Das erste elektronische Instrument
Einer der großen Vorzüge, für AMAZONA.de zu schreiben, ist ja, dass man als Autor immer wieder in direkten Kontakt mit äußerst interessanten Instrumenten und Gerätschaften kommt, die man ansonsten meist nur aus dem Internet kennt – und diese dann auch noch nach Hause geliefert bekommt und ausführlich testen darf. Was hatte ich hier nicht schon alles an ungewöhnlichem Equipment auf dem Tisch: Mellotron, Talk Box und viele mehr – und jetzt auch ein Theremin, oder besser dessen populären Nachfolger, den Moog Theremini. Der ist zwar schon seit einigen Jahren auf dem Markt, doch da es ohne das Theremin vermutlich keinen Synthesizer geben würde und wir bei Amazona es tatsächlich bis heute versäumt haben, uns mal genauer mit diesem exotischen Instrument zu beschäftigen, wollen wir das jetzt unbedingt nachholen. Was mich persönlich dabei am meisten interessiert: Werde ich den Moog Theremini tatsächlich am Ende auch einigermaßen virtuos spielen können? Ist der Theremini überhaupt in der heutigen Musik sinnvoll einsetzbar? Oder ist das nur ein „Spielzeug“? Ich bin gespannt.
Intermezzo: Die Geschichte des Theremins
Das Theremin (das ursprünglich “Aetherophon” hieß) feierte unlängst seinen 100. Geburtstag, wurde es doch bereits 1920 vom russischen Physiker Lew Sergejewitsch Termen (der sich später in den USA Leon Theremin nannte) erfunden, der damals im „Labor für elektrische Schwingungen“ am physikalisch-technischen Institut in Petrograd arbeitete. Was dann (sehr viel) später allgemeinhin als die Geburtsstunde des Zeitalters der elektronischen Musik und das Theremin als Wegbereiter des Synthesizers bezeichnet wurde. Termen hatte vor seinem Physikstudium am Konservatorium in Sankt Petersburg bereits Cello studiert, hatte also durchaus eine Affinität zur Musik. Weshalb er dann ab 1923 auch eng mit dem Moskauer Institut für Musikwissenschaften kooperierte.
Ab 1927 ging Termen mit seinem Theremin – veranlasst von Lenin, der das Theremin als „Errungenschaft der Revolution“ bezeichnete und es als Propagandamittel sah – auf Welttournee in den Westen. Dort wurde es vom verblüfften Publikum frenetisch bejubelt und als Sensation gefeiert; bei der Premiere in Paris sollen sich sogar die, die keine Karte mehr ergattern konnten, vor der Oper wild geprügelt haben. In New York spielte Termen zusammen mit dem Komponisten und Pianisten Rachmaninow im Plaza Hotel, anschließend in der Carnegie Hall und sogar in einem Stadion vor 15.000 Zuhörern, das Interesse am Theremin war überwältigend. Dass da jemand, ohne das Instrument zu berühren, bis dato ungehörte Klänge hervorzaubern konnte, wollte den Menschen damals einfach nicht in den Kopf.
