Flaches Mikrofon mit EQ-Schalter
Wer kennt nicht den Klassiker zur Abnahme von Gitarrenboxen, das Sennheiser e906. Ein Vorteil dieses Mikrofons ist seine Bauweise, die es unter anderem ermöglicht, ohne Einsatz eines Stativs ganz lässig bei einem Combo-Amp oder einer Lautsprecherbox von oben am XLR-Kabel herabzuhängen. Wegen der flachen Bauform nimmt es wenig Platz in Anspruch und liefert bekanntermaßen guten Sound. Jetzt hat Behringer einen sehr preiswerten Nachbau im Angebot, der nicht nur durch die ähnliche Formgebung an das Sennheiser erinnert. Die Modellbezeichnung ist mit Behringer B 906 auch kess am Vorbild angelehnt und das flache Mikrofon bietet zudem die ebenfalls vom Sennheiser Schallwandler bekannten drei EQ-Einstellungen. Als Gitarrist bin ich selbst gespannt, wie sich das dynamische Mikrofon Behringer B 906 schlägt. Schließlich ist der Preis mit 38 Euro um ein Vielfaches günstiger als das beliebte Vorbild. Diese Einpreisungen in unteren Segmenten speziell bei Mikrofonen sind wir ja von Behringer gewohnt. Siehe dazu meine Testberichte von Gesangsmikrofonen, die ihr hier und hier findet, aber natürlich auch am Endes des Testberichts.
Lieferumfang des Mikrofons Behringer B 906
Geliefert wird das Behringer B 906 wie bislang bei Behringer üblich in einer harten Kunststoffbox zur Aufbewahrung und für den sicheren Transport. In weichem Schaumstoff eingebettet liegt darin das Mikrofon mit bereits angesetzter Klemme. Schließlich braucht dieser Schallwandler ja nicht immer am XLR-Kabel irgendwo abzuhängen, der Einsatz funktioniert mit einem Mikrofonstativ ebenfalls – zum Beispiel an der Trommel des Schlagzeugs oder bei Abnahme anderer Instrumente.
Eine clevere Idee ist das in der Klemme eingearbeitete Gewinde. Es besteht aus zwei Formaten sodass hier kein 3/8″ Reduziergewinde mitgeliefert werden muss. Und das ist sehr erfreulich, denn diese kleinen Gewindeadapter gehen nicht selten verloren oder sie lassen sich häufig nur unter Einsatz von roher Gewalt wieder vom Mikrofonstativ entfernen. Behringer bietet hier also eine richtig gute Lösung, die gerne Nachahmer finden sollte.
In der Kunststoffverpackung liegt noch ein englischsprachiges Datenblatt mit den wichtigsten Informationen zum Produkt, das mich an einen Beipackzettel erinnert.
Vier Fakten zum Behringer B 906
- Das Testobjekt ist ein dynamisches Mikrofon mit Supernierencharakteristik.
- Es ist laut Hersteller für einen Frequenzbereich von 50 Hz bis 18.000 Hz geeignet.
- Die Impedanz beträgt 600 Ohm.
- Mit 140 g Gewicht gehört dieser Schallwandler nicht zu den Schwergewichten im Mikrofon Angebot. Zum Vergleich: Ein Shure SM58 wiegt knapp 300 g. Das Sennheiser e 906 wiegt ebenfalls 140 g.
Vielseitig einsetzbares Mikrofon
Behringer spricht auf der eigenen Website zum Produkt, die ich euch wieder unten verlinkt habe, von einem vielseitigem Mikrofon für Verstärker, Instrumente und Gesang. Ich konzentriere mich bei diesem Test allerdings auf den Bereich der Gitarrenamp-Abnahme.
