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Dynamic Pricing – Lösung oder Geschäftsmodell?

Warum die Fans nicht unschuldig an teuren Konzertkarten sind

29. Februar 2024

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell AufmacherEs ist Februar 2024: Eine mächtige Konzert-Saison steht bevor. Gerade haben die Alt-Rocker von AC/DC ihre Tour 2024 bekanntgegeben. Die Stars aller Genres geben sich auch 2024 die Klinke in die Hand: Bruce Springsteen, Bryan Adams, Adele, Pearl Jam, Justin Timberlake, Metallica, Iron Maiden und mehr. Und wieder brechen beim Vorverkaufsstart die Systeme von Eventim, Ticketmaster und Co. zusammen, weil sie dem Ansturm der Fans nicht standhalten. Und wie immer ist der Preis nach jedem neuen Einloggen, nach jeder Warteschlange deutlich höher als zuvor. Dynamic Pricing heißt das Geschäftsmodell, das die Preise in schwindelerregende Höhen schießen lässt und die einen Fans verärgert, während die anderen Fans mit den Schultern zucken und den Kauf abschließen. AMAZONA.de Kollege Sven Rosswog hatte sich bereits vor einem Jahr mit dem Thema beschäftigt. Nun wird es erneut heiß diskutiert. Was steckt hinter dem System, warum wurde es entwickelt und welchen Anteil daran haben die Fans?

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Das Geschäft mit Eintrittskarten

Die Preise der Eintrittskarten sind in den letzten 50 Jahren sprunghaft angestiegen. Wer erinnert sich noch an die Zeiten, zu denen man zum „Taschengeldpreis“ einen US-Künstler live erleben konnte? Da war sogar noch genügend Geld für das Tour-Book, ein offizielles Tour-Shirt und einige Kaltgetränke drin. Das alles natürlich selbst bei guten Plätzen. So habe ich in meiner Jugendzeit schöne Konzerte erlebt. Für den Kauf einer Eintrittskarte ist man zu einem der zahlreichen Ticket-Shops in der Stadt gefahren oder hat die Karte am Telefon bestellt (sofern man durchgekommen ist).

Mit dem Internet hat sich der Kartenverkauf drastisch gewandelt. Der Verkauf von Tickets über Online-Portale ist mittlerweile die Regel. Der Vorverkauf wird lange angekündigt und ein Timer signalisiert, wann dieser beginnt. Doch schon zuvor ist ein Großteil der Tickets weg, denn Kunden bestimmter Unternehmen der Telekommunikations- oder Online-Bezahl-Branche bekommen einen exklusiven Zugriff vor dem Vorverkaufsstart – sozusagen einen Pre-Presale. Diese Unternehmen sind nicht selten Sponsoren oder sogar Mitveranstalter.

Schon nach Minuten sind mittlerweile Konzerte und sogar halbe Tourneen ausverkauft. Die enttäuschten Fans richten nun ihr Augenmerk auf den Zweitmarkt – und hier beginnt die wahre Geschichte des Dynamic Pricings für Konzertkarten.

Lukrativer Zweitmarkt

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Konzertkarten Zweitmarkt

Schon immer wurden Konzertkarten auf dem Zweitmarkt verkauft – selten zum Originalpreis. Manchmal konnte man trotzdem früher sogar ein Schnäppchen machen. Diese Zeiten sind lange vorbei.

Der Vorverkauf startet häufig weit vor der eigentlichen Veranstaltung. Der hohe oben beschriebene Zeitdruck lässt kaum Zeit zum Überlegen, ob die Veranstaltung wirklich besucht werden kann, wie viele Freunde oder Familienmitglieder mitkommen oder ob doch der Urlaub oder eine Geschäftsreise, die Hochzeit des besten Freundes oder ein runder Geburtstag dem Besuch entgegenstehen. So werden viele Karten nach einiger Zeit wieder verkauft. Auch kurzfristige Verkäufe vor der Arena oder Konzerthalle gehörten zum festen Bild eines jeden Konzerts – Krankheit oder andere Gründe haben den Besuch verhindert und die übriggebliebene Karte soll nun in letzter Minute wieder in Geld verwandelt werden, bevor sie nur noch wertloses Altpapier ist.  Auch hier hat der Autor dieser Zeilen so manches Schnäppchen gemacht und erinnert sich gerne an seine Zeit als Musikstudent zurück, während so manches Mal mit Kommilitonen vor der Dortmunder Westfalenhalle ein Schnäppchen gemacht wurde. 30,- Euro für eine Karte in der ersten Reihe bei der Night of The Proms mit Toto, John Miles, Roger Hodgson und anderen hochkarätigen Künstlern waren eigentlich der Normalfall. Waren die ersten Töne bereits erklungen, ging das sogar noch günstiger.

Heute ist das anders: Aus dem Zweitmarkt mit günstigen Kartenpreisen oder zumindest Preisen, die dem aufgedruckten Preis der Karte entsprechen, ist ein professionalisierter Markt geworden, der  Geschäfte macht, die als unlauter eingestuft werden dürfen.

