Licht und Schatten
Die verschiedenen Klavis Module für das Eurorack-System sind jetzt nun schon ca. 2 Jahre auf dem Markt und gelten längst nicht mehr als Geheimtipp. Wir schauen und drei Klavis Module an, darunter auch der Klavis Twin Waves MkII.
Klavis Eurorack Modul: Flexshaper
Voltage Mapper der Wellenbieger
Was Waveshaper nun sind, wurde erst kürzlich in diesem Artikel erläutert, in dem drei Vertreter dieser Gattung verglichen wurde. Schade, dass mir damals nicht auch der Klavis Flexshaper zur Verfügung stand.
Der Klavis Flexshaper heißt aber nicht umsonst Voltage Mapper, da seine Kontrolle über die fünf Regler „Floor“, „Mid-Down“, „Halfway“, „Mid-Up“ und „Ceiling“ sehr zielgerichtet vorgenommen werden kann, um eingehende CV-Signale, wie etwa einen Dreiecks-LFO, zu manipulieren.
Die Funktion ist dem Oberheim Matrix Tracking Generator nachempfunden, mit dem Unterschied, dass dieser nur für sich langsam ändernde Signale in der Modulationsmatrix einsetzbar war. Der Klavis Flexshaper beherrscht jedoch auch Audio und selbstverständlich CV, da die Ein- und Ausgänge geleichspannungsgekoppelt sind.
Im Endeffekt kann man mit den Kontrollen beide Halbwellen getrennt voneinander manipulieren, was den Klavis Flexshaper dafür prädestiniert, hinter einem LFO und vor einem Quantizer eingesetzt zu werden. Auch das Gain-Poti ist in diesem Fall sehr wichtig, stellt man es auf ca. 9 Uhr, so hat man Unity-Gain; soll heißen, Minimum- und Maximumamplitude entsprechen dem Eingangssignal.
Dabei ist jeder Parameter spannungssteuerbar, wobei dann die Schaft-Potis als CV-Offset agieren. Die Eingangsspannung kann -5 V bis +5 V betragen.
Es ist auch möglich, bipolare in unipolare Signale zu wandeln und umgekehrt, dazu gibt es am Eingang einen Taster und stets zwei Ausgänge mit je einem der beiden Varianten. Das bipolare Signal geht von -5 V bis +5 V, das uniploare Signal hat dann entsprechend eine Mindestspannung von 0 V und eine Scheitelspannung von maximal 8 V.
Durch die Möglichkeit, die Halbwellen getrennt zu bearbeiten, eignet sich der Klavis Flexshaper sehr gut als CV-Verbieger. Natürlich kann man auch Audio verarbeiten, er geht dort aber recht sanft zu Werke und erreicht nicht die unbändige Wildheit z. B. eines Doepfer A-135. Ach ja – der Klavis Flexshaper ist übrigens ein digitales Modul und als solches ist er eben bandbegrenzt und verarbeitet Frequenzen bis höchstens 20 kHz. Genau wie die beiden anderen hier vorgestellten Klavis Module kann er über eine Audioverbindung und mit einer Wav-Datei mit Updates versorgt werden.
Klavis Eurorack Modul Twin Waves MkII,
Vielseitig und deutlich digital
Bereits die zweite Inkarnation dieses vielseitigen Doppel-Oszillators bringt der Klavis Twin Waves MkII gleich ein ganzes Paket an Funktionen mit. Er ist nämlich nicht nur Oszillator, sondern auch LFO, Quantizer und besitzt sogar eine VCA-Option.
Auch der Klavis Twin Waves MkII ist vollständig digital und vollgepackt mit Möglichkeiten. Als erstes wäre da natürlich die große Anzahl an Schwingungsformen, 20 an der Zahl. Darunter sind auch exotischere wie selbstsynchronisierende Sägezähne und sogar ein Ringmodulator. Auch Noise darf nicht fehlen. Hier ein paar Beispiele.
Jede Schwingungsform hat dabei einen speziellen „Dynamic Parameter“, der immer etwas anderes bewirkt. Also z. B. Pulsbreite beim Rechteck oder Anzahl der Harmonischen bei den additiven Schwingungsformen. Dieser Parameter der Oszillatoren des Klavis Twin Waves MkII lässt sich auch spannu8ngssteuern. Da diese Eingänge jeweils auf den anderen Oszillator normalisiert sind, lassen sich so schnell sehr komplexe Ergebnisse erzeugen. Änderungen der Tonhöhe über den Coarse- oder den Fine-Tuner sind beim Wechsel der Oszillatoren mit einer Abhol-Funktion vor plötzlichen Sprüngen geschützt. Das Matrix-Display zeigt dabei an, ob der angestrebte Wert höher oder tiefer liegt und gibt ein „OK“ aus, wenn man den Wert erreicht hat.
Beide Oszillatoren sind dabei identisch und unterscheiden sich nur, indem Oszillator 1 einen regelbaren FM/AM-Eingang hat. Die FM-Modulation geht dabei Thru-Zero. Welche der beiden Modulationsformen angewendet wird, legt man über einen Taster fest. Was bei der Modulation jedoch deutlich auffällt, ist die digitale Herkunft der Oszillatoren.
