Maschinen für das Volk
2019: Tonnenweise Billigelektronik und Software zum Musikmachen überschwemmen den Markt und Hundertausende Laien dudeln fröhlich darauf herum. Die von mir in den Siebzigerjahren geforderte marxistische Maxime „Maschinen für das Volk“ ist eingelöst worden. Das ist erst einmal in Ordnung, Spaß an der Freude muss sein, solange man im täglichen Leben den Ergebnissen dieses „Jugend musiziert“ irgendwie entgehen kann. Geht aber nicht und funktioniert auch nur begrenzt. Schrecklich. Da wird dann: „Ich mache elektronische Musik“ postuliert, das allein vor dem Hintergrund, dass elektronische Geräte verwendet werden. Das ist arm. Kenntnisse, Können und ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema sind da nicht gefragt, Hauptsache die Elektronik dudelt doof, man steht davor, schraubt rum und wackelt lächerlich im 4/4-Takt dazu mit dem Hintern. Ganz furchtbar, aber wer’s mag …
Setzen wir uns in die Zeitmaschine und beamen uns zurück zum 14. September 1972 ins Folkwang-Museum, Essen. Karlheinz hält einen Vortrag. Muss einem nicht gefallen, aber dümmer wird man nicht.
http://www.elektropolis.de/ssb_story_stockhausen.htm
Es existiert ja die Legende, dass mein ehemaliger Geschäftspartner als technischer Betreuer der Kraftwerk Computerwelt Tour 1981 in Japan auf Anweisung von Hütter und Schneider in den Hotelaufzügen die Lautsprecherleitungen für die Hintergrundberieselung mit einem Seitenschneider durchgeknipst haben soll. Recht so.
@Dirk Matten Da passt auch das textlich wirklich gute Lied von Reinhard Mey „Ich hasse Musik“ sehr gut dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=wMfe2gG4oj4
„Ich hasse Musik, die aus den Ritzen zirpt,
Musik, die mir den Spaß an der Musik verdirbt,
zu leise, um sie richtig zu hör’n,
aber grad laut genug, um mich richtig zu störn.
Ich liebe Musik, die atmet und lebt,
ich liebe Musik, so daß die Erde bebt,
ich liebe die Stille, die mich aufhorchen läßt,
ich liebe alle Geräusche, nur eins hass‘ ich wie die Pest:
Das ist aus kleinen, runden Löchern in der Wand
die Plätschermusik vom Endlosband.“
Das Fazit unterschreibe ich mal.
Falls dem einen oder anderen Interessierten noch nicht bekannt, hier ein Vortrag des Meisters aus 1997:
https://www.youtube.com/watch?v=GhSEva0TUkY
Kurz und schmerzlos auf den Punkt gebracht. ?
Was stört denn genau? Tut mir leid, aber die Story fand ich nur begrenzt informativ. Welche Aspekte stören? Warum kann man dem „Jugend musiziert“ im täglichen Leben nicht ausweichen? Zwingt irgendwer jemanden, die Ergebnisse anzuhören? Sitzt jemand mit vorgehaltener Waffe hinter Ihnen und verdonnert Sie dazu, die Lautstärke hochzudrehen? Ich kenne Ihren Hintergrund nicht, daher würden mich Ihre Antworten durchaus interessieren. Ich bin übrigens einer von diesen Noch-nicht-mal-Laien und zirpe mehr oder weniger fröhlich mit der Billigelektronik herum. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass Sie mich hier schon einmal besucht haben, dennoch entschuldigen Sie bitte, falls ich Sie gestört habe.
PS. Die dudelnde Handymucke im öffentlichen Raum oder noch schlimmer öffentlichen Verkehrsmitteln, bevorzugt von heutigen Jugendlichen, die keinen Ghettoblaster mehr kennen, viel zu laut und quäkend gespielt wird, empfinde ich als wesentlich schlimmeres Übel. Diese dürfte zwar meistens professionell erstellt und produziert worden sein, klingt aber dennoch aufgrund der „Laut“sprecher wie Gesang einer suizidalen Katze, die mit einem Frosch kämpft.
@Gorbixyz Ich habe das aus Sicht meiner Person geschrieben, die sich seit nunmehr 47 Jahren beruflich mit dem Medium elektronische Musikinstrumente und Musik, die man damit macht, beschäftigt. Und ich gehe davon aus, dass der eine oder andere Leser hier sich ebenfalls damit intensiv beschäftigt, sei es auch nur aus Leidenschaft und Liebhaberei. Und da bleibt es naturgemäßi nicht aus, bestimmte Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen, sicherlich aus einer anderen Perpektive als jemand, der nicht selber Musik macht oder sich eher fürs Briefmarkensammeln etc. interessiert. Den Abschnitt unter PS. unterschreibe ich gerne.
@Dirk Matten Vielen Dank für Ihren Kommentar! ich würde jedoch gerne mehr über die Hintergründe erfahren. Sicherlich wird es etliche Profis geben, die Ihre Sicht teilen. Meine Sicht ist jedoch die eines in dem Bereich Nicht-mal-Amateurs. Nun interessiert mich sowohl die technische Seite, aber zugegebenermaßen ist auch ein gewisser „Spielfaktor“ dabei. Ich würde mir jedoch – eben weil ich totaler Anfänger bin – keinen Synthesizer > 1000 EUR zulegen, weil mir das mögliche neue Hobby so viel momentan noch nicht wert ist. Ich nehme Ihre Ansichten gerne zur Kenntnis, aber leider haben Sie sie nicht erklärt, daher ist es mir momentan unmöglich, sie zu verstehen. Ich bin beispielsweise seit > 20 Jahren in der professionellen Software-Entwicklung tätig – aber eben nicht der Kerl, der den Drucker repariert oder Windows updatet. Warum das so ist, darf jeder, der fragt, auch gerne erfahren. In dem Fall sage ich eben nicht – ja – muss man zur Kenntnis nehmen, meine Programmier-Kollegen würden genauso denken und fertig.
@Dirk Matten Mein Name ist Marcus, ich mache Elektronische Musik… ich bin eine arme Wurst.
Mein Name ist Marcus, manchmal wackele ich dabei mit meinem Hintern… ich bin furchtbar.
Mein Name ist Marcus, ich hatte keinen Klavierunterricht…ich habe mich nie ernsthaft genug mit der Musík beschäftigt.
