Mixer-Case ready to mix
Vorwort der Redaktion
Dieser Testbericht hat einen Koffer und ein Case von THON im Fokus, die vor allem für den Live-Einsatz von Mischpulten geeignet sind. Trotz der Ähnlichkeit des Einsatzzwecks und der klappbaren Rack-Schienen gibt es aber einige entscheidende Unterschiede zwischen den beiden Modellen, die hier in der Fact-Liste deutlich werden (FETT gedruckt die Unterschiede)
Facts: Thon 19″ Koffer 8 HE 12
- 8 HE Einbautiefe
- 6,5 mm Birkenmultiplex
- Farbe: Phenolharz beschichtet braun
- 22 x 22 mm Alukanten
- 2 Schnappschlösser
- 25 x 15 mm Gummifüße
- aufstellbare stufenlose Rack-Schiene durch Scherenaufsteller (nur eine Stufe möglich)
- Koffergriff
- Einbautiefe ab Rack-Schiene 12 cm
- abnehmbarer Deckel
- Außenmaße: BxTxH 553 x 396 x 202 mm
- Gewicht: ca. 5,6 kg
Facts: Thon Rack Case 8HE Live 15
- 8 HE Einbautiefe
- 6,5 mm Birkenmultiplex
- Farbe: Phenolharz beschichtet braun
- 25 x 25mm Alukanten
- 2 Butterflies gefedert
- 38 x 25 mm Gummifüße
- aufstellbare stufenlose Rack-Schiene durch Rasterschiene
- Klappgriff
- Einbautiefe ab Rack-Schiene 15 cm
- abnehmbarer Deckel
- Außenmaße: BxHxT 560 x 250 x 400 mm
- Gewicht: 7,2 kg
Im Folgenden sehen wir uns das Case nun genauer an:
Profis nutzen professionelle Cases und Koffer
Ich weiß ja nicht, wie es euch ergangen ist, aber bei mir stand sofort eine Entscheidung bei Beginn meiner Karriere als professioneller Künstler vor ca. 25 Jahren wie in Stein gemeißelt fest. Den Unterschied zwischen Amateur und Profi erkennt man bereits während des Ausladens des Equipments: an der Verpackung der Instrumente!
OK, diese Aussage leidet vielleicht etwas unter der damalig jugendlichen Begeisterungsfähigkeit, aber es lässt sich bezüglich ihrer Richtigkeit nun mal auch nicht so leicht von der Backe putzen. Während ich noch die berühmten Rucksäcke (FX-Pedale), Staubhauben (Amps) oder gar die verhassten Plastik-Tragetaschen (Kabel) bemühte, rollten bei der damaligen Next-Level-Liga bereits amtliche Kisten mit Aluminiumkanten, Butterflies und Kugelecken aus den Ford Transits beim regionalen Open-Air-Festival.
Schon damals war ich Feuer und Flamme für die ultra-stabilen Kisten und Koffer, was sicher auch mit meinem Sicherheitswahn im Bezug auf Funktionsfähigkeit des Equipments zu tun hatte. Selbiger lies mich zu einem glühenden Verehrer des Flightcase-Baus werden. Wann immer man sein Equipment so transportieren muss, auf dass es nach einer Reise im berüchtigten Sprinter-Bandbus oder schlimmer noch im Trailer des Nightliners die kommende Show überleben will, kommt man um die amtliche Verpackung nicht umhin.
Nur einmal in meinen zweieinhalb Dekaden des Musikgeschäftes hätte ich ein Flightcase auf den Mond schießen können, als ein Kollege von mir (Bassist) beschloss, eine kleine Clubtour mit einer Ampeg Sonderanfertigungs-Exponentialbox, welche mannshoch, auch schon ohne Flightcase der 100 kg Grenze verdächtig nahe kam, nochmals zusätzlich in ein amtliches Case zu packen, so dass wir es mit 4 Mann es kaum schafften, die Box auch nur in den Bus zu heben, geschweige denn das Monster die Stufen zum Headbangers Ballroom in Hamburg hoch zu bekommen.
In den letzten Jahren haben sich mehrere Anbieter auch auf Spezialanfertigungen beziehungsweise Sonderlösungen im Flightcase-Bau spezialisiert. Eine dieser Sonderlösungen ist der Thon Live Rack Koffer, welcher speziell für den Transport von Rack-Mischpulten konzipiert wurde, über einige interessanten Detaillösungen verfügt und mir zum Test vorliegt.
