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Interview: Martin Stürtzer, Synthesizer, Pianos und Orgeln, Teil 2

24 hours per day are not enough

25. Juni 2022

Die Aktivitäten von Martin Stürtzer sind sehr vielfältig. Im zweiten Teil des Interviews wird es etwas lokaler. Den Teil 1 gibt es hier.

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Einerseits ist sein Studio in Wuppertal sein hauptsächlicher Arbeitsplatz, alles ist auf effektives „Arbeiten” ausgelegt. Unter seinem eigenen Namen produziert er dort Online-Konzerte. Andererseits bemerkt man schon nach kurzer Recherche, dass Martin auch unter dem Namen Phelios vielfältig in Wuppertal engagiert ist. Ich zähle mal nur auf: PHOBOS Festival for Dark Ambient, Electronic and Industrial Music, Wuppertaler Schwebebahnkonzert (siehe weiter unten), Schlafkonzerte, klassische Klavierkonzerte … und, und, und.

Martin Stürtzer Klavierkonzert, 31.12.2015 Neue reformierte Kirche Sophienstraße

Martin Stürtzer Klavierkonzert, 31.12.2015 Neue reformierte Kirche Sophienstraße

Schade, dass ein Interview auch irgendwann einmal enden muss. Trotzdem viel Spaß mit der folgenden Lektüre – ach und Kater Neptun 🐈 gehört natürlich auch dazu 😀.

Martin Stürtzer und die Zeit

Herwig:
Sind 36 Stunden am Tag genug? 🤪

Martin:
Nun, ich habe das große Glück, als hauptberuflicher Musiker arbeiten zu dürfen und ich beschäftige mich in meinem Kopf wirklich 24 Stunden mit Musik. Da man die Zeit nachts irgendwie komprimiert erlebt, sind es vielleicht doch 36 pro Tag. ;)

Martin schraubt Klänge

Martin schraubt Klänge

Und ja, es ist sehr viel Verschiedenes, was ich mache, aber es funktioniert auch vor allem deshalb, weil ich einen sehr strukturierten Zugang habe. Ich plane alle Projekte und weiß, in welchen zeitlichen Abständen ich sie abschließe. Beispielsweise sichte ich in der Woche nach einem Online-Konzert das Material ganz konsequent und entscheide, ob ich die Ergebnisse so nehme, wie sie sind, oder nochmal neu aufnehme. Erst wenn alles fertig ist, beginne ich etwas Neues.

Herwig:
Die Zeit zwischen den Konzerten ist praktisch Probezeit und für dich auch Vorbereitung?

Martin:
… ja und Nachbereitung. Dadurch dass die Aufnahmen dann aber fertig sind, habe ich dann die Möglichkeit, auch so viel zu veröffentlichen.

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Herwig:
Dein nächstes Konzert ist übermorgen …

Martin:
Es ist übermorgen, genau.

Herwig:
… und da gibt es ja eine ganz andere Thematik, also nicht nur Synthesizer mit selbsterstellten Presets, sondern mal mit dem Schwerpunkt Modular-System.

Martin:
Ich bin gar nicht so ein Modular-Freak.  Ich habe mein erstes System 2017 gekauft und es hat Jahre gedauert, bis das erste Case voll war. Nun gab es noch mal ein Upgrade, da ich ein paar Ideen ausprobieren wollte und als großer Fan von Mutable Instruments die Module, die mich interessieren, mitnehmen wollte, bevor der Betrieb dort ganz eingestellt wird. Im Grunde ist mein System aber recht primitiv, ich kann per MIDI vier unabhängige Synth-Voices spielen und mir von einem Modul (Marbles) Sequenzen mit gesteuertem Zufall ausgeben lassen.

Martin Stürtzer: Ich bin kein Modular-Freak.

Martin Stürtzer: Ich bin kein Modular-Freak

Grundsätzlich ist es so, dass es bei allen Konzerten einen Schwerpunkt gibt. Seit einigen Monaten hält eine sehr intensive Waldorf Iridium Phase an, durch die neue Version mit dem polyphonen Aftertouch ist das Gerät noch mal sehr in den Fokus gerückt bei mir. Ich habe aber auch schon Sets nur mit dem Arturia Microfreak gespielt oder mit den Elektron Geräten. Jedes Konzert  ist ein Anlass, um sich mit einem Thema zu beschäftigen. Das kann jetzt sowohl ein Instrument oder auch ein inhaltliches musikalisches Feld sein.

