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Making of: RED HOT CHILI PEPPERS Californication (1999)

Zen, less drugs and rock&funk

6. September 2020
Making of Californication

RED HOT CHILI PEPPERS Californication (1999)

Das muss man ihnen lassen: In Sachen Heimatkunde sind die Red Hot Chili Peppers immer ganz vorne gewesen. Womöglich auf keinem ihrer Alben mangelt es an Anspielungen – explizit wie implizit – auf Los Angeles und Kalifornien, denn sie sind – wer würde mittlerweile daran zweifeln? – Angelenos und Kalifornier, fast als handele es sich um einen Fall von doppelter Staatsangehörigkeit. Auf die Spitze trieben sie es 1999, als sie auf dem neuen Albumcover den Namen des sonnigen US-Bundesstaates mit dem englischen Wort für „Unzucht“ paarten. Shock anyone? Wohl kaum! Und wenn, dann ob des ungeheuerlichen Erfolgs, den Californication der Band bescherte. Deren siebtes Studiowerk wurde gleichzeitig zum gelungenen Versuch, sich von dem Crossover-Sound abzusetzen, der zu jenem Zeitpunkt bis ins Karikatureske kopiert worden war.

Wie aber der kurvige Weg von giveitawaygiveitawaygiveitawaynow! zum massenkompatiblen Rock&Funk verlief, erfahrt ihr in unserem Making of Californication.

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Making of Californication – Out In L.A.

Die ersten Jahre in der Geschichte der Red Hot Chili Peppers waren welche der eher bewegten Sorte. Und damit ist nicht ihre zügellos energetische Bühnenpräsenz gemeint – diese blieb mehr oder weniger erhalten, über die Jahrzehnte hinweg. Seit Mitte der 80er Jahre machten sie ihr Ding abseits des damaligen Mainstreams und wurden für die Produktion ihrer ersten beiden Alben unter die Fittiche von jeweils einer Postpunk-Ikone (dem Anfang dieses Jahres verstorbenen Andy Gill) und dem Hohepriester des Funk, George Clinton, genommen. Aber die anhaltenden Spannungen innerhalb der Band brachten eine Instabilität zum Vorschein, die mit Umbesetzungen anfing und, wie im Fall von Kultgitarrist Hillel Slovak, ein trauriges Ende fand. Erst 1988 mit dem Einstieg von Schlagzeuger Chad Smith und des 18-jährigen Gitarristen John Frusciante fanden die Gründungsmitglieder Anthony Kiedis und Überbassist Flea die passenden Partner, um mit der als „klassisch“ geltenden Version der Peppers weiterzumachen. Und 1991, im Jahr von Nirvana und Pearl Jam, brachten RHCP das von Rick Rubin auf den Punkt produzierte Blood Sugar Sex Magik heraus und katapultierten sich an die Spitze jener bunten Truppe, die unter der vagen Bezeichnung „Alternative Rock“ die Musikwelt aufmischte.

Aber auf dem Gipfel ihrer Popularität verließ Frusciante unerwartet das Peppers-Camp und frönte weiter seiner wachsenden Drogensucht, die eher früher als später außer Kontrolle geraten würde, um ihn letztendlich in den finanziellen Abgrund zu treiben – in den menschlichen sowieso!
Auf der Suche nach einem passenden Ersatz für Frusciante wurde die Band 1993 beim Ur-Kalifornier Dave Navarro, Posterboy der Alternative-Szene und ehemaliger Gitarrist von Jane’s Addiction, fündig. Zwischen RHCP und Jane’s Addiction bestand eine gehörige Schnittmenge, zumindest bezüglich des potenten Funk-Rock, den sie über weite Strecken spielten, und des Hangs zum Hedonismus, den sie pflegten. Und so hatte die Kombination „Peppers+Navarro“ etwas von einer Supergruppe – a couple made in Lollapaheaven.

