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Tour-Tagebuch: Mad Max on the Road – Teil 2

(ID: 2350)

Beide Shows laufen gut und groovy, sind relativ gut besucht und anschließend hängen wir noch lange rum, sprechen mit begeisterten Fans, geben Autogramme und diskutieren an der Theke über Thin Lizzy und Ozzy Osbourne. Ein DJ versorgt uns den Rest des Abends nämlich mit Rocksongs nach Wunsch. Bei jedem dritten Lied hört man ein „Lauter!“ mit holländischem Akzent. Hans genießt jede Note :). Bei „No more tears“ heißt es um 3:30 für mich dann eher „No more beers“, und ich hau mich hin. Vom Autostrich ist übrigens nichts zu sehen – alles nur heiße Luft.

Der Marshall rockt

Der Marshall rockt

Tag 10: Samstag, 20.06.2009 – 12:00 Uhr – Kurz vor Köln.

Der Vorletzte Tag. Langsam aber sicher setzt auch die Nostalgie ein. Und die Schreibfreude nimmt offensichtlich etwas ab. Kann aber mit Sicherheit an der Müdigkeit liegen. ;-)

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Die immer geringer werdende Distanz zwischen Aufenthaltsort und home-sweet-home finde ich nicht schlecht, denn auch wenn die Tour wirklich sensationell Spaß macht und alle Leute echt nett und gut drauf sind, ein bisschen Heimweh macht sich nach 9 Tagen dann doch breit, nicht nur wegen dem 1,60er Bett, der Dusche oder einem eigenen Kühlschrank, sondern auch um meine Freundin wiederzusehen. So lange waren wir in 2,5 Jahren Beziehung bislang noch nicht räumlich getrennt und es fällt mir verdammt schwer. Es soll ja Partnerschaften, ja sogar Ehen geben, in denen sich die Partner freuen, wenn sie mal „frei“ haben und sich „erholen können“ voneinander, bei uns ist dieser Punkt aber wohl noch in großer Ferne (falls er überhaupt verbindlich irgendwann kommt) und das fühlt sich erstaunlich gut an. Ebenso gut fühlt es sich an, wenn man in der Stadt, in der man spielt, Bekannte hat und so freue ich mich, dass ich mich ganz spontan mit einer ehemaligen Mitmusikerin in Köln verabreden kann, die dort inzwischen heimisch ist. Wir vereinbaren ein gemütliches Kaffee-Trinken zwischen 14 und 16 Uhr, weil in dieser Zeit habe ich ja in der Regel nix zu tun.

12:15 Uhr … ich erfahre, dass zwischen 14:00 und 16:00 Uhr ein Video-Dreh angesetzt ist, um mit einem Film-Team, das auch für „Unter Uns“ arbeitet, einige Live-Szenen für das Video zu „Big Black Crow“ von „Crush, Zac, Begg and a friend“ zu drehen. Super. Grundsätzlich ’ne tolle Sache, nur irgendwie wusste ich nichts davon und muss nun mein Treffen mit der Freundin wieder nach hinten verschieben. That’s Showbusiness. Es ist halt nichts planbar und wenn du denkst, du weißt, was kommt, kommt es anders.

Vorbereitungen zum Videodreh im Underground in Köln

Vorbereitungen zum Videodreh im Underground in Köln

Der Videodreh läuft aber immerhin ohne Probleme und Verzögerungen und so schaffe ich dann wenigstens noch 45 Minuten Tee und Kuchen in der wunderschönen City of Cologne. (Wieso assoziiere ich damit immer Rasierwasser?!)

Das „Underground“ ist ein erneut kultiger Live-Club mit mehreren Arealen und einem schönen Biergarten. Da es ein Samstagabend ist, sind auch einige Gäste mehr gekommen, die sich unser Live-Spektakel anschauen. Wir rocken gewohnt verspaßt die Playlists ab und ich selbst habe immer mehr das Gefühl, auch meine eigenen Songs zu spielen, selbst wenn ich nur eingekaufter Musiker bin, der die von anderen selbstgeschriebene Musik reproduziert. Ich freue mich jedenfalls noch immer über jeden Song und jedes Gitarrenriff wie ein Kleinkind über ’nen neuen Playmobil-Trecker und gebe alles. Das liegt sicher auch daran, dass mir die Mucke wirklich gefällt. Insbesondere MadMax ruft in mir Erinnerungen an meine Kindheit hervor (da sind wir wieder beim Trecker), denn es gibt in Sachen Musikstil eine gewisse Ähnlichkeit zu Songs von Bon Jovi, die ich damals rauf und runter gehört habe. Ein Fahrstuhl wäre übrigens nichts dagegen.