Im Ambient Bereich gibt es viele stilistische Ausprägungen. Ich kann ein Ambient-Set spielen, das wirklich nur aus Flächen besteht und keine rhythmischen Strukturen hat. Oder ein  Ambient Set, das vor allem aus Sequenzen besteht und wo weniger flächige Sounds dabei sind. Manchmal möchte ich alle Sequenzen live einspielen und loopen oder ich gebe die Entscheidung ein bisschen aus der Hand und lasse Sequenzen durch Randomisierungsfunktion entstehen. Jedes Konzert ist für mich eine neue Spielwiese.

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Martin Stürtzer: Mein Equipment ist wie eine große Orgel

Herwig:
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sind deine Synthesizer auch praktisch für dich Spezialisten? Also den einen Synthesizer benutzt du hauptsächlich für Bassklänge, einen anderen, um Melodie zu spielen?

Martin Stürtzer: Jedes Instrument hat seine eigenen Aufgaben: Waldorf Iridium Keyboard, MOOG Matriarch und Arturia Microfreak

Martin Stürtzer: Jedes Instrument hat seine eigenen Aufgaben: Waldorf Iridium Keyboard, MOOG Matriarch und Arturia Microfreak

Martin:
Ja, jedes Instrument hat seine eigenen Aufgaben. Ich sehe mein Studio wie eine große Kirchenorgel, die verschiedene Register (Klänge) bereithält. Ich kann sie immer wieder neu zusammensetzen und damit das machen, was ich musikalisch im Kopf habe.

Die monophonen Analog-Synthesizer sind natürlich prädestiniert für Sequencer-Sounds und für Bässe, die beiden Iridiums [Waldorf Iridium und Waldorf Iridium Keyboard] benutze ich vor allem für Flächen aber durch die vielfältigen Modulationsmöglichkeiten auch für Sequenzen.
Der Oberheim Xpander ist ein Allrounder, den ich gerne für Sequenzen, aber auch für flächige Sounds oder für Effekte benutze.

Eines der Highligths in Martin Stürtzers Studio: Oberheim Xpander

Eines der Highligths in Martin Stürtzers Studio: Oberheim Xpander

… und dann gibt es natürlich noch ein paar Geräte, die eine recht hohe Flexibilität haben wie der Arturia Microfreak, den ich in fast jedem Set drin habe, weil er immer noch irgendwo in eine Lücke passt.

Das Modular-System bietet ebenfalls ganz unterschiedliche Einsatzgebiete, meist sind es Sequenzen und Bassläufe.

Herwig:
Und deine neueste Anschaffung das Haken ContinuuMini?

Das zweite Modular-Case und Haken ContinuuMini

Das zweite Modular-Case und Haken ContinuuMini

Martin:
Das Haken ContinuuMini ist ein Instrument, das ich mag, weil ich es sehr dynamisch spielen kann und weil das eben dieses typische „ich habe zwölf Tasten in einer Oktave” aufbricht.
Ich habe mit dem Iridium Keyboard, das polyphonen Aftertouch hat, eine ganz neue Welt entdeckt, was das Spielen angeht. Ich kann Synthesizer-Sounds auch selbst so designen, dass ich ganz dynamisch und lebendig damit Musik machen kann. Dieses Konzept greift auch das ContinuuMini auf.

Herwig:
Polyphoner Aftertouch scheint ja nun im Augenblick endlich mal bei den Entwicklern angekommen zu sein?

Martin:
Ich weiß, dass es jetzt eine neue Tastatur von Fatar gibt und hoffe, dass diese Tastaturen nun auch in anderen Geräten eingebaut werden. Unabhängig von diesem Feature ist sie wirklich mit Abstand die beste Tastatur, die ich bei einem elektronischen Instrument je gespielt habe.