Das erste gemeinsame Album hieß zwar One Hot Minute (1995), Publikum und Kritiker bescherten ihm jedoch einen eher lauen Empfang. Es sollte das einzige dieser Formation bleiben, denn beide Seiten gingen nach dem Ende der gleichnamigen Welttournee wieder getrennte Wege. Diese führten für das verbliebene Trio in die individuelle Zerstreuung – Zeitvertriebe, exotische Selbstfindungsreisen et al., um sich mit den fraglichen Zukunftsperspektiven der Band auseinanderzusetzen. Aber auch mit der Frage der eigenen Addiktionen, die der Frust zu vertiefen drohte.

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Making of Californication – Me And My Friends

Für Flea, das einzige Bandmitglied, das in all den Jahren den Kontakt zu John Frusciante weiter gepflegt hatte, war klar, nur mit dessen Rückkehr gäbe es eine Chance für den Fortbestand der Peppers. Die Überlegung war keine Laune des quirligen Bassisten: Frusciante hatte gerade eine dreimonatige Reha absolviert und war voller Elan, mit alten Freunden wieder musizieren zu können. Die Einladung zum Wiedereinstieg war quasi Formsache.

Letzrendlich kam das Quartett im April 1998 in Fleas Garage nach sechs Jahren der Entfremdung zu ersten Proben zusammen. „Seine (Anm.: Frusciantes) Rückkehr fühlte sich für mich wie ein sehr natürlicher, direkter Prozess an; es ist sehr angenehm, sehr flüssig. Wir freuen uns sehr, dass er zurück ist. Als wir das erste Mal zusammen in einen Raum kamen, war es so, als wäre er nie weg gewesen“, so der Gastgeber zum Bassist-Magazin im August 1999.

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Mit einem neuen Album als klares Ziel vor Augen fanden die Sessions in der häuslichen Umgebung über den Sommer statt; tagtäglich wurden Songideen gesammelt und das alte Bandgefüge wieder auf Vordermann gebracht. Im Oktober ging die Arbeit in einem richtigen Proberaum weiter, in dem das vorhandene Material verfeinert wurde, während Neues hinzukam.

Making of Californication – Rick Rubin

U2 und David Bowie hatten es schon gemacht. 1999 waren sogar Radiohead auf einem guten Weg, es zu tun. Bei etablierten Rock-Acts war um die Jahrtausendwende voll im Trend, Elemente von Electronica in ihre Musik einfließen zu lassen – in unterschiedlicher Dosierung und mit unterschiedlichen Ergebnissen, versteht sich! Auch Käpt’n Flea wollte das Peppers‘sche Boot in diese Richtung steuern. Dafür ließ er zumindest zwei Namen kontaktieren, mit derer Expertise diese Vorstellungen a priori umzusetzen wären: William Orbit und Flood. Von ihnen kamen jedoch nur Absagen; auch an David Bowies Mailbox soll Anthony Kiedis geklopft haben, nur um eine „keine Zeit“-Mail als Antwort zu erhalten.

Dabei lag die Lösung so nah – Rick Rubin, der bärtige New Yorker Bär mit dem eklektischen Kundenportfolio – wir erinnern uns: von Slayer bis Johnny Cash über LL Cool J -, hatte der Band mit seinem Einsatz auf Blood Sugar Sex Magic bereits zum Durchbruch verholfen. Also sollte er ein drittes Mal dabei sein, denn letztendlich, wie Chad Smith dem Drum!-Magazin kurz nach Erscheinung des Albums erzählte, sei Rubin derjenige, „der am besten das hinbekommen würde, was wir wollten. Er ist ziemlich organisch und geradeaus. Rick ist wirklich gut darin, diese natürlichen, gut klingenden Stücke zu bekommen, die mehr zeitlos als zeitgemäß sind.“ Modernismen hätten in der Peppers-Diskografie noch ein paar Alben zu warten.
Rubin, bereits während der Präproduktion einbezogen, sorgte mit seinem Input zunächst dafür, dass das Material – so Smith – „mehr wie richtige Songs als wie ein Bündel von Songstücken“ wurde.

