High End in Sachen DA-Wandler
Das mit dem Lynx Studio Hilo ist so eine Sache. Eigentlich könnte ich den gesamten Testbericht ausschließlich über dessen technische Daten und seine umfangreiche Ausstattung und Features schreiben. Ich hatte hier kurz den Impuls, Ihnen einfach das Datenblatt reinzustellen, aber ja, ich weiß, das ist ja nun wirklich nicht Sinn und Zweck eines Testberiches. Bei dem üblichen Umfang unserer Testberichte bin ich aber im Falle des Lynx Hilo gezwungen, mich auf eines verstärkt zu konzentrieren: Entweder wir sprechen über die Ausstattung und die Technik oder über das klangliche Potenzial. Ich habe mich nach reichlicher Überlegung für den Klang entschieden!
Warum? Nun, der Hilo Digitalwandler kostet in meiner getesteten Version mit USB-Interfacekarte 2.500,- Euro – nur für einen DA-Konverter. Für die überwiegende Gruppe unserer Leser ist das jenseits der finanziellen Möglichkeiten und eigentlich sind wir doch mit den Wandlern in unseren Focusrite oder Steinberg Audiointerfaces zufrieden, oder? Warum sollte man also so viel Geld nur für einen Wandler ausgeben? Ich werde versuchen, im Laufe dieses Testberichtes diese Frage zu beantworten.
Die Technik
Ganz ohne Technik geht es natürlich nicht. Aber in diesem Fall werde ich mich kurz fassen und auch gerne auf das umfassende englischsprachige Handbuch verweisen. Gerade die Routing-Optionen im Hilo sind so umfangreich, dass es hier alle Grenzen eines unterhaltenden und informativen Testberichtes sprengen würde. Ich habe hier mal die aus meiner Sicht wichtigsten Fakten zusammengefasst:
Der Lynx Hilo ist ein A/D-D/A Wandler in einem kompakten Gehäuse (1/2 19“) und es können zwei Stück nebeneinander in einen 19“ Schrank eingebaut werden. Lynx bietet dafür eine passende 19“ Schublade. Das Gehäuse gibt es wahlweise in Schwarz oder Silber.
Man kann den Hilo mit drei verschiedenen Interface-Karten bestellen: USB, Thunderbolt und Dante. Die USB-Version ist Class-Compliant und benötigt für Apple keine Treiber. Für Windows sind die entsprechenden Treiber auf der Hersteller Website zu finden. Die Thunderbolt-Karte ist die Version 2 – für Thunderbolt 3 wird ein Adapter benötigt. Dante ist ein Audio-over-Ethernet Format, so wie beispielsweise SoundGrid und ist idealerweise für vernetzte Umgebungen mit langen Kabelwegen konzipiert.
Der Hilo kann auch „ganz einfach“ als 2-Kanal-Audiointerface eingesetzt werden. Er bietet zwei Eingänge (XLR, symmetrisch) und 2 Ausgänge (XLR, symmetrisch) und dazu noch ein Pärchen MonitorAusgänge für Klinkenstecker. Natürlich werden Sample-Rates bis zu 192 kHz unterstützt. Über ADAT geht es via Light Pipe (S/MUX Protokoll) auf bis zu 96 kHz bei 4 Kanälen. Außerdem können wir über AES In & Oot Geräte verbinden. Es gibt S/PDIF koax und optisch und den Anschluss für Wordclock über den hier üblichen Koax-Stecker. Zudem bietet Lynx für den Hilo auf den Betrieb über eine Batterie (9 – 18 V, DC 4-Pin-XLR Batteriebetrieb). Die Stromversorgung findet über ein eingebautes Schaltnetzteil statt.
Die Bedienung findet entweder über den Touchscreen (480 x 272 Pixel, 10 x 7,5 cm) statt oder über die kostenlose Remote-Software, die für Mac & Windows zum Download bereitsteht. Außerdem gibt es eine Remote-App für das Apple iPad. Allerdings geht das nicht kabellos, sondern auch nur über ein USB-Kabel. Allerdings gibt es die Möglichkeit, ein „quasi-Wireless“ System mittels der LynxRedirector Software aufzubauen. Die App bzw. die Remote-Software ist sehr übersichtlich und einfach zu bedienen.
Der Lynx Hilo selber hat neben dem Touchscreen auf der Vorderseite noch einen Klick/Drehregler (konfigurierbar) und einen Kopfhörerausgang. Außerdem einen blau beleuchteten Standby-Schalter.