In der Pause und nach dem Gig habe ich dann noch die Gelegenheit, Christian Tolle kennenzulernen, den ich schon mal im Vorprogramm von Toto auf der Bühne gesehen und auf der Musikmesse getroffen habe. Was ich gar nicht wusste: Er spielt mit unserem Drummer Hans und dem Bassisten meines Projektes „Legends of Rock“ in einer Band namens „Cooper Inc.“ zusammen. Wie klein doch die Welt mal wieder ist. Wir unterhalten uns jedenfalls prächtig und ich bin froh, einen gleichgesinnten Toto-Fan zu treffen, der mit der Materie „Luke“ auch nicht unvertraut ist. Da gibt’s immer viel zu tratschen :)

Der Abend mit der Band zusammen wird noch lang, und wir harren bis in die frühen Morgenstunden mit einigen in der Bus-Lounge aus. Es ist schließlich der letzte gemeinsame Abend, bevor es am nächsten Tag nach Münster geht.

Tag 11: Sonntag, 21.06.2009 – Tour-Finale in Münster

So schnell geht die Tour auch schon vorüber. Ein letztes Mal noch vom Bus aus die aufgehende Sonne betrachten und dann heißt es auch schon Abschied nehmen.

Ich werde wach und mir wird klar, dass es das letzte Mal ist, dass ich in diesem Bus die aufgehende Sonne erblicke. Nicht das Schlimmste, zumindest wenn es um die Schlafqualität geht. Und so geht es auch ein letztes Mal auf den Rastplatz, kurz vor Münster, wo wir uns ein letztes Mal das hervorragende Frühstücksmenü reinhauen dürfen. Rührei mit Speck, ein Brötchen und Kaffee, wobei ich Kaffee ja überhaupt nicht mag. Als ich die Kassiererin frage, ob ich auch was anderes bekommen könnte als „Kaffee“, schaut sie mich verdutzt an und versucht mir, obwohl ich es längst verstanden habe, mehrfach zu erklären, dass eben nun mal Kaffee dabei ist. Wenn man Rührei und ein Brötchen einzeln kauft, kostet es exakt das Gleiche und so entscheide ich mich, den Kaffee eben trotzdem zu nehmen und einen Musikerkollegen damit zu beglücken. Das muss jetzt ich mehrfach erklären, denn sie möchte das irgendwie nicht, sondern den Kaffee lieber wegschütten. Ich verzweifle, bekomme den Kaffee aber nach etlichem Hin- und Her dann doch noch mit und vergnüge mich mit meinem O-Saft. „Nächstes Mal halte ich einfach die Klappe“, denke ich im Stillen in der Gewissheit, dass es so schnell keine weiteren Frühstücke an Raststellen geben wird.

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Ich nehme mein Frühstück mit Tommy Zac ein und wir schmieden einige Pläne für gemeinsame Projekte in der Zukunft. Wir beiden haben uns auf dieser Tour wirklich gesucht und gefunden und unsere einheitlichen Interessen in Sachen Musik und Politik schaffen ein eng vertrautes Freundschaftsgefühl, für das man sonst eher Jahre braucht. Schade, dass er in RL (real life – ein letzter Gruß an die WoW-Kids) ca. 1000 km entfernt lebt. Aber schauen wir mal.

