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Test: sE Electronics DM2 T.N.T., Inline-Mikrofonvorverstärker

Die Level-Explosion

7. Januar 2022
sE-DM2_Aufmacher

sE Electronics DM2 T.N.T., Inline-Mikrofonvorverstärker

Mit dem DM2 stellt sE Electronics einen weiteren Inline-Preamp vor, der das Level von dynamischen Mikrofonen, wie Bändchen oder Tauchpulenmikros, in neue Galaxien hieven soll. Wie bereits die erste Version DM1 Dynamite besitzt auch die neue Version einen explosiven Beinamen: „T.N.T.“ soll eine sprichwörtliche Level-Explosion suggerieren. Tatsächlich lesen sich die Daten nicht schlecht, daher habe ich den sE Electronics DM2 T.N.T. für euch genauer unter die Lupe genommen.

Der Markt an kleinen Inline-Vorverstärkern, die einfach zwischen Mikrofon und Preamp angeschlossen werden, ist in den letzten Jahren geradezu explodiert.
Gab es anfangs nur einige wenige Hersteller wie Triton Audio oder Sanken, die diese praktischen Tools angeboten haben, so gibt es mittlerweile eine schier unglaubliche Zahl unterschiedlicher Hersteller. Von dedizierten Klangfärbern wie jenen von Tierra Audio, über Kopien der Triton Fetheads, hin zu edleren und teureren Varianten von Herstellern wie Soyuz oder Cloudlifter. Von Cloudlifter hatte ich bereits schon den CL-Zi für einen Test im Studio, der durch einzigartige Features wie eine verstellbare Eingangsimpedanz und hochwertige Cinemag-Übertrager punkten konnte.

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sE Electronics DM2 TNT

Statt ’ner Stange Dynamit gibt’s diesmal T.N.T. auf die Ohren

Mit dem sE Electronics DM1 hat auch der Hersteller aus Schanghai sein Glück auf diesem hart umkämpften Markt versucht und hat im Test einen guten Eindruck hinterlassen.
Augenscheinlich versucht sE Electronics den Kunden nicht durch den günstigsten Preis zu gewinnen, sondern durch extrem hohen Verstärkungswerte, die kaum ein anderer Hersteller bietet.
Kam der DM1 noch in Dynamit-Rot daher, erscheint dieses Upgrade im knalligen Blau mit kontrastreicher gelber Aufschrift. Aber nicht nur die Farbe hat sich verändert, auch einen Schalter und einen Drehregler haben die sE Ingenieure auf dem engen Platz untergebracht. Ähnlich wie beim Cloudlifter hat man die Möglichkeit, den Inline-Preamp an die Spezifikationen und Anforderungen des jeweiligen Mikrofons anzupassen.

Wer braucht überhaupt einen Inline-Vorverstärker wie den sE DM2?

Inline-Preamps sind in den meisten Fällen eine kostengünstige Alternative, um dynamische Mikros mit schwachem Ausgangssignal rauschfrei zu verstärken. Wer sich gute, dedizierte Mikrofonvorverstärker anschafft, wird selten in die Bredouille kommen und mit zu wenig Gain oder zu hohem Rauschen konfrontiert zu werden. Bei vielen Preamps, die in Audiointerfaces oder mobilem Recording-Equipment verbaut sind, sieht das allerdings oft anders aus. Oft sind die Gain-Reversen dieser Vorverstärker recht limitiert und auch das Rauschen steigt im hohen Gain-Bereich überproportional an. Während Klassiker wie ein Neve 1073 oder API 512c klanglich einen recht charismatischen Charme entwickeln, wenn man sie am Limit betreibt, so leidet die Klangqualität billiger Preamps in den höheren Gain-Regionen, was sich häufig in einem Höhenabfall bemerkbar macht. Hier kommen die Inline-Preamps mit ins Spiel, die vereinfacht gesagt das Level auf dem Weg zum eigentlichen Mikrofonvorverstärker schon derart anheben, dass nicht mehr viel Leistung vom Preamp erfordert wird. Aufnahmen mit einem Zoom Recorder und dem Shure SM7b machen so beispielsweise erst richtig Spaß.