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Making of Californication – Easily

Wenn man den penibelst angeführten Infos zu Californication auf der RHCP-Website Glauben schenkt, begann die tatsächliche Produktionsarbeit am 2. November 1998. Jim Scott war aber sicherlich nicht zugegen. Scott, Toningenieur von Rick Rubins Vertrauen, der in den Jahren zuvor jeweils einen Grammy für seine Arbeit an Tom Pettys „Wildflower“ und an Santanas „Supernatural“ einheimsen konnte, übernahm das Kommando in den Cello Studios (Los Angeles) erst nachdem erste Versuche mit einem anderen Ingenieur keine verwertbaren Ergebnisse lieferten – zumindest für die Vorstellungen von Band und Produzenten.
Die Arbeit in ausgerechnet diesem Studio kam Scott sehr entgegen, denn es verfügte über „die beste Rock-&-Roll-Mikrofonsammlung der Welt, und sie sammeln auch alte Neve-Konsolen und alte analoge Tonbandgeräte“, so der begeisterte Fachmann gegenüber dem SoundOnSound-Magazin. Für die Aufnahmen benutzte er eine Neve-8038-Konsole mit Neve-1073-EQs und einen Ampex 124 24-Track-Recorder. In dieser Umgebung und mit ihm begann die Arbeit endlich zu fließen.

Das Setup war genau so schlicht wie zweckdienlich aufgebaut: Das Schlagzeug auf einem Podest in der Mitte aufgestellt, die Verstärker landeten in einer großen isolierten Kabine und für Kiedis stand eine kleine Gesangskabine zur Verfügung, aber alle vier Musiker konnten im selben Raum live spielen. Die konsequente Präproduktion zahlte sich aus und so gelang es der Band, in einer Woche die Basic Tracks von sage und schreibe 23 Songs einzuspielen. Jim Scott gab sich diesbezüglich bescheiden: „Alles, was ich gemacht habe, war einfach den Klang der Band im Raum einzufangen. Aber sie haben großartig gespielt, also mussten wir es nur auf Band festhalten.“ Und weiter: „Der Klang des Albums ist das, was in dieser ersten Woche geschah. Diese Live-Schlagzeug, -Bass und -Gitarre sind bei jedem Lied zu hören.“ Hinzu kamen einige Korrekturen der Bass-Parts und Gitarren-Overdubs.
Und natürlich die Vocals. Mit erstaunlicher Disziplin kam Anthony Kiedis dafür jeden Tag ins Studio, zwei Wochen lang und mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf, um sich in Begleitung seines Vocal Coaches einzusingen.

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Der gesamte Aufnahmeprozess nahm etwa fünf Wochen in Anspruch; weitere Wochen waren für das Abmischen notwendig. Am Ende hieß es für die Musiker, auf demokratischer Basis über die endgültige Songauswahl (sprich, von 23 auf 15 kürzen) bzw. Reihenfolge abzustimmen – so wie es sich gehört.

Making of Californication – Equipment

John Frusciante mag uns auf dem Video zu „Under The Bridge“ mit einer wunderschönen 1966er Fender Jaguar in Türkis-Finish (samt farblich abgestimmte Chullo!) zum blanken Neid verführt- oder eine 1980er Kramer Pacer und ein paar Ibanez RG700s in seinen formativen Jahren sein Eigen genannt haben. Tatsache ist aber, dass er ein durch und durch Stratocaster-Typ ist – doof nur, dass er vor den Sessions zu Californication kein Exemplar davon besaß. Nachdem er mehrere Gitarren schon im Laufe der Jahre zur Finanzierung seiner schweren Drogensucht hatte verkaufen müssen, machte ein großer Brand in seinem Haus die Dezimierung seiner Instrumentensammlung perfekt.

