Der mobile Alleskönner mit High-End-Klang
Auf den ersten Blick erscheint der Sonosax SX-M2D2 winzig und teuer. Gleichzeitig ist er aber ein hervorragender Mikrofon-Preamp und ein sehr hochwertiges USB-Audiointerface. So ganz passt das aber nicht zusammen, oder? Gibt es nicht genug USB-betriebene Audiointerfaces mit entsprechend hochwertigen Vorverstärkern? Wo ist also der „Witz“ beim Sonosax SX-M2D2?
Wie so oft ist es bei Geräten wie dem Sonosax sehr wichtig genau hinzusehen. Wir werden im Laufe des Tests herausfinden, dass man den Winzling nicht in einen Topf mit einem SSL 2+ oder einem mobilen Zoom Recorder werfen darf. Der M2D2 ist ein höchst professionelles „Audio Device in the pocket“ und wird mit seinem Konzept, seiner Bedienung und seiner Qualität anspruchsvollsten Ansprüchen gerecht.
Für unseren Test stellte uns der deutsche Vertrieb Zeigermann_Audio den SX-M2D2 zur Verfügung.
Dazu hat der Hersteller einen hervorragenden Namen in der Szene, genauer gesagt: bei Mischpulten und Preamps. Die erste Sonosax Konsole, designt von Jacques Sax, wurde 1980 präsentiert. Eigentlich für Diskotheken und TV-Studios konzipiert, fand das Gerät trotz des vergleichsweise hohen Preises eine weite Verbreitung. „Schuld“ daran sind die überaus hochwertigen Mikrofonvorverstärker, deren Klangqualität sich schnell herumgesprochen hatte. Danach kamen noch weitere Mixer, Multitrack-Recorder und Vorverstärker – alle mit dem Vorsatz, Geräte in höchster Qualität zu erschaffen. Jacques Sax hat es mit seinem kleinen, aber feinen Lineup geschafft, es sich in einer Produkt-Nische bequem zu machen! Der neueste Spross ist der 2019 vorgestellte SX-M2D2, der uns bei AMAZONA.de neugierig gemacht hat. Schauen wir uns das kleine Kistchen also mal genauer an!
Die Ausstattung
Alugehäuse mit den Maßen 74 x 28 x 130 mm (B x H x T) und nur 336 g inklusive Batterie: Der M2D2 ist wahrlich ein Winzling. Auf der Frontseite nur zwei Dreh-Push-Encoder und ein kleiner OLED-Bildschirm (128 x 64 Pixel) und auf der Rückseite eine Reihe von Mini-XLR-Buchsen (5), USB-Ports (2) und ein 9-18 V Hirose-Port. Dazu, kaum zu erkennen, noch ein 3,5 mm Klinkenanschluss für einen Kopfhörer.
Die Mini-XLR Buchsen sind für Input 1 (Mic/Line), Input 2 (Mic/Line), Ausgang und AES In & Out. vorhanden. Die USB-Ports sind zum einen für eine mögliche Stromversorgung über USB und beim zweiten Port für das Audiosignal gemacht.
Im Lieferumfang des M2D2 sind neben dem SX-M2D2 ein USB-C-Kabel, eine Lithium-Ionen-Batterie und ein hochwertiges Softcase enthalten.
Und als kleiner Softfact: Wenn Sie ein Gehäuse wünschen, um den M2D2 an einer Kamera zu befestigen, dann finden Sie auf der Sonosax Website eine Datei für einen 3D-Drucker, um ein entsprechendes Case zu drucken – sehr pfiffig, wie ich meine!
Stromversorgung
Batterie? Hirose? USB? Ja, tatsächlich bietet Sonosax für das Gerät drei optionale Stromversorgungen an. Da merkt man, dass man sich bei Sonosax wirklich Gedanken macht: Die 3,6 V Batterie bietet genug Power für 3 Stunden Feldeinsatz. Das USB-C Interface bietet 5 V Versorgungsspannung und mit dem externen Netzteil kann man den M2D2 mit 9-18 Volt versorgen. Alle drei Stromversorgungen arbeiten unabhängig und können simultan eingesetzt werden. Sollte eine Stromquelle ausfallen, dann schaltet die kleine Box selbständig auf die nächstbeste Quelle um.