Gewerblicher Zweitverkauf

Zweitverkäufer haben sich „professionalisiert“ und nutzen die „Not“ der Fans, die kein Ticket mehr erhalten haben, schamlos aus. Schon kurze Zeit nach der Mitteilung, dass das Konzert oder die Tour ausverkauft sei, taucht eine Masse an weit überteuerten Tickets auf dem Zweitmarkt auf. Zunächst wurde dafür eBay genutzt. Die hier geforderten Preise entsprachen teilweise dem 10-, 20- oder 30-Fachen des Originalpreises und darüber hinaus – und wurden erfolgreich verkauft.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Konzertkarten Zweitmarkt Scalper

Das Geschäft mit dem Zweitmarkt für Konzertkarten boomt trotz Dynamic Pricing

Der Erfolg führte schließlich zur Gründung zahlreicher gewerblicher Plattformen für den Zweitverkauf. Eine davon ist Viagogo. 2006 von Eric Baker in London gegründet, sollte Viagogo Fans ermöglichen, ihre Tickets zentral weiterzuverkaufen. An sich eine gute Idee, wenn nicht die Viagogo-Macher selbst die Chance gewittert hätten, in das Geschäft mit deutlich überteuerten Tickets einzusteigen. Der massenhafte Ankauf von Tickets, die dann zu weit überhöhten Preisen auf Viagogo verkauft wurden, rief schnell die Künstler und Konzertveranstalter auf den Plan. Viagogo warb mit nahezu ausverkauften Konzerten und täuschte eine Knappheit von Konzertkarten vor, obwohl man selbst offiziell gar kein Ticketverkäufer ist. Die Fans fielen im großen Maße darauf herein und kauften ihre Karten bei Viagogo und nicht auf dem Erstmarkt. Auch vor offensichtlichen Betrügereien schreckte Viagogo nicht zurück und verkaufte Karten zu angeblichen Originalpreisen. Diese Karten waren jedoch deutlich teurer als die offiziellen Tickets. So zahlten Fans nicht nur überzogene Preise, sondern wurden teilweise bei Konzerten auch nicht eingelassen. So geschehen 2019 bei Konzerten von Helene Fischer, Ed Sheeran und Rammstein. Bei anderen Veranstaltungen, bei denen es offiziell noch Karten gab, wurde von Viagogo behauptet, dass die Veranstaltung so gut wie ausverkauft sei. Außerdem hat Viagogo eigenmächtig Preiskategorien eingeführt, die es offiziell gar nicht gab (Quelle). Auch mehrere erfolgreiche Unterlassungsklagen von Künstlern hindern den Zweitverkäufer nicht am schmutzigen Geschäft. Die Verbraucherzentrale warnt offen im Internet vor dem Kauf von Tickets über Viagogo (Quelle).

Doch wie gelangen gewerbliche Zweitverkäufer überhaupt an größere Ticketkontingente, die die Fans selbst nicht erhaschen konnten?

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Mit Scalper Bots zum Erfolg

Während es beim Verkauf über Ticketshops vor Ort kaum möglich war, eine größere Zahl an Tickets ohne Argwohn der Mitarbeiter dort zu erstehen, ist es beim Online-Shopping deutlich leichter. Sogenannte Scalper Bots sorgen für den automatisierten Kauf von Tickets in großer Zahl. Zwar haben die Online-Ticketshops immer wieder versucht, Scalper Bots aus dem Tagesgeschäft fernzuhalten, doch findige Programmierer hebeln die Sicherheitssysteme immer wieder aus. Auf diese Weise erstehen sie größere Ticket-Kontingente auf einem Schlag, die dann gezielt zu überzogenen Preisen auf dem Zweitmarkt verkauft werden. Zuletzt im großen Stil geschehen beim Verified Fan-PreSale für die Taylor Swift Eras-Tour 2022.

Eine weitere Methode besteht darin, Tickets über den Zweitmarkt aufzukaufen, die Fans dort zum Originalpreis wieder verkaufen, weil sie doch keine Möglichkeit haben, das Konzert zu besuchen. Auch diese Tickets landen dann wieder im Verkauf und werden zu überhöhten Preisen angeboten.

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Verschmelzung von Erstmarkt und Zweitmarkt

Das schmutzige Geschäft der Ticketverkäufer

Dieser lukrative Zweitmarkt rief dann die Ticketverkäufer des Erstmarkts auf den Plan. Diese unterhalten nämlich mittlerweile eigene Verkaufsportale für den Zweitmarkt. Zu nennen wäre TicketsNow, die Zweitmarktplattform des weltweiten Ticketanbieters Ticketmaster. Und auch die Geschäftsbeziehungen von Viagogo reichen hinein bis in die Welt des Erstmarkts und sogar der Konzertveranstalter, wie der Tour-Veranstalter Berthold Seliger in seinem Buch „Das Geschäft mit der Musik: Ein Insiderbericht“ verrät.

2009 kam es schließlich zum Skandal: Kein Geringerer als Bruce Springsteen war mit seiner ausverkauften Tour der Auslöser, der stocksauer auf seiner Internetseite verkünden ließ, dass die Fans beim Vorverkaufsstart vom Kartenverkäufer Ticketmaster direkt auf die Internetseite von TicketsNow, also der hauseigenen Zweitmarktplattfom von Ticketmaster, umgeleitet wurden. Dort gab es die Karten für seine Tour dann zu Abzockerpreisen. Den Gewinn hat sich Ticketmaster eingestrichen – weder der Künstler, noch die an der Tour beteiligten Musiker, Gewerke oder der Tourveranstalter hatten etwas davon. Der Fall beschäftigte in der Folge sogar die Justiz und Politik in den USA. Ticketmaster entschuldigte sich zwar in der Folge und wollte den Fans das zu viel gezahlte Geld zurückerstatten, auch eine riesige Schadensersatzsumme wurde fällig, doch so ganz glauben, dass das ein Versehen und ein Einzelfall war, wollte in der Folge niemand mehr (Quelle).