Termen tingelte weiter durch Shows und Theater, um sein Theremin weiter bekannt zu machen. Er richtete in Manhattan ein elektronisches Musikstudio ein, auch nutzten im Lauf der Zeit einige namhafte Komponisten wie Edgar Varèse, Henry Cowell oder Bohuslav Martinu das Theremin in ihren Werken. Am 1. April 1932 führte Termen in der Carnegie Hall eine „Electronical Symphony“ für 16 Theremin auf; dem eigens gegründeten „Theremin Electric Symphony Orchestra“ gehörte auch Clara Rockmore an, die sich später einen Namen als DIE Virtuosin auf dem Theremin machte (und wegen ihrer Séance-artigen Konzerte auch „Hohepriesterin des Theremin“ genannt wurde) und für technische Verbesserungen am Theremin sorgte.Nachdem Termen – der ja inzwischen Leon Theremin hieß – 1938 für die nächsten Jahre in einem sibirischen Arbeitslager verschwand (er hatte angeblich für die USA spioniert), machte sich 1948 der damals 14-jährige Robert Moog daran, Theremine zu bauen. Das Interesse war unvermindert groß, inzwischen hatte die Filmindustrie das Theremin für sich entdeckt; Hitchcock setzte es zum Beispiel 1945 in Spellbound (Deutscher Titel: „Ich kämpfe um Dich“) ein, um den verwirrten Geist von Gregory Peck adäquat musikalisch wiederzugeben
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(Theremin ab 1:55)
Nerdwissen am Rande: Interpret am Theremin war hier (wie auch später in fast allen SF-Filmen) Samuel Hoffman, der 1947 wiederum ein damals hunderttausendfach verkauftes Theremin-Album namens „Music out of the moon“ aufnahm, das dann eins von zwei Alben war, das Neil Armstrong bei der Apollo 11-Mission auf Kassette mitnahm und auf dem Mond abspielte. (Jauch-Wissen: Das andere war Dvoraks Symphonie „Aus der neuen Welt“).
Zurück zu Bob Moog: Der schrieb mit 19 seinen ersten Artikel für das Magazin „Radio und Fernsehnachrichten“ mit dem Titel „The Theremin“, in dem er darlegte, wie man sich selber ein Theremin bauen kann. Die meisten Leser konnten es wohl dann doch nicht, weshalb Moog Unmengen von Anfragen bekam und schließlich seine erste Firma, RA Moog & Co, im Keller seines Elternhauses in Flushing Queens, New York gründete. Wo er bis 1963 ausschließlich Theremin-Teile, Bausätze und komplette Instrumente baute und verkaufte, bis er 1963 dann auf den experimentellen Jazzkomponisten und Thereministen Herb Deutsch traf, mit dem er in den Folgejahren den ersten Synthesizer entwickelte; der Rest ist (Synthesizer-) Geschichte.
So richtig durchsetzen konnte sich das Theremin aber in der Folgezeit nicht, es blieb immer ein Exot. Zwar wurde es immer wieder mal in Filmen („Gefahr aus dem Weltall“ (1953), „Mein Onkel vom Mars“ (1963-1966)) eingesetzt und war in den 1950er Jahren ein äußerst beliebtes Objekt für Hobbybastler, kam in der U- und E-Musik lange Zeit aber kaum vor. (Und nein, das Instrument in „Good Vibrations“ von den Beach Boys ist 1966 kein Theremin, sondern ein Tannerin; das ähnelt zwar dem Theremin, wird aber nicht berührungslos gespielt). Erst in den 1990er Jahren tauchte das Theremin dann wieder verstärkt auf, sowohl in Filmen („Ed Wood“ (1996), „Der Maschinist“ (2004), „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (2005) oder „Mars Attacks!“ (2006), als auch vereinzelt in der U-Musik (z.B. 1988 in Brian Enos „For her Atoms“, oder bei Tom Waits und Jean Michel Jarre) und in der Neuen E-Musik. Ein Name ist dabei stets präsent: Lydia (Lidija) Kavina, die Großnichte Termens, die bei ihm das Thereminspiel gelernt hatte und heute als führende Virtuosin gilt.
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Fun Fact: Bis heute ist das Theremin übrigens das einzige Instrument geblieben, das komplett kontaktlos gespielt wird.
Das ist der Moog Theremini: Die Klangerzeugung und die App
Der Moog Theremini ist nicht das einzige Theremin von Moog, aber das derzeit preiswerteste. Derzeit noch im Handel sind auch das Moog Etherwave Theremin in den Ausführungen Standard und Plus (ca. 650 Euro, nur noch vereinzelt erhältlich) und das Moog Claravox Centennial Theremin (benannt nach Clara Rockmore (s.o.), ca. 1.650 Euro). Der Moog Theremini hat keine analoge Sounderzeugung wie ein klassischer Moog, sondern basiert (klanglich) auf der bewährten iPad-App „Animoog“ mit ihrer Anisotropic Synth Engine. Er wird also wie ein Theremin über zwei Antennen gespielt, hat aber eine am Synthesizer orientierte Klangerzeugung.