Ab einer gewissen Modulationsfrequenz übernehmen Aliasing-Artefakte das Klangbild, die sich schlussendlich bis zu einem handfesten Rauschen auswachsen. Das kann man mögen – man sollte es aber einfach wissen, wenn man sich den Klavis Twin Waves MkII zulegt. Glockenklare FM-Töne sind hier nicht zu erwarten.
Dafür klingt er mit all seinen Schwingungsformen und lediglich dezent moduliert sehr gut und auch druckvoll. Dort merkt man ihm die digitale Herkunft gar nicht so an.
Allerdings konnte ich auch in der LFO-Betriebsart seltsame Integer-Artefakte ausmachen, die sich folgendermaßen äußerten:
Hier moduliert der Oszillator 2 als LFO die Tonhöhe von Oszillator 1. Ist In den höheren Lagen ist noch alles in Ordnung, so hört man deutlich, dass im tiefen Bereich eine Treppenbildung erfolgt, die sich auch noch verändert. Das weist eindeutig auf Integer-Arithmetik hin, mit all ihren lustigen Eigenarten.
Dem LFO wurden die drei Basisschwingungsformen Sinus, Dreieck und Rechteck spendiert, die sich wieder über den Dynamic-Parameter verändern lassen. So kann aus dem Dreieck neispielsweise auch ein Sägezahn werden. Interessant für generative Patches sind hier natürlich die Zufallsschwingungsformen. Darunter auch Brownian und Time Randomness, bei der eben auch die Dauer des ausgegebenen Spannungswertes dem Zufall unterliegt.
Der VCO-Quantizer funktioniert nur mit den V/Okt-Eingängen, der FM-Eingang von Oszillator 1 nutzt ihn nicht. Neben den üblichen verdächtigen Skalen findet man hier aber auch z. B. „Just Intonation“ oder eine Vierteltonquantisierung. Auch eine 19-Ton pro Oktave Quantisierung ist vorhanden. Das bietet jede Menge Gelegenheit, abseits von üblichen Hörgewohnheiten zu experimentieren.
Ein netter Bonus ist die VCA-Option. Wird diese aktiviert, so kann man über den FM/AM-Eingang eine Steuerspannung eines Hüllkurvengenerators einspeisen und spart sich damit ein Modul – vorausgesetzt, man nutzt den externen VCA nicht, um bewusst analoge Übersteuerungen zu erzeugen. Der interne VCA ist nämlich vollständig digital ausgeführt und müsste richtigerweise DCA heißen.
Die Bedienung ist durch das helle Matrix-Display recht einfach. Im Display kann man die Schwingungsformen ablesen und einige Statusinformationen. Gestört hat mich aber die Auslegung des Push-Encoders, denn dieser ist dermaßen schwergängig, dass Werteveränderungen echt anstrengend werden können. Beim nächsten Modul, den Star der Kollektion, ist dieser schon viel angenehmer ausgelegt.
Klavis Eurorack Modul: Quadigy
Eine Vierfachhüllkurve mit ausgeklügelten LFO-Optionen und BPM-Timing? Das alles mit 32 speicherbaren Presets und zudem noch Preset-Morphing und -Auswahl per Steuerspannung oder Triggerimpuls? Und eine Modulationsmatrix mit 156 Punkten? Das alles bietet der Klavis Quadigy und noch einiges mehr. Soviel, dass ich hier nicht auf jedes Detail eingehen kann.
Bei diesem Funktionsumfang war es unumgänglich, ein Display zu verwenden. Und so zeigt ein 128 x 32 Pixel OLED-Display alle wichtigen Informationen an. Die Menüführung ist dabei sehr gelungen und auch ohne Anleitung hat man den Dreh schnell heraus. Eine Lektüre empfiehlt sich aber dringend, denn es gibt viele Optionen und Parameter, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind.
Apropos auf den ersten Blick: Wem die LEDs und das Display zu hell sind, der kann es in drei Stufen dimmen – so ist es auch in dunklen Umgebungen angenehm zu bedienen. Hier wird wohl vor allem an eine Live-Situation gedacht. Nicht zuletzt, da der Klavis Quadigy einen expliziten Live-Modus besitzt, der z. B. das Speichern von Presets deaktiviert. Die Entwickler müssen sich wohl im Klaren gewesen sein, dass der große Funktionsumfang auf der Bühne leicht zu einer Fehlbedienung führen könnte und haben deswegen einfach einen Studio- und einen Live-Mode implementiert. So sind auch die beiden Features, Preset-Auswahl und -Morphing, ausschließlich im Live-Modus aktiv, was ja auch sinnvoll ist.
Klavis Quadigy bietet vier unabhängige digitale Hüllkurven, die alle über einen eigenen Gate-Eingang verfügen. Die Einstellung der Parameter erfolgt über die Schieberegler, die Kategorie-Auswahl über die Taster und die Parameter-Page-Auswahl über den Encoder. Aber auch dieser wird hier und da zur Eingabe von Werten genutzt. Die Parameter haben dabei alle eine Abholfunktion, um bei der Vierfachbelegung Parametersprünge zu vermeiden. Es ist auch möglich, alle Hüllkurven gleichzeitig zu editieren, wobei aber nur absolute Änderungen möglich sind – Relationen gehen dabei verloren.
