Warum Teamgeist in einer Band so wichtig ist!
Oft beschworen und noch nie so häufig in Frage gestellt wie in den vergangenen Jahren, der legendäre Teamgeist in einer Band. Während die Musikindustrie seit Dekaden alles unternimmt, um eine „echte“ Band mit all ihren einzelnen Musikern obsolet erscheinen zu lassen, Stichwort Superior Drummer 3, vorgefertigte Loops, Melodyne und vieles mehr, ist das Abbild der „4 Freunde Harmony“ immer noch die ultimative Außendarstellung für den klassischen Rock/Pop-Fan. Während der typische Elektromusiker es von je her gewohnt ist, jegliche Form der Frequenzbildung alleine im stillen Kämmerlein vorzunehmen, klammern sich nach wie vor der überwiegende Teil der neu zu erschaffenden Konstellationen an ein Band-Konstrukt, das vor über sieben Dekaden aus rein technischen Gründen („wir haben unten rum kein Volumen, wir brauchen jemanden für die tiefen Frequenzen … einen Bassisten?“) erfunden wurde. Heutzutage hat man mehr das Problem, einen Bassisten im tot-komprimierten Downtuning-Knüppel-Bereich überhaupt noch irgendwie hörbar zu machen, aber das ist eine andere Geschichte.
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Warum ist Teamgeist nach wie vor so wichtig in einer Band?
Um diese Frage zu beantworten, sollte man sich zu allererst einmal die Frage beantworten, warum man überhaupt Musik macht. Lassen wir den Bereich der Berufsmusiker einmal außen vor, die sich im steten Kampf der Bereiche „Kunst gegen Mammon“ befinden und beschäftigen wir uns nur mit Klientel des „ambitionierten Hobbymusikers“, der auch gleichzeitig wohl für über 90 % der gesamten Umsätze im Musikinstrumentenbereich verantwortlich zeichnet.
Ja, genau, frag dich, warum du Musik machst. Wahrscheinlich kommen jetzt wie aus der Pistole geschossen die beiden Klassiker „Spaß“ und „Freude“, die auch in vielen anderen Freizeitbeschäftigungen die zentrale Triebfeder für eine Aktivität darstellt. Wer ein bisschen tiefer gräbt, wird wohl auch die Bereiche Anerkennung und Popularität zulassen. Ein Großteil der Kollegen, die mit mir zusammen angefangen haben, Musik zu machen, haben auch keinen Hehl daraus gemacht, dass es ihnen fast ausschließlich darum ging, schneller Mädchen kennenzulernen, aber auch das ist eine andere Geschichte.
Was hat dies nun alles mit Teamgeist zu tun? Nun, wie wir ja schon gelesen haben, braucht man heutzutage technisch gesehen keine Mitmusiker mehr, da die Technik und das Handwerk, ob nun mit oder ohne Vorbereitung, komplett von Maschinen, in ein paar Jahren auch komplett von der AI übernommen wird. Vielleicht findet sich die Antwort, wenn man sich vor Augen führt, dass die größten Songs aller Zeiten, zumindest im Rock- und Pop-Bereich immer von mindestens zwei Musikern komponiert und getextet wurden. Warum? Weil man in der Zusammenarbeit mit anderen Musikern besser, schneller und effektiver seine Kreativität verwalten kann, als durch ständige Inzucht der eigenen Ideen einen Großteil seiner Energie dafür aufwenden muss, darauf zu achten, sich nicht ständig zu wiederholen. Soll heißen, je mehr Menschen du um dich herum platzieren kannst, die mit dir zusammen an einem Strang ziehen, umso schneller geht es in die Richtung, in die du dich fort bewegen möchtest.
Dabei macht es bereits einen sehr großen Unterschied, ob eine Person für Text und Musik zuständig ist oder aber man zum Beispiel diesen Bereich aufteilt. Ich kenne Top-Komponisten, die nicht eine tiefergehende Textzeile herausbekommen und Texter, die nicht eine ordentliche Harmoniefolge zu ihren Aussagen anbieten können. Das Herausfinden der individuellen Stärken im Kreativprozess ist das A & O einer jeden erfolgreichen Zusammenarbeit. „So einfach ist das alles?“ Von wegen …
Gibt es die optimale Konstellation zwischen Musikern?
Wäre es so einfach, eine „gute“ Band zusammenzustellen, wäre die Welt wohl voll mit glücklichen Musikern, die händchenhaltend und Kumbaja-singend durch Leben gehen. Stattdessen ist die Welt voll von zum Teil hoffnungsvollen Ansätzen, die bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit nur noch verbrannte Erde in Kombination mit einem großen Verlust von investierter Energie und Zeit hinterlassen. Warum ist das so?