Es kommt mit 32 Presets, die den klassischen Musiksound nachbilden; anders als bei der App lassen die sich aber am Theremini selber nicht bearbeiten oder verändern, dazu braucht man zwingend die kostenlose App „Theremini Advanced Software Editor“. Die gab es anfangs nur für das iPad – was einigen Unwillen bei der Käuferschaft hervorrief – ist aber einige Zeit später auch für PC und Mac erschienen; für letztere Versionen ist aber eine Registrierung des Moog Theremini notwendig . Mit der App lassen sich Presets bearbeiten, eigene Sounds erstellen und auf dem iPad speichern, zudem bringt die App noch zusätzliche Presets mit. Überdies kann ich darüber verschiedene Filtertypen einsetzen, den Anteil von Filter Cutoff und Resonance für jede der beiden Antennen einzeln festlegen oder die Wellenformen etwas manipulieren. Die klanglichen Möglichkeiten sind damit also ungleich größer. Die einzige Möglichkeit der Klangveränderung am Theremini selber ohne den Editor ist die optionale Hinzunahme des Stereo-Delay-Effektes, den es in den drei Abstufungen short, medium und long gibt.
So funktioniert ein Theremin – und so wird es gespielt
Das klassische Theremin basiert – wie viele andere elektronische Geräte auch – auf Oszillator-Schaltkreisen aus Kondensatoren und Induktionsspulen. Die außen sichtbare Antenne zur Tonhöhenveränderung ist mit dem Tonhöhen-Oszillator parallel geschaltet und bildet zusammen mit der Hand des Musikers eine Art zweiten Kondensator. Durch den wechselnden Abstand der Hand zur Antenne wird die Menge der Ladung, die der Kondensator speichern kann, beeinflusst und damit auch die Frequenz des erzeugten Wechselstroms. Weil diese im Oszillator erzeugte Frequenz aber viel zu hoch für das menschliche Ohr ist, wird diese mit den Schwingungen eines weiteren Oszillators mit hörbarer Festfrequenz gemischt und verstärkt. Dieses Prinzip findet dann auch bei der zweiten Antenne – der zur Lautstärkenänderung – Verwendung.
Gespielt wird das Theremin berührungslos, indem ich den Abstand meiner Hände zu den beiden Antennen ändere. Je näher ich die Hand zur Antenne bewege, desto höher bzw. desto leiser wird der Ton. Was allerdings eine sehr plumpe Spielweise wäre; echte Virtuosen wie Lydia Kavina spielen das Theremin durch kleinste Veränderungen der Fingerhaltung, erzeugen Tremolos durch leichtes Schütteln und gekonnte Glissandi und treffen dabei noch jeden Ton fast perfekt. Was irrsinnig viel Übung erfordert: Das Theremin ist nicht nur das einzige Instrument, das völlig berührungsfrei gespielt wird, sondern auch das mit Abstand am schwersten zu erlernende Instrument. Wer da nicht ausdauernd und lange übt, der mag zwar ein paar nette SciFi-Effekte erzeugen, aber sicher keine hörenswerte Musik. Da sollte man anfangs besser einen Kopfhörer nutzen, will man nicht den Besuch des Tierschutzes herausfordern, der nach den gequälten Katzen suchen will.
Hier ein kleines Lehrvideo von Lydia Kavina:
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Der Moog Theremini ausgepackt
Der Moog Theremini kommt in der klassischen nüchternen Moog-Verpackung (Umzugskarton braun mit schwarzem Aufdruck). Zum Lieferumfang gehören – neben dem Theremini selber natürlich – das Netzteil mit abnehmbarem Kaltgerätestecker-Kabel (wahlweise in US oder in EU-Ausführung), ein gedrucktes ausführliches (englisches) Handbuch, ein großformatiges Quickstart-Manual (dessen Rückseite komplett mit dem Moog-Logo bedruckt ist, ein stylisher Wandschmuck) und dem üblichen knallbunten Moog-Comicposter (ebenfalls mit Wandschmuck-Qualität, wäre es nicht 20x gefaltet).