Herwig:
Vor allen Dingen kommt es ja dann durch den polyphonen Aftertouch der Spielweise von rein „natürlichen Instrumenten” nahe. Bei einer Gitarre oder Geige kann ich über meine Finger mit dem Ton spielen. Er ist dann nicht starr.

Martin:
Ich bin ja Pianist und Organist. Und du hast an diesen beiden Instrumenten, nachdem du den Ton angeschlagen hast, keine Möglichkeit mehr, den Ton zu beeinflussen, außer dass du ihn loslässt. Und nun die Möglichkeit zu haben, den Ton nach dem Anschlagen noch zu gestalten, ist für mich eine Revolution in der Benutzung von Tasteninstrumenten, die ich sonst auf keinem anderen Instrument habe.

Herwig:
… obwohl es polyphonen Aftertouch schon 30-40 Jahre gibt [Kurzweil Midibord] …

Martin:
In meiner Welt ist es bisher noch nicht angekommen, weil ich auch sagen muss, dass mich Aftertouch monophon nicht so interessiert hat bisher. Polyphon ist das klasse: ich kann einen Flächensound mit der linken Hand spielen und dann mit der rechten Hand einzelne Melodietöne hervorheben. Trotzdem ist es derselbe Klang.

Martins Studio

Herwig:
Das Haken ContinuuMini und auch Iridium Keyboard passen ja sehr gut zusammen; erweiterst du dein Studio systematisch?

momentaner Arbeitsplatz

Momentaner Arbeitsplatz

Martin:
Nein, ich bin, auch wenn da immer viel hinzukommt, eigentlich recht zurückhaltend mit Neuanschaffungen, weil ich lieber in Geräte richtig tief eintauche, als ein Neugerät zu kaufen.

Herwig:
Liebst du Bedienungsanleitungen?

Martin:
Sehr, wenn sie eine MIDI Implementation Chart haben! Um Parameter gezielt mit Sequencern zu modulieren, ist man darauf angewiesen. Noch mehr mag ich aber Instrumente, die so logisch designt sind, dass sie keine Bedienungsanleitung brauchen. Bei den meisten Synthesizern, die ich habe, habe ich nicht so viel in die Anleitungen hineingeschaut. Es gibt auch Geräte, die ich mal zum Testen hier habe, die dann aber schnell wieder zurückgehen, weil ihre Bedienung unlogisch und unpraktisch ist. Die Geräte, die ich besitze, sind alles Synthesizer, die alle sehr gut designt sind und die es mir ermöglichen, ganz schnell zu einem Klang zu kommen, den ich haben möchte.

Ansonsten habe ich leider ein kleines Platzproblem in meinem Studio, weswegen die Anschaffung von neuen Geräten immer damit verbunden ist, dass sich ein anderes zumindest vorübergehend aus dem Setup entfernt. Das wiederum mache ich eigentlich nicht so gerne.

Martin Stürtzer und Ambient Musik in Wuppertal

Herwig:
Ich möchte mal ein ganz anderes Thema aufgreifen und zwar dein Engagement, Ambient Musik und Künstler zu fördern.

Martin:
Ich hatte das Glück, dass ich durch meinen Klavierlehrer, der damals in einer Kirche hier in Elberfeld gearbeitet und eine Konzertreihe für improvisierte Musik und Neue Musik gegründet hatte, schon in jungen Jahren Konzerten mit „ungewöhnlicher Musik“ erlebt habe. Irgendwann hatte ich die Idee, selber in dieser Kirche Konzerte mit Ambient Musik zu machen. Das erschien mir damals naheliegend und erst später wurde mir klar, dass es solche Angebote nur selten gibt. Das Publikum war sofort am Start und hat sich schnell auf einen internationalen Kreis erweitert.

Herwig:
… das ist die Phobos Reihe …

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Martin:
… genau, das ist das Phobos Festival, das ab 2009 unter dem Namen regelmäßig etwa einmal im Jahr stattfindet. Hier möchte ich der Ambient Musik eine kompromisslose Plattform bieten und allen ermöglichen, sich dort intensiv dieser Musik auszusetzen. Ambient Sets auf Festivals sind nicht selten, aber wenn die Musik eingequetscht zwischen Bar-Gesprächen, Techno-Acts und anderen Eindrücken stattfindet, kann sich die Wirkung nicht so recht entfalten. Beim Phobos gibt es eben ausschließlich Ambient.

