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Test: Harley Benton G212A-FR, Fullrange Aktivbox

Modeling Verstärkung für die Bühne!

28. März 2021
Harley Benton G212A-FR Test

Fullrange Aktiv-Box für Modelling und Profiling Amps

Dass der Gitarrenverstärkermarkt in den letzten Jahren eine grundsätzliche Neuausrichtung erfahren hat, dürfte an niemandem spurlos vorbei gegangen sein. Die klassische Ausrichtung in Form von Vollverstärkern plus optimierten Lautsprecherboxen oder aber Combolösungen sind trotz der nach wie vor besten Soundergebnisse aufgrund ihrer Haptik massiv in den Hintergrund getreten. Kaum ein Hobbymusiker ist noch bereit, entsprechende Komponenten in seinem Auto zu Shows, respektive Proben zu fahren, und auch im Profibereich wird die Modelling-Amp-Kombination von guten Grundsounds in Verbindung mit geringen Reisekosten sehr geschätzt. Um das Erlebnis von bewegter Luft  auf den Ohren jedoch nicht ganz zu verlieren, gibt es aktive Full Range-Gitarrenboxen, welche sich auf die Verstärkung von Modelling Amps spezialisiert haben. Zu dieser Kategorie gehört auch die Harley Benton G212A-FR, welche uns zum Test vorliegt.

Harley Benton G212A-FR Test

Harley Benton G212A-FR Front

Full Range-Gitarrenbox von Harley Benton für Modelling Amps

Um das hartnäckige Festhalten einiger Musiker an einer archaischen Technik verstehen zu können, muss man sich noch einmal kurz die Entstehungsgeschichte der E-Gitarrenverstärkung vor Augen halten. Letztendlich sind alle Komponenten, welche den „amtlichen“ Sound ausmachen, der Tatsache geschuldet, dass sie sich aus „Unzulänglichkeiten“ der damaligen Verstärkertechnik entwickelten. Die „Erfindung“ des warmen, verzerrten Sounds hat man den leistungsschwachen Vollröhrenverstärkern in Kombination mit dem gesellschaftlichen Umbruch der Sechziger zu verdanken. Letztendlich basiert alles, was E-Gitarristen als hervorragenden Sound bezeichnen, auf einem mehr oder minder technischen Unfall.

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Dennoch hat dieser „Unfall“ das menschliche Gehör dermaßen angefixt, dass auch heute noch die Paradedisziplin im „dem-Original-soundlich-möglichst-nahe-kommen“ liegt und sich wohl auch nicht mehr ändern wird. In Sachen Kopierfunktion liegen Produkte wie zum Beispiel der Kemper Profiler schon recht nah am Original; was allerdings bei vielen Modeling-Darbietungen wegfällt, ist die physische Interaktion mit dem Lautsprecher. Wer einmal die Möglichkeit hatte, sich während der Darbietungen einiger Künstler am Rand der Bühnen aufhalten zu können, wird schon festgestellt haben, dass es sich bei dem Großteil der Künstler (im Heavy Bereich bis zu 80% oder mehr) nur noch um „Silent Stages“ handelt, bei dem nur noch das Natur Drumset auf der Bühne in Naturlautstärke zu hören ist. Ein zumeist trauriges Klanggeschehen auf der Bühne, wobei der Grund dafür in der Etablierung von Inear Monitoring Systemen liegt, welche jegliche Bühnenverstärker inkl. der Floor Monitore oder Sidefills obsolet machen.

Gerne wird allerdings übersehen, dass die Interaktion des Instruments mit dem Lautsprecher nicht nur das Resonanzverhalten der Gitarre verändert, sondern dass auch der Künstler seinen Spielstil dem veränderten Signalfluß anpasst. Nicht umsonst arbeiten Gitarristen mit „echten“ Bühnenverstärkern deutlich mehr mit dem Volumeregler der Gitarre und bieten im Durchschnitt eine dynamischere Performance als reine Inear Monitoring Lösungen. Hier kommen nun die aktiven Full Range-Gitarrenboxen ins Spiel, welche sowohl die Luft bewegen sollen, als auch, dem geänderten Frequenzbild entsprechend, anders konzipiert sein müssen. Da die Modeling Verstärker den speziellen Frequenzgang eines Gitarrenlautsprechers bereits in ihren Emulationen mit eingerechnet haben, brauchen selbige Aktivboxen, wie der Name schon sagt, auf jeden Fall auch entsprechende Hochtöner, welche ihrerseits in einer klassischen E-Gitarrenbox einen katastrophalen Sound erzeugen würden.