Konstruktion des 19″ Koffers
Der Thon 19“-Koffer 8 HE Live wird aus 7 mm Birken-Multiplex gebaut und ist mit seinen 7,12 kg eher als dünnwandig respektive leicht einzustufen. Cases, in denen Gitarren-Heads, Cabinets oder gar Endstufen transportiert werden müssen, werden aufgrund ihrer Ausreißfestigkeit bei den Griffen oder Böden auch gerne schon einmal aus 9 mm oder gar 14 mm starkem Material gefertigt, was allerdings auch einen ordentlichen Gewichtsanstieg bedeutet.
Da der primäre Einsatzbereich des Thon Koffers aber im eher moderaten Gewichtsbereich liegt, gehen die 7 mm Wandstärke völlig in Ordnung. Zudem ist Birke ein eher leichtes Holz, was mit einer Gewichtsersparnis einhergeht und durch das Multiplexverfahren dennoch über genügend Festigkeit verfügt.
Die Aluminiumprofile sind in 25 mm/25 mm ausgeführt und bieten ausreichend Festigkeit. Acht Medium-Kugelecken schützen die Ecken während des Transportes. Alle Nieten sind sauber und einwandfrei angebracht, überhaupt macht der Thon Koffer einen sehr verwindungssteifen Eindruck, hier wackelt nichts. Wenn ich da an mein erstes, selbstgebautes Flightcase als Selbstbauset zurückdenke – mit der Handnietenzange, drei große Wasserblasen inklusive.
Der kurze Deckel wird mit 2 gefederten Butterfly-Verschlüssen von mittlerer Größe, welche sich an den Stirnseiten des Koffers befinden, arretiert. Über einen massiven Klappgriff lässt sich der Koffer anheben. Auf der Unterseite befinden sich 4 große, mittelweiche Gummifüße und sichern das Produkt gegen Rutschen während des Betriebes. Zum Lieferumfang gehören ebenfalls 8 Schienen-Muttern, plus den dazugehörigen Schrauben und Entkopplungsringen.
Öffnet man den Koffer, fallen einem sofort zwei Eigenheiten auf, die recht geringe Einbautiefe und die beiden außergewöhnlichen, hochklappbaren Rack-Schienen. Beides geht mit der Ausrichtung des Koffers einher, welcher wie gesagt explizit für den Transport von Rack-Mischpulten konzipiert wurde. Hierzu ein paar erläuternde Ausführungen.
Problemstellung zum Live-Einsatz kleiner Mischpulte
Jeder, der schon einmal vor dem Transport eines Rack-Pultes stand, kennt die Problematik:
Lösung 1.):
Das Pult wird in eine Decke gewickelt und im Transporter möglichst oben auf das restliche Equipment gelegt.
Ergebnis zu 1.):
In der ersten Kurve a.) rutscht das Pult zur Seite und verkeilt sich zwischen der Außentür und der Bassdrum oder b.) fällt/kippt ein anderes Case auf das Pult drauf > Fazit: 2 Potentiometer abgebrochen, 1 Poti abgeknickt, Stimmung bei der Band schon vor der Show komplett im Eimer, Performance während der Show = mangelhaft!
Lösung 2.):
Omis alter Koffer und etwas Schaumstoff (alternativ die Decke von Lösung 1) muss für den Transport herhalten.
Ergebnis zu 2.):
Das Pult kommt heil an, muss aber bei jeder Show komplett neu verkabelt werden. Zudem löst sich der Koffer von Show zu Show mehr auf, spätestens bei der zehnten Show reißt der alte Ledertrageriemen.
Lösung 3.):
Das Pult wird hochkant in einen 19“-„Kühlschrank“ (18-20 HE) eingeschraubt.
Ergebnis zu 3.):
Das Pult ist professionell verpackt, aber durch den Hochkant-Einbau kann der FOH während der Show nur sehr schlecht auf Regler und Fader zugreifen. Zudem wird die große Einbautiefe des „Kühlschranks“ nicht genutzt, da Pulte zumeist wenig Einbautiefe besitzen.
Lösung 4.):
Das Pult wird auf ein 20 HE Racks mit umlaufendem Aluminiumprofile geschraubt und ist somit von oben zugänglich.
Ergebnis zu 4.):
Das Pult nutzt nur einen Bruchteil des vorhandenen Platzes im Rack. Wird der Rest der noch verbleibenden 16 HE nicht mit Outgear aufgefüllt, transportiert man ein Riesen-Rack voll mit Luft. Zudem sind solche Racks sehr selten und werden meistens nur als Kundenauftrag gefertigt.