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Cover Seliger Buch

Berthold Seliger: Das Geschäft mit der Musik: Ein Insiderbericht, Edition Tiamat

Hohe Gebühren zur künstlichen Preissteigerung

Doch auch ohne derartige Praktiken gelingt es den Ticketverkäufern immer wieder, die Ticketpreise ohne das Zutun der Künstler in die Höhe zu treiben: Verschiedene Gebühren werden auf den mit dem Management oder Tour-Veranstalter vereinbarten Kartenpreis aufgeschlagen. Gebühren für Hallennutzung, Bearbeitungsgebühren, Versandkosten und mehr kommen auf den eigentlichen Kartenpreis drauf. So wurde manche Karte im Anschluss zum doppelten Preis verkauft – ganz legal.

Im Zentrum des Geschäfts steht Live Nation Entertainment. Live Nation Entertainment ist ein US-Medienunternehmen, das aus Live Nation als Veranstalter und Inhaber von Spielstätten auftritt, zu dem aber gleichzeitig auch das Unternehmen Ticketmaster und damit TicketsNow gehört. Rund 120 Veranstaltungsstätten gehören Live Nation. Live Nation ist darüber hinaus Mehrheitseigner der Academy Music Group, die wiederum in Großbritannien sehr viele Veranstaltungsstätten besitzt. Auf diese Weise wurde ein Geflecht aus Unternehmen gegründet, das den Veranstaltungsmarkt weltweit beherrscht –  und die Preise bestimmt.

Die Corona-Pandemie hat von 2020 an das Geschäft mit Veranstaltungen für rund drei Jahre nahezu zum Erliegen gebracht. In der Folge verabschiedeten sich viele Fachkräfte aus der Branche. Die verbleibenden Fachkräfte konnten nun ihre Interessen durchsetzen und höhere Honorare verlangen.  Der Beginn des Ukraine-Kriegs hat zu weiteren Kostensteigerungen geführt. Beides wird gerne als Grund für teure Konzertkarten angeführt, der sicherlich auch ein Faktor ist, aber nicht der ausschlaggebende.

Dynamic Pricing

Ein neues Preismodell hat nämlich kurz vor der Pandemie auch in Deutschland Einzug gehalten, wurde erst in den USA im kleineren Rahmen getestet, für erfolgreich befunden und nun weltweit bei allen großen Ticketanbietern installiert: Dynamic Pricing.

Wie funktioniert Dynamic Pricing?

Dynamic Pricing ist vielen Menschen schon bekannt: Es wird seit vielen Jahren bei Flugbuchungen  und Hotelbuchungen eingesetzt. Ist die Nachfrage gering, sinken die Preise. Ist die Nachfrage hoch, steigen die Preise rasant. Die Nachfrage korreliert also mit dem Preis. Die dabei zu erzielenden Preissteigerungen sind enorm.

Dieses Modell wird nun auch bei Konzertkarten angewendet. Die Idee: Der Künstler legt gemeinsam mit dem Veranstalter eine Untergrenze und eine Obergrenze für Dynamic Pricing Tickets fest. Außerdem bestimmt er, wie viele Tickets vom Dynamic Pricing betroffen sein sollen. Es gibt in der Regel also ein Kontingent für den Normalpreis und ein weiteres Kontingent für das Dynamic Pricing.

Ist ein Künstler sehr begehrt und die Nachfrage für Tickets auf bestimmten Rängen steigt, steigt auch der Preis bis zur gewählten Obergrenze. Die Preise erreichen dabei ebenso absurde Höhen wie die Preise auf dem Zweitmarkt durch die „Scalper“ (Skalpierer, wie die Ticket-Abzocker im englischsprachigen Raum genannt werden). 5000 USD für einen Sitzplatz der Preiskategorie 1 bei einem Springsteen-Konzert sind dabei keine Seltenheit. Die Nachfrage bestimmt den Preis.

Warum Dynamic Pricing?

Einige Konzertveranstalter weisen die Schuld den Künstlern zu. Diese würden die Preise in die Höhe treiben, indem sie horrende Gagen verlangen. Dazu sagt erneut Berthold Selinger, der selbst seit über 35 Jahren Tourneeveranstalter ist, im Manager Magazin:

„Dieses Jahr organisiere ich zum Beispiel Konzerte mit Patti Smith. Wir verfolgen das gleiche Ziel: bezahlbare Tickets. Das heißt, je nach Veranstaltungsort landen wir bei etwa 50 bis 60 Euro. Die Ticketverkäufer schlagen dann noch ihre saftigen Gebühren drauf. Die Ticketpreise selbst aber bestimmen immer die Künstler und deren Agenten. Da gibt es Künstlerinnen und Künstler wie Patti Smith oder auch Herbert Grönemeyer, die achten auf die Höhe der Preise und sind fair gegenüber den Fans. Anderen wie Madonna oder eben Bruce Springsteen scheint das völlig egal zu sein.“

Ticketmaster, erneut im Zentrum der Kritik, reagiert prompt: „prices and formats are consistent with industry standards for top performers“. Doch was sagen die Künstler dazu, deren Konzerttickets diese astronomisch hohen Preise erzielen?

Bruce Springsteen hat sich in einem Interview mit dem Rolling Stone Magazine wie folgt geäußert:

„What I do is a very simple thing. I tell my guys, ‚Go out and see what everybody else is doing. Let’s charge a little less.‘ That’s generally the directions. They go out and set it up. For the past 49 years or however long we’ve been playing, we’ve pretty much been out there under market value. I’ve enjoyed that. It’s been great for the fans.

