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Test: Acidlab Drumatix, TR-606 Clone Drumcomputer

Kein TR-606-Clone, sondern besser!

11. April 2015

Der Rosenheimer Entwickler Klaus Süßmuth arbeitet nach und nach Rolands Geschichte auf. Nach TB-303 und TR-808 ließ er nun die TR-606 als Acidlab Drumatix wiederauferstehen.

Drumatix Top

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Clone oder Mutant?

Wäre der Schriftzug „Drumatix“ nicht, käme man nur schwerlich darauf, dass für die neue Acidlab-Maschine die Roland TR-606 Pate stand. Größe, Form und Material des Gehäuses, Anzahl der Instrumente und dazugehöriger Regler sowie das ganze Design haben herzlich wenig mit dem Rhythmusbruder der TB-303 zu tun. Doch das war bei den Acidlab Bassline-Modellen und der Miami auch nicht anders, sondern auf das Innenleben kommt es an. Denn hier orientiert sich Acidlab eng an den Vorbildern. Aber dort wo es Klaus Süßmuth sinnvoll erscheint, ändert und erweitert er auch gern mal Schaltungen und Funktionsumfang.

Metal Gear Solid

Die TR-606 ist eine kleine Plastikbüchse mit billigsten Bauteilen. Die Acidlab Drumatix hingegen ist nicht nur merklich größer, sondern auch komplett aus Metall. Allerdings jenseits von edel, denn die Maschine ist mit dem gleichen Baukastensystem wie Miami und Bassline konstruiert, ganz ohne irgendwelche Schmuckelemente. Aber das Gehäuse ist stabil und die Regler sind schön griffig – Function over form!

Drumatix Buchsen
Give the Drummer some

Auch bei den Instrumenten offenbart sich ein Unterschied zum Vorbild, den man schon gewaltig nennen muss. Insgesamt 11 Drumsounds beherbergt die Acidlab Drumatix, darunter auch solche, die die Roland Drumatix gar nicht besitzt. Aber lassen wir uns nicht voreilig blenden, denn nicht die Anzahl, sondern der Klang der Drums entscheidet darüber, ob eine Drummaschine etwas taugt oder nicht, insbesondere eine analoge.
Was als erstes ins Auge springt ist, dass es hier zwei Bassdrums und zwei Snaredrums gibt. Dabei handelt es sich tatsächlich um jeweils eigenständige Instrumente, die nicht nur unterschiedlich klingen, sondern auch unabhängig bzw. geschichtet eingesetzt werden können.

Drumatix Regler

Bassdrum 1 gehört hier im Grunde gar nicht rein, denn sie ist der 808-Schaltung nachempfunden. Aber natürlich sind wir froh darüber, denn das ist ja eine der besten Bassdrums ever. Allerdings klingt die Bassdrum 1 für mich nicht ganz authentisch, da der Sound intern leicht, aber hörbar übersteuert und somit die berühmte Weichheit fehlt. Aber kräftig ist sie, ohne Frage, da haben der markante Attack und voluminöse Bauch ihren Anteil dran. Mit dem einstellbaren Decay kann sie sehr lang ausklingen, aber mir gefällt sie bei kürzeren Sounds eigentlich besser.
Bassdrum 2 ist eine abgewandelte 606-Schaltung und klingt im Vergleich zur 1er runder, beinah sogar eleganter. Der Attack ist schlanker und der Tonhöhe bleibt auch bei langem Decay gleich. Im Gegensatz zum Vorbild kann man Tune und Decay regeln, was sonst nur bei modifizierten Originalen geht.
Und was geht mit beiden zusammen? Da die Schaltungen unabhängig sind, bekommt man natürlich kein schwebungsfreies Tuning hin. Doch wird es dadurch eben reizvoll. Mit leichten oder stärkeren Tune-Abständen können bei langem Decay die Bassdrums sich gegenseitig beeinflussen. Das wird zwar kein echter Wobblebass, aber die entstehenden Effekte sind witzig. Natürlich kann man auch eine längere mit einer kurzen Bassdrum doppeln, um den Attack zu maximieren. Auch wenn die Sounds nicht gleich klingen, ähnlich sind sie schon, so dass man durchaus mit zwei alternierenden Kicks arbeiten kann.