Mein Name ist Marcus, ich drehe an Knöpfen…Gott sei Dank muss niemand meine Musik hören.
Mein Name ist Marcus, ich fliege davon beim Musizieren… aber ich gehöre nicht dazu.
Lieber Marcus,
solange du „Spaß an der Freude“ hast, geht das voll in Ordnung, so hatte ich das ja auch geschrieben. Mach weiter so.
Karl Kurzschluss
:D
Ich kann mich noch an das erste Beratungsgespräch in Deinem Synthesizerstudio Bonn erinnern, das war 1981. Leider hast Du dort Stockhausen nicht erwähnt, sondern wir haben nur über Schulze, Froese und Kraftwerk geredet. Gut, das waren damals die Vorbilder für die meisten von uns. Sicher aber hätte die Musik von Stockhausen zumindest bei mir ein Aha-Erlebnis ausgelöst, dessen bin ich mir ganz sicher. Ein bisschen habe ich zwischenzeitlich nachgeholt, aber leider sind meine Gehörgänge nicht mehr die von damals. Da sind einige Frequenzen verloren gegangen, was bedeutet, dass ich Stockhausens Musik nicht mehr in vollem Umfang wahrnehmen kann. Deshalb rate ich jedem jungen „Syntheisten“ dringend, seinen frischen Ohren auch mal die Musik von Stockhausen zuzuführen, es könnte inspirierend wirken oder sogar etwas auslösen. Ich maße mir mal an, zum Einstieg „Kontakte“ zu empfehlen.
Stockhausen, Zappa, das was ich seit meiner LSDerfahrung warnehme, eigentlich ist das alles das gleiche.
@Thereminchen Das ist ja furchtbar und sollte alle Leser warnen, keine Drogen zu nehmen. Gibt es einen Therapieansatz?
@Thereminchen Thereminchen: Seit einigen Hörstürzen und Knalltraumata nehme ich im linken Ohr rund um die Uhr „Stockhausen“ wahr. Dazu brauche ich also noch nicht mal Drogen. Den Seinen schenkt es der Herr sozusagen im Schlaf. Schade, dass man das nicht aufnehmen und zu Geld machen kann.
Am besten immer offene Ohren haben und die ein oder andere Überraschung erleben. Das kann beim Stockhausen hören oder bei einem der Millionen Youtube-Videos von Dudelisten passieren. Ich kann in manchen Kommentaren die Trauer über die damals ach so elitäre Musikergilde förmlich spüren. Tja, was soll ich sagen? Es geht halt immer weiter. Da ich im Ruhrgebiet sozialisiert wurde und den akademischen Popanz und Personenkult aus der Landeshauptstadt direkt miterleben durfte, kann ich die häufige Kritik an der Generation Fun-Mucker & Handyhörer nicht immer nachvollziehen. Ein moderner und eher niederschwelliger Zugang zur Musik kann uns doch nur weiterbringen!? Immerhin ist es häufig unsere eigene Brut die wir kritisieren. Was haben wir also falsch gemacht? :)
In diesen Kategorien denke ich nicht. Meine Beschäftigung mit Neu- und Zwölftönern, Jazz, Musique concrète oder Elektronik außerhalb von KraftTanJarreGerineWerk hat wohl Einfluß auf meine Musik, aber das kann und will ich nicht steuern. „Ich mache elektronische Musik“ seit ich denken kann und semi-professionell seit Ende der 80er, dabei zirpts auch im 4/4-Takt. Nächstes Jahr werde ich fuffzich, bin also nicht mehr so taufrisch, Jugend musiziert, aber hallo.
Ich bin angetreten, um den Starkult zu beenden, den Ballast wegzuschmeißen und vermoderte Kulissen einzureißen. Ich brauch keine Stromgitarren, ich will meinen Namen nicht angestrahlt bei einem Gig sehen. Ich hechle keinen Helden hinterher und könnte bein Gedanken an Nachahmen und in-Fußstapfen-Treten auf meinen Wohnzimmerteppich brechen. Setzt euch in den Konzertsaal, ich mach Musik im Bunker mit elektronischem Gelumpe (siehe http://bit.ly/2JFVxAU) und ohne Maß und Ziel.
Klingt das jetzt zu ignorant? Bin ich nämlich nicht, nur wenn ich Musik mache, gibts kein gestern oder morgen, keinen Stockhausen oder Schönberg, da zieht es mich weg und die Finger folgen nur noch dem, was da zum Klingen gebracht werden soll. Das mag für Außenstehende manchmal dumpf und umpf-tss-umpf-tss klingen, aber was anderes kannichnich. Und willichnich. Schön, daß ihr gekommen seid, und sorry, wenn ihr’s kacke findet. :)
Das klingt sehr authentisch, lieber Boris und du scheinst ganz bei dir zu sein. Bleib so. Dass alles, was man hört, einen auch letztendlich formt, steht außer Frage und es wäre wirklich schade, wenn dein noch verborgenes Talent nicht durch zusätzliche Erfahrung und Wissen gefördert würde.
@Dirk Matten Warum nicht so einen Kommentar verkneifen? Als nächstes sagt noch einer das Kraftwerk durch das Studium an der Robert-Schumann Hochschule so erfolgreich wurden. Einfach mal sein lassen und die klanglichen Ergebnisse genießen. Ich sage mal, es tut häufig Not alte Denkmuster grundlegend nicht zu kennen, um zu neuen Ergebnissen zu gelangen. Sollen sich doch alle gegenseitig inspirieren und nicht ihren Weg als den besseren benennen. Andererseits, Reibung kann auch kreative Hitze erzeugen. :)
Die menschliche Kultur baut auf Erkenntnissen und Wissen der vorherigen Generationen auf. Man stelle sich vor, das sei nicht so, dann würden wir wahrscheinlich nackt, frierend ohne Feuer in der freien Wildbahn rumsitzen und uns mit Grunzlauten versuchen zu verständigen.
@Dirk Matten Wäre es nicht schrecklich, wenn der Steinzeitmensch uns ähnlicher ist als wir glauben? Mir ist das hier zu komplex um weiter zu kommentieren. Eins noch! Kultur ist wichtig, kommt für mich aber erst nachdem Hunger, Durst und vieles andere gestillt ist. An manchen Punkten ist die Kultur bereits so weit vom Menschen entfernt, das ich mir das Gejammer über den Verlust derselben nur schwer antun kann. Besonders wenn es immer „die Eine“ Form von Kultur sein soll. Mehr Demut und Nähe könnte dem ganzen Betrieb nicht schaden, denn alles steht auf einem Fundament von einfachen Leuten. Kannst du mir folgen?