This time I told them, ‚Hey, we’re 73 years old. The guys are there. I want to do what everybody else is doing, my peers.‘ So that’s what happened. That’s what they did.

But ticket buying has gotten very confusing, not just for the fans, but for the artists also. And the bottom line is that most of our tickets are totally affordable. They’re in that affordable range. We have those tickets that are going to go for that [higher] price somewhere anyway. The ticket broker or someone is going to be taking that money. I’m going, ‚Hey, why shouldn’t that money go to the guys that are going to be up there sweating three hours a night for it?‘

It created an opportunity for that to occur. And so at that point, we went for it. I know it was unpopular with some fans. But if there’s any complaints on the way out, you can have your money back.“

Aus der Künstlersicht heraus proklamiert Springsteen also, in den fast 50 Jahren auf der Bühne stets unter Marktpreis gespielt zu haben, um die Karten erschwinglich zu halten. Jetzt, im Alter der Musiker auf der Bühne von deutlich über 70 Jahren, möchte er für sich und seine Crew das Geld verlangen, das andere auch verlangen. Dabei spielt er auch auf die hohen Ticketpreise auf dem Zweitmarkt an und darauf, dass sich die Tickets ohnehin immer schon für diese Preise verkauft haben, nur mit dem Unterschied, dass er und seine Band davon nichts hatten. Mit Dynamic Pricing habe sich das nun verändert und er sagt, dass er möchte, dass das Geld auch bei denjenigen ankommt, die den Job machen.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Konzertfoto Bruce Springsteen Düsseldorf

Dreieinhalb Stunden Rock’n’Roll: Bruce Springsteen & The E Street Band. Doch ist das über 1000€ für ein Platinum-Ticket wert?

In der Tat wurden für die Bruce Springsteen & The E Street Band Tour 2023 nicht alle Karten über Dynamic Pricing verkauft. So hat meine eigene Konzertkarte inklusive Gebühren 150,30 Euro für PK3 gekostet. Zum Vergleich allerdings: Bei den vorausgegangenen Tourneen habe ich für dieses Geld PK1 Karten bekommen. Nun sind wir eine Pandemie und einen Krieg später und die Inflation macht auch vor dem Konzertbusiness nicht halt. Eine ähnliche Entwicklung war bei Konzertkarten für Iron Maiden zu beobachten. Doch 150 Euro sind noch weit entfernt von über 1000 Euro für PK1 und 5000 USD in den USA.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Ticket Bruce Springsteen

Mein Bruce Springsteen-Ticket für Düsseldorf 2023. Das Kartenkontingent ohne Dynamic Pricing beinhaltet Plätze zu Preisen, die bei der letzten Tour noch für PK1 und PK2 bezahlt wurden

Diese absurden Ticketpreise müssten eigentlich für leere Stadien und Hallen sorgen. Doch das Gegenteil ist der Fall – die Konzerte sind ausverkauft. Sind Konzerte von großen Stars also nur noch für Reiche gedacht?

Benötigen wir Dynamic Pricing?

Der Fan bestimmt den Preis

Gehen wir in der Geschichte etwas zurück ins Jahr 2011. Damals beauftragte Ticketmaster die Firma MarketShare mit einer Untersuchung, ob Dynamic Pricing, wie es für Airlines und Hotelbuchungen schon lange üblich ist, auch für die Ticketverkäufer eine Option wäre. Das Ergebnis war eindeutig: Fans geben sehr viel Geld für Tickets aus – nur eben nicht auf dem Erstmarkt, sondern auf dem Zweitmarkt. Ticketmaster CEO Nathan Hubbard sagte dazu im CNBC-Interview:

„On the high-end tickets, the amount a fan pays doesn’t change that much. It’s mostly about value transfer. The fan is paying market price today, but the teams or bands aren’t participating. So in that case, the fan is unaffected and has the confidence and comfort from buying directly from the team or band. On lower-end tickets, the notion is that incremental tickets can be sold to more price-sensitive fans if the price is right.

This is the great hope for dynamic pricing — to get more people in seats. There are actually numerous segments of fans. We need price points and experiences to meet all of them and create new ones.“

Das Ziel war also, einerseits die Erstmarktpreise an den Marktpreis anzupassen und die Sportvereine und Bands stärker daran zu beteiligen, andererseits aber eine größere Diversität bei den Preisen zu schaffen. Wie sieht Ticketmaster das heute, über ein Jahrzehnt nach der Einführung des Dynamic Pricing? Dazu Live Nation CEO Michael Rapino im Podcast von Bob Lefsetz im April 2023 (Quelle: https://lefsetz.com/wordpress/2023/04/27/michael-rapino-this-weeks-podcast-2/):

„Es ist verrückt, dass einige der Zweitmarkttickets, die wir online sehen, mit Preisen 200- bis 300- fach über dem Originalpreis, sich sofort verkaufen. Wir haben noch nicht das Ende dessen gesehen, wie ein Top-End-VIP-Platinum Konzerterlebnis aussieht. Das ist alles neu für uns. [..] Die Idee, dass ein Konzert ein unvergessliches Erlebnis ist und die Fans willens sind, für dieses verbesserte Erlebnis zu zahlen, alle Fans, das ist nicht nur für die reichen (Fans)…ein- bis zweimal im Jahr geht man zu einer Show und unsere Fans möchten ein besseres Erlebnis, ein stärkeres Erlebnis, und sie zahlen dafür, wir liefern es.“

Hier bringt Michael Rapino einen Punkt ins Spiel, der bislang in der Diskussion um die astronomisch hohen Ticketpreise für Konzerte ignoriert wurde: das Konzerterlebnis selbst und was der Fan bereit ist, dafür zu zahlen.

