Swissonic A306 und A308 - neutral wie die Schweiz?
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Die neue Swissonic Nahfeldmonitore haben einiges an Aufmerksamkeit bekommen. Zuletzt hat mein Kollege m.steinwachs die A305 bei sich im Test gehabt und gut bewertet. Das Gute dran: ich muss hier nicht nochmal alles wiederholen, ist der Test der „kleinen A“ doch erst ca. 4 Wochen her. Aber natürlich will ich Ihnen auch ein komplettes Bild der hier vorgestellten A306 und A308 geben.
Swissonic A306 und A308: Technik und Ausstattung
Nehmen wir zunächst die Gemeinsamkeiten: Bei beiden Monitoren handelt es sich um klassische 2-Wege Nahfeldmonitore mit integrierten Class-D Verstärkern. Dies übrigens in jeder Box – also nicht, wie immer wieder gesehen – mit der Elektronik in einem Lautsprecher und einem Verbindungskabel zum passiven Bruder.
Die Verstärkerleistung wird mit 50 Watt für den Tiefmitteltöner und 50 Watt für den Hochtöner angegeben. Die Übergangsfrequenz liegt bei klassenüblichen 2.600 Hz. So kann man davon ausgehen, dass in beiden Modellen A306 und A308 die identische Elektronik verbaut ist – was auch das gleiche Layout auf der Rückseite nahelegt.
Wie auch bei der kleinen A305 haben wir das Mäuseklavier zur Anpassung an die Platzierung der Monitore und die Möglichkeit, Bässe (20 – 300 Hz ± 2 dB) und Höhen (4 – 20 kHz ± 2 dB) einzustellen.
Welche Anschlüsse bieten Swissonic A306 und A308?
Auf der Rückseite findet man eine symmetrische XLR-Buchse, eine 6,3 mm Klinkenbuchse (ebenfalls symmetrisch) und eine unsymmetrische Cinch-Buchse. Ein Volume-Regler, ein On/Off- Schalter und die Kaltgerätebuchse komplettieren die hintere Seite der Swissonic A306 und A308 Monitore. Der Rest ist eine umfangreiche Bedruckung, wie die DIP-Schalter des Mäuseklavier einzustellen sind.
Aufbau der Nahfeldmonitore
Auf der Front finden wir die klassische Chassisbestückung mit Hochtöner oben und Tiefmitteltöner unten und darunter dann noch ein querliegender Bassreflexport. Zwischen den Chassis haben wir dann noch eine mehrfarbige LED, die den Betriebszustand des Lautsprechers anzeigt. Da die Swissonic A-Modelle über eine Standby-Schaltung verfügen (nach 15 Minuten „Untätigkeit“ wird abgeschaltet), bedeutet die blaue Farbe den aktiven Betrieb, und rot ist dann Standby.
Auch den 1 Zoll großen Seidenhochtöner haben die Modelle der A-Serie gemeinsam. Dieser sitzt im Zentrum eines Waveguides, der den Schall sowohl verstärken als auch fokussieren soll.
Nur drei Dinge sind bei den A306 und A308 unterschiedlich: der Tiefmitteltöner, die Gehäusemaße und das Gewicht. Das Modell A306 hat einen 6,5 Zoll großen Basstreiber und beim A308 ist es ein 8 Zoll Chassis. Damit einher geht auch eine tieferer Grenzfrequenzbereich des großen Modells: Bis 38 Hz herunter geht es bei der A308, während die A306 „nur“ 43 Hz schafft.
Die Abmessungen der A306 betragen 224 x 361 x 282 mm bei 6,17 kg Gewicht und 254 x 419 x 308 mm (jeweils B x H x T) bei 8,69 kg.
Technischer Exkurs: FIR Filter
Der Hersteller Swissonic (bzw. das Musikhaus Thomann) behauptet, dass in der A-Monitorserie ein integrierter DSP mit FIR Filtering eingesetzt wird. Ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen, ist es die Eigenschaft von FIR-Filtern, dass sie eine Impulsantwort mit endlicher Länge erzeugen. So wird das Chassis durch den Magnet zu einem Impuls angeregt und das schwingende System, bestehend aus Zentrierung, Sicke und der Trägheit der Membran bremst das System dann recht unkontrolliert und auch recht lange. Durch das mathematische Modell in einem FIR-Filter ist diese Impulsantwort dann endlich und somit so kurz wie möglich.
So kann man zur Berechnung eines solchen Filters die Daten des Chassis eingeben und der Filter hinter dem Class-D Verstärker kann durch diese Daten das bestmögliche (=kürzeste) Ausschwingen des Systems berechnen.