Bei seinem Wiedereinstieg bei den RHCP 1998 hatte er laut eigener Aussage nur eine 1962er Fender Jaguar in Fiesta-Red-Finish, die er sich im Jahr davor zugelegt hatte. Obwohl die Gitarre beim Komponieren bzw. Aufwärmen jahrelang zum Einsatz kommen sollte, fand Frusciante, dass sie für die Studioarbeit nicht gut genug sei. Also lieh er sich von Kollege Kiedis das nötige Bargeld und wurde zum glücklichen Besitzer einer 1962er Fender Stratocaster in Sunburst-Finish, die fortan sein Hauptinstrument wurde – sowohl im Studio- als auch im Livebetrieb. Und weil auf diesem Niveau eine Strat selten allein kommt, gesellte sich zu der 62er ein weiteres Modell, Baujahr 1955, auch in Two-Tone-Sunburst, allerdings mit Hals UND Griffbrett aus Ahorn – eine Ausnahmeerscheinung in seinem Arsenal. Der Klang der Seymour Duncan SSL-1s-Pickups, mit denen der Vorbesitzer diese Gitarre nachgerüstet hatte, überzeugte Frusciante so sehr, dass er diese auch in seiner 62er einbauen ließ.
Zu den neuen Anschaffungen im Zuge der Albumproduktion gehörte auch eine Fender Telecaster Custom (Baujahr umstritten: 1963 oder 1965, je nach Quelle) die auf “Easily” und im Solo von “Scar Tissue” zu hören ist. Den Fender-Fuhrpark auf Californication komplettierte eine 1966er Jaguar aus dem Bestand von Tontechniker Jim Scott – auf „Around the World“ und „This Velvet Glove“ zu hören.

Eine 1955er Gretsch White Falcon schmückte auch Teile von “This Velvet Glove”, außerdem von “Otherside” und vom Titelsong. Diese Gitarre wurde ausschließlich mit einem Fender-Showman-Topteil verstärkt, das wiederum an einer Marshall 4×12-Box angeschlossen war. Um gelegentliche Humbucker-Bedürfnisse – wie in der Bridge von „Otherside“ – zu stillen, griff Frusciante auf eine 1961er Gibson SG/Les Paul Custom zurück. Von Gibson stammte auch das 1956er ES-175D-Modell, das man normalerweise in den Händen eines Steve Howe vermuten würde und trotzdem seinen Platz auf „Get On Top“ und „Porcelain“ fand. Zu guter (6-saitigen) Letzt wäre die in den 1940er Jahren gebaute Martin 0-15 zu erwähnen, ihres Zeichens Anthony Kiedis‘ Eigentum und einzige Akustikgitarre mit Spielminuten auf Californication.

Eine Auswahl an potenten Marshall-Produkten ergänzte die Elektrifizierung von Frusciantes Gitarrenspiel. Auf der einen Seite waren es Topteile, die er in unterschiedlichen Kombinationen einsetzte: ein 1967er Major 200W, ein 25/50 Silver Jubilee, ein Major Bass 200W, ein 1965er JTM-45 und ein JCM800. Bei den passenden Boxen handelte es sich um 300-Watt-starke Marshall-1960A– und Marshall-1960B-Modelle, beide mit Celestion-Lautsprecher bestückt.
Im delikaten Stück „Porcelain“ spielte Frusciante seinen Part über einen Vox AC30.