Die Lösung: klappbare Rack-Schienen
Hier setzt der Thon Koffer an. Die beiden hochklappbaren Schienen können an fünf unterschiedlichen Punkten eingerastet werden, was fünf unterschiedliche Arbeitswinkel am Pult zur Folge hat. Eine sehr gute Detaillösung ist doch gerade eine leicht abgewinkelte Fläche der optimale Arbeitsansatz. Verfügt das Pult über ein oberes Steckfeld, kann man eine kleine Kabelpeitsche auch während des Transportes eingesteckt lassen, sofern die Kabel unter den Deckel passen. bei einem stirnseitigen Steckfeld muss bei einem bündigen Abschluss die Verkabelung komplett entfernt werden.
Das Mischpult-Case in der Praxis
Die Rack-Schienen laufen angenehm leichtgängig und rasten in jeder Versenkung mit einem deutlich wahrnehmbaren Klicken ein. Will man das Pult wieder im Koffer versenken, muss man die Rack-Schienen ganz nach vorne ziehen, um die Arretierungen zu lösen. Eine simple Konstruktion, aber doch sehr wirkungsvoll.
Der Koffer hat aufgrund der unteren Gummifüße einen festen Stand während des Betriebes, allerdings setzt er während des Transportes hochkant nur auf den Kugelecken auf. Hier hätten vier kleine Gummifüße für bessere Standfestigkeit gesorgt, zudem würden die Kugelecken nicht so schnell verkratzt.
Hallo Axel,
die fehlenden Gummifüße auf der Stirnseite der Cases habe ich mir fast immer selbst nachträglich eingebaut (Geschraubt mit Einschlagmuttern, nicht genietet).
Scheint kein Standard der Hersteller zu sein, obwohl es schön wäre, man muss nämlich manchmal, je nach Innenaufbau, Polsterteile entfernen, um die Füße zu befestigen. Wenn die Hersteller sie von vornherein mit einbauen würden, gäb es nicht diese Probleme.
Gruß Jürgen
Auch ich bin ein großer Freund von guten Transportmöglichkeiten.
Ein paar Probleme sind bis heute immer noch nicht gelöst.
Ich mag es nicht, wenn das Zubehör (Netzteil/Kabel) nicht in der gleichen Kiste mitreist. Durch die feste Geräte-Verschraubung in der Kiste werden alle möglichen Beschleunigungskräfte/Erschütterungen (umkippen etc.) ungebremst auf das Gerät weiter gegeben.
Es müsste doch möglich sein, ein Federelement was die Erschütterung etwas mindert einzubauen.
@Franz Walsch Hallo Franz,
wenn es so einfach wäre. Der Punkt sind die beim Transport auftretenden Kräfte. Da hilft nur der Fahrweise angemessene Ladungssicherung und sinnvolles Beladen. Das ist schon mal die halbe Miete. Die Kombination von Form und Kraftschluss macht es. Auf dem Fahrzeug verteilt man die Massen idealerweise so, das sich weder eine Kopf noch eine Rücklast ergibt. Bezogen auf Federn, keine Gute Idee. Ladung verhält sich auf dem Fahrzeug wie ein Pendel. Pendel schwingen und haben auch eine Resonanzfrequenz. Das kann sich aufschaukeln und das Equipment beschädigen. Siehe auch falsch gepackte Pakete. aussen zu feste Kartonage und innen federnd gepackt. Wenn sowas über den Sorter geht und abgekippt wird, hast du schon 1.4G. Aussen heil, innen Staub, ist das Resultat.
@TobyB Danke Toby für die ausführliche Antwort. Ich dachte da auch eher an Kunststoffe die Energie aufnehmen ähnlich Knautschzonen vom Auto. Federn sind aber erste Wahl beim entkoppeln von Raum-in-Raum Studios. Die »Galaxy Studios« ruhen auf Gebäudeentkopplungsfedern (so kam ich auf »Federn«).
@Franz Walsch Hallo Franz,
stationär geht vieles aber im bewegten Alltag wirds schwierig. Man bräuchte einen Stoff der in der Lage ist, spontane Beschleunigungsänderungen aufzunehmen. Und anschliessend sinnig abgibt und anschliessend wieder bereit ist. So wie fixotrope Flüssigkeiten. Nur in sinnvoll. Und das ist das Problem. Da ich nun viel mit Logistik zu tun habe, ist das für mir auch interessant. Bis dato haben wir zwar Sensoren, können die Daten aber nicht sinnvoll umsetzen. Von den Kosten reden wir nicht. Solange sich nichts anderes ergibt, sollte also ein Lademeister immer über die LaDuSi gucken. Das hilft viel.
@TobyB Hallo Toby und nochmals vielen Dank für den tiefen Einblick in die Thematik. Mal sehen was die Zukunft bringt … .