Bitimbraler VA-Softsynth für kleines Geld
Ryo Togawa ist mit seinen Apps schon länger im App-Store vertreten, hat aber bisher eher wenig Aufmerksamkeit erfahren. Mit Ryo Togawa VAPolyMkII stellt der Entwickler nun seinen neusten virtuell analogen und bitembralen, zweimal achtzehnstimmigen Synthesizer für iOS (ab 16.5) und Mac (macOS 13.5) als AUv3 Plug-in und Standalone für gerade mal 6,99 Euro (Einfürungspreis) vor. Später 17,99 Euro.
Inhaltsverzeichnis
Ryo Togawa
Allerdings ist Ryo Togawa VAPolyMkII schon die vierte Iteration des Synthesizers mit den Vorgängern VAMono, VAPoly und VAPoly16. Man kann wohl sagen, dass sich Ryo Togawa auf das Thema einschießt und mit VAPolyMkII nun einen Meilenstein erreicht hat. Neu sind hier vor allem ein zweites Filterdesign (kaskadiertes OTA), MIDI 2.0-Unterstützung und Patch-Punkte, die hinzu gekommen sind.
Der Synthesizer
Ryo Togawa VAPolyMkII ist ein subtraktiver Synthesizer mit zwei Oszillatoren mit variablen Schwingungsformen von Dreieck zu Sägezahn zu Reckteck inklusive Pulsbreitenmodulation und Hard-Sync-Option zwischen den beiden Oszillatoren.
Beide Oszillatoren bieten auch Optionen für Frequenz-, Schwingungsform-, Pulsbreitenmodulation, in linearer und exponentionaler Ausführung. Während die beiden Oszillatoren größtenteils identisch sind, bietet Nr. 1 jedoch noch eine MOD+ Sektion mit diversen Hüllkurvenmodulationen und Crossmodulation für Frequenz und Schwingungsform von Oszillator 2, während Nr. 2 stattdessen eine Arpeggiatorsektion bietet und außerdem die Möglichkeit, die Tonhöhe von der Klaviatur zu entkoppeln sowie eine Option, ihn als LFO zu nutzen.
Nebenbei, es gibt zwei Oszilloskope, mit denen die diversen Ausgangssignale von Oszillator- und Syntheszerinstanzen angezeigt werden können, was besonders bei FM- und XMOD-Klängen sehr hilfreich ist. Das Spektrogram und der Spektrograph sind dagegen jedoch nicht so nützlich, wenn auch spaßig.
Das Filter
Als Filter kommt eine selbstoszillationsfähige Tiefpass/Hochpasskombination zum Einsatz. Die Filter sind ein Sallen-Key-Design mit einer Flankensteinheit von 12 dB/Oktave. Das Tiefpassfilter kann aber auch zu einem kaskadierten OTA-Design umgeschaltet werden. Beide Designs können auch zu 24 dB/Oktave umgeschaltet werden. Die Option befindet sich etwas versteckt in der Patch-Bay-Ansicht.
Die Patchbay
Die Patchbay ist klar aufgeteilt in Quellen und Ziele. Quellen wie Mod-Wheel, Klaviaturparameter, LFOs und Konstanten (genannt Attentuators) gehen in die Abschwächer (die auch verstärken können).
Im Ziel-Panel gehen die Ausgänge der Abschwächer dann zu den Oszillator-, LFO- oder VCA-Parametern. Das ist nicht sonderlich überbordend, dafür aber übersichtlich.
Hüllkurven gibt es zwei, die neben den ADSR-Parametern auch eine Option für MIDI-Anschlagsstärke bieten.
An Effekten gibt es ein Delay bis 1000 ms, eine Chorus/Flanger-Kombination, ein Reverb, dessen Raumgrößer leider nur in Prozent angegeben wird, einen 3-Band-EQ bzw. Effekt-Mixer (Sub-Bus-Mixer) und Kompressor. Chorus/Flanger, Reverb und Kompressor bietet auch noch eine Plus-Sektion, auf der weitere Parameter zu finden sind.
Sehr schön ist hier insgesamt, dass alle Parameteränderungen im Klartext in dem blauen Fenster der Kopfzeile angezeigt werden.
Der Sequencer
Der Sequencer für die bitimbralen Synthesizerinstanzen ist etwas gewöhnungsbedürftig, denn Noten werden über Doppeltippen gesetzt und können zwar per Lasso ausgewählt und verschoben werden, aber Notenlänge, Anschlagsstäke sowie Löschen, Kopieren und Einsetzen wird über dasselbe Halten-Geste-Menü bewerkstelligt, bei dem diese drei Bearbeitungseinträge auch noch an unterster Stelle von knapp 30 Einträgen stehen. D.h. ohne Scrollen ist keine Notenbearbeitung möglich. Auch die Tonarteneinstellung erfolgt, eher ungewöhnlich, über die Halten-Gesten an einer leeren Stelle im Sequencer.