Wenn ich eins in meiner Zeit als Musiker/Produzent gelernt habe, dann ist es die Tatsache, dass ich mich nur noch mit Menschen umgeben möchte, die ich mag und respektiere, wobei das Verhältnis je nach Person schwanken kann. Wahrscheinlich hat jeder in seinem Leben schon einmal einen musikalischen „Kollegen“ gehabt, der handwerklich eine echte Bereicherung für die Band darstellte, abseits seines Instruments jedoch menschlich eine solche Katastrophe darstellte, dass man sich streng genommen nicht einmal im selben Raum mit demjenigen aufhalten wollte.
So eine Konstellation ist immer zum Scheitern verurteilt, es ist nur die Frage, wann die Bombe hochgeht. Meist passiert dies dann auch noch kurz vor einer großen Chance für die Band, wie zum Beispiel einem lukratives Tourangebot oder das anderweilige Erklimmen der nächsten Sprosse auf der Erfolgsleiter. Glaubt mir, niemand kann handwerklich so viel Benefit für eine Gemeinschaft darstellen, als dass es sich lohnt, einen unangenehmen Menschen in seiner Freizeit zu ertragen. Von daher, Gespräch suchen, Problem ansprechen, Zeit für Verbesserung einräumen und wenn das nicht fruchtet, raus damit. Eine faule Frucht im Obstkorb versaut dir die gesamte Ernte!
Wer macht was in der Band? Wo bleibt der Teamgeist?
… oder die Häuptling-Indianer-Problematik
Manchmal könnte man den Eindruck bekommen, eine typische Band splittet sich jenseits der Bedienung ihrer Instrumente in zwei Lager auf, der Bereich der Bandmitglieder, die fast alles machen und jene, die fast nichts machen. Ist es nicht fast immer so, dass derjenige, der die Songs schreibt, sich auch um das Booking kümmert, den Transporter bucht, den Kontakt zum Veranstalter hält, das Hotel klarmacht, den Schedule erstellt, das Merchandise erstellt, die Abrechnung macht, den Proberaum bezahlt, die Technik betreut, die sozialen Medien füttert – und und und. Wäre es nicht viel sinnvoller, die mannigfaltigen Aufgaben innerhalb einer Band zu gleichen Teilen aufzuteilen, um nicht auf der einen Seite einen ständig überarbeiteten und überlasteten „Macher“ zu haben und auf der anderen Seite einen latent gelangweilten Mitmusiker, der sich mit der launigen Aussage „ich kann das nicht so gut wie du“ zurücklehnt und die Früchte der Arbeit anderer mitnimmt?
Ich überlege gerade angestrengt, ob mir in meinem ganzen Leben jemals eine Band untergekommen ist, die die Arbeit zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt hat, auf dass eine maximale Effizienz unter dem Strich steht. Ich glaube nicht. Was schon einen großen Unterschied macht, ist die Form des Bookings. Ich kenne einige Bands, die es so handhaben, dass derjenige, der eine Show klarmacht, den Kontakt zum Veranstalter hält und im Gegenzug für seine Leistung 10 bis 20% der Gage für sich behalten kann. Somit hat derjenige einen Anreiz, sich verstärkt um Shows zu bemühen.
Alles andere sollte, wenn es eben geht, zu gleichen Teilen auf die Band verteilt werden, denn nur so bleibt unter dem Strich ein ausgewogenes Verhältnis in Sachen Arbeitsleistung und Teamgeist. Es mag Ausnahmen geben, aber niemand, wirklich niemand in meinem Umfeld bekommt keine grünen Pickel, wenn es um die sozialen Medien geht. Dieses ständige möglichst tagesaktuelle Liefern von Content und die damit einhergehende Bewerbung der eigenen Band bis zum „es geht nicht mehr“ saugt einen komplett aus, sofern man es ernst meint mit der Band. Nach dem Songwriting ist dieser Bereich der mit Abstand (leider) wichtigste Punkt innerhalb einer Band geworden. Soll dies auch noch vom Hauptsongwriter der Band übernommen werden, kannst du den Laden fast direkt wieder dichtmachen. Wenn man Teamgeist beweisen kann, dann in den Bereichen, die keinem Spaß machen und genau in diesen Bereichen zeigt sich, ob eine Band überleben kann.