Die Bedienung
Der gleichzeitige Druck auf beide Drehregler startet das Gerät. Nach 2 bis 3 Sekunden erscheint der Startbildschirm und damit beginnt das Eintauchen in die Menüs. Zugegeben, ein Gerät mit der Funktionsvielfalt des M2D2 benötigt nun mal einige Menüs und aufgrund des ultramobilen Konzepts des Gerätes liegt es in der Natur der Sache, dass man sich hier erst mal einarbeiten muss.
Im 37-seitigen Handbuch benötigt die Beschreibung der Menüpunkte auch fast die Hälfte des Umfangs, wobei die meistens Screens nur einmal für die Basiskonfiguration genutzt werden müssen. Und wenn man immer mit demselben Mikrofon-Setup arbeitet, dann wird man auch sehr schnell die wichtigsten Einstellungen finden. So gesehen ist das für mich auch kein Minuspunkt, wenngleich einen Hinweis wert: Bitte beschäftigen Sie sich mit dem Sonosax, sonst entgehen ihnen einige Funktionen, die sehr nützlich sein können. Hier eine kleine Auswahl:
- Presets Menü: Sie können im Gerät bis zu 8 Presets mit entsprechenden Settings abspeichern
- Controls Menü: Sie können einstellen, was jeder der Dreh-/Drückregler auf der Front macht
- Sampling Frequency Menü: Hier stellen Sie die wünschte Sampling Frequenz von 41 kHz – 192 kHz um (24 Bit)
- Reference Tone: Hier können Sie einen 1 kHz Ton aktivieren, z.B. um vertauschte Kanäle zu identifizieren.
- Mixer Menü: Der M2D2 besitzt eine routbare Matrix. Jeder Eingang kann zu jedem Output oder zum internen Stereo Mixer geroutet werden
- Mix Compressor/Limiter: Ja, das kleine Kistchen hat auch einen Kompressor mit Limiter Funktion
Die Technik
Die Preamps im Sonosax SX-M2D2 basieren auf der gleichen Technologie wie die Vorverstärker in den Konsolen. Wobei man mit diesen Aussagen vorsichtig sein muss, denn die Bauteile und die Schaltung weichen sicher ab – schon aufgrund der Mobilität. Laut dem deutschen Vertrieb sind die Preamps aber identisch mit dem Sonosax Preamp SX-AD8+ und dem digitalen Recordingsystem SX-R4+ – beide deutlich in der 4.000,- Euro Plus Preisklasse zu Hause.
Aber Sonosax gibt immerhin eine Dynamic Range von 135 dB (A-weighted, Pre Gain 0 dB) an, was wirklich eindrucksvoll ist. Und auch die Total Harmonic Distortion (THD) ist mit unter 0,002 % sehr guter Studiostandard. Hier kommt übrigens eine nur in hochpreisigen Wandlern verfügbare Gain-Staging-Technologie zum Einsatz. Um dem Dynamikumfang eines hochwertigen Mikrofons gerecht zu werden, werden zwei A/D-Wandler eingesetzt. Der Wandler mit der höheren Verstärkung ist für die niederpegeligen Signalanteile zuständig und clippt bei hohen Pegeln, während der Wandler mit der niedrigen Verstärkung auch sehr hochpegelige Signale verarbeiten kann, jedoch nicht genug Auflösung für sehr niedrige Signalpegel aufweist. Diese Technik ist allein schon deswegen sehr aufwendig, weil beim Umschaltpunkt Timing und Linearitätsabweichungen vorkommen können. Übrigens wird dieses Wandler Gainstaging auch bei Neumann und Shure im Top-Segment eingesetzt.
Abschließend noch eine Info, die insbesonders für ein mobiles Gerät sehr wichtig ist: Sie können den M2D2 bei Temperaturen von -20 Grad bis +70 Grad Celsius einsetzen.