Auch bei der Snaredrum gibt es das Doppelspiel, nur dass hier Snare 1 der 606-Schaltung entspricht, während Snare 2 an die 808 angelehnt ist. Intern ist das Tuning festgelegt, welches bei Snare 2 deutlich höher liegt. Regelbar ist jeweils nur Snappy, also der Rauschanteil. Dieser klingt bei Snare 1 voller, bei Snare 2 deutlich schärfer. Aufgrund des großen Tune-Abstandes klingen alternierende Snare etwas sehr abgesetzt. Aber legt man beide übereinander, knallt es ordentlich.

Drumatix schräg 1

Die Toms waren schon immer meine 606-Favoriten, denn im Gegensatz zur TR-808 basieren sie auf einer Noise/Filter-Kombi, wodurch sie merklich voller klingen. Leider hat die TR-606 nur High und Low Tom, und noch leiderer hat Acidlab ausgerechnet hier keine Erweiterung um ein Mid Tom durchgeführt. Hilfsweise kann man jedoch eine der Snares mit nur wenig Snappy dafür heranziehen. Auch wenn es nur zwei sind, die Toms gehören auch in der Acidlab Drumatix zu meinen Lieblingen.

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Tja, Rim und Clap gehören nun wirklich nicht hierher, oder? Doch, doch, wir nehmen die Zwei gern mit, wenngleich man sie nur in der Lautstärke regeln kann. Rim entstammt der TR-808 (bzw. Miami) und macht „klack“, wie man es erwartet. Doch der Sound scheint etwas zu leise zu sein. Der Clap ist aus der kleinen Boss DR-110 abgeguckt und gibt einen schönen, vollen Klatsch.

Drumatix schräg 3

Cymbal und Hihats sind wiederum der TR-606 entnommen und basieren auf dem metallischen Mix mehrerer Rechteck-Oszillatoren. Das Cymbal hat jedoch gemäß der TR-808 den Tone-Regler zum Überblenden der beiden Klanganteile und kann im Decay geregelt werden. Open und closed Hihat lassen sich auch jeweils im Decay einstellen. Hier funktioniert auch der beliebte Trick, open und closed Hihat auf dem selben Step zu programmieren, wodurch ein dritter Hihat-Sound entsteht. Allerdings ändert sich dieser Sound mit den Decay-Einstellungen und wird ggf. auch leiser.

Waren das schon alle Sounds der Drumatix? Wenn ich gemein wäre, würde ich sagen, dass es noch mehr Klänge gibt, nämlich diverse Nebengeräusche. Besonders die Snare produziert einen vergleichsweise lauten, rauschigen Dauerton, wofür Entwickler Süßmuth bislang noch keine Lösung gefunden hat. Wenn die Toms hoch gestimmt sind, fabrizieren sie ebenfalls Dauertöne und die Hihats singen auch etwas vor sich hin. In der Summe (im übertragenen wie auch im physikalischen Sinne) kommt da schon ein ordentlicher Noisefloor zusammen. Einerseits ist es eben Analogtechnik, wo so etwas eben vorkommt, andererseits gibt es deutlich leisere Maschinen. Wer sich hieran stört, muss dann auf die Einzelausgänge zurückgreifen und mit Noise-Gates arbeiten. Die Einzelausgänge sind jedoch, bis auf Cymbal und Hihats, alle mit den zusammengehörigen Sounds doppelt belegt.

Drumatix Mode

Rock Band

Die Acidlab Drumatix ist wahrlich kein Schöngeist, sondern klingt schon fast ruppig. (Akustische) Ecken und Kanten wurden hier höchstens mit der Raspel bearbeitet, aber nichts glatt geschmirgelt. Und das gefällt mir! Die beiden Bassdrums haben ordentlich Wumms, die Toms einen vollen Sound und die Hihats tingeln wunderbar. Die kleinen Variationen in den Sounds mit jedem Schlag sind gut wahrnehmbar, ohne dass es wacklig klingt. Aber noch wichtiger ist das gute Zusammenspiel der Sounds, das den Drumatix-Groove erst so richtig rund klingen lässt.
Den Grundsound muss man natürlich mögen, denn die Drumatix ist kein Drumsynthesizer. Die Editiermöglichkeiten sind klar begrenzt und man bewegt sich stets im 606/808-Klangkosmos.

