Phaser, Harmonizer, LFO
In der zweiten Reihe des lila gefärbten mittleren Bereiches sind Phaser, Harmonizer und LFO untergebracht. Moment, Phaser? Sollte der nicht bei den Effekten zu finden sein? Nicht, wenn er auf der additiven Ebene arbeitet! Beim klassischen Phasing entstehen nämlich charakteristische Anhebungen und Auslöschungen im Frequenzbild, und Harmless beweist eindrucksvoll, dass sich genau das auch mit der Berechnung der einzelnen Obertöne simulieren lässt. Dabei klingt das Ergebnis nicht ganz so saftig wie beispielsweise ein Electro-Harmonix Small Stone, bringt aber eine sehr eigenständige, musikalisch nutzbare Form von Leben ins Klanggeschehen und kann dank vieler Einstellmöglichkeiten auch sehr extrem eingreifen.
Der Harmonizer generiert keine Harmoniestimmen, sondern kopiert die vorhandenen Obertöne nach oben, und zwar entweder einfach um 1-2 Oktaven oder in anderen harmonischen Verhältnissen zueinander. Interessant ist, dass man auswählen kann, ob der Harmonizer vor dem Filter, dem Pluck, dem Phaser oder ganz am Ende der Berechnungskette eingesetzt werden soll. Der Effekt ist weniger spektakulär als nützlich für den hochfrequenten Feinschliff.
Der einzige LFO ist auf den ersten Blick nicht besonders speziell, lässt sich in Speed und Attack (Fade-In) einstellen und stellt eine Auswahl an Wellenformen zur Verfügung. Lobenswert ist, dass er entweder global für alle Stimmen synchron wirken oder mit jeder neu angeschlagene Taste individuell getriggert werden kann. Leider ist die Startphase des LFO unveränderlich, man kann also nicht bestimmen, auf welchem Level die modulierten Werte starten, sobald man eine Taste drückt. Dafür rastet der Regler auf den gängigen Notenwerten relativ zum Songtempo ein, wodurch temposynchrone Bewegungen schnell und intuitiv eingestellt sind. Die maximale Modulationsgeschwindigkeit ist allerdings recht niedrig und reicht kaum in den Audiobereich hinein.
In der Auswahl für die Wellenformen verstecken sich einige Modulations-Alternativen: Statt vom LFO können die modulierbaren Parameter unter anderem von der gespielten Tonhöhe, der Filterhüllkurve oder von einem bei jedem erneuten Tastendruck erzeugten Zufallswert bewegt werden. An sich prima, aber dass dafür der LFO komplett geopfert werden muss, ist wieder so eine unnötige Einschränkung.
Effekte
Die Effekte werden im Gegensatz zum Rest der Klangerzeugung nicht auf Obertonebene berechnet. Es finden sich Chorus/Flanger, Delay, Reverb und ein Multibandkompressor, der auch Distortion kann. Alle sind sehr spärlich parametrisiert, nur das Delay hat mehr als einen Regler. Das gereicht den Effekten aber absolut nicht zum Nachteil, denn so lenkt nichts vom effektiven Soundbasteln ab, und man vermisst in diesem Fall auch keine tiefergehenden Editierungsmöglichkeiten.
Strom
Der CPU-Verbrauch ist prinzipbedingt abhängig vom Obertongehalt der Sounds, d.h. bei voll aufgerissenem Low-Pass-Filter ist er höher als wenn der Cutoff-Regler weit zugedreht ist. Ein Schalter ermöglicht zusätzlich die Wahl zwischen „normal“ und „high quality“, gerendert wird aber grundsätzlich in der höchsten Qualitätsstufe. Insgesamt geht der Hunger des Harmless völlig in Ordnung.
Für alle Preset-Freunde sei noch erwähnt, dass man relativ viele kostenfreie Soundbänke im Internet finden kann.
Die Sounddemos geben den Charakter des Synth ganz gut wieder. Er klingt halt sehr „digital“, was er ja auch möchte.
Gut, das Ding hat eben nur das Notwendigste drin und ehrlich gesagt brauch ich Sustain nie. Wer spielt auch mit dem Teil nen 10-Sekunden-Orgelsound? :)
Ich habe das Teil für 9 Euro damals gekauft :)
Aber es ist ziemlich limitiert was die Sounderstellung angeht, selbst wenn man externe Wellenformen reinläd.
Es klingt eben alles ziemlich ähnlich.
Wer z.B. vorher mit einer V-Station geschraubt hat und Semitones einstellen konnte etc., der wird eben Harmless eher als Spielzeugsynth sehen :)
@Jesus In der Tat, die „Custom“-Option bei den Wellenformen führt erstaunlicherweise immer zu sehr ähnlichen, etwas dünnen Ergebnissen, egal was man reinlädt.
Die V-Station ist klasse, aber eben „nur“ virtuell analog. Harmless ist auch klasse, aber eben „nur“ ‚additiv-virtuell-subtraktiv‘. Beide decken einfach unterschiedliche Gebiete ab und ergänzen sich sogar ganz gut. Aber ein Spielzeugsynth ist Harmless trotz gewisser Grenzen sicher nicht, eher was für Fortgeschrittene, weil ohne Vorwissen teils schwer zu durchschauen und gezielt zu programmieren.
Ein vorzüglicher Beitrag von P. Lange. Der Autor beschreibt den Synth so wie er ist, mit all seinen vielen Vorzügen und einigen Einschränkungen. Alles andere ist halt davon abhängig, was man sich von einem Synth erwartet bzw. erwarten kann.
Ein sehr brauchbarer Softsynth.
Für mich stellt sich die Frage… weshalb keine Mac bzw. AU Version?
Mein Kommentar bezieht sich auf Harmor nicht Harmless. @Admin: Bitte verlagern :-)