Software-Clone des ARP Odyssey
Die Oberfläche…
… ist wohl kaum der Rede wert, oder? Diese seltsamen Fader, die fehlenden Oktavwahl-Schalter und erst die Tastatur! Gut, der ARP-2600 ist schon eine Legende, aber der Kleine?
Wie die Synthesizer-Geschichte zeigt, ist dieses Vorurteil nicht richtig. Der ARP Odyssey hat sich seinen Namen als Effektmaschine und kraftvoll klingenden Analogsynth durchaus verdient. Manche baulichen Mängel gibt es zwar ganz bestimmt, doch wird der User ebenso sicher mit hervorragendem Klangmaterial entschädigt.
Dem Trend der Zeit folgend hat GMEDIA Music eine Software-Version des Odyssey auf den Markt gebracht, wo sich bereits zahlreiche PlugIns für ARPs und MOOGs etc. tummeln. Als Vorbild dieses VST-Instruments diente die mittlere Version des Odyssey, welche sich durch goldene Beschriftung (schwarzer Untergrund), PPC-Pads (bei den späteren Modellen) und das 4075-Filter charakterisiert.
Zuerst ein wenig lesen – die Bedienungsanleitung
Sehr vorbildlich gestaltet sich die Anleitung zum ODDITY, wo man zunächst einen geschichtlichen Überblick zum ARP Odyssey findet. Diplomatisch umrissen gibt es ein paar Informationen zum Konkurrenzkampf ARP versus MOOG, weitere Infos zum ursprünglichen Verkaufspreis des Odyssey, den hergestellten Stückzahlen, den unterschiedlichen Versionen und sogar eine Aufzählung mit Filmtiteln, in denen der Odyssey als Effektmaschine die Filmlandschaft der 70er Jahre mitgestaltete.
Weiterhin findet man die „Odyssey Web Resources“ – eine kleine Sammlung mit Odyssey-Links für all jene, deren Informationslust mit der Oddity Bedienungsanleitung nicht ausreichend gestillt wurde…
Wer an historischer und linkbezogener Weiterbildung nicht interessiert ist, der sollte zumindest einen Blick in die weiteren Seiten werfen. Nun werden – Schritt für Schritt – die einzelnen Baugruppen des Oddity aufgelistet, deren Verständnis für den Einsatz des Instruments grundlegend nötig ist.
Während Paramter wie „Pulse Width Slider“ oder „Filter Frequency Slider“ durchaus den meisten Anwendern bekannt sein dürften, ist vor allem das Verstehen der Modulationszuordnung (oder anders gesagt: der Wahlschalter unterhalb der Sliders) für manche sicher Neuland. Immerhin unterscheidet sich der Odyssey mit seiner Modulations-Philosophie und deren Möglichkeiten ganz klar von den meisten anderen analogen Synthesizern, und gerade dieses Feature ist sein „Bonus“.
Am Ende gibt es noch eine sehr nützliche Liste der „MIDI Continous Control Messages“ (MIDI CCs). Hier sieht man auch auf einen Blick, dass die Controller-Möglichkeiten des Oddity weit über die eines Odyssey hinausgehen: Alle Parameter sind steuerbar, so auch die einzelnen Teile der ADSR (Attack, Decay etc.), die LFO-Frequenz oder die einzelnen Eingangs-Lautstärken zum S/H-Mixer.
Klassischer Aufbau à la Odyssey und weitere Funktionen
Da der Oddity im wesentlichen dem Odyssey nachempfunden ist, bedarf es zunächst nur eines kleinen Überblicks zum Funktionsumfang des Synthesizers: zwei VCOs, VC LPF, manuelles HPF, VCA, LFO, S/H-Modul, Ringmodulator, Noisegenerator, ADSR und AR.
Darüber hinaus wurden einige neue Schalter und Fader eingeführt, die moderne Features abdecken. So etwa der sehr nützliche Zugriff zu „VCA Velocity“ und „VCF Velocity“.
Sehr nützlich ist natürlich auch der im Originalgerät nicht vorhandene A440-Schalter, der auf Knopfdruck den Kammerton a1 liefert.