Für die Californication-Sessions benutzte der Gitarrist eine überschaubare – dabei nicht besonders fancy – Anzahl an Effektpedalen: ein Electro-Harmonix Micro Synth, ein Electro-Harmonix 16 Second Digital Delay, ein Boss DS-2 Distortion, ein Boss FZ-3 Fuzz, ein MXR Phase 100 und ein Boss CE-1 Chorus Ensemble. Aber im wahren Leben – das wissen wir – gibt es keinen Gitarristen ohne Spleen – im Falle John Frusciantes hieß er Ibanez WH-10 Wah. Seit Ende der 80er Jahre bevorzugte der Musiker das günstige Pedal im eher wenig bühnentauglichen Kunststoffgehäuse vor anderen bewährten Geräten mit der Rechtfertigung, im breiteren Frequenzgang des WH-10 gäbe es bestimmte Positionen, an denen er das Pedal halten könne, um Feedback mit seinem Verstärker zu erzeugen.

Kleiner Bonus für Frusciante-Jünger und/oder zukünftige -Epigonen: Alle Strats sind mit D’Addario-EXL110-Saiten (.010-.046) bespannt; für die Gretsch White Falcon sollen es dagegen EXL145s (.012-.054) sein. Und: Wenn mit Plektrum, dann Dunlop-Tortex-0.60mm-Pleks. Gern geschehen!

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Abgesehen vom gelegentlichen Gebrauch eines Fender Jazz Basses und des Taylor Akustikbasses, der auf „Road Trippin“ zu hören ist, spielte Flea hauptsächlich einen Modulus Flea Bass. Das Signatur-Modell aus der Edelinstrumentenschmiede bestand aus einem glitzernden (Silver-Flake-Finish) Erlen-Korpus mit einem angeschraubten Hals aus CFK und einem Griffbrett aus Phenolharz, einem Lane-Poor-MM-Tonabnehmer mit einem Bartolini-NTBT-Preamp. Zwischen dem Bass und dem Gallien-Krueger-Topteil seiner Wahl kamen ein Dunlop Cry Baby 105Q Bass Wah Pedal („Get On Top“) und ein BOSS ODB 3-Bass Overdrive („Around The World“) spärlich zum Einsatz.

Chad Smith hielt zu jener Zeit den Groove mit seiner Kombination aus Drum Kits von Pearl, Becken von Sabian und Fellen von Remo. Ansonsten gab er sich in Interviews mit der Fachpresse nicht so detailliert, was die Beschaffenheit seines Equipments betrifft.

Bei den RHCP denkt man nicht sofort an Keyboardklänge, doch die gab es auf Californication,
wenn auch sehr subtil dosiert. Zwei Randnotizen dazu:
– für das Einspielen konventioneller Keyboardparts war ein damals 30-jähriger Studiomusiker
namens Greg Kurstin zuständig, der sich in den darauffolgenden Jahren durch Auftragsarbeiten für Lily Allen, P!nk, Foo Fighters und Paul McCartney u. v. a. m. in die Liga der angesagtesten
Produzenten hocharbeitete;
– für den Refrain von „Around The World“ entstaubte John Frusciante sein Omnichord, die eigentümliche Kreation der Suzuki Musical Instrument Corporation aus den 80er Jahren. Für eine kammermusikalische Koloratur im akustischen Finale mit „Road Trippin'“ sorgte hingegen ein noch älteres Instrument: das Chamberlin, Vorgänger des Mellotron und diesmal in den Händen eines ausgewiesenen Experten wie des US-Keyboarders Patrick Warren.

Making of Californication – Get On Top!

Am 8. Juni 1999 kam Californication auf dem Markt und das, was zunächst aus den Boxen kam, war der Stoff, aus dem Audiophilen-Albträume gemacht sind: laut und (über)komprimiert; das Album wurde prompt der Opferliste des loudness war hinzugefügt.

Das tat der Begeisterung des plattenkaufendes Volkes allerdings keinen Abbruch, die das diskografische Comeback der RHCP mit seinen weltweit über 15 Millionen verkauften Exemplaren zum kommerziell erfolgreichsten Album der Band avancieren ließ. Von dieser heute undenkbaren Menge wurden mehr als 750.000 allein in Deutschland abgesetzt, wo sich das Werk über 100 Wochen in den Charts hielt.