Ein Briefwechsel im ‚Geiste der Zeit‘
andreas hilsberg
6 frankfurt/m., d. 19. 10. 71
wiesenhüttenplatz 34
tel: 23 24 10
herrn
professor karlheinz stockhausen
5 köln
musikhochschule
sehr geehrter herr stockhausen,
in anschluß an donaueschingen habe ich eine frage an sie, die ich ihnen in der fürstenbergischen brauerei schon einmal stellte. durch ungenaue formulierung meinerseits und durch die zeitliche begrenzung der diskussion kam es zu einem mißverständnis.
weiter unter http://elektropolis.de/Stockhausen_Hilsberg.pdf
@Dirk Matten Künstler und Ideologien sind leider oft unglücklich miteinander verknüpft. Jemand wie Hilsberg versucht ihn auf diesem Fuß zu stellen, schafft es aber nicht so richtig. Ich sehe das differenzierter. Stockhausen ist bestimmt kein gewöhnlicher und armseliger Nachfahr mittelloser Bauern, wie er sich darzustellen versucht. Auch „die Japaner“ als Beweis seiner Nähe zur Arbeiterschaft anzuführen ist halbgar, wo wir wieder bei der unglücklichen Verstrickung von Ideologien sind. Die Japaner haben Stockhausen bestimmt nicht immer so gesehen wie er sich das gewünscht hätte. Außerdem, Japaner feiern so ziemlich auf alles ab. Klassik, Avantgarde, es ist fast egal. Der Rest seiner Argumentation ist schlüssig aber auch irgendwie überholt. Es bleibt ein persönlicher und irgendwie lustiger Briefwechsel. 1971, da wurde noch im Fernsehen geraucht.
@Dirk Matten Herrlich
@Dirk Matten Ich bin ständig getrieben und auf der Suche, der musikalische Teil meines Hirns schaltet nie ab. Langsam muß ich mich sputen, wer weiß, wie lange ich noch Zeit habe, zu machen, was ich machen will.
Kurz, knackig, Dirk. Der Kommentar ist schon in Ordnung. Jedoch mit meiner Brille nicht zu Ende formuliert. Leute mit einem 4/4 zum Hintern wackeln bewegen, muss man auch erst mal schaffen. Und dann gab und gibt es neben Stockhausen auch noch andere Zugänge zur Musik. Bach, Beethoven, Mozart etc. Oder in die Gegewart übertragen, Nils Frahm, Jóhann Jóhannsson, Benjamin Walfisch, Caroline Eyck usw. Oder eben Moroder, Jarre, Martin Rushent…
Fernab ab von der Tanzfläche passieren schon spannende Sachen. Man muss sie nur finden. Das ist heute einfacher als früher. Selbst an Orten wie der Elbphilharmonie kannst du an einem „Elektronauten Festival“ teilnehmen und dir U und E Musik geben. Und es funktioniert.
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Ich bin übrigens der Ansicht, Stil vor Talent. An letzterem sollte man immer (bereit sein zu) arbeiten. Ich hab nicht die Erwartungshaltung von „Jugend musiziert“, dass alles richtig läuft. Wenn es funktioniert sauber. Wenn nicht, gucken was funktioniert und das was nicht funktioniert, wie kann man das abstellen. Als Hörer kann man abschalten, lernen wir seit Peter Lustig oder wenn man involviert ist, respektvoller, konstruktiver und produktiver Umgang.
@TobyB Mein Beitrag beleuchtet die aktuelle elektronische Instrumentenszene, die tonnenweise mit Billigelektronik und Software zum Musikmachen den Markt überschwemmt und deren Folgen aufs Musikmachen und Musikhören. Das ist doch sicherlich erst einmal nicht falsch. Dass man per Beschäftigung mit Musik, hier habe ich den Vortrag mit Klangbeispielen von Karlheinz als Hausaufgabe zum Studium angeboten, nicht unbedingt dümmer wird, scheint nicht allen Lesern klar zu sein. Ich esse meine Suppe nicht. Nein, meine Suppe esse ich nicht.
Und zum Thema „rumwackeln beim Musikmachen in der Öffentlichkeit“ gibt es einen hohen Fremdschämfaktor.
@Dirk Matten Ich hab dich schon verstanden Dirk. Nur kann nicht jeder was mit Stockhausen anfangen oder der Empfänger empfindet Stockhausen als dogmatisch, diktatorisch.
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Der Gesamtumsatz bei Musikinstrumenten schrumpft, während elektronische Instrumente wachsen. Das Wachstum ist mit Vorsicht zu geniessen. Einzelne Firmen schrumpfen. Während kleine Firmen recht rasant wachsen. Zum anderen bereinigt sich der Markt grade. Der Käufer sollte sich also grade genau überlegen wo er einkauft. Sonst siehe Digitale Kamera Markt.
https://bit.ly/2E8VE4o
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Rumwackeln, siehe Peter Lustig. Der Eine findet Schlager toll, der Andere wackelt ehrfürchtig bei Kraftwerk. Der Dritte gibt sich den Moshpit. Ein wiederum Anderer nickt wissend zum Hip Hop Beat. Wir alle haben unsere guilty pleasures. Warum also fremdschämen? Man muss auch Gönnen können.
Ist vermutlich ähnlich wie die Stromgitarren Flut in den 70ern & 80ern, wo gefühlt jeder zweite, am Lagerfeuer in die Saiten schlug.
Danke, sehr interessant. Exponential.
Zum Thema Maschinen fürs Volk: Ich habe über Jahre hinweg Kopfstände machen müssen, um mir ein brauchbares Setup für meine Musik zusammenzustellen. Heute ist das kein Thema mehr, jeder mit einem Computer oder Smartphone kann sofort mit dem Musikmachen anfangen, und selbst wer nur auf Hardware setzen will, ist mit ein paar hundert Euro schon gut dabei.
Das und die heutigen Möglichkeiten zum Selbstverlag seines Schaffens (YouTube, SoundCloud, usw.) macht es unvermeidlich, daß auch Halbgares rauskommt (meine Mucke nicht ausgenommen). Da aber auch regelmäßig Leuten auftauchen, die mit einfachen Mitteln geile Tracks hinlegen, balanciert sich die Sache wieder aus.