Weitere besondere Funktionen des Oddity: Der Pitchbender-Bereich kann ganz bequem auf einen Ganzton, eine Oktave oder, wie beim Original, auf zwei Oktaven eingestellt werden. Natürlich sind alle Zwischenschritte möglich – je nachdem, wie weit man den Pitchbend-Regler nach rechts oder links bewegt.
Sehr interessant ist die Morphing-Funktion. Dieses so wunderbar futuristisch klingende Wort (ich warte seit Jahren auf ein wirklich gutes Morphing-Filter für ein Modularsystem!) besagt nicht anderes, als dass zwischen zwei Presets stufenlos überblendet werden kann. Im Klartext: Man wählt einen neuen Klang an, und innerhalb des via „Morphing Time“ festgesetzten Zeitraumes (0-99 Sekunden) wandern alle Fader bzw. Schalter zu ihrer Zielposition. Das ist sicherlich ein musikalisch hochinteressantes Merkmal. So ist beispieösweise die stufenlose Überblendung vom coolen Bass-Sound hin zum schrägen Ringmodulator-Effekt kein Problem.
Klang und musikalische Praxis
Das ist wohl die Hauptfrage – wie klingt’s? Kurz gesagt: Mit dem Oddity bekommt man keinen Odyssey, aber dennoch einen sehr vielseitigen und durchaus analog klingenden Synthesizer. Das mag für manche enttäuschend sein, ist aber als Kompliment und Anerkennung zu verstehen. Der Oddity bietet einen beachtlichen Audio-Umfang vor allem im Bass-Bereich, die Höhen lassen dagegen etwas an Kraft und Schärfe vermissen. Die klanglichen Resultate sind dennoch respektabel: hervorragende FX-Klänge, percussive, bei Bedarf auch sehr rund klingende, weiche Bässe, tiefe Klangteppiche, manche guten Lead-Sounds.
Der Oddity fühlt sich ganz bestimmt in der FX- bzw. Bass-Ecke am wohlsten. Das weitreichende Effekt-Potential führt sich natürlich auf die beinahe semi-modulare Struktur des Instruments zurück. Ein aus musikalischer Sicht eindeutiger Vorteil zum Odyssey ist dabei die totale Klangkontrolle des Synthesizers. Die Frequenzen der beiden Ringmodulator-Eingangskomponenten exakt über MIDI zu verändern, das ist eine feine Sache. Auch die MIDI-Synchronisation des LFO ist für dieses PlugIn natürlich ein Kinderspiel. Und wenn ein Software-Sequenzer mal eben Attack oder Decay pro Note individuell bestimmen kann, so finden Klangtüftler daran überaus großen Gefallen. Und Preset-Morphing ist schließlich ganz bestimmt ein absolutes Highlight, das nicht jedes PlugIn zu bieten hat.
Vergleich Oddity mit ARP Avatar/Odyssey
Da mir der direkte Vergleich zum ARP Avatar (Expanderversion des Odyssey) möglich ist, dürften die daraus resultierenden Erkenntnisse vor allem für Klangpuristen von Interesse sein. Hier kommen manche Nachteile eines PlugIns klar zum Vorschein: die Oszillatoren des Oddity lassen die analoge Wärme vermissen, selbst wenn man beide Oszillatoren kräftig gegeneinander verstimmt, um mehr Leben zu simulieren. Die Härte ist einfach Bestandteil der digitalen Klangerzeugung. Das Filter arbeitet bei weitem weniger effektiv. Zwar gefällt mir das Oddity-Filter auch ganz gut, aber der extreme Arbeitsumfang und das markante hohe Resonanz-Pfeifen des Filters fehlen. Die Hüllkurven klingen „nett“, aber zwischen perkussiv und perkussiv gibt es noch immer Unterschiede. Das typische „Knacken“ einer analogen Hüllkurve (das dem analogen Unstetigkeitsprinzip entsprechend nie wirklich regelmäßig auftritt, sondern eher zufällig Bestandteil der Musik wird) lässt sich eben keineswegs nachbilden.