Kurze Zeit später setzt sich der Bus in Bewegung, um unser Endziel, die Sputnikhalle in Münster, anzufahren. Dort angekommen suche ich ein letztes Mal eine Fremd-Dusche auf und auch wenn ich es nicht für möglich gehalten habe und das Thema Duschen bereits Todesangst-ähnliche Zustände hervorruft, muss ich mich der Tatsache stellen, dass es noch schlimmer geht. Es geht IMMER noch schlimmer … Zunächst muss ich ’ne halbe Stunde warten, bis der Verantwortliche eine neue Birne eingebaut hat. Ich betrete den Raum und werde von einem beißenden Geruch, der in etwa vergammeltem Fleisch recht nahe kommen dürfte, erschlagen. Ich opfere den letzten Inhalt meines Deos, um eine atembare Atmosphäre herzustellen und komme mir vor wie in einer TV-Show namens „Wie weit kann man es treiben“. Die Dusche ist so glatt, dass ich erst mal ausrutsche und mir ’nen amtlichen blauen Fleck am Knie einfange und die Wassertemperatur wechselt zwischen gefühlten -10 und kochend. Aber ich beiße die Zähne zusammen und halte auch dieses letzte Mal tapfer aus, denn draußen wartet bereits sehnsüchtig meine Freundin. Mit ihr hole ich erst einmal meinen Wagen ab und schlendere ein bisschen durch das (weil Sonntag) verlassene Münster, esse genüsslich eine Pizza nach Bestellung und dann geht’s zurück zur Halle, wo alle langsam realisieren, dass es mit dieser Tour zu Ende geht. Es werden daher noch mal fleißig Fotos gemacht,

T-Shirts und Handynummern getauscht und Fotos, Audio- und Videofiles von einem Apfel zum anderen geschoben. Von den meisten sind inzwischen Freunde, Partnerinnen, Ehefrauen, Freunde etc. eingetroffen und die Graffiti-übersähte Gegend füllt sich, während im Club der Chris noch den Sound rührt (kleiner Insider).

Auch aus meinem Kreis sind einige der Einladung gefolgt und ich freue mich, Freunde und Familie wiederzusehen. Sogar meine Eltern haben den Weg ins Sputnikcafé auf sich genommen, um zu schauen, was ich die letzten Tage so getrieben habe. Sie sind natürlich treue Fans ihres Sohnes, wenngleich auch oft kritisch mit dem, was ich abliefere. In diesem Fall ist aber alles super und sie beide werden anschließend ganz angetan sein. Dann ist es soweit und es geht ein letztes Mal auf die Bühne. Wie immer erst die „Crushis“ und dann „MadMax“.

Wir drehen noch einmal richtig auf und geben wirklich alles, um allen, die gekommen sind, zu demonstrieren, dass die Gitarren-Rockmusik lebt. Alle sind fasziniert und begeistert – ein sensationeller Abschluss der Tour. Wie heißt es doch?! „fucking awesome“ … Um ca. 00:00 Uhr ist der Spuk dann vorbei. Alles muss abgebaut werden, die sympathische Crew hinter der Theke verteilt noch die letzten leckeren Pizza-Stückchen, die Gäste sind überwiegend auf und davon und auch die Musiker verlassen langsam und der Reihe nach das Building. Mit einer großen Portion Wehmut heißt es dann auch für mich „Auf Wiedersehen“ (wer weiß?) und ich düse nach etlichen wiederholten Abschieden Richtung Heimat davon.

Im Auto lasse ich die vergangenen 11 Tage noch einmal im Schnelldurchlauf an mir vorüberziehen, um 01:00 Uhr liege ich dann endlich wieder in meinem großen eigenen Bett und falle in einen tiefen 1000-jährigen Schlaf. Vielen Dank fürs Lesen und natürlich einen ganz herzlichen Gruß an alle, die mit auf Tour oder wie und wann auch immer dabei waren, um diese 11 Tage so besonders zu machen. Ihr seid großartig. Grandios. Unbelievable. Danke!

Kai Lünnemann

Zeitsprung:  2018 – Interview mit Kai Lünnemann

Kai Lünnemann 2018

Peter:
Die Tour ist nun fast 10 Jahre her, was ist aus MadMax geworden?

Kai:
Mad Max sind gerade total aktiv und stehen in den Amazon Hardrock-Charts ganz oben mit ihrem neuen Album. Ein echtes Highlight für die Band und ich freue mich total für Michael Voss über den Erfolg. Ich selbst war ja nur bei einer Tour der Keyboarder und bekomme ansonsten auch nicht sehr viel mehr mit inzwischen. Ist ja auch schon eine Weile her. :)

Peter:
Was hat sich musikalisch in deinem Leben seitdem getan?

Kai:
Ich bin immer noch sehr aktiv, unter anderem im Chorbereich, leite inzwischen 6 Chöre, darunter auch voices of worship (www.voices-of-worship.de). Aber ich stehe natürlich auch weiterhin gerne selbst als Musiker auf der Bühne. z. B. oft mit meinem Trio “Thirty Toes” (www.thirty-toes.de) oder manchmal auch in rockigeren Gefilden, z. B. mit Legends of Rock oder Mindfields oder auch mal ganz sanft und loungig mit meinem Klavier-Gesang Duo KarMa mit einer fantastischen Sängerin.