Man kann manchen Ouput durchaus als Gezirpe bezeichnen, darf dabei aber nicht vergessen, daß der musikalische Ausdruck ein Grundbedürfnis vieler Leute ist. Daß wir heute wegen YouTube & Co. dieser Bedürfnisbefriedigung zuschauen können, mag manchen Zeitgenossen überlasten, und manchmal ist es ja auch anstrengend, aber wie Toby schon gesagt hat, muß man sich das ja nicht geben und kann um- oder abschalten.
Da ich selbst diese Möglichkeiten nutze, kann und will ich sie nicht schlechtreden. Frei nach Paracelsus macht die Dosis das Gift, die neuen Medien erfordern eine gewisse Kompetenz im Umgang, verschwinden werden sie nicht mehr, also setzen wir uns lieber damit auseinander.
Daß das Auto mittlerweile jedem als individuelles Fortbewegungsmittel zur Verfügung steht, ist eine gute Sache — daß nicht jeder angemessen und verantwortungsbewußt mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umgeht, ist eine unschöne, aber unvermeidliche Begleiterscheinung der großen Zahl: Als noch nicht so viele Autos unterwegs waren, gab es noch nicht so viele Drängler auf der Autobahn oder so wenige passende Parkplätze in den Innenstädten.
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Die Auto-Metapher läßt sich auf alle möglichen anderen Bereiche anwenden — am Ende ist es nicht die Sache, die schlecht ist, sondern der Umgang mit ihr: „Man kann mit einem Messer Brot schneiden oder den Nachbarn abstechen. Das ist aber nicht das Problem des Messers, sondern desjenigen, der es in die Hand nimmt.“ (Ralf Hütter 1991)
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Ich bin für Subkultur, sofern sie originell und den Zuhörer fordernd ist. Gegen den Strich des Mainstreams zu arbeiten, ist interessant und daraus sind über viele Jahre erfolgreiche Projekte entstanden. Ich habe in meiner Firma immer junge Menschen mit eigenständigen Ideen und einer gewissen geschmacklichen Gewissenlosigkeit unterstützt, soweit es mir möglich war. Sie durften sogar mittwochnachmittags kostenlos alle Geräte benutzen und auf meiner 16-Spur Bandmaschine aufnehmen. Oft haben wir die Klassiker der Elektronischen Musik und das neuste Zeug aus London über 4 JBL 4343 in infernalischer Lautstärke gehört, dass die Schaufensterscheiben kurz davor waren, zu Bruch zu gehen. Was heutzutage aber die Medien überschwemmt, ist einfach nur banal und ideenlos, folglich für die Öffentlichkeit überflüssig.
Ich finde neben Gerätetests solche Themen durchaus wichtig. Leider ist es manchmal ein sehr undankbarer Job so eine Diskussion zu starten. Deshalb von meiner Seite noch einmal danke an Dirk für diese Informationen und Gedanken.
@Anthony Rother Sehr richtig, und diese Diskussion ist hier bisher zu kurz gekommen, neben mehr oder oder weniger begeisterten Tests und Diskussionen was wo mit welchen Features „verbaut“ ist etc. Es läßt sich doch nicht leugnen dass ein recht grosser Teil der damit fabrizierten Ergebnisse sich vom musikalischen Gehalt her betrachtet etwa umgekehrt proportional zum betriebenen Aufwand, Nerd-haftigkeit, Gearporn oder wie man es immer auch nennen will, verhält.
Ich selbst bin weder Profi, noch Musikkritiker oder -redakteur, gehe aber mit der Devise mal ein wenig Studium zu betreiben, 100% d’accord. Und durchaus auch auf mich bezogen, denn in die Falle der doof-sinnfreien Rumdudelei bin ich selbst jahrelang getappt.
Lieber Dirk,
ich bin 23 Jahre alt und unterscheibe voll und ganz was Du hier der Leserschaft nahebringst. Über einen regelmäßigen Beitrag in dem Du für die Gruppe Mensch, um die es hier geht, spezifizierst, um was es Dir genau geht, würde ich mich sehr freuen. Es wäre super, einen für Leute meiner Altersschicht nahbaren und nachvollziehbaren begründeten Input deinerseits zu erhalten, damit diese jeweiligen Leute darauf basiernd reflektieren und aufbauen können.
Es ist furchtbar, was heutzutage abgeht und was für eine Sinnflut an unbedeutender Musik kursiert, aber statt sich darüber nur zu beschweren müssen kausale Zusammenhänge hergestellt werden, damit sich die Leute nicht einfach nur auf den Schlips getreten fühlen, sondern auch darüber nachdenken ob an dem Braten etwas dran ist. Über einen Artikel, der deine Ansichten etwas weitreichender und spezifischer darlegt, würde ich mich gerade aus deiner Perspektive sehr freuen!
Liebe Grüße,
Vincent
@Vincent Lieber Vincent,
als Korrektor dreier Online-Magazine für Musikinstrumente sitze ich gut und gerne von Montag bis Freitag jeweils 10 Stunden am Rechner und sichte / korrigiere Texte, unter Umständen auch am Samstag und Sonntag. Als Entspannung zwischendurch schreibe ich dann was auf meiner Facebook-Seite zu dem, was mir so im Leben wichtig ist und was mich bewegt. Nächste Woche schreibe ich eine weitere Leser-Story, dieses Mal aber was ganz anderes. Lustig und traurig zugleich.
Viele Grüße vom Schreibtisch
Dirk
@Dirk Matten Ich freu mich drauf, und danke für die immer perfekte Korrektur meiner Schreibereien! Vince
I/II
Also Entschuldigung, der Text liest sich zunächst wie „alter Mann macht mi mi mi“. (Bitte nur auf den konkreten Text beziehen, nicht auf die Person als Ganzes!) Oh, nur noch doofe Mukke, keiner hat mehr Hintergrund und will Stockhausen hören. Buhuu.
Naja, die Demokratisierung der Produktionsmittel hat den Output verändert. Klar. Da es zu Stockhausens Zeiten einfach sehr aufwendig und teuer war mit elektronischen Mitteln Musik zu machen, waren nur diejenigen bereit den Weg zu gehen, die sich auch auf intellektuell, konstruktiver Ebene mit Musik auseinandersetzten. E-Musik halt (wenn man diese überzeichneten Kategorien verwenden will). Eine Musik die eher fordert als seicht unterhält. Das ist ok, kann – wenn man sich darauf einlässt – auch wirklich erhellend sein. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass die meisten Leute schon immer eher U-Musik mochten. Seichte Unterhaltung die ohne großen intellektuellen Aufwand gut konsumierbar ist. Deswegen war Volksmusik immer populärer als Klassik.