Doch diese Kritikpunkte greifen nicht wirklich, denn niemand wird sich ernsthaft von einem Software-Synthesizer den wahren Charakter und den zu 100% identischen Klang eines analogen Instruments erwarten. Der einzige wirkliche Minuspunkt ist für mich als Musiker die Performance, und das ist kein Problem des Oddity allein, sondern aller PlugIns. Als Keyboarder ist das Bewegen der Fader per Maus einfach eine Tortur. Natürlich gibt es hierfür wiederum spezielle Hardware-Controller, aber das macht letztlich auch nur zum Teil Sinn, zumal der Musiker ja nie „am Puls der Klangerzeugung“ ist. Doch da sich die Künstlerwelt in „Keyboarder“ und „Bildschirm-Musiker“ unterteilt, werden sich all jene der zweiten Kategorie über Performance kein Kopfzerbrechen machen müssen…
Klangbeispiele
Manche Klangbeispiele wurden zwecks 1:1-Vergleich mit identischen Einstellungen sowohl auf Oddity als auch auf dem ARP Avatar (Odyssey) gemacht. Das unterschiedliche Klangverhalten ist dabei eindeutig festzustellen. Um in Anbetracht der natürlichen Wärme der ARP-VCOs dem Oddity mehr „Chance“ zu geben, wurden die Oszillatoren des PlugIns zusätzlich etwas verstimmt. Als Resultat lässt sich so zusammenfassen, dass der Oddity sehr eigenständig und, wenn auch mit eher digital-hartem Charakter, ausgesprochen gut klingt.
Zitat: „Den Klangvergleich kann man mit mehr Feinabstimmung* sicherlich noch aussagekräftiger hinbekommen.“
Danke, das dachte ich mir soeben beim Anhören auch.
Der Test zeigt vielmehr wieder mal, dass Software sehr schnell an ihre Grenzen stößt wenn es um die Emulation analoger Synthesizer geht. Es klingt einfach nicht analog und nicht mal annähernd nach ARP.
Danke für den Test.
… Naja, vielmehr zeigt der Bericht doch wieder mal nur eines: Wie unterschiedlich Bewertungen ausfallen können. SOS als Beispiel kommt beim A/B vergleich zu einem anderen Urteil . Ich persönlich finde den Oddity sehr „ARP-like“ wenn er über ordentliche Amps läuft.
Es sei noch ein grundsätzliches Wort zu Plugins erlaubt: Betrachtet man Equipmentlisten der Herren C.Franke, E.Froese, K.Schulze, M.J. Jarre – um nur ein paar Namen zu nennen – kann man einen unvoreingenommenen Umgang mit Softsynth erkennen. Es sind komischerweise Leute aus dem Semi-Bereich die eine fast schon dogmatische Hardwarehuldigung betreiben… was dann aber vergleichsweise schon albern wirkt.
Hehe, ich bin auch nicht mehr der Jüngste…aber die Unterschiede habe ich schon rausgehört. Ich habe die letzte Odyssey Version (schwarz/orange) hier stehen und die Oddity-Software bei einen Bekannten getestet. Bei einigen Sounds kommt man schon recht nah an das Original ran aber vorallem die Sync-Sounds, für die ich den Odyssey wirklich liebe, klangen auf der Software eher enttäuschend. Ich will überhaupt nicht sagen dass die Software generell schlecht klingt, aber ich kann beim besten Willen nicht finden, dass sie 1:1 wie ein Original-Odyssey klingt.
So ist es! :)
Ich habe beides hier, sowohl die Software-Version als auch das Original. Ohne Zweifel, der Unterschied ist deutlich zu hören. Bislang ist mir noch kein Software-Plagiat unter die Finger gekommen, dass ein Hardware-Original ersetzen hat können. Ach obwohl, der Korg M1 klingt als Software sogar besser als das Original ;-))
@Tyrell Hallo Peter, der Meinung bin ich ja auch. Digitale Synths sind natürlich leichter zu emulieren, das liegt schon in der Natur der Sache. Bei analogen Synthesizern sieht es nun mal ganz anders aus. Ein analoger Schaltkreis läßt sich nun mal nicht zu 100% in die digitale Welt übertragen.
@Tyrell Nöö Du, mein M-1Rex klingt irgendwie besser als die M1-Software … na ja, Geschmacksache halt ;-)
Da man ja die analogen Klassiker nicht mehr kaufen kann (bis auf einige Gebrauchte natürlich) bin ich doch sehr froh das es Menschen gibt die eine Software programmieren die fast an den Klang des Originals herankommen.