Die größte Sprengkraft für eine Band stellt jedoch der finanzielle Bereich dar. Sobald die ersten zählbaren Einnahmen fließen und seien es auch nur vergleichsweise geringe Einnahmen, verändert sich alles innerhalb einer Band. Lange unterdrückte Erwartungshaltungen, kombiniert mit sehr individuellen Befindlichkeiten, machen dieses Thema zu einem Minenfeld der ganz besonderen Art. Ich möchte aber bewusst dieses Thema ausklammern, da es viel zu umfangreich ist und wahrscheinlich nach einem eigenen Artikel verlangen würde. Von daher fokussieren wir uns auf eine Konstellation, die mittels der Gage die Reise- und Technikkosten decken kann und mittels des Mercheverkaufs ein kleines Plus erwirtschaftet.
Ich habe persönlich auch noch keine Band erlebt, in der nicht ein Großteil der Arbeit von einer Person übernommen wurde. Leider ist es dann auch oft noch so, dass das nicht die Person ist, die das meiste Geld verdient. Oft werden diese Aufgaben von anderen Musikern oder vom „Chef“ als Gefallen gewertet, als Ehrenamt und mit „Aber du bist doch der einzige Musiker, der das kann….“ oder „Du kannst das doch besser als xyz…“ kommentiert. Teamgeist kommt dann oft nur bei demjenigen auf, der die Arbeit dann trotzdem unentgeltlich erledigt, weil er ja die Band nach vorne bringen will und bereit ist, alles dafür zu tun. Irgendwann wird es schon honoriert werden. Oft genug habe ich selbst diesen Job übernommen, auch wenn ich nicht Bandleader war. Eine andere Sache ist es, wenn ich selbst federführend tätig bin. Dann ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, mehr zu geben als diejenigen, die hauptsächlich da sind, weil ich sie dafür bezahle. Leider habe ich auch hier die Erfahrung gemacht, dass manche „Chefs“ dieses Konstrukt nicht so ganz verstanden haben. Unbezahlte Proben mit Anreise, keine Fahrtkosten nach gefahrenen Km, Zusatzaufgaben wie das Verhandeln mit der PA-Company, Klären des Bühnenaufbaus, Technik-Rider und am Ende eine viel zu geringe Gage markieren dann oft das, was vom Chef als „Teamgeist“ definiert wird. In beiden Fällen bitter und unnötig.
Gerade im Amateurbereich reicht die Band (die beteiligten Musiker) nicht wirklich, man braucht auch ein stützendes Umfeld. Das sind die Leute, die „irgendwie“ zur Band gehören, die Gigs beischleppen, die sich an der Technik abarbeiten (Audiomixer, Lichtmensch), die günstig an einen Transporter und eine Probebude kommen usw.
Ja, das gab es zumindest in meiner aktiven Zeit in den 80ern, und es war eine geile Zeit.
Meine Mitmusiker spielen dank MIDI-Clock immer einwandfrei nach meiner Pfeife, und wenn Sie mal aus dem Takt geraten, dann zieh ich einfach den Stecker. Electro hat auch seine Vorteile :)
Nicht erst dann, wenn es ums Geld geht, ist ein guter Zusammenhalt in der Band wichtig. Ich spiele das erste Mal in meinem Leben in einer Band, in der ich nicht draufzahle, sondern die meisten meiner Ausgaben durch Gagen gedeckt sind. Mehr kommt nicht rein, aber das ist für uns ok. Wir machen das tatsächlich aus Spaß am Musizieren und sind froh über die Anerkennung, dass uns jemand für unser Hobby bezahlen möchte. Und gerade da ist es dann besonders wichtig, dass man sich in der Truppe gut versteht. Ich habe durchaus Abende, wo ich nach 10 Stunden in der Arbeit und einer Stunde Heimweg auf dem Rad am liebsten nur noch auf der Couch abhängen möchte. Dass ich dann trotzdem in die Probe fahre liegt halt eben daran, dass ich da Leute treffe, mit denen ich auch so gerne abhänge!
Und dann fallen auch Diskussionen über Aufgabenverteilungen leichter, man kann/muss ja auch immer situationsbedingt miteinander sprechen. Als sich beispielsweise eines unserer Bandmitglieder beruflich selbständig gemacht hat war auch klar, dass wir ein paar Aufgaben umverteilen mussten. Der Kerl hat ab da teilweise 80-Stunden-Wochen im Büro geschoben, und hatte natürlich weniger Zeit für anderes. Aber in einer gut funktionierenden Band geht sowas eben dann auch!