Moog Theremini näher angeschaut: Design und Bedienfeld
Müsste ich das sehr eigenwillige Design des Moog Thereminis mit wenigen Worten beschreiben, so fallen mir zuerst „Colani“, „Raumschiff Orion“ und die „Roaring Sixties“ ein. Das weiße rund-elliptische Kunststoffgehäuse scheint direkt aus einem Science-Fiction-Film der 60er Jahre zu kommen, wobei der silberne Metallgriff (der eigentlich ja die Antenne zur Lautstärke-Regulierung ist) frappierend an das Star Trek Logo erinnert. Wie auch immer: In der großen weiten Welt der musikalischen Gerätschaften hat das Moog Theremini diesbezüglich auf jeden Fall ein Alleinstellungsmerkmal und einen hohen Wiedererkennungswert. Und ist – auf ein Stativ montiert – ein echter Hingucker in der individualisierten Wohnungseinrichtung. Die Pitch Antenne ist in einer Aussparung am Boden untergebracht und muss dann erst noch eingesteckt werden. Für „Ich stelle meine Geräte alle auf den Tisch“ – Musiker hat der Moog Theremini vier stabile Gummifüßchen; besser ist es aber, das Instrument mit Hilfe der 3/8 Bohrung auf einem Stativ zu befestigen. Warum? Erkläre ich gleich.
Auf der Fronseite befindet sich das Bedienfeld, das wirkt, als hätte sich eine kleine schwarze eckige Kiste aus dem ansonsten komplett runden Gehäuse geschoben. Mittig ein kleines S/W Liquid Crystal Display aka LCD (128 x 64 Pixel, hintergrundbeleuchtet), um das rechts und links je zwei Drehregler angebracht sind. Links ist der Regler für die Lautstärke und die Pitch Correction, mit der ich die Tonhöhe von „stufenlosem Glide“ zu „hart getrennten Tonschritten“ ändern kann. Was schon mal eine große Erleichterung gegenüber dem klassischen Theremin ist, wo das Treffen des richtigen Tones nur mit viel Übung (und nie so ganz wirklich) erreicht werden konnte. Die Pitch Correction kann man vielleicht mit den Bundstäbchen auf einem Gitarrenhals vergleichen, nur dass die hier dann automatisch angefahren werden und ich nicht erst noch den Finger darauf legen muss. Zwischen den beiden Reglern und dem Display finden sich noch zwei unauffällige Taster: Einer zum Einstellen des Grundtons (Root) und einer für die Scale/Tonart; 22 stehen da zur Auswahl, darunter sämtlichen Kirchentonarten, Pentatonic, Major und Minor Blues, 5th, Major und Minor Third, Whole Tone und Chromatic sowie World-Music-Exoten wie Ryukyu, Egyptian, Gipsy oder Arabian.
Rechts vom Display dann der Regler, um durch die 32 Presets zu scrollen und der Amount-Regler für den Stereo-Delay-Effekt, der über den danebenliegenden Taster zugeschaltet wird. Mit einem weiteren Taster komme ich ins Setup des Theremini. Bei den Tastern muss ich jeweils entweder durchsteppen, oder – will ich zu weiter entfernten Einstellungen wechseln – den Knopf gedrückt halten und am Preset-Regler drehen, was deutlich schneller geht.
Moog Theremini näher angeschaut: Die Anschlüsse
Auf der Frontseite befindet sich im Bedienfeld der Miniklinkenanschluss für den Kopfhörer; gut so, ich bin kein großer Freund von diesbezüglichen Buchsen auf der Rückseite, wo dann stets das Kabel über dem Gerät hängt und im Weg ist.