Drumatix Tasten

Schrittweise

Der Sequencer ist solide ausgestattet, ohne großartige Extras zu offerieren. 12×16 eintaktige Pattern lassen sich in Realtime oder im Stepmodus einspielen. Da nimmt sich die Drumatix relativ wenig mit ähnlichen Maschinen. Neben den 11 Drums ist auch eine Accent-Spur vorhanden, eine sonstige Dynamik- oder Parameterprogrammierung gibt es nicht.
Die Pattern lassen sich in vier Scales einstellen und in der Länge begrenzen. Einzige Besonderheit ist hier der duale Shuffle-Modus. Drumatix verfügt nämlich über zwei getrennte Shuffle-Modi, die parallel genutzt werden können. In jeweils fünf Stufen kann ein TR-909-Shuffle und ein CR-8000-Shuffle aktiviert werden. Während der 9er-Shuffle gute House-Grooves in den geringeren Stufen erzeugt, kann ich mit dem 8000er-Shuffle irgendwie gar nichts anfangen, da er nur die Off-Beat-Viertel verzögert. Swing ist was anderes, aber vielleicht taugt es ja für abstruse Wonky-Beats?
Patterns lassen sich zu Songs zusammenfassen, wobei eine Pattern-Copy-Funktion sehr nützlich für die Erzeugung von Breaks, Variations und Fills ist.

MID IN

Sind nur die Sounds der Drumatix gefragt, kann die Maschine im Expander-Modus betrieben werden, in dem mit festgelegten MIDI-Noten die Drums inkl. Accent gespielt werden können. Zur Synchronisation gibt kann die Maschine MIDI-Clock empfangen, die sie parallel auch als DIN-Clock ausgibt. Ebenso kann sie DIN-Clock von einem externen Gerät empfangen. Leider ist kein MIDI-Ausgang vorhanden, wodurch sie nicht nur kein Clock-Master sein kann, sondern auch mit dem Sequencer keinen anderen Sounds triggerbar sind.

Drumatix Sync

Alternative: RD-6 von Behringer

Mit der RD-6 hat Behringer im September 2020 eine preisgünstige Alternative zum Original auf den markt gebracht. Einen ausführlichen Testbericht dazu findet Ihr HIER (klicken).

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Fazit

Klaus Süßmuth hat es bei der Acidlab Drumatix richtig gemacht. Anstelle einer akribischen Emulation hat er eine mehr oder weniger entfernte Verwandte der alten TR-606 geschaffen. Die Erweiterungen sind alles sinnvolle Features, die man bei Original gern gesehen hätte und auch bei gemoddeten Geräten nicht alle in dieser Art vorkommen. Aber noch vor den Features hat es mir vor allem der Sound angetan. So muss Analog klingen: satt, unstet und roh.

Direkte Konkurrenz zur Drumatix gibt es nicht viel. Der preiswerte Dauerbrenner MFB-522 kann zwar soundmäßig vergleichsweise mithalten, hat aber die klar schlechtere Hardware. Der MFB Tanzbär ist dann schon deutlich teurer, verfügt aber über den leistungsfähigeren Sequencer und mehr Editierfunktionen. Das Klangspektrum der günstigeren Roland TR-8 ist größer, jedoch klingen die Modeling-Sounds deutlich sauberer und etwas zahmer. Die Boliden von Jomox und Elektron lassen wir in dem Vergleich mal außen vor.

Die Acidlab Drumatix ist kein Gerät für jedermann, und wer sich an Nebengeräuschen stört, hat hier einiges zu verdauen. Aber wer eine Maschine mit Charakter für knackige Electro-Beats sucht, sollte sich die Drumatix mal genauer ansehen.

Plus

  • satter Sound
  • gegenüber der TR-606 deutlich erweitert
  • großzügige Bedienoberfläche

Minus

  • kein MIDI-Out
  • deutliche Nebengeräusche bei einigen Instrumenten

Preis

  • 590,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Basicnoise AHU

    Toller Bereicht! Danke. Klaus Süßmuth macht schon siet Jahren einfach einen super Job. Und schon juckt es mich wieder in den Fingern :)

  2. Profilbild
    D-Drummer

    Demo 5 dröhnt ja heftig – Bassinferno ;-)
    Scheint ne coole Maschine zu sein, mal sehn wo man die anchecken kann…

  3. Profilbild
    volcarock

    Klasse Test von noch immer faszinierenden Sounds! Schade,dass die Nebengeräusche nicht noch einen ticken leiser sind, ansonsten ein sehr schön aufgebohrtes und erweitertes Remake.

    Hat man noch vor Jahren mit dem Finger auf asiatische Firmen gezeigt, wenn sie westliche Geräte kopierten, werden nun Fernost-Klassiker In Germany kopiert – Ironie des Schicksals :-)

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