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Für Überraschung sorgten die neu gewonnenen Facetten, denen der Sturm und Drang früherer Tage teilweise zum Opfer fiel. „Zen Hot Chili Peppers“, also? Nein, nicht, dass man etwas missversteht: An „there are no monks in my band“ hatte sich im Wesentlichen nichts geändert, aber das Quartett war sich auf einmal nicht zu schade, entlang der 15 Tracks auch Raum für Introspektion und Ruhe zu schaffen – textlich wie musikalisch.

Making of Californication – Good Time Boy

Es herrschte sowohl bei Fans als auch bei Kritikern ein gewisser Konsens darüber, wer zu dieser Wende am meisten beigetragen hatte, nämlich der zurückgekehrte John Frusciante. Auch
wenn ein wichtiger Teil des Songmaterials während der gemeinsamen Jam-Sessions entstanden war, basierten einige der stärksten Stücke auf dem Album („Get on Top“, „Around the World“, „Scar Tissue“) doch auf Ideen und Motiven, die Frusciante zuhause selbst geschrieben hatte. Andersrum nahm er auch unfertige Entwürfe seiner Kollegen zu sich und bearbeitete sie, bis sie ihre definitive Form annahmen, wie im Fall vom Titelsong, einem Sofortklassiker.
Ansonsten zeigte er sich als liebenswerter Musikliebhaber und -Kenner, mit einer Geschmacksbreite, die an Offenheit wenig zu wünschen übrig ließ: Zum offensichtlichen Einfluss von Jimi Hendrix und einigen Helden des Postpunk/Alternative-Milieus (Johnny Marr, John McGeoch, u. a.), kamen – laut eigener Aussage – andere hinzu, wie der von Eric Clapton aus der Cream-Ära (auf „Savior“, O-Ton: „Ich glaube nicht, dass das Gitarrenspiel von irgendjemandem besser ist als das, was er in Cream gemacht hat“). Oder Public Enemy als Inspirationsquelle für „Get on Top“ zu nehmen, um dann im selben Song mit einem angejazzten Solo für Kontrast zu sorgen, das an Steve Howes Licks für den Yes-Klassiker „Siberian Khatru“ angelehnt war und selbstverständlich mit einer Gibson ES-175 eingespielt wurde!

An dieser Stelle überrascht es kaum, dass auch sein Gitarrenspiel auf Californication durch Vielseitigkeit und Originalität auffällt. Für diesen Autor steckt das persönliche Frusciante-Highlight jedoch am Ende des Albums: Im akustisch gehaltenen „Road Trippin'“ offenbart er sich als feiner Fingerpicker – für das bloße Herumklimpern am Lagefeuer deutlich überqualifiziert …

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Fazit

Blood Sugar Sex Magic galt seinerzeit als das ultimative RHCP-Album; als jenes, dessen sowohl
künstlerischer als auch kommerzieller Erfolg von der Band selbst womöglich nicht zu übertreffen
sei. wenn es für die Band überhaupt eine Zukunft geben sollte.
Acht Jahre später und mit der Rückkehr des verlorenen Bruders John Frusciante fand mit
Californication die Re­nais­sance der Band statt. Oder war es eine Häutung? Oder einfach nur
Evolution?
Ohne die Punk-Funk-Wucht abzulegen, die als Blaupause für das Crossover-Genre diente, zeigten die Ausflüge in melodiösere Songwriting-Gefilde, wohin die Reise gehen sollte. Und die Massen
liebten sie dafür – zumindest bis zum nächsten Frusciante-Ausstieg.

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Forum
  1. Profilbild
    costello RED

    Hi Cristián, das ist wirklich Gedankenübertragung. Ich bereite gerade einen Bericht zum Boss CE-1 vor und sowohl Josh Klinghoffer als auch John Frusciante hatten es auf dem Pedal Board. Der CE-1 ist gut bei dem etwas verwaschenen  Schimmersound bei Under The Bridge rauszuhören..Für mich ist auch „Blood Sugar Sex Magik“ das Topalbum der Red Hot Chili Peppers. Aber Californication ist auch toll. Vielen Dank für das schöne „Making of“!

