Über sieben Knöpfe musst du gehen
Mob of Emus: 6-facher Oszillator, LFO, Hüllkurve
Rossum Electro Music Mob of Emus ist der Beschreibung nach ein „Polyfunctional Harmonic Sextett“. Was um Himmels willen soll das eigentlich sein? Das Rossum Electro Music Mob of Emus Eurorack-Modul ist Oszillator, LFO, Hüllkurve und Pattern-Generator in einem. Oder anders gesagt beherbergt das Modul 6 Funktionsgeneratoren, die verschiedene Aufgaben übernehmen und in einen harmonischen Kontext zueinander treten können. Wie schafft es der Rossum Electro Music Mob of Emus es, auf so kleinem Raum, so viel Funktionalität unterzubringen?
Same Procedure …
Wie immer haben wir es bei einem Modul von Rossum Electro Music mit einer grundsoliden Hardware und Verarbeitung zu tun. Im Packet enthalten sind vier 3M und 2,5 M Schrauben samt Unterlegscheiben. Dazu gibt es noch einen gefalteten Quick-Start-Guide aus stabilem Karton, der alle relevanten Informationen zum Loslegen enthält und auch später noch als Referenz dienen kann. Die Anleitung gibt es dann als PDF zum Download auf der Website von Rossum Electro Music, wo auch die Firmware-Updates zu finden sind. Auch das Benutzerhandbuch ist wieder einladend und inspirierend geschrieben, bis auf den Teil mit den CV-Eingängen – den empfand ich als recht verwirrend, untypisch für Rossum.
Das neuste Modul von Rossum Electro Music ist rein digital und beansprucht 16 HP im Rack. Auf diesen kleinem Raum sind sechs Funktionsgeneratoren untergebracht, die eine von vier Aufgaben übernehmen können.
- Oszillator
- LFO
- Hüllkurvengenerator
- Pattern-Generator
Darüber hinaus gibt es noch einen Hex-Mode, der gewisse Macro-Parameter bereitstellt, um einige der Funktionen gleichzeitig steuern zu können, dazu aber später mehr. Betrachten wir also zunächst, was ein Kanal an Möglichkeiten bietet und schauen wir uns dann später die Bedienung an – denn die wird es in sich haben, so viel sei schon verraten.
Rossum Electro Music Mob of Emus: Ein Kanal für alles
Im Oszillator/LFO-Modus des Rossum Electro Music Mob of Emus hat man die Wahl zwischen 7 Schwingungsformen und einer Sample-and-Hold-Funktion. Anders als bei anderen Modulen von Rossum Electro Music gibt es hier keine Möglichkeit, die Schwingungsformen zu überblenden.
Die Umstellung erfolgt hörbar diskret. Die Schwingunsperiode reicht dabei von 23,148 kHz bis hinunter zu 36,4 Stunden. Eingestellt wird das über die oberen beiden Potis, eines für die Einstellung der Frequenz in Grob- oder Feinstimmung und der Möglichkeit, in Halbtönen zu stimmen. Das zweite Poti erlaubt die Einstellung im Bereich von bis zu +/-10 Oktaven.
Die zweite Reihe an Potis stellt die generelle Aufgabe ein und die Start-Phase. Dazu gibt es noch eine Sync-Option und eine 1-Shot-Funktion, die vor allem für den Hüllkurven-Modus gedacht ist, aber auch mit dem LFO funktioniert.
Harmonische Beziehung
In der dritten Reihe stellt man zunächst einfach die Lautstärke des Kanals ein. Eine wichtige Option ist hier die Zuweisung des Kanal-Ausgangs zum Mix-Out – denn für komplexere Patches ist es unerlässlich, die Kontrolle darüber zu haben.
Hier gibt es auch den ersten Parameter, der die harmonischen Beziehungen der Kanäle untereinander einstellt: „Harm#“. Es sind die ersten 32 Harmonischen der zuvor eingestellten Grundfrequenz einstellbar. Selbstverständlich folgen sie auch der eingehenden V/Okt-Spannung. Stellt man also einen Harm#-Wert von acht ein, so erklingt der entsprechende Oszillator 3 Oktaven über dem Grundton+CV. Setzt man als Oszillatoren Sinusschwingungen ein, hat man es also mit einer Form der additive Synthese, rein über die Addition von Harmonischen zu tun. Natürlich sind die Anzahl der harmonischen Teiltöne auf die Anzahl der Oszillatoren beschränkt. Für mehr Obertongehalt kann man dann andere Schwingungsformen verwenden.
Im Betrieb geht man bei der Einstellung am besten so vor, dass man zunächst alle Kanäle anwählt und auf die Grundfrequenz (Harm# = 1) einstellt. Dann deselektiert man den untersten Oszillator und stellt den ersten Oberton ein usw. So erreicht man schnell das gewünschte Klangbild. Möchte man allerdings Akkorde einstellen, nutzt man dafür die unten erwähnte DC-Offset Funktion.
