Software für bessere Raumakustik
IK Multimedia ARC 2 ist eine Software-/Mikrofon-Kombo zur Raumklangverbesserung für MacOS und Windows. Die Optimierung des Raumklanges ist eigentlich immer ein Thema, genau wie die Suche nach der idealen Signalkette, nur dass sich bei Letzterem ein Kettenglied austauschen lässt. Beim Raum müssen die meisten von uns nehmen, was kommt und dann die Frage „Wo anfangen?“.
Wie schon Sonarworks Reference ist auch IK Multimedia ARC 2 kein Ersatz für eine akustische physikalische Raumbehandlung, will aber bei behandelten wie unbehandelten Räumen doch in seiner Wirkweise nicht unterschätzt werden. Wie das in der Praxis und im Vergleich zu Sonarworks Reference aussieht, werden wir im Test nachspüren.
Installation von IK Multimedia ARC System 2.5
Geliefert wird die Software als Download-Code plus dem IKM eigenen MEMS-Kondensatormikrofon inklusive Stativhalterung. Beides kommt in einem handlichen orangenen Karton. Auch mitgeliefert wird ein Heftchen mit Anschlusshinweisen.
Das Gehäuse des MEMS-Mikrofons ist aus Kunststoff gefertigt und bietet keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck, zumindest was die Isolierung von Vibrationen und Schallreflexionen angeht. Es wiegt gerade einmal 24 g. Da ist das XREF-20 von Sonarworks mit seinem Vollmetallkörper schon ein anderes Kaliber.
Zumindest scheint das MEMS eine Fertigungstoleranz von Null zu haben, denn ein individuelles Messprotokoll zum Ausgleichen von Abweichungen im Soll-Frequenzgang wie beim XREF-20 wird nicht angeboten.
Zur Nutzung des ARC-System muss von den Käufern mindestens Folgendes bereitgestellt werden:
- Mikrofonkabel
- Mikrofonstativ
- Audiointerface mit Mikrofonanschlüssen und 48 Volt Phantomspeisung
Zur Ausführung der Messungen sind zudem noch hilfreich:
- Klebeband zum Markieren
- eine Anzahl großer Papierbögen
- Lineal, Schmiege oder Lasermessgerät
- rechter Winkel (Geodreieck)
- Zeit
Dazu dann später mehr.
Autorisation der ARC Software
Zur Autorisation der Software wird ein kostenloses Kundenkonto bei IK Multimedia benötigt. Die Software kann im Kundenkonto oder mit oder mit dem IKM Autorisations-Manager registriert werden. Darauf hin folgt ein Hinweis, dass sich die Software noch 9-mal aktivieren lässt.
Dass IKM keine Möglichkeit der De-Autorisation bietet und auch System-Upgrades auf demselben Rechner eine Re-Autorisaton auslösen können, ist wohl bestenfalls archaisch zu nennen und IKM sollte hier dringend umdenken und nachbessern.
Bei Sonarworks gibt es zwar nur drei Autorisationen, die lassen sich aber im Kundenkonto jederzeit widerrufen, auch ohne den entsprechenden Rechner am Netz zu haben. So geht nie eine Autorisation verloren.
Auf jeden Fall muss danach die neuste Software-Version von der IKM Website heruntergeladen werden. Das ganze Prozedere gestaltet sich recht unaufgeregt. Mein letzter Kontakt mit dem IKM Autoristaionssystem (Back 76 & White 2A) kostete IKM damals zwei Sterne. Ich würde mal sagen, das ist ein klarer Fortschritt.
Danach kann die standalone ARC Measurement-Software wie auch das Plugin in den Geschmacksrichtungen VST, AU und AAX installiert werden. Ist das erledigt, kann der Spaß beginnen. Es noch witzig anzumerken, dass sich das PDF-Handbuch aus dem Plugin heraus aufrufen lässt, aus der Mess-Software allerdings nicht, gerade da, wo man es eigentlich gebrauchen könnte!
Messung mit der ARC Software 2.5
An dieser Stelle möchte ich noch auf den „Workshop für die beste Akustik im eigenen Tonstudio“ hinweisen, der auch eine sehr gute Einführung in die Grundproblematiken bietet.
Das erste Problem, das uns IK Multimedia beschert ist, dass sie uns in der Anleitung zwar umfangreiche, aber abstrakte Infos für Anwenderbeispiele mitgeben. Diese bieten leider keine genauen Anhaltspunkte oder Daten und sind somit wenig hilfreich. Ein paar praktische Tipps hätten hier deutlich weitergeholfen. So bleibt die Interpretation bei den Anwendern.