    • Profilbild
      Cristian Elena RED

      @costello Danke – gern geschehen!
      Im Studio setzte Frusciante den CE-1 vordergründig als Signalsplitter zwischen zwei verschiedenen Marshall-Amps.

  2. Profilbild
    ISE500 AHU

    Danke für den Artikel. Nach „Blood Sugar Sex Magic“ oder spätestens nach „One Hot Minute“ war RHCP nicht mehr hörenswert für mich. Da kam noch noch Abkassieren mit der „Under The Bridge“-Formel und eine Anbiederung ans Radio und den Mainstream. Schade!

    • Profilbild
      Cristian Elena RED

      @ISE500 Danke für dein Feedback!

      Für mich, als nicht Fan, ist es einfacher, das Ganze mit ein bisschen Abstand zu betrachten. Dass sie mit „Under The Bridge“ eine erfolgreiche Formel gefunden (und ausgenutzt!) haben ist klar – ob das sooo verwerflich ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich glaube, auf „Californication“ haben sie es gewagt, Neues auszuprobieren, und das Ergebnis ist dem Gesamtwerk der Band würdig.

      • Profilbild
        ISE500 AHU

        @Cristian Elena Hallo Christian,

        du magst RHCP gar nicht? :( Dann hoffe ich, daß du mein Feedback annimmst, wenn ich dir sage, daß sie meiner Meinung nach da eben nichts neues ausprobiert haben, sondern einen Weichspül-Sound weiterentwickelt haben, der eben die Kassen klingeln liess.

        Ist ähnlich Metallica, über die hast du doch neulich geschrieben, oder was ein andererAutor? So sehr ich „Master of Puppets“ liebe, umso mehr stellen sich beim „Black Album“ die Nackenhaare auf.

        Auf jeden Fall kann das oft bei Bands so laufen, daß die ihren kreativen Zenit überschreiten und dann eine Formel anwenden, die volle Stadien bringt.
        Was ich dann immer schade finde, ist, wenn man komplett Richtung Mainstream abwandert, also sozusagen die „braven RHCP zum anfassen“.

        Die ersten Alben waren grandios, als weiterführende Lektüre ist Anthony Kiedis Biographie „Scar Tissues“ empfehlenswert.

        • Profilbild
          Cristian Elena RED

          @ISE500 Zwischen „RHCP gar nicht mögen“ und „kein Fan sein“ gibt’s einen langen Weg. ;-)

          Für die Recherche hörte ich mir die meisten Alben an (*mein Sohn hat sie auf CD), inklusive der 2 ersten – an dieser Stelle erspare ich mir/dir meine persönlichen Bewertungen.

          Dein Feedback nehme ich natürlich an (*respektvolles, konstruktives Feedback ist immer willkommen).

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @ISE500 Das Problem ist nicht mal, dass sich Musiker auf einer Formel ausruhen WOLLEN, sie müssen es aus pragmatischen Gründen. Das ist nicht zuletzt dem Druck der Labels und der Fans geschuldet. Es gibt nun wirklich genug Beispiele von Musikern, die sich von den Mustern und vorgegebenen musikalischen Pfaden wegbewegt haben. Das Ergebnis ist in aller Regel ernüchternd. Labels wollen diese Leute los werden, Kritiker zerreißen deren Werke und die Fans kaufen das Album nicht mehr. Es ist nun einmal ein Markt, der bedient werden will.

        • Profilbild
          AMAZONA Archiv

          @ISE500 Stimmt! Du bist sichtlich überfordert beim Lesen.