Im unteren Frequenzbereich kann man diese Teilerbeziehungen nutzen, um mit dem Rossum Electro Music Mob of Emus Sextett interessante Polyrhythmen zu erzeugen. Angenommen man nutzt eine Pulsschwingung, um ein externes Drum-Modul zu triggern. Netterweise gibt es in der wie üblich überwiegend hervorragend geschriebenen Anleitung eine Umrechnungstabelle von harmonischen Tonverhältnissen auf rhythmische Teilerverhältnisse.
Variationen und Quantisierungen
Bleiben noch die beiden unteren Potis, die zum einen im Single-Mode eine Variation des Ausgangssignals einstellen und zum anderen eine Quantisierung für den aktuellen Kanal. „Variation“ fügt zufallsbasiert einen Schwingungsdurchgang ein, der eine Oktave unterhalb der gerade eingestellten Schwingung liegt (Variation-Poti nach links gedreht) oder oberhalb (Variation-Poti nach rechts gedreht). Im jeweiligen Vollanschlag wird die Oktavierung dann dauerhaft. Nutzt man das im Oszillator-Modus, so hört es sich einfach an wie die Zumischung von Rauschen. Interessant ist diese Variation aber vor allem im Pattern-Modus.
Die Funktion des Quantisierungspotis erschließt sich für den Fall, dass der Rossum Electro Music Mob of Emus Kanal als CV-Quelle für einen anderen Oszillator dient (auch einen internen). Schwingt der Funktionsgenerator also im Audiobereich, so hört man im Grunde nichts von der Quantisierung – das fand ich zunächst irritierend.
Zusätzlich gibt es noch eine Spezialfunktion, bei der der Rossum Electro Music Mob of Emus als reine Quantisierungsmaschine dienen kann. Alles was in den 6 CV-Eingängen ankommt, wird quantisiert und an den Ausgängen wieder ausgegeben – alle internen Funktionsgeneratoren sind dabei deaktiviert.
Es gibt auch für dieses Poti Mehrfachfunktionen. „RND“ mischt der Ausgangsschwingungsform Rauschen hinzu. Mit „DC“ kann man einen Pitch-Offset bis zu +/-12 Halbtönen einstellen – hier kann man dann auch Akkorde einstellen.
Alle Einstellungen können in 12 Presets gespeichert werden, die dann per Knopfdruck aufgerufen werden können. Es ist sogar möglich, Presets extern zu sichern und einzuladen; dabei geht man den gleichen Weg wie bei den Firmware-Updates und nutzt einen der CV-Eingänge mit einem Audiointerface, um die Daten als Audio-Datei zu speichern/laden.
Rossum Electro Music Mob of Emus Hex-Mode
Den Hex-Mode kann man als die Klammer um die Einzeleinstellungen herum bezeichnen. Einstellungen, die hier gemacht werden, beziehen sich immer auf alle Funktionsgeneratoren, behalten dabei aber die Offsets bei, so dass aus einem LFO nicht plötzlich ein hörbarer Oszillator wird. Es gibt aber zwei Options-Funktionen, die nur für den Hex-Mode gelten. „Series“ stellt alle 6 Funktionsgeneratoren in voreingestellte harmonische Beziehungen zueinander. „Warp“ verdreht die harmonischen Beziehungen untereinander und agiert in etwa wie ein Frequency-Shifter-Effekt.
Auch die Einstellungen für die Quantisierung des Mix-Outs können nur im Hex-Mode eingestellt werden. Das ist insofern problematisch, als dass man die Einstellungen, die man an einem einzelnen Kanal macht, nicht immer korrekt vorhören kann.
Jetzt kommt’s dicke
Die Bedienung des Rossum Electro Music Mob of Emus
Als allererstes gibt es keinen Abhol-Modus für die Einstellungen. Der Wert springt also auf den aktuell angezeigten, wenn man einen neuen Kanal bearbeitet und ein Poti bewegt. Hört man das noch ganz gut im Falle der Oktav-Einstellungen, kann das z. B. bei den Variation-Einstellungen heißen, dass man die vorige Einstellung nicht exakt wiederfindet und sich so das Patch unwiderruflich ändert. Und das kann eine große Rolle spielen, wenn man beginnt, komplexere Patches mit dem Rossum Electro Music Mob of Emus zu realisieren. Bereits hier kam in mir das ungute Gefühl auf, dass das Modul dringend eine Undo-Funktion benötigt – und das Gefühl wird nicht besser, je tiefer man in den Parameter-Urwald eindringt.