Offensichtlich gibt es immer Gründe dafür, dass Menschen einen höheren Preis für etwas bezahlen. Steve Jobs hat es erfolgreich geschafft, eine Community aufzubauen, die einen hohen Preis für Produkte zahlt, die in der Herstellung weniger als ein Zehntel vom Produktpreis kosten. Musiker sind bereit für „Vintage“-Produkte, die objektiv keinerlei Restwert mehr besitzen, Unsummen auf den Tisch zu legen – ganz ohne einen Beweis dafür, dass das Produkt tatsächlich besser klingt oder ist als ein neues, günstigeres Produkt. Das einzigartige Konzerterlebnis scheint ein Faktor dafür zu sein, dass die Fans eines Künstlers ebenfalls für das vergleichsweise kurze Konzerterlebnis hohe Preise zu zahlen bereit sind.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Konzertfoto Rockkonzert

Große Konzerte sind oft ein einmaliges Erlebnis, für das Fans bereit sind, viel Geld zu zahlen

Das einzigartige Erlebnis zählt

Manche Konzerte sind einzigartig und finden nur an einem einzelnen Ort statt: Adele spielt nur  in München, Bruce Springsteen 2024 ausschließlich in Hannover. Herber Grönemeyer spielt ebenfalls nur an zwei ausgewählten Orten wenige Termine. Diese Verknappung von Konzertangeboten treibt die Preise drastisch in die Höhe – mit oder ohne Dynamic Pricing:

Die von Grönemeyer vom Dynamic Pricing ausgenommenen Tickets werden fleißig auf dem Zweitmarkt zu deutlich höheren Preisen verkauft. Im Eventim FanSale kostet derzeit eine Karte, deren Originalpreis 84,20 Euro betrug, 150 Euro. Ein Ticketverkäufer bietet drei solcher Tickets an: Gesamtpreis 517,50 Euro. 67,50 Euro davon sind  Service-Gebühren von FanSale. Der Gesamtpreis ist also mehr als doppelt so hoch wie der Originalpreis, bei dem diese Gebühren schon enthalten sind. Noch viel höhere Ticketpreise werden für das Grönemeyer-Konzert auf der Waldbühne bei eBay verlangt und von Fans bezahlt.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell viagogo acdc Zweitmarkpreise

Schon kurz nach dem Vorverkaufsstart für das AC/DC Konzert in Gelsenkirchen tauchen die ersten Karten zu hohen Preisen auf dem Zweitmarkt auf

Eine einzelne Karte für das Springsteen-Konzert in Hannover, Front-of-Stage Stehplatz mit einem Originalpreis von 179,25 Euro kostet auf dem Zweitmarkt mittlerweile 555 Euro. Ähnlich sieht es für das AC/DC-Konzert in Gelsenkirchen aus. Preise oberhalb von 700 Euro für Tickets, die ein Fünftel dessen auf dem Erstmarkt kosten.

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell viagogo Bruce Springsteen Zweitmarkt Preise

Auch für das einzige 2024 Bruce Springsteen-Konzert in Deutschland in Hannover lassen die überteuerten Zweitmarktpreise nicht lange auf sich warten

Der Zweitmarkt konzentriert sich durch Dynamic Pricing nun auf das günstige Kartenkontingent von Konzerten, kauft diese Karten im großen Stil auf und verkauft sie wieder zu einem ähnlichen Preis, wie ihn auch durch die hohe Nachfrage Platinum-Tickets auf dem Erstmarkt erzielen. Und die Fans spielen erneut mit. Angesichts der Tatsache, dass man anstelle des überteuerten Zweitmarkttickets auch direkt das Platinum-Ticket auf dem Erstmarkt hätte kaufen können, geradezu widersinnig.

Von leeren Hallen oder Stadien ist bei diesen großen Events trotz der hohen Preise nichts zu spüren. Über mangelnden Erfolg ihrer Tourneen können sich die Großen der Szene jedenfalls nicht beklagen. Der öffentliche Aufschrei über horrend teure Tickets nach jedem Vorverkaufsstart verpufft und die Mehrheit der Fans scheint sich nicht weiter dafür zu interessieren.

Also alles gut?

Mitnichten. Konzertgänger sind also auf der einen Seite bereit, hohe Preise zu zahlen, auf der anderen Seite hört man von abgesagten Tourneen und leeren Hallen von Künstlern, die nicht zu den Megastars der Szene gehören. Klagen über geringe Ticketverkäufe trotz geringer Ticketpreise kommen hinzu. Wie passt das zusammen? Stimmt hier etwa das Konzerterlebnis nicht? Warum wird hier kein Geld investiert und 20 Euro für eine Konzertkarte schon als zu teuer abgetan?

Dynamic Pricing Lösung oder Geschäftsmodell Konzertkarten Show Cancelled

Während große Events boomen und unglaublich hohe Einnahmen generieren, leiden kleinere und mittelgroße Konzerte und Tourneen und werden abgesagt

Die Gründe hierfür zu suchen, führt an dieser Stelle zu weit und ist sicherlich ein Thema für einen eigenen Artikel. Fest steht allerdings, dass es nicht an den Finanzen der Konzertbesucher liegt,  wieviel sie bereit sind, für eine Konzertkarte bezahlen. Ob es nun am Überangebot an kleineren bis mittleren Veranstaltungen liegt (allein bei Rock & Pop Konzerten listet Eventim bereits über 7700 Veranstaltungen) oder doch am Reiz der Show eines Superstars, lässt sich nicht so einfach klären.