sE Electronics DM2 TNT

Liebevolles Design – sE liefert sogar einen Schraubenzieher, um die Schalter und Drehregler zu bedienen

Der sE Electronics DM2 T.N.T ausgepackt

Das sieht ja aus wie ein Feuerzeug! Bei meiner Freundin bricht spontan der Ex-Raucher durch, als sie den DM2 zum ersten Mal sieht. Bei der Verpackung hat man sich bei sE electronics wieder etwas Besonderes einfallen lassen. Der Karton hat die Form einer Dynamitstange, die Aufschrift verlautbart verheißungsvoll: The secret weapon for passive dynamic & ribbon microphones

sE Electronics DM2 TNT

sE Electronics DM2 T.N.T. – handle with care!

Im Karton befinden sich neben dem DM2 eine gefaltete Beschreibung sowie ein kleiner Schraubenzieher. Dieser ist notwendig, um die beiden winzigen Schalter bedienen zu können, die im Gehäuse versenkt sind. Die Verarbeitung macht einen guten Eindruck, auch die verwendeten männlichen und weiblichen XLR-Stecker lassen sich gut mit diversen Kabeln/Steckern verbinden. Gerade bei billigeren Konkurrenten kann es hier zu festsitzenden oder schwergängigen Steckverbindungen kommen. Durch die Komplementärfarben ist die Lackierung kontrastreich und recht gut lesbar.

sE Electronics DM2 TNT

Auf kleinstem Raum bietet der sE Electronics DM2 T.N.T. flexible Einstellungsmöglichkeiten

Technische Daten des sE DM2

Die Besonderheit des sE Electronics DM2 sind die beiden erwähnten Schalter.
Mithilfe eines zehnstufigen Drehreglers hat der Anwender die Möglichkeit, die Eingangsimpedanz selbst auszuwählen bzw. einzustellen. Mit Werten zwischen 50 Ohm und 10 Megaohm wird die ganze Palette abgedeckt, mit der sich in der Praxis eine starke Färbung des Klangs ermöglichen lassen soll. Hier die Werte im Detail:

  • 50 Ohm
  • 200 Ohm
  • 360 Ohm
  • 1,5 Kiloohm
  • 2,7 Kiloohm
  • 6,8 Kiloohm
  • 100 Kiloohm
  • 10 Megaohm

Unterhalb dieses Drehreglers befindet sich ein Schiebeschalter, mithilfe dessen sich eine Verstärkung von 15 dB bzw. 30 dB einstellen lässt. Es kann ja durchaus Situationen geben, in denen 15 dB bereits genügen und 30 dB bereits zu viel des Guten sind. Im Gegensatz zur DM1 Version und vielen anderen Inline-Preamps bietet der sE Electronics DM2 dem Anwender also flexible und wichtige Einstellungsmöglichkeiten. Die empfohlene Eingangsimpedanz am folgenden Preamp liegt bei größer als 1 kOhm, was heutzutage ohnehin Standard ist. Für den Betrieb ist natürlich 48 Volt Phanomspeisung notwendig, wobei der sE DM2 rund 3,1 Milliampere Strom zieht. Wie bei vielen anderen Modellen dieser Bauart wird der Strom nicht „durchgeschleift“. Kondensatormikrofone bleiben also außen vor, dafür sind spezielle Mic Booster wie etwa der Fethead Phantom notwendig, oder externe Phantomspeisungadapter. Ein schöner Nebeneffekt ist allerdings, dass der DM2 Inline-Preamp als „Phantom-Blocker“ wirkt und Bändchenmikrofone vor der vermeintlich bösen Phantomspannung schützt. Es passiert zwar nur in den seltensten Fällen, dass ein Bändchen bei 48 Volt „abraucht“, aber sicher ist sicher.

Bezüglich des Frequenzgangs sollen die Klangveränderungen laut sE Electronics sehr gering ausfallen, der Hersteller verspricht Linearität zwischen 10 Hz und 120.000 Hz im Bereich mit höchstens 0,3 dB Abfall von der Kennlinie.
Mit einem Gewicht von nur 80 g liegt der sE DM2 TNT übrigens leicht in der Hand und ist bei mobilem Einsatz schnell eingepackt.