Es gibt eine lange Tradition der „Hausmusik“: über viele Jahrhunderte haben Laien mit Gitarre, Akkordeon, Zitter privat Ihre Musik gemacht. Die war wahrscheinlich nicht immer gut oder innovativ, hat die Macher aber in Ihrem schöpferischen Akt dann doch befriedigt. Diese Tradition wird nun mit elektronischen Geräten aufgegriffen.
II/II
Jeder Hannebambel macht heute elektronische Musik. Und da wir – sicher auch bedingt durch Entfremdung der Gesellschaft und sich auflösende Familienstrukturen – uns unsere Selbstwirksamkeit bewusst machen wollen, stellen viele Ihre Werke in der Sehnsucht nach Anerkennung ins Internet. Das somit die Masse der – musiktheoretisch und intellektuell gesehen – uninspirierten Musik steigt, ist klar.
Diese Informationsüberflutung mit belangloser Pseudo-Kunst betrifft aber alle Bereiche – was sollen Fotografen über Instagram denken? Oder Autoren über die Flut der Bücher im self-publishing? Es ist also ein globales Phänomen unserer Zeit. Das kann man bedauern, da es für wirklich Musik Interessierte das Finden neuer inspirierenden Werke im Wust uninspirierter Hausmanskost schwieriger macht, es ist aber auf der anderen Seite auch eine Demokratisierung der „Ausdrucksmöglichkeiten“ (ich schreibe hier bewusst mal nicht „Kunst“). Während also der prozentuale Anteil an nennenswerter Kunst fällt, steigt dennoch – durch die schiere Masse – die absolute Anzahl doch hörenswerter, inspirierter Musik…man muss sie nur finden.
Ob Musik (oder Kunst allgemein) immer einen intellektuellen Hintergund braucht und ein guter Künstler nur ist, wer sich tief mit Vorgängern auseinandergesetzt hat – wie es mMn der Text nahelegt – wäre ein anderes Thema.
@tonvibration Das legt mein Text nicht nahe, ist ist lediglich als freundliches Angebot an den Leser zu verstehen, mal beim ollen Karlheinz reinzulesen und reinzuhören. Wie schon gesagt, dümmer wird man nicht.
Die Diskussion zeigt mir das der Umgang und die Meinungen zum Konsum einer unendlichen Anzahl von Produkten (Musik, Film, Nachrichten, Geräte, Software, etc.) derzeit ein großes Thema zu sein scheint.
Chinesisches Sprichwort:
Der einzige Weg das Übel zu bekämpfen ist beständiger Fortschritt im Guten.
Lieber Dirk! Vielen Dank für Deinen Beitrag (allgemein sowieso, hier speziell)!
Ich sehe es genauso.
Grundsätzlich ist es ja mehr als gut, wenn möglichst viele Menschen durch Spaß am musizieren/rumfiepen noch mehr Spaß haben.
Aber: das Heil liegt in der Beschränkung (vor Allem beim veröffentlichen).
Ausnahmen sind durch die Geschmackspolizei nur bei wenigen Künstlern erlaubt.
;-)
Mein erster Gedanke: „Wieder ein alter Mann, der glaubt, dass damals alles besser war“.
Mein zweiter Gedanke: „Puh, noch 1 1/2 Stunden bis Schichtende.“
Stockhausen ist eine Spinne für mich. Sie törnt mich ab, aber ist höchstinteressant.
Im Gegensatz zu Riley und Reich, die waren immer Katzen.
Interessanter Beitrag. Als Provokation werfe ich in den Raum: E- ist nicht U-Musik.
@pol/tox Das mit dem „alten Mann“ finde ich despektierlich, ich zucke bei sowas neuerdings auch immer zusammen. ;)
Manche Leute gehen so weit, zu sagen, daß ein Unterhaltungswert an sich schon den Kunstgenuß verhindert. Ich halte dagegen, daß „Unterhaltung“ vielschichter ist, als sich schenkelklopfend vor Lachen zu bepieseln oder bei der Polka mitzuklatschen (natürlich immer auf die Eins).
Stockhausen finde ich schon allein wegen der Notation unterhaltsam. Mit meinem musikalischem Vorder- und Hintergrund kann ich zudem auch über-harmonische, dissonante Klangpassagen gut verdauen. Der gefühlte Genuß ist die Unterhaltung, die ich in einem solchen Moment suche.
Kurioserweise stößt mich das, was meine hauptsächliche Faszination auslöst, auch wiederum ab, nämlich seine Verbissenheit und (gefühlten) elitären Anwandlungen bezüglich der Musikwelt um ihn herum. Vielleicht ist es gerade das, was den Hauptteil seines künsterlischen Antriebs ausmacht, so gut kenne ich sein Werk auch nicht.
Mit U-Musik funktioniert das bei mir genauso. Diese Kategorien halte ich sowieso für überkommen und zu akademisch, um die Gesamtheit eines musikalischen Ausdrucks zu erfassen. Sie haben ihre Berechtigung in technischer Hinsicht, wobei aber auch hier die Grenzen sehr verschwommen sind.
Dafür liebe ich den Karlheinz: http://elektropolis.de/stockhausen.mp3
@Dirk Matten Jup. Der Karlheinz, eh… da setze ich meine Unterschrift drunter, in Schönschrift und mit Füller.
Karlheinz Stockhausen – Musik für eine neue Welt
https://rutube.ru/video/634788f96078253e1acfb022b12a757d/
Ich wollte niemanden zum Zucken bringen, entschuldige. Den „Alten Mann“ lass ich aber stehen, denn der steht für mich allgemein für die Denkweise und ist nicht als Angriff auf die Person gedacht.
„Ich halte dagegen, daß „Unterhaltung“ vielschichter ist […]“
Sehe ich auch so, und ist auch so.
techno music als Ritual, als Zelebrierung des Körpers und des stammes-ähnlichen Gemeinsamen, auch wenn das heutzutage nicht mehr so oft vor kommt, ist eine Welt, die der akademisch veranlagte Musiker, schwer nachvollziehen kann. Aber sie ist ursprünglich, langlebig und menschlich.
