Feedbackfreier Akustiktraum
Inhaltsverzeichnis
Konzertgitarren waren und sind irgendwie immer das Stiefkind der Gitarristengemeinde. Und das, obwohl die meisten von uns wohl auf einer solche Konzertgitarre die ersten musikalischen Gehversuche unternommen haben. Unzählige grandiose Songs der Popgeschichte wären ohne Konzertgitarre nur halb so schön, ich denke da zum Beispiel an Vaya Con Dios‘ „Nah Neh Nah“, an Pink Floyds episches „High Hopes“ oder Totos „Mushanga“. Eine Konzertgitarre ist also nicht nur was für klassische Gitarristen oder Einsteiger, sondern aufgrund ihres sehr eigenen Sounds auch im Pop gern gesehen und gehört. Mit der Ibanez Konzertgitarre FRH10N habe ich ein Modell zum Test bekommen, das aufgrund seiner rückkopplungsarmen Konstruktion vor allem auf der Bühne punkten will.


Ibanez FRH10N-BSF
Die Ibanez Konzertgitarre FRH10N – Facts & Features
Mit gerade mal 2,07 kg hängt die Ibanez Konzertgitarre an der Kofferwaage. Kein Wunder, da ist ja auch viel umbaute Luft im Spiel. Die Form der Gitarre erinnert deutlich an eine Telecaster, eine Form, die Ibanez ja auch unlängst bei der AZS schon erfolgreich zitiert hat. Die in braunem Sunburst matt lackierte Decke besteht aus Sitka-Fichte. Ein Fächer-Bracing gibt der recht dünnen Decke genug Kraft, um sich dem Saitenzug entgegenzustellen. Zargen und Korpus-Rückseite sind aus Stapele gefertigt. Die Decke ist eingefasst von einem cremefarben/schwarzen Binding, das die Gitarre sehr edel wirken lässt. Zarge und Rückseite sind ebenfalls mittels eines Bindings optisch getrennt.
Die geneigte Leserin oder der Leser wird bemerkt haben, dass da ein für eine Konzertgitarre durchaus typisches und wichtiges Detail fehlt: Das Schallloch. Nun, es ist nicht so ganz verschwunden, es ist nur ausgewandert. Und zwar an die obere Zarge. Dies ist ein nicht mehr ganz so neues Konzept, das dafür sorgen soll, dass der Spieler sich selbst hört, während die Gitarre selbst durch die geschlossene Decke deutlich unempfindlicher gegen Rückkopplungen ist, als eine Konzertgitarre klassischer Bauweise. Gerade auf der Bühne bei höheren Lautstärken sind Feedbacks ein ungern gesehener Stimmungskiller. Natürlich ist solch eine Konstruktion dann auch deutlich leiser und weniger voluminös, als eine klassische Konstruktion mit Schallloch vorne und am Lagerfeuer wird es dann auch dementsprechend schwierig, sich mit der Ibanez Konzertgitarre Gehör zu verschaffen. Der Korpus der Gitarre ist insgesamt nur knapp 52 mm dick, auch das trägt sicherlich nicht zu einem fetten, akustischem Sound bei.

Blick aufs Schalloch. Nach oben gerichtet hat der Spieler ein etwas akustischer Feeling, wobei die Gesamtkonstruktion unanfällig für Feedbacks bleibt.
Der Hals besteht aus Nyatoh und trägt ein Griffbrett aus Walnuss. Die Halskonstruktion ist ein sogenannter „Set-in Neck“, das bedeutet, das Holz des Halses reicht bis tief in den Korpus hinein und sorgt so für Wärme im Klang und ein längeres Sustain. Durch das kleine, ovale Schallloch kann man den Halsblock gut erkennen, er endet am Beginn des Bracings etwa in der Mitte des Korpus. Aufgeleimt ist er auf ein durchgehendes Holz, das der gesamten Konstruktion der Ibanez Konzertgitarre zusätzlich Stabilität verleiht. Der Halsstab ist über eine kleine Fräsung an der Oberseite erreichbar. Ein Halsstab bei einer Konzertgitarre ist übrigens keine Selbstverständlichkeit und dass hier die Möglichkeit besteht, einen verzogenen Hals zu justieren, ist ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt!