Die Hüllkurven folgen dem ADSR-Schema, bieten aber noch mehr Phasen, wie „Pre-Delay“ oder „Punch“, der die Hüllkurve für eine Zeitlang auf dem höchsten Punkt hält. Die einzelnen Segmente können eine Länge von 0,3 ms bis hin zu 30 s haben. Mit der globalen Multiplikation (max. 800 %) können daraus dann 240 s werden – snappy können die!
Was man in der Abbildung auch schon sehen kann, ist die „Cycle Duration“. Denn die zweite große Funktion des Klavis Quadigy ist das Erzeugen von zyklischen Schwingungsformen. Dafür gibt es Möglichkeiten, einen Durchgang zu dehnen oder stauchen, einen Offset einzustellen oder die Art des Übergangs festzulegen, wenn der Zyklus noch nicht abgeschlossen ist, wenn der nächste beginnt.
Das absolute Schmankerl ist aber die Modulationsmatrix. Als Quellen dienen die CV-Eingänge A, B und das User-Potentiometer. Über einen Klick auf den Taster CV-Matrix und dem entsprechenden Buchstaben-Taster darüber gelangt man, je nach gerade aktiver Parameter-Seite, in die Modulationszuweisung. Über den Encoder wird der Anteil eingestellt – fertig. Das klingt einfach und ist es auch. Vorbildlich ist die Animation im Display, so dass man ständig auf dem Laufenden ist, wie ein bestimmter Parameter gerade moduliert wird. Natürlich werden diese Einstellungen mit dem Preset abgespeichert.
Hier steckt viel Überlegung drin und der Klavis Quadigy ist ein vielseitig verwendbares Werkzeug. Funktionen wie phasengesteuertes Abfahren aller Hüllkurven hintereinander durch nur ein Gate-Signal habe ich noch nicht einmal erwähnt. Im Betrieb ist mir nur an ganz wenigen Stellen aufgefallen, dass manche Parameter mit den Fadern nicht leicht exakt eingestellt werden können, egal wie feinfühlig man vorgeht, so z. B. die nicht ganz unwichtige BPM für das globale Tempo.
Welches Modul würdest Du eher empfehlen? XAOC Zadar oder das Klavis Quadigy?
Hi! XAOC Zadar kenne ich nicht, kann also keine Aussage dazu machen…
@t.goldschmitz ok, verstehe. Ich frag deswegen, weil das auch ein 4-fach Hüllkurvengenerator ist, ebenfalls mit Display, der Quadigy ist aber 60 EUR günstiger.
@[P]-HEAD wenn ich meinen Senf dazu geben darf: Zadar und Quadigy sind schon ziemlich unterschiedlich.
Zadar ist quasi ein Abfeuerer von Preset-Steuerspannung, eher wie ein LFO oder auch ähnlich einer Multistage Envelope.
Quadigy liefert hingegen Standardhüllkurven ala ADSR, jedoch sehr flexible.
Für ausgefallene Steuerspannung würde ich zu Zadar raten, wenn du aber einfach sehr flexible Standardhüllkurven brauchst, dann eher Quadigy.
Zadar hat z.B, nicht wirklich ADSR Parameter, dafür Zugriff auf die Vektorparameter, die hat der Quadigy dafür nicht.
Du könntest in VCV Rack das Modul Shapemaster von Mindmeld mal versuchen. Das ist recht ähnlich zu Zadar, nur etwas umfangreicher.
@pol/tox Vielen Dank für die Auskunft. Das ist doch hilfreich! Super!
@[P]-HEAD Bitte gerne!
Zunächst ne Frage: ist bei der „unbändigen Wildheit“ der A-136 (DIS) gemeint? Wenn ja schade, ich hatte gehofft, der Flexshaper kann noch wilder ;).
Erfahrungen mit Klavis hab‘ ich bislang ausschließlich mit dem TwinWaves Mk.II. Ich hatte mir den als „Brot-und-Butter-digital, der auch LoFi kann“ besorgt, deshalb ist Dein zentraler Kritikpunkt für mich eher ein Feature, und die schiere Auswahl an für sich einfach zu bedienenden Klangalgorithmen find‘ ich richtig fein.
@moinho Moin, nee damit meinte ich den A-135-Waveshaper von Doepfer. Der Klavis Flexshaper ist im Gegenteil sehr sehr sanft zum Signal, fast wie ein Weichspüler. Ich denke seine Stärken liegen eher in der CV-Manipulation.
Bei dem Klavis Twin-Waves muss ich sagen: Der hat mir zwar schon gefallen mit seinen Artefakten und dem Aliasing, ich kritisiere aber immer auch die Art der Produkteinordnung seitens des Herstellers. Und da steht dann nichts davon, sondern es wird eben nur von einem tollemOszi gesprochen…