Anders als bei Sonarworks, das einen in Version 4.x nahezu idiotensicher mit visueller Bestätigung in der Mess-Software anzeigt, wo genau sie das Mikrofon positioniert haben will, lässt uns IKM hier ziemlich allein – oder soll ich sagen: legt unseren individuellen Bedürfnissen keine Beschränkungen auf? Denn wo Sonarworks Reference ausschließlich für den Einzelplatz ausgelegt ist, reicht die von IKM vorgesehene Einsatzbandbreite von der Einmessung eines Einzelplatz, über ein 2-Personen Sofa bis zu einer Gruppenbestuhlung.
Die Anleitung überlässt uns aber wie gesagt ganz alleine, wo wir die 7 bis 16 Messpunkte setzen wollen. Mangels Sofa und Gruppen konnte ich daher nur die Einzelplatzmessung vornehmen.
Hier kommen nun die zuvor genannten Materialien ins Spiel: Klebeband zum Markieren, eine Anzahl großer Papierbögen, Lineal, rechter Winkel (Geodreieck), Schmiege oder Lasermessgerät, Zeit.
Zuerst gilt es, sich einen Plan zurechtzulegen, wo die einzelnen Punkte 1 bis 14 sein sollen, die ich mir folgendermaßen zusammenreime:
Drei große Papierbögen zusammengeklebt und auf den Boden vor den Arbeitstisch gelegt. Ausgehend vom Punkt 14, den ich zwecks gleichbleibender Stativaufstellung direkt in Kontakt mit der Tischkante platziere – also der geringsten Distanz, die ich zu den Boxern habe (ich arbeite immer entspannt zurückgelehnt), ermittle ich den Abstand meines Kopfes, wenn ich normal am Tisch sitze und somit Punkt 1.
Davon ausgehend ermittle ich das „Gesäßviereck“ mit dem Punkten 4, 5, 6 und 7. Das ist die Bewegungszone, wenn ich sitzend den Oberkörper bewege. Wer es genauer haben will, macht ein Trapez mit dem breiten Ende zum Tisch hin.
Danach kommt das Ellenbogenviereck, bestehend aus den Punkten 8, 9, 10 und 11. Wer es genauer haben will, macht ein Trapez mit dem breiten Ende zum Tisch hin. Die Punkte 12 und 13 markieren die maximalen Links- und Rechtspositionen, mit denen ich auf dem Bürostuhl vor dem Tisch hin und her rollen kann.
Zuletzt messe bzw. schätze ich noch, in welcher Zone sich mein Kopf, in der perfekten Mittenposition sitzend, zwischen den Lautsprechern bewegt und markiere das Viereck 2, 3, 4, 5 bzw. ein Trapez mit der schmalen Seite zum Tisch.
All diese Positionen habe ich auf dem Papierbogen markiert, um später das Mikrofonstativ darauf positionieren zu können. Das Ganze sieht dann am Ende so aus:
Das MEMS wird nun auf „Augenhöhe beim Arbeiten“ mit der Mikrofonausrichtung nach oben hin zur Decke auf dem Stativ angebracht und im rechten Winkel zu den Boxen ausgerichtet. Der Messvorgang kann beginnen.
Um ein Raumprofil zu erstellen, sind mindestens sieben Messungen erforderlich. Doch je mehr desto besser. Vor jeder Messung setze die Software eine Verzögerung von zwei Sekunden, in denen man sich tunlichst aus dem Messbereich entfernen sollte, um Körperschallreflektionen zu vermeiden und das Ergebnis nicht zu verfälschen.
Dieser Vorgang geht dann auch recht schnell vor sich, aber man erhält keinerlei Rückmeldung aus der Software, außer dem Aufleuchten des „Next“-Tasters. So angle ich mich durch die 14 Punkte, die für einen Einzelplatz ausreichen dürften. Sonarworks in der neusten 4. Version möchte dafür 23 Messungen (wenn ich mich recht erinnere).
Soll aber, wie im Handbuch angegeben, ein Areal für 3 bis 10 Abhörpositionen eingemessen werden, sind hier wohl eher Klebeband und ein Lasermeter die Wahl der Mittel. Was die zu erwartenden Messergebnisse angeht, kann davon ausgegangen werden, dass je größer der abzudeckende Bereich wird, desto diffuser das Ergebnis sein wird.
Ergebnisse der ARC 2.5 Mess-Software
Im Vergleich dazu die Messungen von Sonarworks:
Wie sind also die Früchte meiner schweißtreibenden Messberechnungen? Das Ergebnisprofil, so wie es von ARC erstellt wurde, ist ziemlich unbrauchbar. Die Stereoseparation ist zwar durchaus besser geworden, also die Phasenlange der Boxen zueinander wurde definitiv erkannt, aber was ARC mir an Basskorrektur weismachen will, ist ein Unding.
