Der kleine fiese ARP mit der Modulation
Inhaltsverzeichnis
GForce Oddity in der Generationsübersicht
Der GForce Oddity 3 ist die dritte Inkarnation des Urgesteins von GForce Software. Bereits im Jahr 2002 wurde die erste Version veröffentlich. Das Update 2.0 , das vor allem Polyphonie brachte, kam dann satte 12 Jahre später auf den Markt. Diese beiden Versionen wurden in Kooperation mit OhmForce gemacht. GForce Oddity 3 besitzt nun eine nach Angaben des Herstellers eine umgeschriebene Code-Base, die ausschließlich bei GForce Software entwickelt wurde.
Nun, so lange hat es nicht gedauert bis zum GForce Oddity 3. Es sind gerade einmal 8 Jahre Jahre vergangen. Aber auch das ist für ein Plug-in eine lange Lebenszeit, wo doch heute Updates und (bezahlte) Upgrades im Monatstakt kommen. Das spricht wohl sowohl für das Produkt als auch die Firma.
Die Aktivierung ist kurz und schmerzlos. Nach einer Registrierung auf der GForce Software Seite und Bestätigung des Kaufs erhält man einen Lizenzschlüssel, den man beim ersten Start in ein Aktivierungsfenster kopiert.
GForce Oddity 3 gibt es in den Spielarten VST, AU, AAX und Standalone sowohl für macOS (Intel/Apple Silicon) als auch MS-Windows Betriebssysteme.
Die Anleitung ist zwar ausführlich, jedoch z. Zt. leider nur online einzusehen. Persönlich finde ich diesen Trend nicht so toll, den ich habe lieber ein PDF zum Stöbern – aber wie sagte so schön der Dillon Bob: The Times They Are A-Changin‘.
GForce Oddity 3 – die Neuerungen
Tauchen wir also unter die Haube des GForce Oddity 3 und erkunden die auffälligsten Änderungen im Vergleich zur zweiten Version.
Sehr erfreulich ist das nun frei vergrößerbare User-Interface – 4 k kann kommen, ohne dass man eine Lupe braucht. Und die Zweite räumt gleich einen Kritikpunkt aus, den ich noch beim OB-E aus dem gleichen Haus hatte. Ein völlig überarbeiteter Preset-Browser, inklusive Schlagworten und Suchfunktion; sogar eine „AND/OR“-Verknüpfung kann eingesetzt werden. Bei den über 250 neuen Presets schon gut, aber unverzichtbar bei den insgesamt über 2000 mitgelieferten aus Version 1 und 2!
Dabei öffnet sich der Preset-Browser nicht in einem eigenem Fenster, sondern belegt stattdessen die Eingabeoberfläche. Ein gute Lösung, wie ich finde, denn durch einen Einfachklick springt man unverzüglich zum Preset und kann so schnell das Preset vorhören. Und falls man versehentlich eine ungesicherte Kreation weggeklickt hat … kein Problem, GForce Oddity 3 beherrscht sowohl undo als auch redo. Sogar den Macro-Funktionen kann man sinnvolle Beschreibungen geben – oder aus einer üppigen Liste eine auswählen.
Bye Bye Preset-Morph
Es war wohl eine lange Debatte, aber schließlich musste sie gehen: die Preset-Morph-Funktion. In Version 2 konnte man bei einem Program-Change-Befehl bestimmen, wie lange die Morph-Zeit sein soll und das sogar in taktgenauen Angaben. So konnte der neue Sound genau auf der „Eins“ landen. User, die die Morph-Funktion in ihren Kompositionen genutzt haben, müssen jetzt also umdenken.
Auf Performance getrimmt
Nun gibt es vier Macro-Regler, denen man beliebig viele Parameter zuweisen kann – im Prinzip kann man damit sehr ähnliches erreichen … dennoch muss man als Oddity 2 User bedenken, dass eine eins zu eins Übernahme der Morph-Funktion nicht möglich ist. Mir gefällt dieser Ansatz sehr gut, da der Fokus auf dem Live- und Performance-Aspekt liegt – denn natürlich kann man auch über MIDI-Learn eine beliebigen MIDI-Controller zuweisen. Der GForce Oddity 3 bietet dabei ein internes MIDI-Learn-System; da alle Parameter auch automatisierbar sind, kann man das auch über die DAW regeln. Das interne MIDI-Learn nützt also vor allem dem Standalone-Modus.