      • Profilbild
        Cristian Elena RED

        Die Kritik – solange mit einer gewissen Fairness ausgestattet – sanktioniert in der Regel stumpfe Wiederholungstaten und/oder überambitionierte Versuche.

        Meiner Erfahrung nach, die Fraktion des Publikums, die sich von der Band bei „Experimenten“ verabschiedet, besteht meistens aus Hit-Konsumenten, nicht aus „wahren“ (*der Begriff ist nicht 100%-ig angebracht, aber …) Fans.

        • Profilbild
          AMAZONA Archiv

          @Cristian Elena Jo, aber die „wahren“ Fans werden auch älter, orientieren sich musikalisch zum großen Teil noch mal anders. Rock & Pop stecken voller dynamischer Entwicklungen, die schwer berechenbar sind. Musiker haben in den meisten Fällen eine „Halbwertszeit“ von einigen Jahren. Klar gibt es Ausnahmen, aber die lassen sich dann doch eher an einer Hand abzählen. Im Nischenbereich ist die Wahrscheinlichkeit, Fans langfristig zu binden, einen Tacken höher.
          Und generell war das für Bands aus den 60ern, 70ern und 80ern einfacher als heute.
          Außerdem, wer mal als Musiker erfolgreich war und ein, sagen wir mal, Einkommen von 500 000 Ocken in einem Jahr hatte, möchte nicht im nächsten Jahr auf 50 000 fallen.

          • Profilbild
            ISE500 AHU

            Das alle Bands dann zur Ausverkaufsmaschine ihrer eigenen Hits mutierenist einfach mal eine Behauptung. Von vielen hört man dannhalt nichts mehr regelmässig.

            Sorry, das ist einfach nur eine steile These, die du nicht aufrechterhalten kannst. Sonst wären ja alle ewig lang erfolgreich… glaube du wolltest einfach mal nur widersprechen – genau solche Postings machen das Forum hier so anstrengend.

            • Profilbild
              AMAZONA Archiv

              @ISE500 Wenn Dir geistige Kapazitäten fehlen, um Posts zu verstehen, kann ich nun wahrlich nichts dafür, dass es für dich anstrengend ist.
              Beispiele für meine „steile“ These finden sich im Pop und Rock (natürlich auch Schlager) seit jeher. Erfolgreich sind vor allem die Bands, die sich bzw. ihre Erfolge, ihren Stil ständig selbst zitieren und nicht auf Erneuerung aus sind (siehe Rolling Stones etc.). Ab und zu werden Musiker wie Neil Young z.B. dann wieder erfolgreich (dann aber auch nur, wenn sie sich ihrer einst erfolgreichen Schiene bedienen), wenn sie von hippen Musikern wieder zitiert werden (siehe Grunge in den 90ern). In der Zeit, wo Young experimenteller unterwegs war, war er abgemeldet, auch bei beinharten Fans. Aber jut, bei dir sind Erklärungsversuche eh wie die Perlen, die man vor die Säue wirft.
              Übrigens -von ewig schrieb ich gar nichts – sondern von „Halbwertszeit“ der Musiker. Erstmal lesen und verstehen, bevor man irgendwelche Falschbehauptungen aufstellt.
              Musiker und Bands sind im Prinzip nichts anderes als Marken, die für etwas stehen.

  3. Profilbild
    iggy_pop AHU

    RHCP hatten schon auf „Under the Bridge“ ein Mellotron eingesetzt, das war also nicht unbedingt ein Novum — der Einsatz eines Chamberlin war eher noch ein wenig schrulliger als der des Mellotrons. Interessant in diesem Zusammenhang ist, das sich sowohl Frusciante als auch Cliff Martinez der elektronischen Klangerzeugung zugewandt haben.

    Erinnert sich noch jemand an den Auftritt der RHCP im Streifen „Archie und Harry“ mit Kirk Douglas und Burt Lancaster?

    Anthony Kiedis sah immer aus wie ein leicht gesündere Version von Iggy Pop…

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