Ja, das Langkurzzeitgedächtnis ist phänomenal… ;o)
Hatte auch Anfang der 80er einen Odyssey…Dar machte dann irgendwann nur noch Ärger… Habs dann auch mit dem Oddity versucht, eigentlich eine gute Emulation, nur der Creamware und jetzt Use Audio Plugiator ist doch noch n bischen besser. Aber wie gesagt…lang ists her…mit ARP.
Hab allerdings vor Jahren mal nen Vergleich mit dem CW Minimax und dem Moog Vojager gemacht…hoppala sag ich da blos.
Vielleicht find ichs noch…
Ja und? Erzähl doch mal! Klingt der Voyager wirklich phänomenal besser als der Minimax? Für eine Antwort wäre ich Dir sehr dankbar.
Ich versteh nur nicht warum die software nur 1 Stern bekommen hat das is doch quasi das schlechteste was man geben kann… Ich finde ein 1 bis 10 Sterne ranking zeit gemäß :)
Wie darf man denn das verstehen? Ein 10-Sterne-Ranking ist moderner, hipper, näher am Puls der Zeit? Scheint mir doch etwas sinnleer.
Und was den einen Stern betrifft: das Schlechteste? Ich habe einen Stern hier auf Amazona immer als positive Wertung verstanden, insb. weil ja „gut“ druntersteht und man ihn auch weglassen könnte. Ich hoffe doch sehr, ich habe da bisher nichts grundsätzlich mißverstanden! ;-)
Also ich denke doch ein stern ist das niedrigste was mann auf amazona bekommen kann als bewertung oder liege ich da falsch? habe bis jetzt noch kein Produkt mit 0 Sternen gesehen… Und mann muss nicht alles was „hipper“ oder „moderner“ ist als schlecht empfinden… Ich denke mir in meinem Jugendlichen leichtsinn doch veränderung ist meistens gut. Wenn sie einen sinn erfüllt…Ich hoffe sie haben nun verstanden wie ich die Sache seh und das mein Kommentar wohl weniger sinnleer ist als vielleicht von ihnen vermutet.
Hallo Felix, nein, ein Stern ist immer noch eine gute Wertung. Es gibt auch negative Wertungen die dann mit einem Pfeil angezeigt werden der schräg, oder senkrecht nach unten zeigt. Grße,
Peter
Ja, das war jetzt klarer und bestätigt meine Annahme, dass sie sich über die Art der Wertung bei Amazona nicht im Klaren sind und von daher ihr Ruf nach einer sinnstiftenden Veränderung fragwürdig ist. Diese Möglichkeit der Wertung (die wohl auch nicht zwingend für die Autoren ist, Herr Grandl?) ist meines Erachtens ausreichend nuancenreich. Und warum, bitte, ist ein 10-Sterne-System zeitgemäßer?!
Mit zeitgemäßer meinte ich eigentlich nur das ich dachte das amazona dieses 3 Punkte system schon ewig hatte.. Wusste nicht das es noch was schlechteres gibt als 1 Stern ich dachte wirklich das wäre das schlechteste was mann kriegen kann, mein fehler. Hatte halt noch nie ein produkt mit weniger als einem stern gesehen… Und ein 10 Sterne system war ja nur ein vorschlag aus der ansicht heraus das für den leser dabei eine besseres verständniss für bewertung entsteht… Das war mein jugendlicher leichtsinns gedanke ;)
Korrekt, 1 STERN ist immer noch positiv. Es gibt aber auch negative Wertungen mit Pfeilen die nach unten zeigen.
Die Tatsache, dass hier in der Regel keine Bewertungen schlechter als „ein Stern“ auftauchen liegt sicherlich daran, dass es heutzutage viele gute Produkte gibt.
Warum sollte ein Autor seine Zeit und Energie mit einem miesen Produkt verschwenden, wenn er statt dessen ein tolles testen kann?
Ich denke, Seiten wie Amazona filtern richtig schlechtes Zeug einfach schon mal im Vorfeld aus. :-)
Frank