Das Routing der Macro-Regler unterscheidet sich etwas von dem der bekannten X-LFO- und X-ADSR-Modulatoren.
Zieht man das Kreuz, das sich bei den Macro-Reglern befindet, auf einen Parameter, so färbt sich dieser lila. Nun wird über einen Rechtsklick die Intensität eingestellt – so kann man genau sehen, wo der Parameter landen wird. Eine kleine Kritik hätte ich da doch. Alle vier Macro-Zuweisungen werden über dieselbe Farbe signalisiert. Zwar erscheinen nach Klick auf den Macro-Regler immer auch nur die diesem Macro zugewiesenen Parameter, eine bessere Übersicht hätte man mit anderen Farben allemale.
Diese Beobachtung trifft stärker noch für den X-LFO und den X-ADSR des GForce Oddity 3 zu; denn deren hellblaue Farbe bleibt im User-Interface immer sichtbar. So weiß man nie genau, welcher Modulator nun gerade zugewiesen ist. Blau und gelb wären doch schön, dann würden sie sich beim Überlappen grün färben; so macht es auch der GForce Software OB-E.
GForce Oddity 3 – ein Synth zum Anfassen
Ebenfalls oft gefordert wurde eine Einbindung von Aftertouch. Auch hier hat GForce Software geliefert. Insgesamt 12 Ziele kann man mit Aftertouch anvisieren, darunter eben auch die vier Macro-Regler.
- Filter Cutoff Frequency
- VCO2 Coarse Frequency
- VCO1 Frequency Modulation
- VCO2 Frequency Modulation
- LFO Rate
- PPC Bend
- PPC LFO Amount
- Macro 1, 2, 3 und 4
Vor allem erwähnenswert: Der GForce Oddity 3 beherrscht sowohl Channel- als auch Poly-Aftertouch.
Auch der Velocity-Modulator kann die Macros ansteuern, zudem ist noch die Ansteuerung des VCF-Hüllkurve hinzugekommen.
- Filter Cutoff Frequency
- Filter Cutoff Frequency
- VCA (Amplitude)
- Macro 1, 2, 3 und 4
Hier gibt es nun erneut ein neues Zuweisungssystem, das mir von allen am wenigsten zusagt. Man muss über ein Drop-down-Menü (oder die winzigen Pfeiltaster) zuerst ein Ziel auswählen – dann verstellt man den Regler. Und da jeder der Ziel-Parameter angesteuert werden kann, verliert man bei Mehrfachzuweisungen unweigerlich den Überblick. Hier wäre es schön, eine einheitliche Lösung für alle Modulationszuweisungen zu finden.
Neue Effekte im GForce Oddity 3
Der Delay-Effekt hat Gesellschaft bekommen. Nun tummeln sich in der Expander-Sektion noch ein Reverb und ein Distortion, die beide eine guten Job machen. Der Reverb ist dezent durchaus für Produktionen einsetzbar und kann durch Modulation sogar integraler Bestandteil eines Presets werden. Aber Vorsicht – nicht alle Parameter des Reverbs klingen gleichermaßen gut, wenn man sie in Echtzeit moduliert; vor allem Pre-Delay und Size sind da empfindlich und bröseln gerne mal ein wenig. Insbesondere bei der Nutzung von Poly-AT, wovor auch in der Anleitung gewarnt wird:
„However when using aftertouch with Macros you won’t get poly control of FX, Vintage, or Master Volume knobs. These are global parameters. If you try it’ll sound screwy – you have been warned.“
Bei der Distortion muss man aufpassen und gegenregeln, wenn man das Gain moduliert, die Zunahme an Lautstärke ist schon extrem. So muss man den Master manchmal um die Hälfte zurückdrehen. Klingen tut er allemal, obwohl der GForce Oddity 3 von sich aus schon recht aggressive Töne spucken kann.
Apropos Effekte – ich habe bei den meisten Beispielen die Effekte deaktiviert, damit man den rohen Klang besser beurteilen kann. Mit Reverb klingt halt alles besser.
