88 Tasten & Sounds = livetauglich?
Vom Hersteller Midiplus hatten wir kürzlich die beiden Controllerkeyboards X-6 II und X-8 II im Test, nun durften wir auch ein größeres und etwas anderes Keyboard des taiwanesischen Herstellers testen. Beim Midiplus Stage 88 handelt es sich um ein kompaktes Stagepiano mit 88 Tasten. Die Verarbeitung scheint roadtauglich zu sein, schauen wir einmal, wie sich das Stage 88 im Test schlägt.
Konzept des Midiplus 88 Pianos
Wer regelmäßig auf der Bühne am Keyboard steht oder sitzt, bisher aber (noch) nicht zu den Größen des Showbusiness gehört, ist um jedes Kilogramm dankbar, das er nicht alleine aus dem Auto, auf die Bühne und später wieder zurück tragen muss. Ein kompaktes Stagepiano mit den wichtigsten Sounds kann da treue Dienste leisten und sogleich den Rücken schonen. Zumindest hinsichtlich des Rückens punktet das Midiplus Stage 88 auf ganzer Linie. Nur 10 kg bringt das Piano auf die Waage und gehört damit zu den 88-tastigen Leichtgewichten. Holz als Tastaturmaterial erwartet bei diesem Gewicht dementsprechend wohl keiner mehr, so dass diese beim Stage 88 folgerichtig aus Kunststoff besteht.
Die 88 Tasten des E-Pianos sind leicht gewichtet und entsprechend weit entfernt vom Zusatz „Hammermechanik“. Für echte Pianisten-Hände ist das weniger etwas, Synthesizer-Freunde die als Zusatz gerne 88 Tasten unter den Fingern hätten, werden da schon eher glücklich mit. Mir persönlich ist der Anschlag zu leicht, allerdings bekommt man mit etwas Eingewöhnungszeit schnell ordentliche Passagen damit hin. Die Tastaturgeräusche sind im akzeptablen Bereich, störend wird es nur hin und wieder, wenn man die Tasten schnell loslässt und diese nach oben zurückfedern, dann vibriert etwas hörbar am oder im Gehäuse.
Die Verarbeitung der Tastatur, wie auch des gesamten Keyboards, ist sehr gut. Alles steckt in einem solide Metallgehäuse, dem man so schnell nichts anhaben kann. Die abgerundeten Ecken sorgen für eine gute Optik, dank der weißen Abschlussleisten fällt das Midiplus Stage 88 auch gerne mal im ansonsten eher schwarz dominierten Keyboarder-Alltag auf. Die Bedienoberfläche ist leicht nach vorne geneigt.
Ausstattung des Stage 88 E-Piano
Die Mitte der Bedienoberfläche hat Midiplus komplett frei gelassen, so dass sich alle Bedienelemente entweder ganz links bzw. rechts befinden. Für den Live-Betrieb nicht unpraktisch, denn bevor man mit einer der Hände in die Mitte des Keyboards greift, ist man entweder mit linker oder rechter Hand schneller seitlich nach vorne geeilt, um die gewünschten Funktionen einzustellen bzw. zu verändern.
Auf der linken Seite bietet das Stage 88 jeweils ein Pitchbend- und ein Modulationsrad, direkt daneben ein 3-stelliges numerisches LC-Display samt kombiniertem POWER- und MIDI/SELECT-Button und einem Fader für die Gesamtlautstärke.
Auf der rechten Seite findet man acht 3 cm lange Fader, jeweils einen DOWN/UP-Taster für die Transposition bzw. Auswahl eines Presets sowie acht Drehregler. Ein Großteil der Tasten des Midiplus Stage ist mit Funktionen beschriftet, hier werden durch Kombinationen aus Function-Taste und Tastatur diverse Parameter eingestellt.
Welche Anschlüsse bietet das Midiplus Stage 88?
Auf der Rückseite befinden sich die Anschlüsse des Pianos. Strom bezieht ausschließlich über den USB-Port, hierüber lassen sich auch MIDI-Daten senden und empfangen. Alternativ kann dies aber auch über zwei fünfpolige MIDI-DIN-Buchsen (IN, OUT) erfolgen. Ein Pedal lässt sich am Stage 88 anschließen, dazu lassen sich die Sounds des Pianos über den AUX-Ausgang ausführen. Einen zusätzlichen Kopfhörerausgang gibt es nicht.
Der erste Eindruck zum Midiplus Stage 88 ist durchweg positiv. Die Verarbeitung ist toll und fällt sehr robust aus, die Bedienelemente laufen sauber in ihren Bahnen, die Tastatur ist gut. Zum Lieferumfang gehören ein englischsprachiges Handbuch und ein USB-Kabel.