Herwig:
Ist es für die Kirchenbesucher nicht ein Schock, wenn man dort Dark Ambient hört?

Martin:
Nein, das ging in der Gemeinde immer sehr gut, weil die schon Schlimmeres erlebt haben in dieser Kirche …

Herwig:
… nämlich?

Martin:
… zum Beispiel nackte Butoh Tänzer, die auf den Balustraden getanzt haben. Die Leute in der Gemeinde kennen mich, ich saß ja selbst oft an der Orgel und das Vertrauen war immer da, dass ich da so eine Veranstaltung machen kann. Eigentlich echt cool!

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Martin Stürtzer und die Wuppertaler Schwebebahn

Herwig:
Die Schwebebahn ist dir auch wichtig?

Martin:
Die Schwebebahn ist natürlich für Wuppertal ein ganz wichtiges Verkehrsmittel und ich habe 2007 ein Konzert darin gespielt. Dies war übrigens das letzte Konzert in der Schwebebahn, weil die Stadtwerke mit der Planung ein bisschen überfordert waren. Störung im Betriebsablauf!

Wuppertaler Schwebebahn-Konzert

Wuppertaler Schwebebahn-Konzert

Herwig:
Hast du damals eine Bahn gemietet?

Martin:
Ja, wir haben die Bahn gemietet, dabei hat uns das Kulturbüro der Stadt unterstützt. Dann mussten die Techniker der Stadtwerke erst mal einen Stromanschluss legen, denn die Schwebebahnen sind ein System aus den 70ern ohne normale Steckdosen. Heute sind alle Bahnen erneuert, diese schönen orange/blauen Wagen gibt es nicht mehr. Die erste Generation der Bahn ist übrigens von 1901.

Der Aufbau war wirklich lustig, sie haben uns aus dem Motor-Trafo irgendwas rausgelegt und gesagt, dass wir höchstens 500 Watt nutzen dürften. Ein Blick auf die Endstufe verriet, dass diese maximal 1500 Watt zieht. Ich fragte dann den Techniker, was denn passieren würde, wenn wir aus Versehen mehr benutzen. Seine Antwort war: „Dann bleibt die Schwebebahn stehen“ [wir lachen]. Weil sich die Bahnen nicht gegenseitig überholen können und am Wochenende der Techniker natürlich Wochenende hat, bestand eine realistische Gefahr, dass wir mit unserem Konzert den gesamten Schwebebahnbetrieb lahmlegen. Man konnte allen Beteiligten ansehen, dass sie froh waren, als die Konzerte zu Ende waren! Ich weiß, dass andere Musiker dann kurz nach uns – das war hier in Wuppertal ein großes Thema – gefragt haben, ob sie auch ein Konzert machen können und die Antwort kam sehr schnell: nein.

Aber das Konzert war wirklich toll. Ich habe zusammen mit meinem Freund Christian Stritzel gespielt, heute machen wir das Space Ambient Projekt Sphäre Sechs zusammen.

Martin und Christian Stritzel (Sphäre Sechs)

Martin und Christian Stritzel (Sphäre Sechs)

Er spielt ausschließlich mit der Kombination Theremin plus Effektgerät und ich hatte ein paar (stromsparende) Synthesizer dabei. Die Idee unseres Konzerts bestand darin, Geräusche der Schwebebahn und Field Recording aus der Stadt zu benutzen. Wir haben das Set an die Umgebung angepasst und es vorwärts und rückwärts geprobt, da bei der Fahrt in die Gegenrichtung alle klanglichen Cues in umgekehrter Reihenfolge kamen. Dabei waren zum Beispiel Geräusche aus den alten Bandweber Fabriken und eben die einzigartigen Sounds der Schwebebahn, die man nur hier in Wuppertal hören kann. Der Stand der Technik war 2007 noch ein anderer als heute, ich habe viel mit Reaktor gelöst und zum erstem Mal Ableton benutzt.

Herwig:
… ohne Videoaufnahme?