Das Problem des Dynamic Pricing und dem Zweitmarktwucher lässt sich nicht leicht lösen, wie auch schon 2022 das Rolling Stone Magazine anlässlich der teuren Karten für Bruce Springsteen’s Tour feststellte.

Sieht man sich die Gesamterlöse von Tourneen der erfolgreichen Bands an, scheint das Geld auf der Straße zu liegen. Durch das Dynamic Pricing ist von diesem Geld mehr in die Taschen der an der Tour beteiligten Musiker und Gewerke geflossen sowie in die Taschen der Veranstalter und insbesondere auch der Ticketverkäufer. Letztere profitieren wieder einmal am meisten von diesem Modell, lehnen sich zurück und sagen: Die Fans haben es ja so gewollt. Unrecht haben sie damit wohl nicht.

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Forum
  1. Profilbild
    zirkuskind 1

    Eventim und Co sind Blutsauger der Kultur. Von den Preissteigerungen bekommt kein einziger Mitarbeiter der Location, der Band oder sonstwem wirklich Beteiligten des Erlebnisses auch nur einen Cent ab. Allein die Millionen an Corona-Hilfen an Eventim sind ein riesen Skandal.
    Hätte ich was zu sagen, würde ich diesen Monopolisten (der sich jetzt auch noch zusätzlich durch Kauf oder Pacht der Veranstaltungsorte bereichern will) enteignen und zerschlagen.
    Die Inflation und die Arbeitsbedingungen hacken so dermaßen rein in die Branche, das ist schon krass, jede/r der in dem Bereich arbeitet spürt das massiv. Während Eventim und Co einfach nur ne Webseite und ne Software programmieren und sich die Taschen füllen. Und das auch noch immer mehr mehr mehr. Fürs defacto Nichtstun.

    Aber ja, auch das Publikum ist nicht unschuldig. Support your local Undergroundlocation. Geht auf kleine Konzerte und Parties mit Herz und nicht auf die völlig überteuerten Topshows wo man außer tausenden Smartphones in der Luft nichts sieht und erlebt. Kauft am Schalter oder ruft wenigstens einfach vorher dort an und sichert euch ne Karte, anstatt auf Eventim zu gehen.

    • Profilbild
      TomH

      @zirkuskind Tja das letzte Konzert war The Pretty Reckless in Frankfurt, kleinere Location, Gruppe nicht total bekannt. Vor Covid, da waren ~40 € pro Karte und Hotel dann schon OK.
      Und ja keine Wall of SmartPones und das war angenehm.
      Die großen Namen sind mir egal Hunderte € um dann doch nur den Künstler auf der Video Wall zu sehen? 🤦‍♂️🤪🤪
      Total uninterressant bei den verlangten Preisen. Ich zumindest weiß besseres mit meinem Geld anzufangen.

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @zirkuskind Für Dynamic Pricing stimmt das nicht. An dem Modell sind die Künstler beteiligt. Bei den ebenso teuren Zweitmarktpreisen, die auch von den Fans massenhaft gekauft werden, nicht.

  2. Profilbild
    BÄM

    Wie sonst auch gilt hier: die Praktiken würden sofort aufhören, wenn die Leute keine Tickets zu diesem Preis und den Verhältnissen kaufen würden. Tun sie aber immer noch. Willkommen auf der Erde.

      • Profilbild
        HOLODECK Sven

        @TobyB dieses Urteil ändert doch überhaupt nichts daran, dass Eventim die absolute Marktmacht hat! Versuch doch mal irgendein Ticket von irgendeiner Band zu bekommen ohne Eventim. Das ist doch kartellrechtlich relevant und nicht erst durch die versuchte Übernahme des letzten kleinen übrig gebliebenen Konkurrenten.

        • Profilbild
          TobyB RED

          @HOLODECK Sven , moin Sven. Das Kartellamt wird Eventim und Livenation sicher nicht so schnell vom Haken lassen. Zumal die mittlerweile auch das Geschäftsmodell der owned Venue und Gatekeeping mittels Künstlervertägen in Deutschland einführen. Und man schon sieht das hier eine Monopolstellung und ein Kartell entsteht. Nur kann man dies in einem Rechtsstaat nicht einfach abstellen.

          • Profilbild
            Markus Galla RED

            @TobyB Solange sie die Künstler nicht zwingen, ausschließlich in ihren eigenen Hallen aufzutreten, wird da nicht viel passieren. Der Künstler entscheidet, welchen Ticket-Service er nutzen möchte. Relevant würde das vermutlich erst, wenn Eventim/Livenation den Ticketverkauf an die Nutzung der eigenen Hallen knüpfen würde und dem Künstler keine Ausweichmöglichkeit bliebe. Für das Bundeskartellamt ist es ein ständiges Hinterherjagen hinter neue Verstrickungen und Briefkastenfirmen. Im Fall Eventim wurde da ja schon einiges aufgedeckt. Dennoch bleibt es immer schwer, hinter dieses Geflecht zu blicken. Im Zweifelsfall zerschlägt das Unternehmen seine eigene Struktur kurzerhand und baut parallel dazu eine neue auf. Dann geht das Spiel wieder von vorne los. Im Prinzip ist man da relativ machtlos, wie man an den Spielchen der großen Konzerne sieht. Da wird dann kurz eine illegale Preisabsprache aufgedeckt, eine Strafe verhängt usw., doch es geht dann im Anschluss munter weiter. Musste Eventim eigentlich auch die Corona-Hilfen zurückzahlen wie der kleine Künstler?