@pol/tox Ich habe seit nahezu 48 Jahren beruflich mit elektronischen Musikinstrumenten, deren Nutzern und der Musik, die damit gemacht wird zu tun. Wenn ich mich ins Jahr 1971 zurückversetze und gelegentlich einige Korrespendenz durchforste, stelle ich fest, dass ich mich in meiner Denkweise nicht wesentlich von der meiner Anfangstage entfernt habe. Sicherlich kommt Lebenserfahrung dazu, aber Neugier, Offenheit und eine gute Portion Verrücktheit sind Eigenschaften, die ich mir zuschreibe. Ich habe Musiker/Komponisten aus allen Bereichen kennengelernt, sowohl die Akademiker als auch die aus dem Bereich der Unterhaltung und ich hatte und habe immer noch allergrößten Respekt vorderen Leistung, auch wenn mir nicht immer alles gefallen muss. Also, alter Mann als Sinnbild für eine Denkweise, weise ich hiermit entschieden zurück. Gerne können wir uns über Naivität vs. Bildung unterhalten und das ganz ohne das Klischee von altersbedingter Sichtweise.
Also das Ideal, dass jedes Stück seine eigene Klangwelt hat, ist schwer zu realisieren, aber es lohnt sich. Und ich stehe nach wie vor dazu, dass jedes Werk so originell wie möglich sein soll, in jeder Hinsicht. In jeder Hinsicht (sic!). Und so wenig Klischees und so wenig Kopien enthalten soll wie möglich. Das ist zwar fast illusorisch, aber eine wichtige Aufgabe, wenn man Kreativität, den Beweis von schöpferischer Kraft durch Musikwerke realisieren will. Wenn das das Ziel von Musik ist und Komposition und allem was dazu gehört, die Kreativität des Menschen fortzuführen und wieder durch neue Gebilde zu beweisen, die Phantasie, die Einbildungskraft, den Gedankenreichtum, dann muss man sich die Aufgabe stellen, Klänge zu formen die es noch nicht gibt und alles was man mit diesen Klängen wiederum formt, auch zu formen, zu komponieren, die es noch nicht gibt. Das ist eine Möglichkeit. Aber ich glaube, das ist die Möglichkeit, die die würdigste ist für einen Komponisten.
Karlheinz Stockhausen
Vortrag zur Elektronischen Musik (Studie 1 und Kontakte)
gehalten an der Folkwang-Hochschule Essen am 27.11.1997
(Link weiter oben geposted)
Frage: Schreiben Sie denn Musik für die über-menschliche Minorität?
Stockhausen: Nun, wenn Sie dazu gehören wollen, ja. Ich schreibe überhaupt nicht Musik für bestimmte Menschen, was bedeutet, daß ich Musik schreibe, weil sie geschrieben werden muß; sie kommt in mich hinein und ich muß sehr hart daran arbeiten, sie so genau wie möglich zu komponieren, und dann können Sie damit machen, was Sie wollen.
Frage: Wenn Sie so viel Zeit darauf verwenden, Ihre Musik herzustellen und zu kommunizieren, stört es Sie dann nicht, daß sie nicht mit einer großen Zahl der Menschheit kommuniziert?
Stockhausen: Oh nein. Wenn ich das gewollt hätte, so wäre ich der beste Konkurrent der Beatles gewesen, und was die für nur sieben Jahre geschafft haben, hätte ich wahrscheinlich ein bißchen länger geschafft, denn Sie können sicher sein, daß ich niemals in solch einem Quartett gearbeitet hätte. Nein, wann immer die große Menge sich nach der Mode richtet, dann richtet sie sich nach Mittelmäßigkeit und Banalität.
Karlheinz Stockhausen, „Texte zur Musik 1970 – 1977“, Band 4
Ausschnitt aus „Frage und Antworten zu den ‚Vier Kriterien …’“
Karlheinz Stockhausen – Klang 13. Stunde: Cosmic Pulses (2007)
https://www.youtube.com/watch?v=8HaqC_DuLRI
Starker Tobak
Jaap Vink – Screen
https://www.youtube.com/watch?v=floNcxnRLfM
Jos Kunst – Expulsion
https://www.youtube.com/watch?v=z98lR8sijvQ&list=PLnD3J3wvrMzOCuvGpyy2eN3aoQ0s0Lhg5&index=16
Perlen der Elektronischen Musik
@Dirk Matten Sorry, das ist mir genauso unverständlich wie der Hype um die Berliner Schule anderswo. Mir fehlt hier das kreative Moment. Das gilt sowohl für das stoische Repetieren derselben Struktur der Berliner Schule, als auch für das weglassen jeglichen Inhalts wie bei den oben präsentierten Beispielen.
Die vermeintlichen Schattenseiten der Demokratisierung der Produktionsmittel haben vor dem jetzt erkennbaren Kontext gar keine Relevanz.
@Sputnik_09 Das verstehe ich nicht, welcher Inhalt fehlt bei den beiden von mir verlinkten Beispielen? Hast du denn auch die Lautsprecher angeschaltet? Ich höre was.
@Dirk Matten Ja hören kann ich das auch.
Empfinden kann ich aber nur das: „Hauptsache die Elektronik dudelt doof, man steht davor,“ guckt doof aus der Wäsche und fühlt sich ganz wichtig bis es vorbei ist. „Ganz furchtbar, aber wer’s mag …“
@Sputnik_09 Geschmacksache wa :D
Mein subjektives Empfinden sagt zu Stockhausen:
„Nix besonderes – in der heutigen Zeit“
Mein objektives Denken sagt aber,
dass es das zu der Zeit noch nicht
gegeben hat und gemacht werden MUSSTE.
Einfach weil es möglich wurde.
@Coin @COIN:
Ja, genauso sehe ich das auch. Stockhausen funktioniert nur vor dem Hintergrund der Banalität der Populärkultur. Ohne diese ist seine Musik auch nur eine Schüssel mit Nichts. Der kulturelle Wert ist immens, tonal ist es eher ein Furz. Das These-Gegenthese Moment ist der Lebenssaft jeder Kunst. Die damit verbundenen reflektiven Dynamiken sind wichtig. Ohne die gäbe es keine Progression die ja irgendwann auch mal den Stockhausen hervorgebracht hat. Nervig wird es erst wenn eine Seite einen Überhang an Gewicht bekommt der inhaltlich nicht zu rechtfertigen ist wie bei der Berliner Schule. Kurz Stockhausen und das 4/4 Takt Gedudel brauchen einander. Deswegen ist die Demokratisierung der Produktionsmittel nicht teilweise schattig sondern per sé richtig.