Viel zu überdimensioniert, aber wenigstens nicht undefiniert (siehe Phasenlage). Es hört sich an, als wäre da plötzlich ein Subwoofer versteckt. Sicher, es kickt gut, das Ergebnis ist mir aber deutlich zu viel auf Boombox „geile Mucke“ getrimmt und die Höhen kommen dafür zu reduziert rüber. Bei den Musikstücken, die ich seit Jahren kenne und auf verschiedenen Systemen gehört habe und damit eine ganz gute Vorstellung, wie sie „korrekt“ zu klingen haben, fällt es natürlich am meisten auf und mein Raum klingt in seiner Grundcharakteristik auch ganz bestimmt nicht so bassarm wie ARC mir das „korrigieren“ will. Außerdem habe ich das Gefühl, plötzlich vor ganz anderen Boxen zu sitzen. Der Grundklang wurde radikal verändert.
Zwar gibt es einen eingebauten parametrischen 6-Band-EQ, dessen Einstellungen sich in vier individuellen Profilen speichern lassen, doch was ist der Sinn einer Messung zur Raumklangkorrektur, wenn ich danach doch wieder gefällige, wie potentiell kontraproduktive Frequenzbänder nach-EQen muss (Das EQen hier versteht sich als korrektive Maßnahme, nicht als Effekt!) und damit die Messung ad absurdum führe? Das ist für mich am Ziel vorbei.
Im Gegensatz dazu bin ich bei Sonarworks noch nicht mal auf die Idee gekommen, das erstellte Profil per EQ nachzubearbeiten. Meine Boxen klangen wie meine Boxen – nur exakter und mit weniger Raumproblematik. Der Grundklang wurde nicht verändert.
Technik hinter der ARC 2.5 Software
Der MultEQ XT32 EQ, der von Audyssey Laboratories lizensiert wurde, ist für die Verarbeitung der Phasen- und Frequenzmessungen verantwortlich und arbeitet intern mit Korrekturbändern von 10 Hz Breite. Der gleiche EQ kommt auch bei der Erstellung von Custom-Kurven zum Einsatz und gehört wirklich zu den besseren Vertretern seiner Art. Hier wurde nicht gekleckert!
Das ARC 2 Plugin kann auch über MIDI ferngesteuert werden. Das betrifft die DIM-Kontrolle, den Lautstärkeregler und die Modusauswahl auf der Monitorseite wie auch deren MUTE-Taster. Dass die wichtigste Taste, die zum Ein- und Ausschalten der Korrektur hier nicht mit dabei ist, mutet merkwürdig an. Der Trim-Regler erscheint angetackert, da nur die Werte +/-6 dB und 0 geeicht sind, alles dazwischen liegt im Dunkeln. Das Argument „hören statt ablesen“ ist bei einer Kalibrierungssoftware meiner Meinung nach nicht anwendbar und eine weitere Fehlerquelle zugunsten von persönlichen Präferenzen.
Im ARC-Plugin sind auch diverse Profile zur Simulation diverser Abhörsituationen enthalten, wie im „Auto“, eine „Boombox“, „Laptop“ oder „TV-Set“. Doch steht und fällt die Effizienz der Simulation mit der Qualität der Basismessung und da hakelt es ja schon bei ARC.
Ich möchte auch noch anmerken, dass die Sonarworks neben dem Plugin-Betrieb auch als Systemerweiterung direkt in die Audioausgabe des Betriebssystems eingeklinkt werden kann und damit auch zum Filmeansehen und Musikhören verwendet werden kann und den Mixdown in der DAW nicht beeinflusst, während das ARC Plugin nur in der DAW instanziiert werden kann.
Hallo Markus,
vielen Dank für diesen ausführlichen und technisch nachvollziehbaren Bericht!
Ich fasse die Meßkurven mal mit meinen Worten zusammen:
Im Baßbereich <100Hz mißt die ARC V2.5 Software um einige dB größere „Baßlöcher“ als Sonarworks Reference 4. Die entsprechende (drastische) Korrektur führt dann aber sicher zu dem von Dir beschriebenen „boom-box“ Klang.
Interessant finde ich weiter bis zu 3dB (!) unterschiedliche Bewertung zwischen 300 – 600Hz. Hier wird mit ARC V2.5 also ebenfalls wesentlich stärker korrigiert. Das gerade in einem Bereich, wo sich wichtige Grundfrequenzen von Instrumenten tummeln. Da kann ich Deinen Kommentar „Außerdem habe ich das Gefühl, plötzlich vor ganz anderen Boxen zu sitzen. Der Grundklang wurde radikal verändert“ durchaus nachvollziehen.
PS.:
Meine (spätes) Feedback hängt mit dem Bericht von Felix Thoma zu Version V3 zusammen.
https://www.amazona.de/verbesserung-der-raumakustik-update-fuer-ik-multimedia-arc-system-3/