Harley Benton CG200CE-BK
Die Nylonsaiten der Stärken .028/.032/.040/.028W/.035W & .044W werden um einen Steg aus Walnuss gewickelt, ganz so, wie man es von Konzertgitarren kennt. Die angesetzte, leicht nach hinten abgewinkelte Kopfplatte trägt klassische, goldene Tuner, die Saiten laufen über einen Knochensattel. Der Hals ist im Übrigen, wie der Korpus auch, von einem Binding eingefasst, was eine sehr edle Optik zur Folge hat.
Die Elektrik der Ibanez Konzertgitarre FRH10N
Unter dem Sattel befindet sich unsichtbar der Tonabnehmer der Ibanez FRH10N, der kleine Kerl nennt sich „Ibanez T-bar Undersaddle“. Verbunden ist er mit einer Ibanez Custom Elektronik mit Namen AHA-1, diese besteht aus einem Preamp, der sich direkt an der Endpin-Buchse befindet. Eine kleine Batteriebox versorgt den Preamp mit Strom. Hier arbeiten zwei Knopfzellen, die bequem gewechselt werden können. Die Box enthält zudem einen kleinen Button, der die Gitarre bei Bedarf stummschaltet und gleichzeitig bei Druck Auskunft über den Batteriestatus gibt. Schlicht und praktisch. Eine Klangregelung oder gar einen eingebauten Tuner gibt es nicht, die Ausstattung ist also alles in allem sehr spartanisch. Ob das reicht, wird der Praxistest zeigen. Da es unmöglich ist, über das Schallloch an die Elektronik zu gelangen, um im Servicefall mal schnell etwas auszutauschen, befindet sich auf der Rückseite der Ibanez Konzertgitarre ein kleines Deckelchen aus Holz, das von vier winzigen Schräubchen gehalten wird. Der Deckel ist nicht besonders passgenau und steht etwas vor. Das ist aber auch der einzige Verarbeitungsmangel, den ich zu monieren hätte, wenn der Deckel im Sichtfeld wäre. Ist er aber nicht. Die Ibanez Konzertgitarre FRH10N ist ansonsten vorbildlich verarbeitet und es gibt absolut nichts zu meckern.


Baton Rouge CR21C/ACE Nylon Auditorium
Die Bespielbarkeit der Ibanez Konzertgitarre
Dank der wirklich exzellenten Verarbeitung ist die Bespielbarkeit der Ibanez FRH10N erwartungsgemäß eine wahre Freude. Keine Kanten oder schlecht abgerichtete Bünde stören den Spielfluß. Der Hals ist deutlich schmaler und flacher als der herkömmlicher Konzertgitarren, somit sollten sich sowohl Anfänger mit kleinen Fingern, als auch Gitarristen, die sich sonst eher nicht so gern mit Konzertgitarren auseinandersetzen, sofort wohlfühlen. Der Übergang vom Hals zum Korpus ist ergonomisch gestaltet, dank des Cutaways ist die Gitarre bis in höchsten Lagen sehr gut bespielbar. Die leichte Bauweise des Korpus und die massive Kopfplatte führen auf dem Schoß zu einer recht deutlichen Kopflastigkeit, die sich in Spielpausen schon mal störend auswirken kann. Am Gurt im Stehen fällt das weniger deutlich ins Gewicht, die Gitarre fühlt sich an, wie eine extrem leichte Telecaster.
So klingt die Ibanez Konzertgitarre
Wie oben schon erwähnt, ist der unverstärkte Klang der Ibanez Konzertgitarre alles andere als rund und fett, wenn man ihn mit einer Konzertgitarre klassischer Bauart vergleicht. Und doch kommen die Eigenheiten des Nylon-Sounds schon wunderbar zur Geltung, sofern man ordentlich reinhaut. Rein akustisch ist mir persönlich der Sound aber etwas zu flach und steril. Aber dafür ist diese Nylonstring ja auch gar nicht gemacht. Es wird Zeit, den eingebauten Pickup zu testen.
Auf der Bühne wird für die Abnahme einer Konzertgitarre im Bandkontext wohl kaum jemand auf den Gedanken kommen, ein Mikrofon zu benutzen. Umso interessanter wird es jetzt, was dieses Modell leistet, wenn das Kabel im Gurtpin steckt. Wir erinnern uns, eine Klangregelung gibt es nicht. Da muss also seitens des Herstellers ein gesundes Grundvertrauen in die Leistung und das Zusammenspiel von Konstruktion und Pickup herrschen. Für die ersten Soundfiles steckt die Gitarre direkt im Audiointerface, aufgenommen wird in Logic. Es ist keinerlei Equalizer oder Kompression am Start. Und siehe da, das Ergebnis ist bereits erstklassig. Die Bässe sind gut dosiert, die Höhen seidig und klingen schön nach Nylon. Um eine Rückkopplung zu erzeugen, muss ich die Studiomonitore übrigens schon bis an die Schmerzgrenze hochfahren.
Und da juckt es dann doch ein bisschen in den Fingern, mal ein klein wenig Compressor und Reverb hinzuzufügen. Zum Einsatz kommt der bordeigene Compressor aus Logic, dazu etwas Hall aus dem Strymon BigSky Plug-in. Und jetzt geht erst richtig die Sonne auf, der Compressor bügelt ein wenig die Dynamik aus und schiebt den Anschlag in den Fokus. Der großartige Hall des BigSky schafft den Raum. Kein Hexenwerk, aber auch gute Effekte brauchen ein gutes Signal. Und das liefert die Ibanez Konzertgitarre FRH10N in aussergewöhnlich guter Qualität.
„Edle Optik“ ist ja eine Untertreibung. Was für eine wunderschöne Gitarre!
> Vaya Con Dios‘ „Nah Neh Nah“
hätte ich vom Sound her allerdings doch eher in der Manouche-Swing-Ecke verortet. Also eher Steelstrings und „grande bouche“, Django, etc.
@MatthiasH Guter Einwand! Wäre ich nicht drauf gekommen. Gerade ein bisschen recherchiert, das ist wohl im Original eine Dobro. Klingt für mich wie eine saugut abgenommene Nylonstring. Witzig.