Dort sind dann die Anschlüsse für das 12V-Netzteil samt großem Powerbutton und ein CV-Out (große Klinke) untergebracht, über den ich den Theremini mit einem passenden analogen Synth verkabeln kann. Darüber lassen sich MIDI Messages/Steuerspannungen (einstellbar 0-5 oder 0-10 Volt) schicken und empfangen. Dabei sind im Setup wahlweise die Pitch- oder die Volume-Antenne als Kontrollquelle wählbar.
Daneben dann die beiden Klinkenbuchsen für den Stereo-Ausgang. Zwar besitzt der Moog Theremini auch einen kleinen eingebauten Speaker, doch klingt der dann auch so: Eben wie ein kleiner eingebauter Speaker in einem Kunststoffgehäuse. Nett, wenn man mal einfach so ein wenig herumspielen möchte, ohne die ganze Anlage hochzufahren oder wenn man den Theremini Heiligabend in die gute Stube schleppt, um dort zu musikalischen Weihnachtsbelustigung beizutragen, aber ansonsten eher verzichtbar. Der Stereo-Ausgang wird aber leider nicht über den Volumeregler gesteuert, sondern gibt immer „volle Pulle“; da muss man dann halt am Mixer nachjustieren – was ich etwas umständlich finde, aber nun gut.
Über die Mini-USB-Buchse (2.0) kann ich MIDI-CC-Daten an den Computer, an das Tablet oder sonstige MIDI-Devices schicken, um den Theremini als ungewöhnlichen Controller zur Steuerung anderer Klangerzeuger einzusetzen, was besonders auf der Bühne natürlich recht eindrucksvoll ist, aber auch sonst eventuell ungeahnte Möglichkeiten bietet – einfach mal ausprobieren. Auch hier können die Feinheiten – wie 7-bit MIDI oder 14-Bit-MIDI oder die CC# im Setup eingestellt werden. Die Bohrung für das obligatorische Kensington Lock (hat das eigentlich jemand jemals genutzt?) und eine Groundschraube, falls es mal brummen sollte, komplettieren das Anschluss-Angebot.
Moog Theremini eingeschaltet: Kalibrierung und Anfangsschwierigkeiten
Bevor es musikalisch losgeht, muss der Moog Theremini noch kurz kalibriert werden, um ihn an seine Umgebung anzupassen. Wird der Theremini also an einen anderen Ort gestellt oder längere Zeit nicht genutzt, ist die erneute Kalibrierung erforderlich. Die geht aber schnell in fünf Schritten über die Bühne, einfach den Anweisungen im Display folgen: Einmal vier Fuß entfernt hinstellen und jeweils die Hand einmal nah und einmal weit weg von den beiden Antennen platzieren, das war es auch schon wieder. Da der Moog Theremini mit seinen zwei Antennen auch auf Objekte in der Nähe reagiert, ist es wichtig, ihn einigermaßen frei aufzustellen – am besten natürlich auf einem Stativ. Da hat man dann auch gleich die richtige Höhe; es wird empfohlen, den Theremini ungefähr auf Höhe des Bauchnabels zu haben, was bei Tischen eher nicht der Fall ist. Ein Stativ sollte also – falls nicht schon vorhanden – ebenfalls mit einkalkuliert werden.
