toller Artikel, aufwendig recherchiert und trotzdem auch für den elektrotechnischen Laien gut verständlich und interessant rübergebracht. Gerne immer mehr von sowas! Wie @Inductor bereits schreibt wären Soundbeispiele noch das Sahnehäubchen gewesen um die beschriebenen Unterschiede etwas hörbarer / greifbarer zu machen (aber dazu müsste man natürlich die ganzen Schätzchen auch im Zugriff haben). :-)

    • Profilbild
      Florian Anwander RED

      @amyristom > (aber dazu müsste man natürlich die ganzen Schätzchen auch im Zugriff haben). :-)
      Ja, daran hakt es etwas. Aber vielleicht kann ich da eine „konsolidierte Aktion“ unter diversen Amazona Autoren an den Start bekommen. Mal sehen…

  7. Profilbild
    falconi RED

    Danke für diesen lesenswertigen Überblick und die Erläuterung der historischen Querverbindungen, die sich mir zuvor nie ganz erschlossen hatten (siehe meinen Test des JX-3P vor langer Zeit). Was aber auch gar nicht so leicht ist, wie ich nun feststellen musste.

    Ergänzend: Wie bereits oben angedeutet, wurde der OTA BA662 (den es in den Varianten A und B gab) nicht nur als „variabler Widerstand in einer VCF-Schaltung“ eingesetzt, sondern auch als „gewöhnlicher VCA“.
    Und: In besagtem JX-3P sind die IR3109 als VCF und BA662 als VCA nach meiner Erinnerung noch nicht zu einem A1QH80017A verheiratet – und so sagt es auch diese großartige Tabelle:

    http://www.florian-anwander.de/roland_filters/

    Jedenfalls funktioniert mein Testinstrument nach wie vor, und zwar bislang ganz ohne Aceton.

    Mit freundlichem Gruß,
    falconi

    • Profilbild
      Florian Anwander RED

      @falconi Hallo Falconi,

      Danke für das Lob!

      Zum BA662 und seinem Einsatz als VCA: Im Prinzip kann man ein OTA-basiertes VCF auch als Kombination eines VCAs mit einem Kondensator sehen. Wie in der Einleitung zum ersten Teil des Artikels beschrieben basieren regelbare elektrische Filter auf einer Kombination aus einem regelbaren Widerstand und einem Kondensator. Und ein VCA agiert eben als regelbarer Widerstand.
      Wenn Du beim JP6-Schaltbild genau hinschaust, dann siehst Du auch, dass das VCA für die spannungsgesteuerte Resonanzregelung ein Viertel eines IR3109 ist. Der 3109 ist nämlich auch nur eine Ansammlung von vier BA662 in einem IC-Gehäuse.

      Gruß
      Florian

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