Beim Monitoring und Routing wird jede erdenkliche Kombination der Ein- und Ausgänge unterstützt. Ich bin hier an keinerlei Grenzen gestoßen. Das Handbuch gibt hier detailliert Auskunft und es wird sogar ein kleines Tutorial beschrieben. Durch die Erweiterung durch ADAT und AES kann man über die Software sogar ein 32 x 32 Mixing durchführen.
Die Meter-Seite kann vierfach umgeschaltet werden: VU-Meter, Realtime-Analyzer, horizontales Peak-Meter und sämtliche Ein- und Ausgänge mit allen Pegeln. Übrigens unterstützt der Lynx Hilo auch ein umfangreiches Trimming zum Anpassen der Eingangspegel. Dazu unterstützt der Hilo auch das Aufrufen und Abspeichern von nutzerdefinierten Szenen, bei denen die aktuelle Konfiguration gesichert werden kann.
Ich könnt hier noch seitenweise so weiter machen – die Ausstattung des Lynx Hilo ist wirklich extrem umfangreich und so wird das Gerät in der Presse auch gern als Schweizer Taschenmesser beschrieben – ein sehr passender Begriff für das tolle Kistchen.
Der Klang
Den Klang eines Wandlers zu beurteilen, ist kein leichtes Unterfangen. Und wie schon an anderer Stelle geschrieben, spielen weniger die reinen Wandlerchips, als mehr das verbaute Umfeld und somit das Gesamtpaket eine entscheidende Rolle. Ist das Signal frei von Jitter, Einstreuungen, verzerrungsarm und was machen die Ausgangsstufen aus dem Signal? Lynx musste beim Hilo also nicht nur darauf achten, gute Chips einzubauen, sondern diesen auch noch ein warmes und sicheres Zuhause zu geben.
Und ob das gelungen ist, sehen wir im Folgenden anhand zweier verschiedener Szenarien:
- Die Musik aus der Konserve. In meinem Fall bis zu 192 kHz FLAC Files, z. B. von Seiten wie HighResAudio.com oder von mir digitalisierte Schallplatten.
- Die Digitalisierung von Instrumentenklängen über Line-In. Konkret von einzelnen Klangbeispielen wie eine akustische Gitarre oder eine E-Gitarre über einen Combo abgenommen.
Als Vergleich dient ein Universal Audio Apollo Twin X Quad Audiointerface, das mit knapp 1.400,- Euro zwar deutlich günstiger ist, aber im Studioumfeld einen ausgesprochen guten Ruf hat. Abgehört wird mit KS Digital C88 Reference und dem Philips Fidelio X2 Kopfhörer. Die Aufnahmen liegen als hochaufgelöste Wave-Dateien (96 kHz, 24 Samples) vor, die mit einem aktuellen Apple iMac und Logic X erstellt wurden.
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Fangen wir an mit Stings „Fragile“ in der Variation von Robert Len, einem Multiinstrumentalisten: (Wen es interessiert: Auf Highreaudio.com kann man sich einen kostenlosen Sampler mit diesem Stück in FLAC 96 kHz herunterladen). Im ersten Moment wird man beim Umschalten vom Apollo auf den Lynx erst mal gar keinen Unterschied hören. Aber nehmen Sie sich Zeit. Kommt das Anblasgeräusch beim Lynx luftiger? Die Transiente beim Anschlag der Gitarre etwas körperlicher? Ich würde das mal als erstes Anzeichen werten, wenn es auch nur eine sehr geringe Differenz ist. Man merkt schon, warum der Universal Audio so beliebt ist …
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OK, wie sieht es mit Stimme aus? Über sieben Brücken musst du gehen, in der Interpretation von Katja Maria Werker. Eine unfassbar intime Version des Klassikers der Ost-Band Karat bekommt durch Katja Werker eine ganz andere Bedeutung. Und diese bekommt durch den Lynx Hilo erst ein echtes Gänsehautfeeling. Man kann die Interpretin fast lächeln sehen, als sie vom „hellen Schein“ singt und der High-End-Wandler gibt hier fast eine laryngoskopische Untersuchung der Stimmbänder. Im Vergleich zum weiterhin sehr guten Apollo werden die Details fast lässig ins Klangbild integriert. Sehr beeindruckend.