@Sputnik_09 Du bist einfach nur gemein.
Du findest Stockhausen doof,
aber Millionen Menschen erkennen die Leistung Stockhausens.
Wer irrt sich hier, Du oder die Millionen…
@Sputnik_09 Na, da habe ich doch einen schönen Artikel für dich, den ich mal mühevoll aus dem Buch von Herbert Brün – Über Musik und zum Computer abgetippt habe. Ist nicht ganz so leicht zu lesen, da sollte man sich etwas Zeit einplanen und genau lesen.
http://www.elektropolis.de/ssb_story_bruen.htm
„Hauptsache die Elektronik dudelt doof, man steht davor, schraubt rum und wackelt lächerlich im 4/4-Takt dazu mit dem Hintern. Ganz furchtbar, “
Ich denke er meint Nils Frahm…
https://youtu.be/kv2nmefHc9Y?t=441
@Sputnik_09 Ich meine keine einzelne Person, sondern habe ganz allgemein gesprochen.
@Dirk Matten …aber als visualisierung deiner Aussage eignet sich das Video sehr gut! :)
Wenn Menschen mit zunehmendem Alter gehäuft finden, dass früher alles oder vieles besser war, dass ihre Ideale unverstanden in einer schnöden oberflächlichen Welt unterzugehen drohen, dass die Jugend-Kultur verroht oder verblödet und so weiter und so fort, dann kommt mir das immer irgendwie bekannt vor. :-) Sind das nicht inhaltlich belanglose Halbwahrheiten, die schnell zum Bumerang werden? Der Rock’n Roll der 50er war für die älteren Semester ebenso Banausen-Musik, wie in den 70ern geschockte Eltern ihren Kindern nach Ansehen des Beat-Club vorwarfen, das sei doch immer das Gleiche „Bum Bum Bum“. Am Ende reduziert sich der gehobene Anspruch bei näherem Hinsehen dann darauf, dass die einen sich bei ihren Trivialitäten (z.B. strohdumme Kitsch-Harmonie-Arpeggien in früherer Elektronischer Musik) was gedacht haben – oder zumindest meinen, sie hätten sich was dabei gedacht. Und die anderen haben den unverzeihlich Fehler begangen, einfach fröhlich drauflos zu musizieren, als dürfte man das einfach so, ohne Genehmigung durch ältere Semester und deren verschrobene Vorstellungen von Kultur.
Ich finde es ok, wenn wir Geschmacksurteile austauschen und uns darüber austauschen, was wir mögen und was uns nervt. Auch konkrete (!) Kritik an Mechanismen der jeweiligen Musikindustrie einer Zeit kann man diskutieren. Aber es belustigt mich sehr, wenn jemand dann seine Vorlieben und Abneigungen meint zur pauschalisierenden Kulturkritik erheben zu können, bloß weil er oder sie diese z.T. ausgesprochen lächerlichen Geschmacks-Einstellungen (z.B. gegenüber Hinternwackeln und anderen Formen unkultivierter Lebensfreude) in hehre Worte fassen kann.
Das einzige, was ich an der Massenverfügbarkeit elektronischer Instrumente und Werkzeuge kritisch finden kann, ist die aktuelle Boutique-Wegwerfkultur von Kleinstgeräten, die alle Nasenlang durch die nächste Schwemme ersetzt werden und nicht lange genug wirklich benutzt werden, um die massenhafte ständig neue Produktion zu rechtfertigen. Ansonsten kann doch nichts besseres passieren, als dass viele mit Musik spielen können, oder? Es hat dann mindestens Spass gemacht, und was über den Tag hinaus hängen bleibt, wird sich zeigen. Die Hitparade wurde noch nie von selbsternannten Musikphilosophen und Feuilletonisten beherrscht. Wo ist das Problem?
Meine Empfehlung lautete ja ganz simpel, sich einmal umzusehen, vielleicht entdeckt man etwas Interessantes und Neues. Oder man schätzt das Bewährte, da man eine zusätzliche Erfahrung gewonnen hat und alles mit anderen Augen betrachtet.
Oh, wie schön ist Panama | Janoschs Traumstunde
https://www.youtube.com/watch?v=MRY_s2XYY5U
Panama riecht von oben bis unten nach Bananen.
Im Laufe der nächsten Woche erscheint meine zweite Leser-Story, dieses Mal aus einem ganz anderen Blickwinkel und ich hoffe, nicht allzuviel virtuelle Prügel zu beziehen.
@Dirk Matten Das kreative Neue lässt sich bei den wunderbaren heutigen Entdeckungs-Möglichkeiten (Spotify etc.) auch in großen Mengen in aktueller ‚elektronischer‘ Musik entdecken, und sogar quer durch aktuelle Pop-Stilistiken mit vielen elektronischen Einflüssen, von Hip-Hop bis Future Bass, sogar im Mainstream Future Pop. Nicht alles, was viele mit Spass hören, ist per definitionem öde: das gilt von den Beatles oder Jarre bis zu Macklemore, Zedd, Charlie Puth und Konsorten.
Also alle Sinne auf: dann riecht es auch mitten im Hier und Jetzt von allen Seiten so schön nach Bananen wie in Janosch-Panama :-)
@Dirk Matten http://www.markusheuger.de/theory/stocktown.html
Stockhausen, 60er, LSD, Party-Musik. Könnten damals Don Buchla und Morton Subotnick die DJ’s gewesen sein? Immerhin waren die mit Grateful Dead verbandelt. Das wäre echt lustig! Wenn Stockhausen die Mucke gut fand MUSS es so gewesen sein. Und high war er natürlich auch. :)
Karlheinz Stockhausen, „Texte zur Musik 1970 – 1977“, Band 4
Ausschnitt aus „Frage und Antworten zu den ‚Vier Kriterien …’“
Frage: Was Sie sagen, bringt mich darauf, daß es vielleicht eine Verbindung gibt zwischen jener Art von Erfahrungen, an denen Sie interessiert sind, und den Erfahrungen, die jedenfalls einige Leute mit ‚psychedelic‘ (Drogen- ) Erfahrungen beschrieben haben. Sind Sie sich dieser Verbindung bewußt?