Während der Schaft des Behringer B 906 aus Metall besteht, ist das übrige Gehäuse aus leichtem Kunststoff gefertigt. Natürlich nicht das beidseitige und sehr robust wirkende Drahtgitter, das den innenliegenden Schaumstoff umgibt. Auf der Behringer Website ist folgender Hinweis zu lesen: Die Brummkompensationsspule des B 906 unterdrückt Störungen. Nicht zuletzt deshalb hätte ich sehr gerne einen Blick auf das Innenleben geworfen, doch ohne das Gehäuse zu beschädigen, ist mir dies leider verwehrt geblieben – also bleibt das Ding geschlossen (trauriger Smiley).
Wie bei einem Großmembran-Studiomikrofon hat auch das flache Behringer B 906 zwei Seiten. Um Verwechslungen auszuschließen, ist eine Seite mit der Modellbezeichnung und zudem dezent mit dem hellgrauen Schriftzug Front gekennzeichnet. Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es den griffigen und gut einrastenden Schalter mit drei Positionen zur Anpassung des Frequenzgangs. Die dort aufgedruckten Symbole lassen für mich klare Deutungen zu. In der beiliegenden Bedienungsanleitung finde ich dazu Erklärungen. Schalterposition links wird für „blue & jazz warm music“ vorgeschlagen, die mittlere Schalterposition ist für „classic music“ (nanu?) vorgesehen und rechts soll sich die Fraktion der „aggressive music“ wohlfühlen. Im Text des Datenblatts ist dann noch die Rede von „low-cut“, „flat“ und „high-frequency boost“. Das wirft Fragen auf, denn die Low-Cut-Symbolik sieht für mich anders aus. Wir werden später noch sehen, was es mit den Beschreibungen auf sich hat.
Das Behringer B 906 am Gitarrenamp
Ich bin experimentierfreudig, also geht es neben dem Einsatz eines Palmer Röhrenamps auch einmal abseits der üblichen Pfade (zwinker Smiley). Von daher habe ich zusätzlich einen meiner Lieblings-Amps bei diesem Test eingesetzt, den Yamaha THR10. Diesen schmucken Desktop-Verstärker benutze ich, wenn ich auf der Couch gemütlich meine Gitarrenübungen durchziehe. Wenngleich dieser Modeling-Amp etliche Sounds, darunter auch heftige und gut klingende Zerren anbietet, konzentriere ich mich hier auf die cleanen Sounds ohne viel Gain und mit einer kleinen Portion Federhall. Bass, Middle und Treble bleiben beim THR10 in Mittelstellung. Und wenn ich von clean Sounds rede, kommt meine altgediente Fender American Strat zum Einsatz. Sie hat bereits etliche Bühnen gesehen und wurde erst neulich vom empfehlenswerten Gitarrenbauer meines Vertrauens Christian Stoll (hier der Link) an den Bünden neu abgerichtet und perfekt eingestellt.
Wer den Verstärker Yamaha THR10 nicht kennt, er ist Stereo ausgelegt und verfügt über zwei 8 cm Lautsprecher. Von daher habe ich das Behringer B 906 vor einem der beiden Lautsprecher nach Höreindruck platziert. In diesem Fall natürlich mit einem Mikrofonstativ. Aufgenommen habe ich mit einem ZOOM H4n Pro Digitalrecorder. Mein Experiment mit Fender Strat und Yamaha THR10 könnt ihr in den folgenden Soundfiles hören.
Beim Einsatz des Palmer Amps hängt das Mikrofon von oben herab. Auch hier geht es mir vor allem um cleane Sounds. Bass, Middle, Treble stehen in Mittelstellung, Hall habe ich nicht eingesetzt.
Im letzten Klangbeispiel ist ein leichter Drive-Sound zu hören. Hals-PU an der Strat, Drive-Regler am Amp auf 3.
Alle möglichen Sounds sind ohnehin bei diesem Test nicht abzubilden und sind ja, wie ihr bestimmt wisst, maßgeblich vom Amp, dem eingesetzten Lautsprecher und der Gitarre abhängig. Sämtliche Aufnahmen wurden auf -1 dB normalisiert, ansonsten nicht weiter bearbeitet.