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Zum Abschluss der Musik aus der Konserve noch ein Leckerbissen für die „High Ender“ unter Ihnen. Friedemann Witecka hat 1990 mit seinem Album „Aquamarin“ einen echten Klassiker in diesem Genre rausgehauen. Insbesondere „Bao Lan“ von diesem Album ist auf der High End in Frankfurt damals aus jedem Hotelzimmer geklungen. Kein Wunder: Plastischer hat man die Percussion und die eingesetzten „Welt-Instrumente“ kaum aufnehmen können und auch hier wird wieder klar: Der hörbarste Unterscheid zwischen einem sehr guten und einem High-End-Wandler ist für die meisten ungeübten Hörer am ehesten in den Transienten zu finden: Die Anschlaggeräusche werden mit einer solchen Präzision in den Raum platziert, dass einem fast schwindlig wird.
Werden wir etwas bodenständiger und machen wir den direkten Vergleich der Wandler mit live aufgenommenen Gitarren:
Die Beispiele 1 und 2 zeigen eine Akkordreihe, gespielt mit einer akustischen Gitarre (Fender Newporter Classic). Beispiel 1 mit dem Hilo Wandler und Beispiel 2 mit dem Apollo. Dabei wurden das Signal der Pickups und das Mikrofonsignal (Sennheiser e865) 2-kanalig aufgenommen.
Die Beispiele 3 und 4 hingegen geben eine Fender Stratocaster wieder, die über einen VOX AC15C1 mit Shure SM57 abgenommen wurde. Auch hier zuerst der Lynx Hilo und danach der Apollo Twin X Quad.
Auch hier ist dem ungeübten Hörer die Aufmerksamkeit in Richtung Anschlag zu empfehlen. Wo der Apollo manchmal etwas zu glockig und hart tönt, da gibt sich der Hilo keine Blöße: Unaufgeregt, exakt und ohne jegliche Verfärbung.
Übrigens habe ich mir dem Lynx Hilo auch eine ganze Zeit mit Kopfhörer zu Gemüte geführt: Ein Genuss. Vergessen Sie (fast) alle Kopfhörerverstärker, die Sie bislang gehört haben. Ich möchte hier nicht im Detail darauf eingehen, aber der Hilo spielt hier in der aller obersten Liga.
Klang des Wandlers: Eine Zusammenfassung
Brauche ich den Lynx Hilo für die absolute Wandler Glückseligkeit? Ganz klar: nein. Lynx zeigt zwar mit dem Hilo eindrucksvoll, was in Sachen DA-Konverter derzeit möglich ist, aber die Luft da oben ist schon sehr dünn. Nur in absoluten Ausnahmesituationen kann ich etwas mit dem Hilo mastern, was andere Wandler nicht wiedergeben können. In 99,9999 Prozent aller anderen Fälle werden Ihre Mixe mit einer hochwertigen AD/DA-Wandlung auch gut gelingen. Wenn Ihr Jagdrevier aber eher im Hause Stockfish oder Chesky Records liegt, dann werden Sie wohl oder über einen Hilo nachdenken müssen.
Vielen Dank für diesen Test und den Versuch eines Vergleichs, der trotz Youtube sehr aufschlussreich war. Es wird dabei einem immer indirekt bewusst, wie gut die Apollo Interfaces einfach sind, auch wenn das Hilo besser ist. Vielleicht wäre ein Vergleich Antelope zu Apollo der nächste logische Schritt ?
Ohja das wäre spannend, wobei ich bei dem Vergleich Pure 2 vs. Hilo sehr enttäuscht vom Pure 2 war.
Vermutlich kann ich gar nicht mitreden. Ich nutze seit der Umstellung auf Win 10 in meinem Projekt-Studio ‚lediglich‘ ein ‚Presonus Studio68c‘. Mein Studio-Kopfhörer war dem unverbindlichen Verkaufspreis nach teurer: ein AKG K702. Aber den Unterschied von Lynx und Apollo höre ich durchaus, sogar deutlich. Vielleicht fehlen in Bezug auf ‚High End‘ und ’sehr gut‘ usw. erforderliche Relationen, unabhängig vom Preis?
@MidiDino Hallo MidiDino,
mein Wasser heisst MOTU 828 und diverse Kopfhörer. Das Presonus Studio 68c hat seine 4,5 Sterne nicht umsonst. Das ist schon ein vernünfiges Interface. Ich sehe persönlich keinen Mehrwert im Hilo. Da es ja nicht nur der Wandler ist, der das Ergebnis macht, wenn dein davor rauscht wie ein Wasserfall und im Hintergrund ein Glöckchen klingelt, wirst du am Ende der Kette ein Glöckchen mit Wasserfall haben. Will sagen, wenn du den Aufnahme-Prozess und den Mischprozess im Griff hast, sind das schon mal wesentliche Vorraussetzungen.
@TobyB Danke Toby.