Aller Anfang ist schwer? Mitnichten!
Inhaltsverzeichnis
Neulich beim Aufräumen ist mir mein erstes Effektpedal in die Hände gefallen und ich habe über die verschiedenen Treter nachgedacht, die ich als blutiger Gitarren-Anfänger gekauft habe. Der Markt war schon damals (vor vielen, vielen Jahren) riesig groß und eine Übersicht war, gerade für mich als absoluter Laie, nahezu erschlagend. Klar war nur, mein erster Transistor-Verstärker brauchte auf alle Fälle Unterstützung in Form eines Verzerrers. Und damit begann meine Reise durch die Welt der Effektpedale.
Heute sieht die Lage aber noch mal ganz anders aus und wenn ich heute anfangen würde, Gitarrenstunden zu nehmen, wäre ich vermutlich hoffnungslos überfordert.
Mit welchem Effektpedal sollte man als junger Gitarrist beziehungsweise als junge Gitarristin anfangen? Welches Gerät überfordert die noch ungeübten Anfängerhände?
Nr. 1 aus der Kategorie Must-have-Effektpedale: Gain-Pedale
Als Anfänger einen Verzerrer als erstes Effektpedal zu kaufen, ist in meinen Augen auf jeden Fall sinnvoll. Die E-Gitarre ist ja eines der wenigen Instrumente, die sehr stark mit Verzerrung arbeiten und fast alle Vorbilder und Bands nutzen Verzerrer.
Aber: Ein Overdrive-Pedal finde ich für einen Anfänger zu schwierig. Das geringe Gain, also der Grad der Verzerrung, trägt den Ton nicht so lange, so dass ein reines Overdrive-Pedal ein sehr genaues und gekonntes Spielen erfordert, um einen guten Sound zu erhalten. Jedes Saitenrutschen, jeder unsaubere Ton wird noch zusätzlich verstärkt. Ein Overdrive maskiert eher wenig und kann daher am Anfang eher frustrieren.
Overdrive-Pedale werden oft in Verbindung mit einem bereits angezerrten Röhrenamp genutzt, um diesen noch weiter in die Sättigung zu treiben. Aber nur die wenigsten Gitarristen werden mit einem teuren und hochwertigen Röhrenamp beginnen.
Auch ein Fuzz-Pedal ist für den Anfänger nicht gut geeignet. Durch seine starke Verzerrung ist es manchmal fast unkontrollierbar und in Verbindung mit den ersten Gehversuchen auf der Gitarre kommt man da schnell ins Rutschen.
Overdrive und Fuzz sind, auch wenn es manchmal anders klingt, meiner Meinung nach eher für geübte Gitarristen geeignet.
Nachgiebiger und einfacher zu zähmen ist das Distortion-Pedal. Dies gibt genug Gain, um den gespielten Ton länger stehen zu lassen, ist aber nicht so unzähmbar wie ein Fuzz. Und bei einigen Distortion-Pedalen lässt sich das Gain sogar soweit runterregeln, dass man es später gut als Overdrive-Pedal nutzen kann.
Einige Distortion-Pedale orientieren sich klanglich an Amps, wie zum Beispiel am Sound eines Marshall Verstärkers und können den kleinen Transistor-Brüllwürfel klanglich ganz schön aufwerten.
Mein erstes Pedal war dementsprechend ein Ibanez PowerLead. Drei Regler sind einfach zu handhaben, selbst wenn man noch nicht genau versteht, was sie regeln und wie man sie einstellen sollte. Es kam immer ein brauchbarer Sound raus.
Auch wenn Verzerrer mit mehr Reglern flexibler sind, können zu viele Optionen für einen Anfänger überfordernd sein und eher verwirren.
Ein gutes Distortion-Pedal muss auch nicht teuer sein. Denn den Harley Benton MiniStomp Plexicon bekommt man schon für unter 20 Euro.
Er orientiert sich, wie der Name Plexicon schon verrät, an einem Marshall Plexi Verstärker. Mit seinen drei Reglern und einem Kippschalter ist er einfach einzustellen. Die Größen der jeweiligen Regler zeigen dann auch gleich, welcher Regler der Wichtigste ist.
Ähnlich ist der NUX Brownie Distortion aufgebaut. Der Name Brownie ist übrigens ebenfalls ein Hinweis auf den legendären Marshall Sound.
Wer es noch etwas heftiger mag, könnte mit dem Behringer HD300 Heavy Distortion etwas anfangen. Dieser hat eine etwas flexiblere Klangregelung und kann schon ordentlich verzerren.
Der Klassiker seit den 1970ern ist der Boss DS-1. Dieser wurde und wird auch von vielen Profis, wie zum Beispiel Steve Vai und Gary Moore, gdnutzt. Gerade Letzterer beweist, dass ein Distortion-Pedal auch für Low-Gain geeignet ist.