Martin:
Doch es gab ein Video, das ist aber nie veröffentlicht wurde.

Herwig:
Schade


Nachträglich eingefügte Bemerkung: es gibt einen Schwebahn-Zyklus aus dem Jahr 2012 „allerdings” Dub Techno.

Martin Stürtzer und Phelios

Herwig:
Phelios ist eine andere Musik und hat eine andere Zielrichtung?

Martin Stürtzer / Phelios

Martin Stürtzer / Phelios

Martin:
Meine erste Veröffentlichung war 2006 und damals habe ich nur Dark Ambient gemacht und unter dem Projektnamen Phelios veröffentlicht.
Ich habe dann sehr, sehr lange Zeit auch nur in diesem Bereich Musik veröffentlicht und dann irgendwann so um 2010/11 rum angefangen, auch andere Musik zu machen, die vor allem im Bereich Dub Techno war und einfach unter meinem normalen Namen Martin Stürtzer bei YouTube veröffentlicht.
Es hat sich dann in den letzten Jahren so ein bisschen das Verhältnis dahingehend gewandelt, dass ich mich vor allem mit Musik unter meinem Namen Martin Stürtzer und eher weniger mit dem Projekt Phelios beschäftige.

Phelios ist Musik, die eben nicht so aufs Livespielen oder den Entstehungsprozess abzielt, wie das ja bei den Martin-Stürtzer-Konzerten oft der Fall ist, sondern das ist Musik, für die ich mich mehrere Monate lang intensiv im Studio einschließe.

Herwig:
Ist diese Musik denn völlig anders?

Martin:
Ja, es ist vom ganzen Arbeitsprozess völlig anders, weil nicht dieses Performance-orientierte im Vordergrund steht, es geht vielmehr um Sounddesign. Der Anteil von Software-Instrumenten ist viel höher und ich arbeite viel mit Field-Recordings, die sich natürlich live auch nicht reproduzieren lassen.

Herwig:
Also eher eine Komposition?

Martin:
Eher in diese Richtung. Ich habe zwar auch ein paar Online-Konzerte mit Phelios  gemacht, aber das ist schon eine ganz andere Welt.

Da ich im Moment eben so viel unter Martin Stürtzer veröffentliche, ist Phelios im Moment ein bisschen vernachlässigt. Es gibt aber schon Ideen für ein neues Album und vielleicht muss ich dann mal zwei Monate Pause einlegen mit dem Rest.

Martin Stürtzer und Dub Techno

Martin Stürtzer

Martin Stürtzer

Herwig:
Denkst du, dass die Stilrichtung Ambient ein Leben lang ausreichend ist oder sich irgendwann wandelt?

Martin: für mich?

Herwig:
Für dich, ja

Martin:
Ich entdecke ja immer noch ständig neue Sachen, die mich interessieren und ich mache jetzt seit fast 20 Jahren elektronische Musik und habe jetzt erst so das Gefühl, dass ich wirklich zu Hause bin in einer Musik und dass ich wirklich einfach das, was mir so durch den Kopf geht, in Klang umsetzen kann. Ich glaube, dass ich da noch sehr lange Freude dran haben werde.
Natürlich ist es so, dass es auch andere Musikbereiche gibt, die mich nach wie vor sehr interessieren. Ich mache ja auch hin und wieder mal Dub Techno. Ich bin jetzt auch wieder eingeladen worden für ein paar Techno-Live-Sets und sitze auch jeden Tag am Flügel, also es ist schon so, dass Musik stilistisch immer auf der vollen Bandbreite stattfindet in meinem Leben.

Herwig:
Ich habe Dub Techno und Ambient mal verglichen, sind für mich erst einmal völlig unterschiedlich. Dann habe ich aber zwei Videos komplett angehört und gedacht: Hm, so verschieden ist das nicht. Beim Dub Techno gibt es auf jeden Fall die prägende Bassdrum, das Bollern des Basses ist natürlich zu hören, klanglich hat sich aber auch nicht so viel verändert. Das heißt, die Stücke liefen auch ähnlich lange und es machte eigentlich keinen Unterschied zu Ambient mehr.
Wenn du ein Stück aufbaust, und in deinen Erklärvideos hast du es auch gesagt, dann reicht oft einfach ein Akkord, zum Beispiel ein F-Moll-Dreiklang mit Quarte und darüber ein C-Moll Dreiklang Dreiklang [also Fm7/9/11 ;)] und dann war es das. Das habe ich bei beiden Musikstücken heraushören können. Stimmt das?

