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History: A short story about Soundtracks

(ID: 1516)

Die restliche Arbeit bestand lediglich darin Übergänge zur nächsten Szene oder für die Wartezeit des Filmrollenwechsels zu schreiben, um diese zu überbrücken. Komponisten/Dirigenten schrieben einfach mal so auf die Schnelle an einem Vormittag ganze Partituren für solche Zwecke. Völlig unkompliziert und ohne Anwälte, Meetings, Verwertungsgesellschaften und Diskussionen mit Produzenten. Nicht zu vergessen die Sekretärin, die Gattin und der Gärtner, deren Meinungen heute immer öfter miteinbezogen werden – ich schweife ab, sorry :o)

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Irgendwann kam Max Winkler, ein Mitarbeiter eines New Yorker Notenverlages auf eine Idee. Wenn er den Film vorab sehen könne, sei er imstande, eine passende Musik vorzubereiten und somit die Szene musikalisch zu definieren. „Cue Sheets“ waren geboren. Das hat sich bis heute gehalten. Ein wenig anders war der damalige Timecode, ohne den wir heute völlig aufgeschmissen wären.

Max Winkler schrieb daher den Cue Sheet und den „grob geschätzten“ Timecode in etwa so auf:

1. Opener: Spiele „Menuett No.4 in G“ von Komponist XY. Etwa 90 Sekunden lang, bis der Titel „Folge mir“ erscheint auf der Leinwand.

2. Szene A: Spiele „Dramatic Andante“ von Komponist XY für zwei Minuten und zehn Sekunden. Spiele leise, bis die Mutter im Raum ist.

3. Letzte Szene: Spiele „Love Theme“ von Komponist XY ganz langsam für eine Minute, bis das Gespräch zu Ende ist, der Held den Raum verlässt (Crescendo) und leider tot umfällt. The End!

Das war zugegeben mehr suboptimales Herantasten nach Gefühl, als Präzision. Trotzdem war es ein unglaublicher Fortschritt. Es gab den Produzenten und vor allem den Musikern eine etwaige Vorstellung davon wie, was und wann stattzufinden hatte.

Allzu lange setzte sich aber auch das nicht durch. Denn Ende der 1920er kamen die revolutionären „Sprechfilme“ (Talkies) auf den Markt. Mit dieser bahnbrechenden neuen Technologie begann das moderne Zeitalter der Musiknutzung im Film. Das änderte Vieles ins Positive als auch ins Negative.

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Wo früher Tempo und Stimmungen mit wildem Kameragefuchtel simuliert/erzeugt wurden, musste man diese plötzlich stillhalten, um Gespräche zu „sehen“. Und man benötigte auch viel mehr Licht, um die (verbalen) Emotionen einzufangen. Mikrofon, Kamerawinkel, Belichtung, Sprechpausen, Timing etc. Alles spielte plötzlich eine wichtige Rolle, und völlig neue Berufszweige schossen so aus dem Boden. Da der Zuschauer nun fokussiert war auf das gesprochene Wort und die Story, war von heute auf morgen auch das störende Knarrzen, Quitschen und Rattern der Kameras ein echtes Problem. Ein nervenaufreibender Umstand für die Leute am Set! Musik musste herhalten zum Übertünchen! Auch da wo sie nicht gebraucht wurde. Das war nicht wirklich ein Spaß und künstlerisch auch nicht immer sinnvoll!

Denn das Einsetzen von Musik in Film war eine abenteuerliche Angelegenheit. Ein teurer, mühseliger und problematischer Prozess. Es gab keinen Weg, die Musik separat aufzunehmen von der restlichen Produktion. Alle Musiker mussten vor Ort am Set sein. So positioniert, dass man sie zwar gut hörte, sie aber nicht der Kamera oder Schauspielern im Weg standen. Ein einziger Fehler und der komplette „Take“ (Szene, sowie Musik) war ruiniert. Ein Horror und Albtraum für Musiker, Schauspieler, Regisseure und die Leute vom „Sound“. So konnte eine Szene schon mal drei Tage in Anspruch nehmen. Und es gab keine Möglichkeit, irgend etwas nachträglich zu editieren.

Letztendlich war der Nutzen dann doch ganz klar größer. Denn jedwede Emotion, Übergänge und Pointen konnten musikalisch stark unterstützt werden. Die Filme wurden lebendiger mit der Kombination Dialog und Musik. Und trotzdem gab es damals immer noch Studiobosse, die dachten, dass „Talkies“, wie man die neuen Filme mit Ton nannte, eine vorübergehende Modeerscheinung sei.

Einen wirklichen Nachteil hatte die Sache dennoch: Die Musiker in den Lichtspielhäusern hatten keine Jobs mehr. Wir sprechen hier über Tausende erstklassige Musiker und Echtzeitleser, die perfekte und höllisch schnelle Tempos spielten! Aber nun nahm ein Orchester die Musik bereits beim Dreh auf. Die finalen Filmrollen wurden dupliziert und verteilt. Wo früher einmal 20-60 Mann gebucht wurden für „jeden“ Abend, wurde nun ein Paket ins Kino mit den Filmrollen geliefert. Jammerschade, das war die Schattenseite dieses Fortschritts.

Es gab auch Versuche der Industrie, Filme ohne Musik zu machen, um u.a. Kosten einzusparen oder aus künstlerischen Gründen – wenn auch selten. Entweder durchgehende, teils nervige anstrengende Musik oder überhaupt keine Musik war das Konzept.

„The lost weekend“ (1945) war so ein Film ohne Musik. Dieser handelt vom exzessiven Alkoholkonsum des Protagonisten. Als der Film zum ersten Mal in die Kinos kam, sah man, wie sich dieser wortwörtlich in den Tod saufen wollte an einem Wochenende.

Das Publikum hingegen fing bei diesen Torkel-Szenen an zu kichern und zu lachen. Ein Besoffener kann in einem Film durchaus lächerlich und komisch wirken, wenn er kein guter Schauspieler ist oder er schlicht falsch in Szene gesetzt wird. Der Regisseur war schockiert über diese gegenteilige Reaktion, dass die Zuschauer seine Szenen völlig missinterpretierten. Er nahm den Film sofort vom Markt und lies von Miklós Rósza einen passenden dramatischen Score schreiben, der den Zuschauer diesmal in die richtige Richtung lenkte. Nach dem Re-Release gewann der Film vier Oscars u.a. in den Kategorien „Bester Schauspieler, bester Film und bester Regisseur“. Nur der Score, der wurde komplett ignoriert und nicht beachtet. Obwohl es nachweislich die einzige (!) Änderung zur ersten Fassung war laut Regisseur Billy Wilder (1906-2002).

THE END … to be continued?

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Forum
  1. Profilbild
    AQ AHU

    Danke für den super Beitrag.

    „THE END … to be continued?“

    Ja klar, wir warten gespannt.

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