So, mit einem Verzerrer hat man als Anfänger schon mal eines der wichtigsten Effektpedale unter den Füßen.
Nr. 2 der Must-have-Effektpedale für Anfänger: ein Delay
Für sphärische Klänge, leichte Modulation oder um das Gitarrensolo etwas eindrucksvoller und mächtiger klingen zu lassen, ist ein Delay-Pedal gut geeignet.
Für klares Repeat und ein paar Sound-Optionen würde ich ein digitales Delay empfehlen. Diese haben heutzutage auch ein paar Klangoptionen und können einen analogen Delay-Sound oder ein Tape-Delay (also ein Bandecho) gut nachbilden.
Das erste Delay-Pedal braucht eigentlich auch keine lange Delay-Zeit zu haben.
Das Spiel mit langen Delay-Zeiten muss erst etwas geübt werden, da es verwirrend sein kann, wenn das Gespielte nicht als kurzer Soundeffekt, sondern als eine Art „Call and Response“ wiedergegeben wird.
Kurze Delay-Zeiten sind einfacher zu spielen und können wunderbar zum Andicken des Sounds genutzt werden.
Mein erstes Delay war das Boss DD-5. Es war zwar etwas teurer, aber ich habe und verwende es heute noch.
Günstige Delays für den Einstieg wären zum Beispiel das Harley Benton MiniStomp Edgy. Mit den Reglern für Level, Delay-Zeit und Regen (sprich, der Anzahl der Wiederholungen) ist es einfach zu bedienen und der kleine Kippschalter lässt zwischen den drei Soundoptionen Echo, Mod und Normal wählen.
Durch einfaches Ausprobieren kann man so schnell eine brauchbare Einstellung finden und meist ist man mit einem Setting zu Beginn schon mal gut bedient. Abgesehen davon: Für aktuell um die 35,- Euro kann man auch eigentlich nichts falsch machen.
Ähnlich simpel aufgebaut und robust ist das TC Electronic The Prophet Digital Delay.
Wer weiß, dass seine Vorbilder nur Tape-Delays spielen, könnte das NUX Tape Core Deluxe ausprobieren, das ein unglaubliches Preis-Leistungs-Verhältnis hat.
Allerdings könnte das Anwählen der virtuellen Tonköpfe für einen Anfänger eher verwirrend sein, aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.
Joyo bietet mit seinem D-Seed II den wahrscheinlich besten Effektpedal-Allrounder für Anfänger.
Man bekommt verschiedene Soundoptionen, denn von Tape über Analog bis zu Reverse ist alles drin. Außerdem hat es bereits eine Tap-Tempo-Funktion. Die Delay-Zeit kann also per Fuß eingetappt werden. Und für die ganz Mutigen ist sogar ein Looper vorhanden.
Etwas teurere Pedale, mit denen man aber auch lange Spaß haben wird, sind das TC Electronic Flashback 2 oder das Electro Harmonix Canyon Delay. Beide kompakten Pedale haben zahlreiche Delay-Arten parat, können getappt werden und bieten sogar einen Looper. Klanglich sind beide Pedale sehr gut und auch wenn sie den Anfänger-Geldbeutel vielleicht etwas mehr beanspruchen, wird man damit langfristig ein gutes Effektpedal auf dem Pedalboard haben.
Das 3. Must-have der Effektpedale für Anfänger: Modulationseffekte
Modulationspedale sind Geschmackssache und die Übergänge von Chorus und Flanger zu Vibrato und Phaser manchmal klanglich fließend.
Um den passenden Sound zu finden und ein paar Optionen zum Experimentieren zu haben, würde ich daher bei Modulationseffekten zunächst nicht zu Einzelpedalen raten, sondern einen Multieffekt ausprobieren. Diese bieten eine große Auswahl an verschiedenen Effekten in einem Gehäuse und sind somit eine Art Buffet der Klangpalette. Ein Häppchen von allem.
Ein günstiges und kompaktes Multieffektpedal bietet Valeton mit seinem Coral Mod II Modulation FX. Und so lang wie sein Name ist, so groß ist auch die Soundauswahl. Der gewählte Sound kann dann in der Geschwindigkeit und der Intensität mit den Depth- und Speed-Reglern eingestellt werden.
Vom Prinzip her recht ähnlich ist auch die Mooer Mod Factory MKII. Diese verfügen neben den Standards wie Chorus, Flanger, Wah und Phaser aber auch noch über abgefahrene Sounds wie Stutter, Ring und Low Bit. Also wieder etwas für mutigere Gitarristen.