Messungen in einem normalen Raum
Einige Messungen mit der Analyse-Software ARTA sollen weitere Aufschlüsse über das klangliche Verhalten des Behringer B 906 liefern. Dazu habe ich einem per Analyzer und grafischem EQ recht linear eingestellten Studiomonitor Rosa Rauschen zugespielt. Das Mikrofon ist mit einem Stativ in 11 cm Abstand auf die Mitte zwischen den beiden Treibern (Hochton und Tiefton) ausgerichtet. Zur übersichtlichen Darstellung sind alle Diagramme mit einem Smoothing von 1/1 per Screenshot aufgenommen. Als Vergleich habe ich hier auch noch ein Shure SM58 gemessen. Schließlich preist Behringer das B 906 ja auch als Gesangsmikrofon ein. Und wenn es einen Klassiker in dieser Gattung gib,t führt am SM58 kein Weg vorbei.
Abbildung 1
Schalterposition EQ in der Mitte. Natürlich ist das Behringer B 906 nicht linear. Es bietet wie üblich, wenn es nicht gerade ein Messmikrofon ist, einen konturierten Frequenzgang. Zu sehen ist eine gute Absenkung, die zwischen 500 Hz und 800 Hz den Tiefpunkt erreicht. Ansonsten findet ein gleichmäßiger Roll-off unter 100 Hz und ebenfalls ein Roll-off oberhalb von etwa 6 kHz statt.
Abbildung 2
Schalterposition EQ nach links. Zu sehen ist im Unterschied zur Mittenposition des EQ-Schalters eine softe Absenkung zwischen 4 kHz und 9 kHz, was eher einem High-Cut entspricht. Das ist auch das, was mir der Aufdruck am Mikrofon grafisch vermittelt. Der im „Beipackzettel“ genannte Low-Cut ist schlicht und einfach ein sogenannter Druckfehler.
Abbildung 3
Schalterposition EQ nach rechts. Klar zu sehen ist eine gut erkennbare Präsenzanhebung zwischen 2 kHz und 15 kHz. Das entspricht dem beschriebenen High-Frequency-Boost.
Abbildung 4
Das Shure SM58 ist im Wesentlichen zwischen 5 kHz und 15 kHz etwas weniger präsenter und unterhalb von 100 Hz ganz leicht schwächer. Aber so dramatisch sind die Unterschiede zum Behringer B 906 nicht.
Was Behringers Umschreibungen der Anwendungsbereiche Jazzmusik, aggressive Musik und klassische Musik betrifft – nun ja, vergessen wir das einfach. Es sind sicher die Unterschiede in der Höhenwiedergabe gemeint. Man kann mit diesem Mikrofon schließlich je nach Geschmack drei Konturen im Bereich der oberen Frequenzen auswählen. Aber ein Low-Cut-Filter muss letztendlich am Mischpult eingestellt werden.
Meine Messungen decken sich übrigens annähernd mit dem im Beiblatt abgedruckten kleinen Frequenzdiagramm. Das ist bisher bei anderen Tests eher seltener der Fall.
Warum sind nicht mehr Mikros flach? Innen ist doch eh ein rundes Plättchen, was nur von einer Seite besprochen werden sollte?
@teofilo Jepp. Andere Hersteller könnten durchaus folgen.
@p.ludl Geht wohl https://www.amazona.de/test-lewitt-lct240-pro-kondensatormikrofon/
@teofilo @teofilo
Weil flache Mikrofone bauartbedingt feedbackanfälliger sind. Das kann vermieden werden, wird dann aber teurer.
Das „runde Plättchen“ sollte zwar nur von einer Seite besprochen werden, verschließt man aber die andere Seite, klingt es grauenhaft. Indirekter Schall spielt also auch bei der direkten Mikrofonierung eine Rolle.