Der Einsatzbereich
Das M2D2 ist ultra-flexibel, wie ich es bei kaum einem anderen Gerät gesehen habe. Hier ein paar Einsatzbeispiele:
- „Ganz normal“ – als USB-Interface stationär oder im mobilen Einsatz
- Als mobiler Verstärker für hochwertige Musik und Sprachaufnahmen. Laut Hersteller auch ausdrücklich für professionelle TV- und Kinovertonung geeignet
- Als Mikrofonvorverstärker für dynamische, Kondensator- und/oder Bändchen-Mikrofone mit 48 V Speisung. Dazu aber auch für die modernen AES3/AES42 Digitalmikros geeignet – auch im Mix mit den anderen Eingängen
- Als Komplettset für den Tonassistenten inklusive digitaler Aufnahme auf Smartphones oder professionelle mobile Recorder
- Als Soundsystem für Filmaufnahmen, Podcasts, Field-Recording, Live-Aufnahmen, Musikmitschnitte etc.
Durch die Erweiterung mittels AES ergeben sich noch viele weitere Optionen – ich denke mal, dem einschlägigen Tontechniker könnte hier schon das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Der Klang
Ich habe sowohl ein Shure SM58 als auch ein Sennheiser e865s am SX-M2D2 betrieben. Beim ersten Test wollte ich wissen, inwieweit die Stromversorgung den Klang beeinflusst – und hier kann ich nur Gutes berichten: Die Klangunterschiede des Sonosax, betrieben mit Batterie, USB-C oder externem Netzteil, sind definitiv zu vernachlässigen. Allenfalls bei energiereichen tiefen Frequenzen mag der Batteriebetrieb einen Hauch schlanker klingen. Das ist aber insofern zu vernachlässigen, als die Unterschiede nur bei konzentriertem Hören in optimalen Bedingungen wahrzunehmen sind. Da der Batteriebetrieb aber für den mobilen Einsatz vorgesehen ist, werden Sie hier rein gar keinen Unterschied wahrnehmen.
Beide Mikrofontypen werden mit genügend Power versorgt und die Sprachaufnahmen belegen die gute Qualität der Preamps: Ich bin ehrlicherweise mit den Sonosax Konsolen nicht vertraut, aber absolut gesehen arbeiten die Mikrofon-Preamps auf sehr hohem Niveau.
Klangbeispiele
Zum Einsatz kamen die beiden Mikrofone (Shure SM58 und Sennheiser e865) vor einem VOX Combo AC-15 mit einem Boss Bluesbreaker Distortion-Pedal und einem Boss RV-6 Reverb. Aufgenommen wurde übrigens direkt in ein iPhone Xs über das Camera-Connection-Kit.
Beispiel 1 mit einer Fender Stratocaster Deluxe (Neck-Pickup):
Beispiel 2 und 3 mit einer Les Paul Standard: einmal mit aktiviertem internen Kompressor und einmal ohne:
Und zuletzt eine „Liveaufnahme“ eines beliebten Videospiels, bei dem ein italienischer Handwerker mit anderen kuriosen Gestalten um die Wette fährt:
Auch die Wandler klingen sehr frisch und dynamisch und können klanglich sicher an die Qualität meines Apollo Twin X heranreichen. Viele Stunden des Musikhörens mit dem M2D2 haben hier keine Schwächen aufgezeigt. Neutral, minimal dunkel abgestimmt, aber mit viel Feinzeichnung und weiträumiger Abbildung kann die kleine Kiste auch hier voll und ganz überzeugen.
Das Handling
Ich habe mein iPhone als Audiorecorder angeschlossen und bin mit dem Sennheiser e865s durch die Umgebung gewandert. Dabei ist mir folgendes aufgefallen: Arbeiten Sie unbedingt mit Presets! Im sehr kleinen Display des Sonosax SX-M2D2 befinden sie schier unendlich viele Parameter und leicht ist in der Hektik der Situation der Kompressor deaktiviert oder ein Pegel falsch eingestellt.
Mein Tipp: Nehmen Sie sich vor der Aufnahme genügend Zeit und prüfen Sie alle Parameter, die Sie einsetzen möchten und speichern Sie diese ab. Auch die individuelle Konfiguration der beiden Dreh-/Drückknöpfe hilft, denn es ist auch möglich, auch Multifunktionen zu belegen. So kann ein Dreh am Encoder gleichzeitig den Mic und den Kopfhörerpegel verändern.