Zur Zeit sitze ich viel im Tonstudio und bearbeite diverse Aufnahmen, die – sofern ich es schaffe – alle noch dieses Jahr veröffentlich werden sollen. z. B. von meiner selbstkomponierten Messe “Sing to God” oder ein Album von voices of worship. Da ich das alles selbst mache, dauert es natürlich ein bisschen, denn ich muss mich natürlich auch noch nebenbei um einiges anderes kümmern und den Alltag erledigen und natürlich auch meinen Job an der Musikschule erledigen etc. …

Peter:
Hast du den Eindruck, dass sich grundsätzlich für „Band on Tour“ etwas geändert hat?

Kai:
Grundsätzlich ist das Leben als Musiker bestimmt nicht unbedingt leichter geworden.

Ich erlebe leider immer häufiger, dass viele der heutigen Jugendlichen selbst gut gespielte Livemusik nicht mehr so schätzen, wie sie es verdient hätte. Die wenigsten spielen heute selbst noch ein Instrument, können es gar nicht mehr einschätzen und viele sind auch einfach vermutlich irgendwie “gesättigt” von YouTube, Amazon Music und Spotify. Und viele Coverbands arbeiten ja heute mit Playbacks und da kann man wirklich die eine nicht mehr von der anderen unterscheiden, weil eh alle irgendwie das Gleiche spielen und es gleich klingt. Da würde ich als Zuhörer auch dann eher uninteressiert weggehen, aber natürlich gibt es zum Glück auch noch welche, die die Fahne der Livemusik hochhalten – ich zum Beispiel *lach* …

Peter:
Dadurch, dass Bands heuet finanziell sehr viel mehr von Live-Auftritten abhängig sind, habe ich den Eindruck, dass auch die Live-Szene wieder aktiver geworden ist – oder irre ich mich?

Kai:
Dass die Live-Szene generell wieder aktiver ist, kann ich nicht objektiv bestätigen. Ich denke, das ist regional unterschiedlich. Es gehen auch viele Bands auseinander, weil es eben auch nicht unbedingt leichter geworden ist. Aber hier in der Region Osnabrück gibt es zum Glück speziell im Bereich des Instituts für Musik viel und sehr guten Nachwuchs und eine immer noch recht belebte Szene in vielen Richtungen. Ich freue mich, ein Teil davon zu sein und bin auf die vielen Nachwuchsmusiker gespannt, die eines Tages mal das Erbe antreten.

Peter:
Was ist sonst so familiär passiert? Bist du „sesshaft“ geworden?

Kai:
Über meine familiäre Situation möchte ich nicht so viel schreiben. Ich habe inzwischen zwei Kinder, die ebenfalls sehr gerne singen und höchst interessiert an Musik sind und auch manchmal dabei sind, wenn Papa spielt. Das ist natürlich schön. Sie werden im November 7 und 8 Jahre alt. Von der Mutter habe ich mich allerdings vor Jahren getrennt und – naja – das macht es nicht immer einfach, ich sehe sie leider nur im Wechsel. Ich lebe noch immer im kleinen, aber feinen Lotte und komme ansonsten aber gut klar :)

Peter:
Lieber Kai, vielen Dank nochmals für dieses Tagebuch und das aktuelle Interview. Weiterhin viel Erfolg bei deiner Musik.

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Forum
  1. Profilbild
    Atarikid AHU

    Wow! Was für eine Sonntagslektüre!!!! Toll dass Du uns an diesen Erlebnissen teilhaben lässt, kommen dadurch viele fast vergessene Erinnerungen hoch. Macht mich fast ein bißchen wehmütig.
    Das Interview im Anschluss ist auch prima, weil’s das Dilemma der handwerklich fundierten Musik aufzeigt. Heutzutage verdienen DJs live das große Geld mit Produktionen für die man oftmals auch nix können muss. Eine richtige Band, die nicht grad Scorpions oder AC/DC heißt, tut sich vermutlich verdammt schwer. Fürchterliche Entwicklung, und das sag ich als jemand der ausschließlich elektronische Instrumente benutzt (sie aber auch spielt und nicht nur programmiert ^^)….

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