Stockhausen: Natürlich gehört in der gegenwärtigen Szene alles zusammen, aber da gibt es eine dringende Antwort: Diejenigen, die es nicht durch geistigen Yoga schaffen, versuchen es durch Chemikalien. Das Störende daran ist jedoch, daß sie einfach umfallen, wenn die Chemikalien nicht im Körper sind – sie fallen auf die Nase und brauchen die Drogen gleich wieder, um jenes Niveau einer passiven und total unegozentrischen Wahrnehmung wieder zu erreimen.
Was ich will ist eine geistige Disziplin, durch die jemand auf ein Niveau kommt, das er nicht wieder verliert, und das er auch anderen weitervermitteln kann; so kann man wirklich produktiv sein und der Gemeinschaft dienen, wenn man sich in einem Zustand befindet, in dem man ständig geben kann, sozusagen eine Überproduktion hat. Ich habe aber während meines Lebens sehr liebenswürdige Menschen kennengelernt, die fast völlig an der übrigen Welt uninteressiert wurden, wenn sie sich in diesem Zustand befanden.
@Dirk Matten Ob Stockhausen LSD genommen hat ist nicht wirklich wichtig. Es gibt viele die es probiert haben und den dadurch erzeugten Kontrollverlust im nachhinein ablehnen, was mich bei ihm nicht wundert wenn man seine Biographie etwas beleuchtet. Der Berührungspunkt mit Mitgliedern aus der damaligen Bay Area und den Grateful Dead finde ich dennoch bemerkenswert. Er, mit seinem klassisch-akademisch, industriell geprägten Gerätschaften und den bis auf die Frequenz und Filterstellung benannten Partituren und auf der anderen Seite die SFTPMC-Buchla Box-Connection, mit dem technisch-intuitiven, drogeninduzierten Ansatz. Letztere ist durch ihn und andere laut Netz auch inspiriert und ins Leben gerufen worden. Man kann nun dem Ansatz verfallen, ihm und seinem Wirken einen übergroßen Einfluß beizumessen und genau da wird es m.M.n. gefährlich. Ähnlich wie bei der „Wer hat Techno erfunden“-Diskussion, gibt es derart viele Personen, Quellen, Ereignisse und auch Erfindungen, das es vermessen wäre irgendwen herauszustellen. Ich finde den Artikel toll und ich habe mich der Person Stockhausen und seiner Einordnung auf der musikalischen Landkarte wesentlich nähern konnen. Letztlich wurde hier aber zu viel über den Stil der Darbietung und weniger um den Inhalt gestritten, was bedauerlich ist. Leider dem Zeitgeist entsprechend.
Vielen Dank für den schönen Artikel, samt Ergänzungen und Replik!
Rettbehr Meier
Von „elektroakustischer“ und Elektronischer Musik
Elektronische Musik, Computer-Musik, elektroakustische Musik, elektrische und elektronische Musikinstrumente, mechanische Musikinstrumente, Musikautomaten, E- Musik, U-Musik, Akustik, Elektrik, Elektronik, wir haben eine babylonische Sprach- und Begriffsverwirrung in der Öffentlichkeit, die zudem noch durch fehlerhafte Publikationen verschlimmert wird. Vielleicht hilft es, wenn man nach dem historischen Ursprung dieser Bezeichnungen und den damit verbundenen Ideen sucht.
weiter unter: http://www.zem.de/heft/25/25_von.htm
Prima Artikel
Herr Stockhausen hat jahrelang während der Schulferien jungen Menschen zwischen 12 – 17 Jahren elektronische Musik näher gebracht. Jeder konnte mitmachen..volles Try and Error Programm mit anschließender Erklärung. Die Kurse waren steht’s sehr gut besucht und fanden in der Kürtener Sülztalhalle statt. Es gab Bockwurst und Kartoffelsalat.
Es darf mit dem Hintern gewackelt werden –
auch Kraftwerk hat´s getan und die haben´s nicht erfunden… ;-)
(damit es nicht falsch verstanden wird,- ich liebe Kraftwerk seit ewigen Zeiten!)
Heimcomputer Live: https://www.youtube.com/watch?v=DLV7Bm98Afs
@TimeActor Ganz schrecklich und Florian Schneider pinkelt in die Geräte.
Ich muss mich wohl auch zu den von dir verachteten Laien zählen. Ich kann mir nur beim besten Willen nicht erklären, warum jemand, der sich selbst für einen Musiker hält, ein niedrigschwelliges Angebot an Musikinstrumenten so sehr ablehnt. Brauchst du dein teures Zeug als Distinktionsmerkmal? Wenn es morgen Konzertflügel und Klavierunterricht für alle umsonst gäbe, wäre das in deiner Welt ein Symptom des kulturellen Niedergangs?
Klär mich auf, Dirk.
@ShOAB-05 Einfach mal meinen Text aufmerksam lesen, da steht doch explizit drin, dass das Rumdudeln der Laien auf den preiswerten Geräten in Ordnung geht. Es war einfach eine Beschreibung des Ist-Zustands. Ich selber besitze keine Instrumente, das zur Klarstellung, darf ich trotzdem eine Meinung haben und die hier mitteilen?
@Dirk Matten Man kann auch ohne Instrumente Musik machen.
Auch VST´Synths braucht man nicht.
Hier mal was, was nur mit Samples gemacht ist.
(aber keine Ahnung was das mal war)
https://soundcloud.com/sulatoc/nelly-noof
„Da wird dann: „Ich mache elektronische Musik“ postuliert, das allein vor dem Hintergrund, dass elektronische Geräte verwendet werden“
Das erinnert mich daran, wie ich mich vor etwa 20 Jahren mal von einem Plakat einer Balkan-Band namens „Veštice“ mit dem Untertitel „Kroatische Elektrische Musik“ in ein Konzert habe locken lassen, weil ich dachte, cool, das geht bestimmt so in Richtung Laibach oder Borghesia, oder vielleicht sogar etwas richtig abgefahren-expetimentelles. Gespielt wurde dann hingegen trinkfreudiger Balkan-Rock, und das Wort „elektrisch“ bezog sich offenbar darauf, dass die Gitarren elektrisch verstärkt waren. Da habe ich einigermaßen sparsam aus der Wäsche geguckt 😀