Nur der Vollständigkeit halber: natürlich kann man die Harley Benton G212A-FR auch als „normale“ Gitarrenbox zusammen mit einem Modeling Amp ohne Inear nutzen.

Harley Benton G212A-FR Test

Harley Benton G212A-FR Rueckseite

Das Konzept der Harley Benton G212A-FR

Wer vor allem aus Gewichtsgründen in den Modelling Bereich gewechselt hat, wird beim ersten Kontakt mit der Harley Benton G212A-FR einen echten Seufzer vom Stapel lassen: 22,5 kg plus die Abmessungen von (B x T x H) 706 mm x 356 mm x 518 mm lassen einen kurz überlegen, warum man nicht doch besser bei der klassischen Verstärkertechnologie geblieben wäre. Wer sich dennoch für diese Werte erwärmen kann, bekommt eine „Hochleistungs-Stereoanlage“ mit 2x 100 Watt an je einem 12 Zoll Tieftöner und einem 1 Zoll Hochtöner. Die Beschreibung erinnert nicht umsonst an Studio Monitorboxen, da die Wirkungsweise im Prinzip die Gleiche ist.

Allerdings ist die Harley Benton G212A-FR deutlich stabiler für den Bühnenbetrieb ausgelegt und verfügt zudem über ein paar Features, welche ausschließlich im Livebetrieb Sinn machen. So ist zum Beispiel die Bodenplatte verkürzt, um die Box auch als Floor Monitor im ca. 60-Grad-Winkel benutzen zu können. Dieses sinnvolle Detail hat aber leider den entscheidenden Nachteil, dass die Box im aufrechten Standardbetrieb nur über eine vergleichsweise geringe Kippfestigkeit verfügt. Hier wäre zu überlegen, ob man nicht zukünftig einen zusätzlich ausklappbaren Standfuß zur erhöhten Standfestigkeit verbaut. Wenn man mit der „optischen Herausforderung“ leben kann, so kann man die Box im Notfall auch hochkant plazieren, allerdings ist dann ein eventuell angelegtes Stereo Signal in seiner Breite futsch.

Test: Harley Benton G212A-FR, Fullrange Aktivbox

Harley Benton G212A-FR Wedge Betrieb

Das Gehäuse der Box ist mit schwarzem Tolex überzogen, 6 Eckenschoner schützen die Front sowie den oberen hinteren Rand. Der hintere untere Rand verfügt aufgrund der nicht rechtwinklig angelegten Übergänge über keine Eckenschoner. Die Box an sich ruht auf 4 einfachen Gummifüßen, wobei ein durchgehender, schwarzer Spannstoff die Lautsprecher schützt. Die Rückwand ist im Stil einer 212 Combo halboffen und gibt somit zumindest im Bassbereich ca. 50% der Schallenergie nach hinten ab. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn die Box zum Beispiel als Wedge hinter dem Floorboard platziert wird und somit die erste Reihe des Publikums mit beschallt. Je nach Verhältnis Bühnenlautstärke / PA kann das zu einem unausgewogenen Klangbild führen.

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Im Stil einer typischen Gitarrenendstufe verfügt die Harley Benton G212A-FR pro Kanal über je einen Volume-, einen Presence- und einen Resonanz-Regler. Per Switch kann die Box aber auch Mono betrieben werden. Als Input gibt es L / R Klinke oder aber L / R XLR, als Output zwecks Durchschleifen zum FOH oder Monitor Platz gibt es ebenfalls XLR. Die dezent an Speed Dome Köpfe erinnernden Regler haben leider eine vergleichsweise schlechte Ablesbarkeit, insbesondere aus einiger Entfernung; von daher, Einstellung merken oder ganz nahe heran kommen! 5 LEDs informieren über ein anliegendes Signal, eine Übersteuerung und die Mute Funktion, mit der man die Endstufen stumm schaltet. Der Netzschalter hingegen befindet sich rechts außen auf dem Panel. Für eventuell auftretende Erdungsschleifen gibt es einen Ground Lift Schalter links außen.