  3. Profilbild
    D-Joe

    Ich verstehe es auch nicht ganz.

    Einerseits haben viele kein Geld und müssen z.B. Ratenzahlungen für Möbel um 200€ in 24 Raten abstottern und auf der anderen Seite werden hunderte € für Konzerttickets ausgegeben…???
    Gibts die dann auch auf Ratenzahlung???

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @D-Joe Willkommen in Deutschland! Reisen und Unterhaltung stehen für viele Deutsche an erster Stelle. Dafür wird dann auch ein Kredit aufgenommen. Schau dir mal Statistiken dazu an.

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    dabazz

    Gerade ein Teil von uns „Musikern“ braucht sich da nicht zu beschweren – denn wenn ich mir die Entwicklung auf dem Instrumenten (Gebraucht)markt ansehe, dann geht es ja auch oft nur noch um Investieren, Gewinne machen, kaufen und teurer weiterverkaufen. Ich kann mich an kein einziges mal aus den 80ern oder 90ern erinnern, dass ich mal im Zusammenhang mit Instrumentenkauf etwas von „wie sehr wird sich das rentieren“-Überlegungen gehört hätte. Da ging es nur um die Musik und klar war auch froh, wer ein besonders gutes Instrument hatte. Und so ist es auch im Konzert Bussiness. Heute ist halt ganz viel blingbling, große Namen, event, Protzen, der tausendste Aufguss. Vielleicht ist es ganz gut, vielleicht gehen dann mal wieder mehr Menschen zu kleinen, interessanten Konzerten, anstatt rumzuheulen, dass sie nicht wieder Helene und die Stones sehen konnten. Vielleicht lässt man sogar mal sein Handy aus und hört einfach der Musik zu und tanzt.

    • Profilbild
      Llisa

      @dabazz Leider passiert wohl eher das Gegenteil… die Leute gehen eben zu Madonna uä und verbrauchen ihr Budget für Konzerte auf grossen Events wodurch nichts mehr für die kleineren übrigbleibt.

  5. Profilbild
    Filterpad AHU 1

    Mir ist relativ egal was Konzerte kosten, aus einem einfachen Grund: Ich besuche sie sehr selten! Wenn, dann eher kleinere anstatt Stadionrockgrößen, obwohl ich den Reiz durchaus verstehen kann. 🗣

  6. Profilbild
    digital-synthologie AHU

    Bei Streaming und Raubkopien hört man ja oft das Argument: Dann sollen sie doch über Konzerte das Geld reinholen.
    Machen sie jetzt auch. Funktioniert aber auch nur bei den großen.

    Und dass die ganzen Rentnerbands wie AC/DC und Depeche Mode das Geld von den Leuten holen, die jetzt zwar Geld haben, aber irgendwann aufgehört haben, sich für neue Musik zu interessieren, ist verständlich. Da sitzt das Geld, seinen Jugendschwarm noch mal live zu sehen.
    Und es finanziert ja auch eine Menge Leute in deren Umfeld.

    Ich geh lieber in Clubs tanzen, als zu Konzerten. Mehr Platz, man kann in ruhe tanzen und es ist nicht so elendig voll. Irgendwie viel entspannter.

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @digital-synthologie Interessant ist, dass sowohl bei Iron Maiden als auch bei Springsteen sehr viele junge Leute im Publikum waren. Ich kenne selbst Leute U30, die gerade diese Musik für sich entdeckt haben. Ein Gitarrenschüler von mir ist noch U18 und großer AC/DC-Fan. Er hat sich auch sofort Karten besorgt. Ganz so leicht ist das leider nicht. Natürlich sind da immer auch sehr viele ältere Fans im Stadion, aber dass die einen Großteil der Besucher ausmachen, kann ich so nicht behaupten. Es gibt auch mittlerweile einige Interviews mit den alten Rockern, die genau das selbst schon festgestellt haben: Sie ziehen selbst im Rentenalter plötzlich immer jüngere Fans. Auch die Streaming-Zahlen sprechen da für sich. Das ist wohl ein anderes Phänomen, das man mal ergründen müsste. Das ist aber dann eher ein Fall für eine Dissertation ;-)

      Wir leben in einer seltsamen Zeit: Helene Fischer füllt auf ihrer Tour genauso leicht die Stadien wie Alt-Schlagersänger Roland Kaiser. Da kosten die Karten mittlerweile fast genauso viel wie bei den großen internationalen Stars, obwohl die nur national und mit wesentlich geringerem Aufwand unterwegs sind. Auch da: Leute aus allen Altersgruppen. Verstehen muss man das wohl nicht.

      • Profilbild
        MadMac

        @Markus Galla Erstmal vielen Dank für diese detailierte Recherche. Zum Thema junge Menschen interessieren sich wieder für die gute „alte“ Rockmusik wage ich mal eine Theorie. Vielleicht liegt es einfach an dem vielen kommerziellen Schrott der heutzutage am Fließband produziert wird. Wenn ich einen dieser 3er Radiosender einschalte, bluten mir schon nach 5 Minuten die Ohren. Da sehnt man sich einfach wieder nach guter Handarbeit. Und das können die alten Rocker eben bedienen.