Die Parameterautomation ist fest mit dem Clip verbunden und etwas eingängiger umgesetzt. Einfach den Parameter auswählen und an die gewünschten Stelle auf dem Gitter tippen, um einen Zwischenpunkt zu erzeugen. Eine nachträgliche Veränderungen der Punkte ist nicht möglich, sondern sie müssen stattdessen gelöscht und wieder gesetzt werden. Die anderen Punkte der Automation werden dadurch nicht beeinflusst.
Die Clips können dann im Ganzen über ein Menü, das mit der Halten-Geste aufgerufen wird, auch kopiert und an anderer Stelle in der Sequenz wieder eingesetzt bzw. gelöscht werden. Alles in allem ist das handhabbar, aber als besonders komfortabel erachte ich das nicht, da gibt es besseres. Sehr positiv ist hingegen wieder, dass Ryo Togawa VAPolyMkII Optionen für einen umfassenden Audioexport bietet.
Als AUv3-Instanz z. B. in AUM kann Ryo Togawa VAPolyMkII auf einem 1st Gen iPad Pro mit A9X schon 60 % DSP beanspruchen, was nicht schlecht ist, wenn man in Betracht zieht, dass ein A14 Fusion als Minimalanforderung empfohlen wird. Auf einem M2 iPad Pro ist der Leistungshunger minimal.
Sehr schön ist auch, dass die Bedienoberfläche als Plug-in auch stufenlos skaliert werden kann.
Ryo Togawa VAPolyMkII bietet eine umfassende MIDI-Learn-Funktion für die bitimbralen Synthesizer und jeder Parameter per MIDI ansprechbar.
Was allerdings das insgesamt gute Bild trübt, ist der Umstand, dass für die bitimbralen Synthesizerinstanzen keine separaten Presets geladen werden können. Dafür gibt es aber wieder eine Option, nur die Synthesizerparameter zu laden und die Sequencer-Daten unangetastet zu lassen.
Das englischsprachige Benutzerhandbuch steht in der App und auf der Entwickler-Homepage zum Downloadbereit und ist trotz 113 Seiten an manchen Stellen etwas knapp, aber ausreichend beschrieben und wird auf dem neusten Stand gehalten.
Läuft die App sowohl auf iOS, als auch auf Mac sind die 7€ schon mal als Anerkennungspreis fällig.
Korrigiere: 17,99 wird zumindest mir angezeigt
@Tai Ja, der Preis wurde inzwischen erhöht. Auf der App-Store Seite stand damals aber auch nichts von einem Einfürungspreis.
(Der Test lag gut einen Monat in der Veröffentlichungsipeline)
@Markus Schroeder Ich wäre nach wie vor daran interessiert, eine Aufstellung darüber zu haben, welche iOS Apps unverändert auch auf Mac laufen. Habe allerdings keine Ahnung, wie das innerhalb dieser Webseite organisiert werden kann, so dass jeder seine Beiträge dazu posten kann.
@Tai Hallo Tai,
es gibt eine automatisierte Google-Docs-Lste über die ich erst vor kurzem in der FB Gruppe gestolpert bin: Die u.A. AU-, iPhone/iPad- und macOS-Kompatibilität aufführt, neben ein paar anderen Infos:
https://tinyurl.com/2ffehm8w
grüße,
M. :)
Bestätigend: 17,99 aufm MAC…😇
Habe den Test noch einmal rausgekramt. Dabei ist mir eines in den Sinn gekommen: man muss sich grundsätzlich entscheiden, wie man mit Programmen dieser Art arbeitet. Ich selbst setze sie fast immer nur innerhalb der DAW ein, dann sind zusätzliche Features wie Sequenzer, Arpeggios etc. fast immer vernachlässigbar. Fast alles macht die DAW bei mir besser oder zumindest genauso gut. Das sieht live komplett anders aus. Da werden höchstens 4,, 5 Devices eingesetzt. Wahrscheinlich meist ohne eine übergeordnete DAW. Dann wird auch entscheidend, wie gut der Sequenzer funktioniert. Eine Ausnahme gibt es allerdings auch für mich: wird der Sequenzer als erweiterte Hüllkurve verwendet, dann muss ich mich auch damit innerhalb des Plugins auseinandersetzen.
Es gibt ihn jetzt grade wieder für 6,99€, hab mal schnell zugeschlagen. :)