Der Wobbel-Bass-Synthesizer
Agonizer ist eine Zusammenarbeit zwischen dem iOS-YouTuber und Musiker haQ attaQ aka Jakob Haq, der eigentlich jedem iOS-Musiker durch seine langjährige Arbeit bekannt sein dürfte und dem Entwickler Numerial Audio aka Kai Aras. Dabei wurde Agonizer über ca. 18 Monate hinweg rein nach den Wünschen von Jakob entwickelt und von Kai realisiert.
Herausgekommen ist ein monophoner Bass-Synthesizer der besonders die Dubstep, Minimal Techno und sonstige elektronischen Stile bedient, die vom Basspuddingstoßen nicht genug bekommen können.
Klangerzeugung des Kai Aras Agonizer
Agonizer besteht aus den drei Sektionen Klangerzeugung, Hüllkurven/ LFO und dem Wobulator. Je nachdem, ob die App im Standalone-Modus oder als AUv3-Plugin betrieben wird, sitzt die Klangerzeugung entweder über den beiden anderen Sektionen oder dazwischen.
Agonizer bietet erst einmal zwei Wavetable-Oszillatoren mit je 40 Schwingungsformen, die über den X-MOD-Regler frequenzmoduliert werden können. Zusätzlich lässt sich aber die auch aktuelle Schwingungsformen zwischen den in der Auswahlliste vorhergehenden und nachfolgenden Schwingungsformen umblenden. Das sich sowohl die Liste als auch die BLEND-Regler, wie auch alle anderen Regler MIDIfizieren lassen, bieten sich hier großartige Möglichkeiten für lebendiges Klangdesign.
Daneben gibt es noch einen Suboszillator und diverse Parameter zum Anpassen der Stimmlage, einen Mixer, gefolgt von dem Mangle-Drive. Mit diesem werden dann harmonische Saturierung, Samplerates und Bit-Crusher, Bass-Boost und Bass-Straffung hinzugefügt, bevor es in das Ladder-Filter geht und das war’s auch schon.
Effekte des iOS-Synthesizers
Die beiden Effekte Chorus und Delay sind als Send-Effkete nacheinander jeweils parallel zum Hauptsignal angeordnet und das Effektsignal wird dem Originalsignal zugemischt. Doch hier ist ein einfacher, aber effektiver Trick zugange, denn es ist nur die Lautstärke des zugemischten Effektsignals regelbar. Das verhindert einen möglichen Lautstärkabfall, wie es bei einem regelbaren Mischverhältnis zwischen Effekt- und Originalsignal der Fall wäre und dem Bass den Druck nehmen könnte. Auch haben die beiden Effekte je ein fest eingebautes Hochpassfilter, das den Bassanteil aus dem Effektsignal fernhält und so das Low-End nicht vermatscht.
Am Ausgang sitzen dann noch AMP-Lautstärkehüllkurve, die von der Gate-, ADSR- oder AD-Hüllkurve gesteuert wird und SCREAM, eine noch extremere Verzerrung als der Mangle-Drive.
Hüllkurven und Matrix
Zur Modulation gibt es noch eine AD- und ADSR-Hüllkurve, einen LFO bis 25 Hz und die Modmatrix, die pro Zielparameter 12 Quellen zulässt und per ROUTE-Taster oder Halten-Geste geöffnet werden kann. Netter Gag am Rande ist hier die ATTAQ-Stufe der Hüllkurven.
Wobulator
Das Herzstück des Agonizers ist aber definitiv der Wobulator. Das sind vier Sequencer-Schritte, die per Mod-Matrix diverse Parameter rhythmisch modulieren können. Die Wobsteps haben drei Ansichten. Über SHAPE wird eine von 21 Hüllkurvenformen ausgewählt, mit RATE die Abspielgeschwindigkeit der Hüllkurve in Taktmaßeinheiten und mit REPEAT die Häufigkeit. Außerdem lässt sich auch die Gesamtgeschwindigkeit in Taktmaßeinheiten festlegen, wie schnell zum nächsten Schritt gesprungen wird. Ausgelöst werden die Wobsteps entweder entsprechend der Geschwindigkeit des Hosts oder per Tastendruck, wobei auch Schritte deaktiviert und die Abspielrichtung festgelegt werden kann. Da die Hüllkurvenformen als Quelle in der Mod-Matrix auswählbar sind, ergeben sich enorme Wobbelmöglichkeiten, die absolut fiese Bassstrukturen erzeugen und WobbelhoppeltänzerInnen glücklich machen dürften. Leads und Pads lassen sich mit Agonizer zwar auch erzeugen, aber das geht an dem Sinn der App ziemlich vorbei.
Man spürt, dass hier ein wirklich Genre-affiner Musiker am Design-Hebel saß, denn Jakob wusste, was er wollte und worauf es beim Basswobbeln ankommt.
Allerdings erfordern diese vielseitigen rhythmischen Strukturen auch eine genaue Programmierung, sowohl auf den Beat als auch auf den Notenverlauf der Bassspur. Denn die Austauschbarkeit der Presets ist hier nur sehr bedingt möglich, weil sie eben für einen bestimmten Beat erstellt wurden.
Der Browser, wie schon aus den vorhergehenden Apps von Kai bekannt, ist auch hier vorhanden, doch auch hier ist die gesamte Oberflächenbeschriftung wieder einmal zu klein und auch hier zu wenig kontrastreich und Braun scheint die neue Modefarbe zu sein, es kommen derzeit auffällig viele Apps in diesem Farbton heraus. Nebenbei, die Oberfläche hat mit Absicht einen lädierten Look. Die Kratzer und Brüche in den Displays sind digital und nicht im Glas des iPads. Ansonsten kann ich aber keine Kritikpunkte am Agonizer finden. Immerhin skaliert die App-Oberfläche im AUv3-Betrieb ganz gut aber, aber die Krone trägt in dieser Kategorie DrumComputer von SugarBytes.
Anschlussseitig möchte Agonizer mindestens ein iPad Air 2 und iOS 11+ und ist nicht gemacht für iPhones. Neben dem Standalone- und IAA-Betrieb gibt es natürlich AUv3, wie auch reguläres MIDI und MPE sowie eine Overlay-Hilfe und Anbindung für iCould und das lokale Dateisystem zum Patch-Austausch und Backup.
Absolut geiles Teil. Seit 1995 wünsche ich mir, dass jemand so etwas mit digitalen oscis und analogen Filtern in Hardware umsetzt. Liebe Amazoner, bitte macht mal ein wobble Workshop für das Eurorack oder die Bass Station 2