        • Profilbild
          Markus Galla RED

          @MadMac Sehe ich auch so. Das größte Problem ist, dass heute eigentlich jeder Musikproduzent sein kann (und Musiker). Als ich vorgestern mein AppleTV nach einer Netflix-Serie ausgestellt habe, lief auf dem Fernseher irgendein Sender mit einer typischen Sendung wie „Die erfolgreichsten deutschen Schlager“. Da war dann die alte Garde genauso vertreten wie die jüngere Generation. Sofort ist aufgefallen: Die Schlagerstars der 70er und 80er konnten singen, die Produktion war sehr gut und auch deren Bühnen-Shows gut gemacht. Dann hat man aber auf der anderen Seite junge Künstler, deren Musik und die Qualität der Produktion so extrem abfallen, dass ich mir das mit meinen 50 Jahren gar nicht anhören mag. Wenn dann alte Leute wie Roland Kaiser, Bernhard Brink oder Matthias Reim qualitativ mal eben eine Kerstin Ott und andere aktuelle Schlagersternchen in die Ecke stellen, ist das beachtlich. Die Live-Band von Roland Kaiser – der Hammer! Kein Wunder, dass der mit über 70 und transplantierter Lunge noch ein Stadion füllt und da vom Jugendlichen bis zur Omi alle dabei sind. Das kann selbst ich mir als Nicht-Schlagerfan anhören. Wobei ich fairerweise sagen muss, dass auch Beatrice Egli eine geile Live-Band hat und eine tolle Show abliefert. Ich kenne den Gitarristen und sehe dann öfter mal seine Tour-Posts auf Facebook. Von Deutschrockern wie Peter Maffay müssen wir nicht reden, der Mann ist ein Phänomen. Und Udo Lindenberg auch. Leider sterben diese Künstler so langsam aus.

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            MadMac

            @Markus Galla Ja zu allen Punkten. Anscheinend wollen sich heutzutage viele junge Menschen nicht mehr damit aufhalten, erstmal ein Instrument oder gar singen zu lernen. Da geht man lieber gleich zu Castingshows um schneller an Fame und Money zu kommen. Aber ich will nicht unfair sein, auch dort ist ab und zu ein echtes Talent dabei. Komischerweise kommen die nie ins Finale.

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    MadMac

    Willkommen in der neoliberalen Marktwirtschaft. Alles und Jedes wird heute zum maximalen Profit getrieben. Wie hat das Fritz Rau damals nur geschafft ohne Pleite zu gehen. Ich habe in Frankfurt bei Ticketpreisen zwischen 16 und 20 DM Bands gesehen wie Genesis, Supertramp, Queen, Santana, Rush, Saga, Styx, Ultravox, usw. Ich gehe wegen den astronomischen Ticketpreisen schon lange nicht mehr auf große Konzerte. Schau mir dann lieber eine Live-DVD vom Sofa aus an. Und das lange Stehen ist sowieso nichts mehr in meinem Alter. 😀

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    arnimhandschlag

    Tja- in einem begrenzten System (ob Kultur oder Planet) gibts keinen Profit, wenn einer gewinnt zahlt ein anderer die Zeche. Und wenn einer Jahr für Jahr mehr gewinnt müssen die andern Jahr für Jahr mehr Zeche zahlen.
    Wo haben unsere Banken die private Altersvorsorge angelegt? Wohl kaum beim Undergroundklub oder der Indie-Band vom Nachbarn. Da liegt der Hebel. Ich gehe davon aus dass Künstler und Fans diesen Firmen relativ egal sind abseits des finanziellen Faktors

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    iggy_pop AHU

    Hätte das Publikum einen besseren Geschmack und wäre es als Hörer gebildeter, würde es nicht auf diesen Duplack hineinfallen, daß Superstars ja immer ganz tolle Musik machen und ganz tolle Konzerte geben. Da steht XYZ drauf, das muß doch toll sein — Millionen andere können sich doch auch nicht irren, oder?

    Da die Leute aber i. d. R. ungebildet sind, selbst kein musikalisches Talent haben und mit Begeisterung das hinnehmen, was ihnen vorgesetzt wird, geht die Rechnung für die Konzertveranstalter auf — und selbst, wenn die Leute nicht zufrieden sind mit dem Gebotenen, finden sie sich damit ab, weil ihnen ihre Erziehung eingebläut hat, daß es sich nicht gehört, sich abfällig zu äußern oder womöglich noch zu beschweren.

    Deswegen kommen so viele schlechte Restaurants auch durch mit dem, was sie dem Gast so auftischen.

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      Markus Galla RED

      @iggy_pop Ich weiß jetzt nicht so ganz, was musikalischer Geschmack mit Bildung zu tun hat. Hunderttausende Menschen, die sich einen US-Star auf Tour weltweit anschauen, als (musikalisch?) ungebildet abzutun, finde ich schon extrem dreist. Und wer sagt denn, dass ein Fan musikalisches Talent haben muss? Weil er nur dann beurteilen kann, ob die Musik, die ihm gefällt, auch gut ist?

      Und was ist denn gut? Was ist qualitativ hochwertig? Wenn der Künstler jeden Ton trifft und die Musiker alles wie auf der Platte spielen? Ist Jazz hochwertiger als Rock? Rock hochwertiger als Pop? Wieviele Akkorde braucht ein guter Song? Wie viele Töne die Hook? Das ist alles ziemlich albern, den Wert eines Konzerts daran festmachen zu wollen. Was heißt schon musikalische Bildung? Ich kann musikalisch gebildet sein und trotzdem holt mich vielleicht Country Roads mehr ab als irgendein Bebop Song oder die Beethoven Sonate. Aber vielleicht bin ich auch einfach zu ungebildet, um das zu verstehen.

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