Interview: Atli Örvarsson, Hollywood Komponist

Atli:
Ich habe ab und an Independent Filme vertont, um meinen eigenen Stil zu finden. Irgendwann rief mich die Produzentin an, für die ich mit Mike Post arbeitete. Sie fragte mich, ob ich die Filmmusik für Stuart Little 3 schreiben wolle. Mein erster Hollywood Job.

AMAZONA.de:
Brauchtest du einen Manager?

Atli:
Nein, damals noch nicht, aber mit Stuart Little 3 kam alles auf ein Level, wo es wichtig war, eine dritte Person zu haben, die bestimmte Sachen verhandelt/regelt. Mike empfahl mir die Gorfain/Schwartz Agency, deren erster Klient er war. Aber um ehrlich zu sein, eigentlich bekommst du die Jobs über deine eigenen Kontakte und Netzwerke, die du über die Jahre selbst aufgebaut hast. Und über diese Agentur habe ich wiederum Hans Zimmer kennen gelernt bei einem Meet & Greet bei RCP. Und er sagte, ich würde sehr gut dazu passen zu den Europäern hier.

AMAZONA.de:
Viele Komponisten klopfen bei Hans Zimmer an, warum wurdest du genommen?

Atli:
Das lag vor allem daran, dass ich sehr viel Erfahrung hatte. Ich habe in etwa 600 Folgen TV-Serien vertont. Auch wenn es TV war, bedeutete es letztlich eine Geschichte zu erzählen/vertonen. Das Prinzip ist das gleiche. Des weiteren hatte ich die gleiche Agentur. Was auch einen sehr großen Vorteil brachte.

AMAZONA.de:
Was war dein erster Job für ihn?

Atli:
Das waren Teile von Fluch der Karibik die für Themenpark in Disney Land neu arrangiert werden mussten. Denn die hatten noch alte Musiken aus den 60ern. Das habe ich neu arrangiert und Elemente aus dem Film genommen. Das war quasi der Test-Job für Hans. Dann habe ich an „The Holiday“, „The Simpons-Der Film“, und „Fluch der Karibik Teil 3“ mitgearbeitet.

AMAZONA.de:
Wir haben gelesen auf Wikipedia, dass du als Ghostwriter für Hans gearbeitet hast. Was bedeutet das?

Atli:
Dieser Terminus passt nicht zu Hans. Danke für den Tipp, ich werde das sofort auf Wikipedia ändern lassen, denn das stimmt so nicht. Hans würde das niemals machen, er gibt dir immer einen Credit! Es ist so: Früher hast du etwas komponiert auf Papier und es dann weggegeben zum Orchestrator.

Heute hingegen musst du ALLES selbst machen. Bei einem Zwei Stunden-Film brauchst du da einfach Hilfe, weil du ein massives Zeitproblem hast. Und dafür werden wir von Hans engagiert, aber sicher nicht, um für ihn zu komponiere!

Er schreibt den gesamten Score auf dem Computer, sprich 20 bis 50 Minuten an Musik. Diese Computer-Versionen des gesamten Scores sind bereits auf einem unglaublich hohen Level, weil Hans die Art und Weise des computerbasierten Komponierens auf ein vollkommen neues Level gebracht hat. Und weil er einfach unglaublich gut ist. Danach kommen Leute wie ich und bekommen Teile davon zum Ausarbeiten für das Orchester.

Er arbeitet nach dem Prinzip „5 Gehirne sind besser als 1“. Es gibt den Masterkopf und es gibt die Hilfeköpfe. Daher sind wir nicht einfach Ghostwriter, sondern Komponisten. Manche von uns arrangieren, manche adaptieren und wieder andere kommen mit völlig neuen Ideen. Es ist der beste Platz auf der Welt zum Lernen!

AMAZONA.de:
Wie sieht dein Arbeitsprozess aus? Machst du auch erst deine Mockups (Orchestrieren auf dem Computer) und gibst dann dem Orchestrator das Logic MIDI-File und das MP3 dazu?