Dann eben noch im Setup das Theremini auf Automute stellen (ansonsten gibt es einen lautstarken Dauerton, wenn man sich vom Instrument entfernt, da „Hand weit weg“ ja „volle Lautstärke“ bedeutet) und ich kann loslegen. Es heult, jault und zirpt, da ich mit viel zu großen Bewegungen im Stile großer Dirigenten vor dem Theremini agiere; weniger ist hier tatsächlich mehr. Mit der Zeit stelle ich fest, dass selbst das vorsichtige Krümmen eines Fingers schon zu (wesentlich kleineren) hörbaren Veränderungen führt, aber auch das will erst einmal gelernt sein. Zum Glück wird im Display nicht nur die gerade klingende Note angezeigt, sondern auch mit einer Art digitaler Wasserwaage bescheinigt, wie weit ich vom perfekten Treffer entfernt bin – damit kann und muss man gut und vor allem auch viel üben. Zwar kann ich über die Pitch Correction das Theremini dazu überreden, zum Beispiel nur Ganztonschritte auszuführen, was das anfängliche Gejaule minimiert; trotzdem aber muss ich ja immer noch durch vorsichtiges Herantasten den richtigen Ton suchen und finden – und selbst die sind dann nicht ohne Durchgangsnoten zu erreichen, da der Sound des Thereminis ja nie stoppt. Mal eben durch die Tonleiter scrollen: Kein Problem. Aber Tonsprünge, wie sie nun mal in jedem Song vorkommen: Da werde ich vermutlich noch einige Wochen brauchen, bis ich da etwas fehlerfrei hinbekomme. Dass das durchaus geht, beweist dieses Video:
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Auch ein Problem ist anfangs, dass die Töne kaum zuverlässig beendet werden können, da der Theremini ja an sich einen Dauerton sendet; der stoppt nur, wenn ich die Hände außerhalb der Reichweite der beiden Antennen ziehe und zuvor Automute aktiviert habe, oder wenn ich die Volume-Hand auf die Antenne lege. Und will ich während eines Tracks mal ein anderes Preset wählen, muss ich dazu an den Preset-Drehregler, der aber unmittelbar neben der Pitch-Antenne liegt. Was dann wiederum dazu führt, dass der Moog Theremini trotz Automute sofort wieder loslegt, wenn ich mal vergesse, das Volume mit der zweiten Hand runterzufahren. In beiden Fällen wäre ein Pedalanschluss zum Muten eine wirklich große Hilfe, zumindest anfangs
So klingt der Moog Theremini
Trotz meiner spielerischen Unzulänglichkeiten will ich euch natürlich ein paar Sound-Kostproben nicht vorenthalten. Starten wir mal mit dem klassischen Theremin-Sound, ohne Pitch Correction (PC) oder Effekte (Scale Ionian).
Ja, das ist höchstens für einen SciFi-Horrorfilm zu gebrauchen. Ich schalte mal die Pitch Correction dazu und wechsele den Sound. Den Tonumfang kann ich übrigens im Setup ändern, indem ich untersten und obersten Ton auswähle. (Scale Penta)
Ja, schon besser. Probieren wir es mal mit einem Moog-typischen Sound wie diesen hier. Der heißt nicht nur superfat, sondern ist es auch. Am Ende versuche ich mich an einem Triller. (Scale Aeloisch)
Da wird deutlich, dass man schon recht festgelegt ist in seiner Spielweise. Kein Aftertouch, kein willkürliches Glide, ein kurzes Portamento oder Key Gliss – da ist ein Theremin schon sehr speziell. Mit viel Übung lassen sich zwar andere Techniken zaubern, aber das geschieht eben nicht auf Knopfdruck. Kein Wunder, dass viele der große Theremin-Virtuosen von den Streichinstrumenten kommen.
Man kann die Pitch Correction ja stufenlos ändern, es muss nicht immer ganz oder gar nicht heißen. Hier zum Beispiel steht sie auf halbe Kraft, perfekt für den dezenten Spuksound. (Scale Mixolydisch)
Beim nachfolgenden Bass Sound kontrolliere ich mit der Volume-Hand auch gleichzeitig einen Filter für einen Wah Wah-Effekt; das allerdings ist vorgegeben und kann nicht „frei Schnauze“ am Theremin eingestellt werden. Schade eigentlich. (Scale Minor Blues)
Noch mal etwas mehr Moog-Synthesizer: Hier gelingt es mir durch eine schnelle Fingerbewegung, eine Art Vibrato zu erzeugen. (Scale Maj Penta)
OK, ihr müsst jetzt stark sein: Ich versuche mich am Star Trek Thema. Und stelle fest, dass schon ein Millimeter Abstand mehr oder weniger über Treffer oder voll daneben entscheiden kann. Was gar nicht so einfach ist, wenn man ständig mit den Augen am Display klebt, um zu checken, ob der richtige Ton in der Nähe ist (Scale Chromatic).