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Martin:
Du hast die Frage schon selbst in deiner Frage beantwortet und ich kann nur noch ja sagen. [wir lachen].

Herwig:
Was habe ich gefragt?

Martin:
Ich versuche das mal so zu beantworten, dass meine Antwort länger wird als deine Frage: so wie ich an Dub Techno herangehe, ist es auch eine Musik, bei der es genau wie bei Ambient sehr auf den Klang ankommt und welche Räume sich dann musikalisch und klanglich öffnen. Ich mache ja auch sehr komplizierte Musik am Klavier oder an der Orgel, so dass in 20 Sekunden mehr Töne gespielt werden, als ich sonst auf einem ganzen Ambient Album verwende. Aber ich finde trotzdem diese Qualität, die ein Klang haben kann, genauso interessant wie die Qualität, die eine Melodie erzeugt. Wenn ich dann Techno mache, geht es mir auch darum, Sounds zu finden, die über einen sehr langen Zeitraum funktionieren, sodass sie interessant bleiben, dass sie nicht anfangen zu nerven und sich irgendwie entwickeln und miteinander ein interessantes Wechselspiel eingehen.

Deswegen ist bei mir der Übergang zwischen Dub Techno und Ambient fließend.

Martin und Neptun

Herwig:
Das abschließende Thema für mich ist Neptun. Neptun ist bei jedem Hauskonzert zu sehen und ist der absolute Liebling aller Zuschauer.

Martin und Kater Neptun

Martin und Kater Neptun

Martin:
Neptun ist wirklich der Beste. Ich habe ihn kurz vor Beginn der Coronazeit von einer Bekannten bekommen, bei der er schon einige Jahre wohnte. Da er aber immer von den anderen Katzen verprügelt wurde, sollte er ein anderes Zuhause bekommen. Bei mir hat er sich dann sehr schnell wohl gefühlt und seitdem ist er regelmäßiger Gast bei allen Online-Konzerten. Und ja, das ist sicherlich das Schwerste: Bei auswärtigen Gigs ist Neptun nicht dabei.

Neptun ist immer da, wo etwas los ist. Deswegen sitzt er jetzt auch neben uns und schaut dich kritisch an, was du hier mit deinen Geräten machst. Wenn ich Musik mache, ist er sofort dabei.

Herwig:
… und läuft versehentlich mal über die Tasten?

Kater Neptun ist vorsichtig.

Kater Neptun ist vorsichtig

Martin:
Er ist sehr vorsichtig. Es gibt Instrumente, die er nicht als Instrumente wahrnimmt, zum Beispiel ignoriert er den Arturia Microfreak. Das ist für ihn keine Tastatur, deswegen latscht er darüber, aber ansonsten passiert das eigentlich höchst selten, dass er mal irgendwo draufkommt. Manchmal bin ich selber schuld, wenn ich den Tisch zu voll habe und wenn es nicht anders geht, dann läuft er auch mal über die Push von Ableton.

Herwig:
Schlimmer wäre ja die Computertastatur, sodass das Video unterbrochen wird.

Martin:
Ja, die lege ich immer weg, da Ableton es bis heute nicht geschafft hat, die Space-Taste so zu konfigurieren, dass man sie abschalten kann [die Space Taste stoppt die Wiedergabe]. Deswegen lege ich die Tastatur, wenn das Konzert anfängt, weit weg.

Martin und Neptun

Martin und Neptun

Herwig:
Ja, Martin, dann danke ich für das Interview.

Martin:
Sehr gerne.

Herwig:
Es war sehr spaßig, schön und angenehm und der Tee schmeckte auch.

Martin:
Möchtest du noch mehr Tee?

Herwig:
In jedem Fall 😀!

… und zum Abschluss mal was anderes:

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