Wie klingt das Midiplus E-Piano?
Das Stage 88 bietet 64 Sounds, die Midiplus als „E-MU Classic Keys Programs“ bezeichnet, hinzu kommen 128 MIDI-GM-Sounds. Das klingt zunächst etwas „old school“ und ehrlich gesagt klingt es am Ende dann auch so. Selbst die vermeintlich besseren „custom E-MU Sounds“ sind, auch wenn man den recht günstigen Preis von 279,- Euro hinzunimmt, nicht sonderlich erstrebenswert. Da bringen die preislich vergleichbaren Einsteiger-Pianos von Yamaha, Kawai oder Roland deutlich bessere Sounds mit sich, da kann man das Midiplus leider nicht empfehlen. Und auch die GM-Sounds des Midiplus Stage 88 sind da keinesfalls besser.
Auch die Bedienung erschließt sich leider nicht ganz, auch wenn man das Handbuch gewissenhaft danach durchforstet. Möchte man einen der E-MU Sounds anwählen, findet man diesen passenderweise in der Soundbank E. Man drückt den MIDI/Select-Button, danach die gewünschte Nummer und bestätigt mit dem erneuten Drücken des MIDI/Select-Buttons. Allerdings fällt auf, dass es einige Nummern nicht gibt, obwohl alle 64 Speicherplätze laut Handbuch mit Sounds belegt sind. Wie auf dem folgenden Bild zu erkennen, fehlen beispielsweise die Nummern 11, 15, 17, 19 etc. Was macht man in solch einem Fall? Laut Vertrieb muss man die danebenliegende Sound-Taste drücken, danach per Plus/Minus-Button eins nach oben oder unten steppen. Praxistauglich ist das aber leider nicht.
MIDI-Features des Stage 88
Mal abgesehen von den wenig erstrebenswerten Sounds des Stage 88 lässt sich das Keyboard durchaus als MIDI-Controllerkeyboard einsetzen. Viel günstiger kommt man an 88 Tasten fast nicht heran und das Stage 88 erlaubt es, die Fader und Potis mit beliebigen MIDI-Control-Change-Befehlen zu belegen. Einer Steuerung von anderen MIDI-Hardware-Geräten ist somit möglich und dankenswerterweise verfügt das Keyboard über MIDI-DIN-Buchsen, so dass man nicht nur die DAW oder Software-Synthesizer steuern kann, sondern eben auch Hardware.
Die Programmierung ist nicht ganz selbsterklärend, denn einige Schritte muss man für das Setup jedes Faders/Potis schon gehen, damit alles passt, aber es funktioniert.
Für wen ist das Midiplus Stage 88 geeignet?
Für die Bühne kann man das Stage 88 nur empfehlen, wenn man es als MIDI-Controller nutzt. Die internen Sounds entsprechen einfach nicht mehr dem heutigen Standard, da bietet jedes Einsteiger-Stagepiano mehr Qualität. Wer nur ein anderes MIDI-Gerät ansteuern möchte und 88 Tasten benötigt, sollte sich das Stage 88 durchaus mal anschauen. Die Verarbeitungsqualität stimmt auf alle Fälle.
Im Studioeinsatz gilt fast das Gleiche, vor allem weil man in Form von Software-Pianos (die zur Ausstattung jeder DAW gehören) ebenfalls bessere Sounds bekommt, als es das Midiplus Stage 88 bietet. Hier lassen sich die Fader und Potis gewinnbringend einsetzen und Software-Instrumente und Effekte steuern. Allerdings bietet das Stage 88 keine Transportsteuerung, ein klarer Nachteil gegenüber anderen MIDI-Controllern.
Dank der kompakten Maße bekommt man das Stage 88 auch ohne Weiteres vor den Arbeitstisch gestellt, das bietet sich nicht nur für kleine Homerecording-Studios an.
Ein sehr seltsames Produkt, für mich überwiegen die Schwächen.
– man baut Sounds ein, diese sind ausgesprochen schlecht und zu nix nütze, Soundblaster-Niveau 1999
– Ein Display, was auch aus dem letzten Jahrtausend sein könnte
– Keine mehrere Midi Ports
– keine mehrere USB-Ports
– das Keyboard eignet sich weder als Stage Piano, noch als Midi-Kommandozentrale
– die Bedienung ist anscheinend überaus frickelig
Für das Geld würde ich mir lieber ein Nektar Impact LX88+ leisten und hätte noch etwas für ein Sustain-Pedal übrig…