Einfach, doppelt, dreifach, halten
So sind viele Optionen hinter beinahe akrobatischen Klick-Vorgängen verborgen. Wir haben ja schon ein paar optionale Einstellungen gesprochen. Man erkennt sie gut an der blauen Schrift. Nehmen wir das Frequenzpoti. Eine einfache Betätigung des Potis stellt die Frequenz grob, aber kontinuierlich in einem +/-24 Halbtönen Bereich ein. Um eine Verstimmung im Cent-Bereich vorzunehmen, muss man nun den Option-Taster einmal drücken, loslassen und dann wieder drücken und halten. Möchte man aber das Tuning in Halbtönen vornehmen, muss man Doppelklicken und nach dem zweiten Klick halten.
Ähnliches gilt für die Auswahl der einzelnen Kanäle bzw. deren Stumm- und Solo-Schaltung. Ich möchte mich hier wirklich nicht in die Detailerklärungen vertiefen, aber es sei gesagt, dass es sehr oft zu solchen Doppelklicks, gar Dreifachklicks (plus Haltefunktionen) kommt. Kurzum, die Bedienung des Rossum Electro Music Mob of Emus ist nicht so einfach und auch nach einiger Zeit am Gerät will einem die ganze Klickerei nicht wirklich in Fleisch und Blut übergehen. Es macht einfach nicht wirklich Freude, das Gerät zu bedienen.
Informative Lightshow
Das Problem, die Übersicht zu behalten, war wohl auch den Entwicklern bewusst, deswegen werden die vorhandenen LEDs am Gerät so oft es geht genutzt, um Zahlenwerte oder Statusinformationen darzustellen. Das Problem hierbei ist aber z. B., wenn die Channel-LEDs anzeigen, ob ein Trigger eingegangen ist – ist der gerade aktiv bearbeitete Kanal bei dem ganzen Blinken dann kaum noch auszumachen und ohne die Sequenz zu beenden, ist es schwer, den richtigen Kanal zu finden. Gerade hier ist es mir oft passiert, dass ich mir einen komplexen Patch ruiniert habe. Soviel zum Thema Undo-Funktion.
Sehr potentes Eurorack Modul
Dennoch ist gerade die Funktionsvielfalt die Stärke des Rossum Electro Music Mob of Emus, denn komplexere Patches sind kein Problem. Man kann z. B. einen Funktionsgenerator auf eine sehr langsame Sample & Hold Einstellung bringen. Zusätzlich stellt man einen langsamen LFO ein und mischt beide Signale auf den Mix-Out. Im Hex-Mode wählt man eine Quantisierung für den MIx-Out und leitet diesen dann in einen weiteren Generator, diesmal als Oszillator genutzt. Durch eine Verstellung des LFOs kann man nun interessante Sequenzen erhalten. Um noch einen draufzusetzen, kann man ja einen vierten Kanal auf 1-Shot Envelope stellen und mit diesen ein externes Filter-Modul steuern, durch das man den Oszillator des Rossum Electro Music Mob of Emus schickt – usw. usf.
Man sieht hier leicht: Eine versehentliche Verstellung wird schon hier für viel Verwirrung sorgen können. Es geht aber noch komplexer, da man jedem der CV-Eingänge ein bestimmtes Ziel zuweisen kann, z. B. Lautstärke. So kann der Rossum Electro Music Mob of Emus auch als VCA für seine eigenen Oszillatoren dienen.
Feinster Galaga Arcade-Sound! Wusste nicht dass ich dafür so ein komplexes Modul brauche. ;)
Mich hat die Bedienung des Moduls überfordert. Trotz umfangreichem Handbuch und Rossum-Erfahrung (Assimil8tor, Morpheus) … also mußte es nach einiger Zeit, in der sich einfach kein vernünftiger work flow einstellen wollte, wieder „gehen“. Schade eigentlich, denn die potenziellen Möglichkeiten sind wirklich klasse.
@TripleX Das ist auch das Problem das viele haben, zu komplexe Module behindern den kreativen Workflow um müssen dann zu anderen „intelligenteren“ Benutzern weiter gereicht werden. Ich fühle mich auch eher zu den einfachen übersichtlichen Tools hingezogen. Man kann diese dann schön mit anderen einfachen Elementen zu komplexen Gebilden zusammenfügen. Der EMU Z-Plane Filter von Dave durfte jedoch bleiben, er ist unschlagbar einmalig und passt in mein setup. Auch mit noch so viel Liebe könnte man diesen Filter mit nichts anderem auf der Welt immitieren.
Wie wär’s denn mit „An sieben Knöpfen mußt Du drehen, / sieben Mal im Dunkeln stehen“ (oder so)?
Macht irgendwie mehr Sinn als „über Knöpfe gehen“, aber das ist nur meine Meinung.
…Als Catch-Phrase leider zu lang – aber die Assoziation hat bei Dir ja diesen hervorragenden Zweizeiler entstehen lassen. Ich nehme ihn!
Du solltest Werbetexter werden. Schöner zusammenhang!
Irgendwie fehlt es den Soundbsp. an Innovativität, mehr harmonisch wagen…