 

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sE Electronics DM2 TNT

Der sE DM2 TNT versteht sich prächtig mit Bändchenmikrofonen wie dem riesigen Melodium 42B oder dem Royer 121. Auch Tauchspulenmikrofone wie das Shure SM7 oder das Electrovoice PL20 können von der Level-Anhebung profitieren.

Der sE Electronics DM2 TNT im Tonstudio-Einsatz

Eines vorweg, bevor es darum geht, wie sich der DM2 in der Praxis schlägt: Wie sich ein solcher Preamp verhält und wie hoch die tatsächliche Verstärkungsleistung ist, liegt immer an der kompletten Signalkette. Also am Mikrofontyp und dessen Eigenheiten, dem Inline-Preamp und dem nachfolgenden Vorverstärker. Absolute Werte bezüglich der Leistung eines Inline-Preamps sind daher kaum formulierbar und immer abhängig von den genannten individuellen Gegebenheiten.

Den Anfang macht das Tauchspulenmikrofon SM7B am API 512c Preamp. Mithilfe eines Sine-Sweep Tests ermittle ich zunächst ohne DM2 und schwacher Vorverstärkung die höchste Aussteuerung bei -45,2 dB und einen Rauschwert von rund -94 dB. Schalte ich den DM2 in 10 Megaohm/30 dB Stellung hinzu, ergibt sich ein Peak bei – 15,1 dB, das Signal wurde also um 30,1 dB verstärkt. Das Rauschen stieg auf -63 dB an, zu den 30,1 dB hat sich also kaum zusätzliches Rauschen addiert.

In der 10 Megaohm/15 dB Stellung liegt der Peak bei -29,2 dB, was einem Zuwachs von 16 dB entspricht. Hier liegt der Rauschwert bei – 76 dB, diese Stellung schneidet also nicht ganz so gut ab wie die 30 dB Variante und liefert in diesem Setup ein um 2-3 dB höheres Rauschen. In der Praxis ist das aber vernachlässigbar und wird in den meisten Fällen nicht ins Gewicht fallen.

Ein Vergleich des Frequenzgangs zeigt, dass die Herstellerangaben in diesem Setup eingehalten werden. Bis auf kleinere Unterschiede im Bereich von 0 dB – 0,2 dB ist der Verlauf bei beiden den drei Testmessungen absolut identisch.

sE Electronics DM2 TNT

Geballte Power – ein 30 dB höherer Pegel ohne zusätzliches Rauschen ist etwa mit dem Shure SM7B möglich

Verringere ich die Impedanz am sE DM2, wird die Lautstärke erwartungsgemäß kontinuierlich leiser. Bis 1,5 Kiloohm sind die Unterschiede gering: Bei 100 Kiloohm gibt es keinen Pegelunterschied im Vergleich zu 10 Megaohm, bei 6,8 Kiloohm ist das Signal  0,3 dB leiser, bei 2,7 Kiloohm sind es -0,4 dB, bei 1,5 Kiloohm sind es -0,9 dB.

Bei 360 Ohm ist das Signal 2,4 dB schwächer,  bei 200 Ohm sind es -3,7 dB und bei 50 Ohm -5,8 dB. Eine Eingangsimpedanz von 50 Ohm sind eine absolute Fehlanpassung bei einem Mikrofon wie dem Shure SM7B. Da die Rauschwerte in den verschiedenen Settings gleich bleiben, verschlechtert sich in erster Linie das Singal-Rausch-Verhältnis. Aber auch die Auswirkungen auf den Frequenzverlauf sind erheblich. Fast scheint es so, als hätte man einen EQ betätigt. Bei 100 Hz gibt es eine -3 dB tiefe Einbuchtung, die langsam ansteigt und bei +4 dB bei 2,2 kHz ihren Höhepunkt findet. Neben dem höheren Rauschen hat sich also auch der Klang des Mikrofons erheblich verändert. Ich würde selbst  aber trotzdem bei der Aufnahme lieber zur 10 Megaohm Variante einstellen und jegliche Klangveränderung durch einen EQ einstellen.

sE Electronics DM2 TNT

Die 10 Megaohm Einstellung ist in der Praxis oft am besten und bietet zusammen mit der 30 dB Position am SM7B das beste Signal-Rausch-Verhältnis

Weiter geht’s zu den internen Preamps meines RME UFX und einem neuen Testlauf. Zunächst ohne DM2, das SM7B wird direkt mit dem UFX verkabelt. Bei 60 dB Gain liegt der höchste Pegel bei -16,8 dB und das Rauschen bei -64 dB.