Sicherlich kein Geheimtipp mehr sind das Zoom MultiStomp MS-70 CDR und das Line6 M5. Beide Effekte gehören zu meinen Lieblingen und sind wirklich flexibel, gutklingend und umfangreich.
Diese zwei Pedale kann man als Investition in die Zukunft betrachten, da man nicht so schnell an ihre klanglichen Grenzen gelangen wird. Sie haben alles, was ein Anfänger, aber auch ein fortgeschrittener Gitarrist in einem Effektpedal braucht und mit der flexibleren Einstellmöglichkeit kann man sowohl die Standardsounds bedienen als auch später, wenn man sich etwas reingefuchst hat, abgefahrene Sounds einstellen. Ich selbst nutze immer noch ein M5 auf einem meiner Pedalboards.
Must-have-Effektpedale für Anfänger, die Vierte: Tuner
Der Vollständigkeit halber möchte ich auch noch ein Stimmgerät für das Anfänger-Board mit in den Ring werfen. Wenn das Gehör noch nicht so trainiert ist, sollte man die Stimmung lieber einmal öfter kontrollieren. Ein Tuner ist zwar nicht so sexy, aber wirklich sinnvoll.
Wer den Platz auf dem Pedalboard dafür nicht opfern möchte, kann auch einen Clip für die Kopfplatte der Gitarre in Betracht ziehen.
NUX bietet zum Beispiel den NUX Nu-Tune NTU-1 an, der günstig und platzsparend ist.
Aber auch zahlreiche andere Anbieter haben diesen Markt für sich entdeckt und bieten günstige Stimmgeräte an.
Zum Beispiel gibt es von Rockboard den Stage Tuner ST-01, der ein großes und übersichtliches Display hat und ein grundsolider Stimmpartner für die Bühne ist.
Last but not least: Netzteile
Und wenn wir schon bei den notwendigen Anschaffungen sind, noch ein kurzer Blick auf das Netzteil. Um die genannten Must-have-Effektpedale für Anfänger mit Strom zu versorgen, möchte ich das Harley Benton PowerPlant Iso-1 Pro empfehlen.
Durch die einzeln isolierten Ausgänge können mehrere Effektpedale ohne Nebengeräusche mit dem Netzteil verbunden werden. Das Netzteil liefert auch genügend Saft, um analoge und digitale Effektpedale zu versorgen und es lässt sich platzsparend unter dem Pedalboard montieren.
Also ein kraftvoller und unauffälliger Geselle und bei Auftritten weniger fehleranfällig als mehrere Einzelnetzteile.
Hi DelayDude,
genau die Fragestellung hatte ich auch, allerdings nicht als Anfänger, sondern als Wiedereinsteiger.
Habe ich in diesem Workshop abgehandelt:
https://www.amazona.de/workshop-gitarre-recording-zubehoer/
Komme zum gleichen Ergebnis wie du, Verzerrung, Delay, Modulation, das reicht für den Anfang. Und da ist so ein Multi evtl. gar nicht schlecht.
Ob es nun der von mir gekaufte Mosky Red Fox ist, der noch einen Loop bietet, in den z.B. auch ein Tuner gehängt werden kann, oder ähnliche Teile wie das Valeton Mini 4 (da ist der Tuner schon drin), dazu ein einfaches 9 Volt Netzteil, schon ist man preisgünstig am Start.
Und danach kann man dann richtig loslegen und sich ein tolles, buntes Board nach eigenen Bedürfnissen zusammen stellen.
Grüße Armin
Zum üben würde ich noch ein Metronom darzustellen. Finde ich mindestens genauso wichtig wie den Tuner. Gibt’s die auch in Pedalform?
@Trichter Z. B.: Beat Buddy auch haben die BOSS-Looper eine Drummachine integriert. Der Beat Buddy ist imho einfacher zu bedienen und hat das bessere Display. Man kann auch die BPM manuell einstellen und ändern.
@Trichter Hi Trichter,
oh ja, ein Metronom macht mega Sinn und als günstigen Tuner in Pedalform könnte man den TC Electronic PolyTune 3 nehmen.
Naja, vielleicht sollten Anfänger am besten mit einem Modeling Combo starten. Vielleicht sogar mit einem Floorboard Modeler + Fullrange Lautsprecher. (Die Lautstärke, die schon ein kleiner Combo produzieren möchte, damit er klingt, will man ja zu Hause gar nicht unbedingt.)
Dann erübrigt sich das mit den Pedalen erstmal, sie sind mit allem versorgt, können aber auch viel experimentieren. Es bräuchte allerdings wohl etwas Hilfe beim Erstellen der ersten *brauchbaren* Presets, damit sie nicht völlig überfordert sind. 😬