Klang des GForce Oddity 3
Leider fehlt mir hier der direkte Vergleich. Der erste Eindruck ist etwas statisch, vielleicht etwas zu genau. Sollte Theo Bloderer, der 2009 zum Oddity 1 schrieb
„Die Härte ist einfach Bestandteil der digitalen Klangerzeugung.“
auch 2022 Recht behalten?
Nun, nicht ganz. Den erstens ist der Gesamtklang sehr ansprechend und kann wirklich mächtig klingen, vor allem wenn man Ringmodulation und Oszillator-Sync einsetzt. Und zweitens hat der GForce Oddity 3 nun einen Vintage-Regler. Dieser bildet die leichte Unstetigkeit der analogen Hardware nach und kann so für ein anregenderes, „analogeres“ Klangbild sorgen.
Dazu noch ein Zitat aus dem o. g. Artikel.
„Doch diese Kritikpunkte greifen nicht wirklich, denn niemand wird sich ernsthaft von einem Software-Synthesizer den wahren Charakter und den zu 100% identischen Klang eines analogen Instruments erwarten.“
Ich finde hier habe sich die Zeiten eindeutig geändert und sowohl die Technik als auch die Rechenleistung haben sich seit 2009 enorm entwickelt. Es gibt einige Plug-ins, die setzen hier die Messlatte inzwischen sehr hoch; so wird es fast unmöglich, den Unterschied im (doppelten) Blindtest festzustellen. Und obwohl ich finde, dass der GForce Oddity 3 ein hervorragender Synthesizer ist, erreicht er nicht ganz die Durchsetzungskraft und Authentizität einiger Mitbewerber. Vielleicht wäre auch hier ein Vergleich mit diversen Hardware- und Software-Inkarnationen des ARP Odyssey von Interesse?
Kann man zum Klang etwas mehr erfahren, als „Gesamtklang sehr ansprechend und kann wirklich mächtig klingen“ – das war beim Vorgänger nämlich auch schon so, so dass diese Aussage wenig Schlüsse darüber zulässt, ob sich ein Umstieg für Besitzer der Version 2 aus klanglichen Gründen lohnen könnte?
@gs06 Als Besitzer von Version 2 kannst Du für 29 Pfund updaten. Du kannst beide Versionen parallel betreiben – daher kann man auch einfach vorab die Demo laden und vergleichen.
Die Sounds der Version 2 klingen in Version 3 identisch. Für die 29 Pfund erhältst Du über 200 neue Presets, die neue GUI, Apple Silicon Kompatibilität, VST3, Poly Aftertouch, Macros etc .. ist eine gute Produktpflege. Ich habe mich sehr über die neue Version gefreut.
Hier hat jemand Spaß mit diesem tollen virtuell analogen Polysynth
https://www.youtube.com/watch?v=IMZmzMHGMho
Alleine das neue skalierbare GUI ist für mich eine Wohltat und war die 30 Euro für das Update mehr als wert. Die 2er Version war auf einem 4k-Monitor bereits hart an der Grenze zur Unbedienbarkeit und verkam deshalb bei mir mehr und mehr zur Presetschleuder. Wenn GForce jetzt noch dem ebenso betagtem Minimonsta auf die Sprünge helfen würden, wäre ich rundum zufrieden.
Als Odyssey Fan habe ich das aufmerksam beobachtet. Ich habe die KORG Soft- und Hardware. Hier gefällt mir, dass sie einige alte Zöpfe abgeschnitten haben. AT und PolyAT, damit kann man mich kriegen. Der Sequencer, der in der Korg Software Odyssey eigentlich auch eine 3. 16-stufige Hüllkurve ist, würde ich hier allerdings vermissen.
Zum Thema PDF-Handbuch: ich hatte dem Support gemailt, und bekam sofort eines zugeschickt. Mittlerweile ist es auch auf der Webseite für die Doku (erreichbar über Button im VST) ganz unten runterladbar.
Spielt für meine Ohren in der absoluten Top Liga der Software Synthesizer. Ich hatte mir das Manual von der Website als PDF gespeichert, es gibt ansonsten auf dem YouTube Kanal von GForce auch ein sehr gutes, einstündiges Tutorial Video, das ein Manual für meine Zwecke weitestgehend überflüssig gemacht hat.