Bei 30 dB Gain am UFX und zusätzlichem  TNT in der Einstellung 10 Megaohm / 30 dB erreiche ich einen Wert von -17,8 dB bei gleichbleibendem Rauschen von -64 dB. Hier sind also 29 dB rauschfreie Verstärkung möglich. Der Frequenzverlauf ist in diesem Setup noch linearer, es sind kaum Unterschiede zwischen den beiden Messungen auszumachen.

Als Bändchenmikrofon verwende ich das Royer 121 und ich ziehe zum Vergleich auch einen Triton Fethead hinzu. Bei nur 30 dB am RME UFX ohne Inline-Preamp erzeugt mein Sine-Sweep eine Spitze von -38,7 dB. Mit einem Triton Fethead erhöht sich dieser Wert auf -11,6 dB, es kommen als 27,1 dB hinzu. Der sE Electronics DM2 legt hier noch eine Schippe drauf und liefert mit -5,2 sage und schreibe 33,5 dB mehr Pegel, wobei allerdings auch die Rauschwerte um 2,5 dB ansteigen.

SE_DM2_TNT

Im Zusammenspiel mit einem Royer 121 und dem RME UFX liefert der Triton Fethead 27,1 dB und der sE DM2 TNT bis zu 33,8 dB mehr Pegel

Ändert man die Impedanz in diesem Setup, zeigt sich ein ähnliches Bild wie beim SM7B, allerdings mit deutlich stärkerem Pegelabfall und weitaus größeren Auswirkungen auf den Frequenzgang. So sind es bei 100 Kiloohm 0,1 dB, bei 2,7 Kiloohm bereits 2,5 dB und bei 50 Ohm sogar 24,1 dB weniger Pegel! Zwar wird auch das Rauschen leiser, dies reduziert sich allerdings nur um 6 dB, was zu einem schlechten Signal-Rausch-Verhältnis führt.

Die klanglichen Unterschiede in den tieferen Ohm-Regionen sind hingegen nicht uninteressant, da sie den Bassbereich schwächer abbilden. Damit wirken sie dem bändchentypischen Nahbesprechungseffekt entgegen und verhelfen zu einer neutraleren Abbildung. Anders als beim Tauchspulenmikrofon SM7B ist die Wirkung vergleichbar mit einem Highpass-Filter, das den Frequenzgang bei 350 Hz langsam absenkt und bei 65 Hz mit -6 dB seinen tiefsten Punkt erreicht.

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Fazit

Der sE Electronics DM2 TNT ist ein empfehlenswertes Tool. Ich kenne keinen anderen Inline-Preamp, der derart viel zusätzliches Gain liefern kann. Wie bei allen anderen Vertretern dieser Gattung ist die Auswirkung auf den Frequenzgang und der erzielbare Pegelschub immer abhängig von anderen Faktoren, wie dem jeweiligen Mikrofon und dem eigentlichen Mikrofon-Preamp. Die Rauschwerte sind im Test sehr gut, einzig im Test mit dem Royer 121 hatte der Fethead die Nase etwas vorn. Allerdings konnte der SE DM2 ganze 6,4 dB mehr Gain liefern als die Konkurrenz aus Holland.

In der Praxis zeigt sich, dass die 10 Megaohm Einstellung in vielen Fällen die besten Resultate liefert. Zwar sind starke Klangverfärbungen mit niedrigen Impedanzen möglich, allerdings verschlechtert sich damit auch das Signal-Rausch-Verhältnis. Wer das Maximum an Vorverstärkung benötigt und gerne unterschiedlichen Impedanzen einstellen will, sollte sich den sE Electronics DM2 genauer Ansehen und in dem jeweiligen Setup ausprobieren.

 

Plus

  • sehr hohe Gain-Reserven
  • niedriges Eigenrauschen (30 dB Stellung)
  • flexible Einstellmöglichkeiten

Preis

  • 138,- Euro
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