Harley Benton G212A-FR Test

Harley Benton G212A-FR Seitenansicht

Die Harley Benton G212A-FR Aktivbox in der Praxis

Um es der Harley Benton G212A-FR richtig schwer zu machen, habe ich als Test Setup einen H&K Floor Amp aus der BS200 Serie genommen und ihn mit einem Cabinet verbunden, welches auch in der Red Box Emulation des Verstärkers vorrätig ist. Selbige habe ich dann mit der Aktivbox verbunden und konnte so im direkten A/B Vergleich die Vorzüge und Schwachstellen der Box herausfinden.

Um es direkt zu sagen, ich war überrascht, wie gut die Qualität der Harley Benton G212A-FR letztendlich war! Zwar kann die Box erwartungsgemäß im direkten Vergleich mit dem 412er Cabinet nicht die Auflösung und Dynamik des Originals generieren, aber der Basisklang kommt dem Original in Sachen Grundklang sehr nah. Insbesondere im Bezug auf den Ladenpreis kann man der Aktivbox ein wirklich gutes Ergebnis attestieren, das System klingt trotz No Name Speakern recht ausgeglichen und latent druckvoll.

Test: Harley Benton G212A-FR, Fullrange Aktivbox

Ein wenig Vorsicht sollte jedoch bei der Positionierung der Box bzgl. des Bassbereichs geboten sein, da die nach hinten offene Box je nach Räumlichkeit ein wenig zum Dröhnen neigt, was jedoch durch den Resonanzregler etwas entschärft werden kann. Der einzige Nachteil der Box ist das sehr stark Beam-lastige Abstrahlverhalten der Box. Aufgrund der Hochtöner verliert die Box sehr stark an Höhen, sobald man sich aus dem direkten Abstrahlbereich der Box bewegt. Bereits 1 Meter neben der Box ist der Klang der Harley Benton G212A-FR sehr belegt und setzt sich im Bandkontext nur noch marginal durch. Für den aktiven Musiker auf der Bühne ist daher unbedingt eine Kombination mit einem Inear System angeraten.

Als Ergänzung sei angemerkt: wer mit seinem Multi-FX oder Pedalboard direkt in die Aktivbox gehen möchte, sollte auf jeden Fall eine hochwertige Speakeremulation intern verbaut haben oder aber ein externes Pedal im Stil des ENGL Cabloader am Start haben. Ohne eine entsprechende Frequenzkorrektur sind verzerrte Sounds sonst nicht zu ertragen.

Erwartungsgemäß funktioniert die Harley Benton G212A-FR aufgrund ihrer Konzeption auch sehr gut mit einer Akustikgitarre, wenngleich man je nach Bühnenlautstärke über die Verwendung eines Schalllochfilters nachdenken sollte. Die beiden 12 Zoll Lautsprecher erzeugen in der Tat ein massives Bassfundament, welches gerade bei Wedge Betrieb im direkten Abstrahlungsbereich die Gefahr der Rückkopplung beinhaltet.

Harley Benton G212A-FR Test

Harley Benton G212A-FR Aufsicht

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Fazit

Mit der Harley Benton G212A-FR führt die Thomann Hausmarke eine sehr preiswerte und dennoch gut klingende Fullrange Aktivbox in ihrem Portfolio. Das System generiert einen unerwartet guten Grundsound für Modeling Amps aller Art, respektive Akustigitarren mit Pickup.

Wer seinem Inear Sound etwas Haptik hinzu fügen will oder aber generell eine Verstärkung für seinen Modeling Amp benötigt, sollte das Produkt einmal antesten.

Plus

  • Grundklang
  • Preis / Leistungsverhältnis

Minus

  • Gewicht / Abmessungen
  • Kippgefahr

Preis

  • 298 Euro
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Forum
  1. Profilbild
    buster

    Liest sich ja auch als Keyboarder spannend. Könnte man ja als Stereomonitoring im Hinterkopf behalten (denke da an die Nord Pianogeschichten..)

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