Kritik
Mir sind nur ein paar Kleinigkeiten im Menü aufgefallen, die das Studium des Handbuchs erfordern. So müssen die Mikrofon-Preamps auch wirklich aktiviert werden. Allerdings könnte man erst meinen, mit Power ON wäre die 48 V Speisung gemeint. Auch das Einschalten über das gleichzeitige Drücken beider Encoder ist zwar OK – ausschalten muss man aber über das Menü. Denn wenn man im Betrieb die beiden Encoder gleichzeitig drückt, dann sperrt man die Eingabe-Matrix gegen Fehlfunktionen. Aber das ist auch irgendwie der „Ghost in the Machine“, um mit den Worten von „The Police“ zu sprechen: Mit großer Funktionsvielfalt kommt auch eine Komplexität in der Bedienung. Man denke nur an Apples iTunes, das anfangs noch ganz logisch gegliedert war und am Ende seiner Entwicklung hat keiner mehr geblickt, wo welche Funktion zu finden ist (deswegen hat Apple ja aus iTunes auch drei Apps gemacht!).
Mini-XLR ist nicht das verbreitetste Format – aber es ist konsequent für so ein kleines Gerät. Im Heimstudio ist man aber gezwungen, mit Adapterkabeln zu arbeiten.
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Wow, super interessantes Teil! Hohe Qualität, vielfältig einsetzbar, Preis/Leistung scheint auch voll in Ordnung, gerade letzteres ist für Schweizer Produkte ja nicht selbstverständlich. Danke für den Bericht.
Scheint sehr interessant zu sein; mich wuerd interessieren wie er sich denn im vergleich mit Sound Devices abschlaegt (vor allem in sachen aussdauer und physischer stabilitaet).
@nativeVS Die Sound Devices Geräte sind zum Teil ja in „rugget“ ausgeführt und würden so machen Sturz überleben. Ich glaube zwar, dass der Sonosax das auch überstehen würde, aber mit dem ein oder anderen Kratzer.
Klanglich kann nich dazu leider nichts sagen, da ich die Sound Devices noch nicht bei mir hatte.
@Jörg Hoffmann Vielleicht waer es ja mal moeglich einen vergleichstest der edleren mobilen recording loesungen zu machen, also: Nagra, Sound Devices, Sonosax, der grosse Tascam und vielleicht ein Zoom F8.
@nativeVS Solch ein Vergleich würde mich auch sehr interessieren!
@nativeVS Nagra hat und hatte kein Audiointerface im Sortiment.
Es gibt aber die Recorder »Nagra Seven« und »Nagra VI«.
Den »ZOOM F8« Recorder gibt es auch nicht mehr.
Sein Nachfolger ist der »ZOOM F8n« Recorder.
Die USB-Funktion ist auch auf max. 96kHz limitiert.
Ein »Metric Halo ULN-8« Vergleich wäre für mich interessanter.
Ich habe den m2d2 jetzt ca einem Jahr im Einsatz, wobei der Begriff „Einsatz“ etwas übertreiben ist. Ursprünglich wollte ich damit ab und an meinen sound devices mixpre6 um 2 mikrofonkanäle erweitern, mittlerweile liegt er unbenutzt rum.
Ich habe Einstreuungen von meinem Handy bemerkt (Handy A-Tasche, m2d2 vorne). Klar, sein eigenes Handy kann man weglegen, aber wenn man dann in unkontrollierter Umgebung ist, will man das Risiko auch nicht eingehen.
Im Sommer schaltete er sich nach 3-4 Std Betrieb bei über 30 Grad ab und ging auch nicht mehr an (im Schatten wohlgemerkt).
Eines Tages kam ich zurück in meiner Tasche und der M2D2 produzierte selbst ein Rauschen bei -0dbfs – Eines anderen Tages hatte ich einen Schockmoment, als er sich für 5 min nicht anschalten lies.
Anonsten habe ich nix negatives zu berichten, habe ihn aufgrund der Erfahrungen aber auch kaum im Einsatz gehabt.
Schade Schokolade
Dieses Gerät erinnert mich an die hervorragenden analogen Vorverstärker EAA PSP2 und PSP3 und insbesondere an deren Nachfolger, den AETA MiXY.