Na gut, vielleicht inspiriert mich ja ein passenderer Star Trek-Sound? Nein, wird auch nicht besser, eher schlimmer. (Scale Chromatic)
Die Star Trek Musik ist aber mit ihren Sprüngen nicht unbedingt der richtige Einstieg für einen Theremin-Anfänger. Wer seine Ziele nicht ganz so hoch steckt, bekommt auch zu Beginn schon melodie-ähnliche Verläufe hin. (Scale Lorican)
Mit einer etwas exotischeren Tonart und dem passenden Sound ist das Ergebnis schon dezent vorgegeben. „Ryukyu“ klingt japanisch (und ist eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, die zu Japan gehört, Bildungsauftrag ausgeführt), das Preset einen Hauch nach Shakuhachi. (Wer beim Preset-Namen übrigens „Froglicking“ liest, muss sich nicht schämen – ist mir auch passiert. (Scale ryukyu)
So, genug Theremin-Solo. Vielleicht werden meine Anfänger-Spielfehler nicht so deutlich, wenn ich einen einfachen Klaviertrack darunterlege und dazu etwas improvisiere? Mal ausprobieren. Und mit einer Blues-Skala kann man doch eigentlich nichts verkehrt machen. (Scale Min Blues]
Zum Schluss noch ein Versuch mit einem etwas Club-tauglicheren Track als Backing. (Scale Maj Penta)
https://m.youtube.com/watch?v=lCOB6iKpX04
Seine Thereminskills sind einfach krass!
Das sieht so mühelos aus. Aber wenn man es mal selber ausprobiert und da kaum einen Ton auf Anhieb getroffen hat (sondern ständig drum herum kreiste), dann weiß man, was das für ein Könner ist.
Klasse Artikel mit tollen geschichtlichen Hintergründen. Das mal zu testen war schon lange überfällig. Das Teil steht bei Thomann seit gefühlt 20 Jahren in der gleichen Ecke, gleich links wenn man in die Studioabteilung kommt.
Ich konnte das Theremini mal vor Lichtjahren auf der Musikmesse in FFM spielen. Mir ist damals eine gewisse Latenz aufgefallen, die ich auf die digitale Realisierung geschoben habe. Es hat mich recht genervt. So etwas gibt es beim Kontrabass (den ich in meiner Jungend mal zu spielen gelernt habe) nicht und auch nicht bei einem originalen Theremin.
Habe ich mir das eingebildet, oder ist das tatsächlich so?
@swissdoc Das ist mir beim Testen nicht aufgefallen. Wobei meine Theremin“künste“ aber auch extrem bescheiden sind. Vielleicht kommt das bei kunstvollerer Spielweise eher durch.
@swissdoc Latenzprobleme habe ich nicht festgestellt. Und ich bin da recht empfindlich.
Das Teil ist recht solide gebaut.
Das digitale Innenleben könnte ein Upgrade vertragen. Das ist schon etwas veraltet.
Andererseits ist der Sound ok und vielseitig. Es ist also kein großes Manko.
Ein 2. CV-Out wäre nett.
@swissdoc Möglicherweise wurde das durch ein Firmwareupdate behoben
@Numitron Guter Punkt. Es ist echt lange her und es war damals noch neu. Aber dann wäre das ja echt was für das Fest der Liebe. Klein, weiss und schräg. Damit dann den Gesang der Familie unter dem Baum begleiten. *ggg*
@swissdoc Ja, inzwischen hat das Theremini die Firmwareversion 1.1.1, da hat sich vermutlich einiges getan.