Da man hier zwischen Marketing und echter, sehr aufwendiger FIR-Filtertechnologie unterscheiden muss, darf man getrost die Kirche im Dorf lassen. Es kann durchaus sein, dass man den Filter mit einigen Rahmenparametern gefüttert hat – mit einer echten Kalkulation einer Impulsantwort hat das in den Swissonics nichts zu tun. Denn gerade das sehr grobe mechanische System eines Tieftöners kann nur mit Rückkopplung berechnet werden, und dazu muss man das Chassis mit Laserinterferometrie ausmessen und als Datenraum frequenzabhängig erfassen.
Aus meiner Erfahrung hat dies aktuell nur ein Hersteller im Griff, und das ist KSD Digital bzw. Backes und Müller mit seinen High End Lautsprechersystemen. Dafür muss man dann auch entsprechend bezahlen.
Nichtsdestotrotz ist es positiv zu bewerten, dass Swissonic diese Technik zumindest in ersten Ansätzen einsetzt. Ob es denn was bringt, dass sehen wir in der klanglichen Bewertung.
Swissonic A306 und A308: Die Verarbeitung
Vorweg: Die A305 kostet 105,- Euro, die A306 nur 139,- Euro und die A308 ganze 159,- Euro, jeweils pro Stück. Was darf man da erwarten? Nun, eine ganze Menge. Es ist kaum zu glauben, was die Thomann Gruppe hier in der Einsteigerklasse auf die Beine gestellt hat. Sicher, wir haben nur folierte Gehäuse und die Chassiseinfassung ist aus Kunststoff. Aber alle verwendeten Materialien machen einen stabilen Eindruck und sind routiniert verarbeitet. Keine scharfen Kanten, keine Plastikgussgrade oder schiefe Schrauben. Die Verstärkereinheiten sind präzise eingelassen und sauber verschraubt. Die Buchsen und Regler wirken stabil und selbst das Mäuseklavier ist exakt eingebaut.
Im Lieferumfang finden sich neben der deutsch- und englischsprachigen Anleitung ein Set Klebepads, um die Boxen sauber zu platzieren. Klar, eine Reihe DIP-Schalter sind immer etwas fummelig zu bedienen, aber in der Regel wird die Box ja nur einmal eingestellt und somit sehe ich da keinen Nachteil. Well Done, Thomann, äh ich meine Swissonic!
Wie klingen die Swissonic A306 und A308?
Meist ist die goldene Mitte die beste Wahl, denn die Kombination aus einem 6,5“ Tiefmitteltöner und einer 1“ Kalotte sind weit verbreitet und bewährt. Das liegt daran, dass ein Bass dieser Größe noch recht tief in den Frequenzkeller hinabsteigen kann und gleichzeitig bei 2,6 kHz noch nicht so stark bündelt. Und eine 1 Zoll große Seidenkalotte sollte mit der Übergangsfrequenz auch keine Probleme haben.
Also dann: angeschlossen und alle Einstellungen auf „Default“ gelassen und schon kommt ein spritziges und ausgewogenes Klangbild aus den Boxen. Räumlich sehr überzeugend mit guter Abbildung und exakter Quellenlokalisierung. Die Stimme aus der Mitte wird – wie häufig bei Speakern in dieser Preisklasse – zu groß und zu breit abgebildet, aber nicht so, dass es wirklich stören würde.
Tonal sind die A306 auf der hellen Seite, wobei der Bass auch nicht zu kurz kommt. Da der Hochtöner jetzt aber kein Präzisionsinstrument ist, hat eine Absenkung um 2 dB zwar die Höhen entschärft, aber dafür wurden noch mehr Details verschluckt.
Unten im Spektrum ist ausreichend Energie und Dynamik da – die A306 können wirklich Spaß machen und auch größere Räume beschallen. Freistehend auf einem Ständer können die mittleren Swissonic meine große Galerie gut beschallen.
Leider wirkt die 306 in den Mitten tendenziell verfärbt. Einer männlichen Stimme fehlen die Oberwellen und so klingt es manchmal etwas mumpfig – offensichtlich ist der Frequenzgang im Bereich der oberen Mitten sehr zurückhaltend. Schade, denn ansonsten haben mit die „6er“ sehr gut gefallen.
Die A308 hat mich anfangs mit dem großen 8-Zoll-Bass schier weggeblasen, der Griff zur -2 dB Einstellung passte sofort. Der Bass der A308 ist auch dann nicht zurückhaltend und leider auch immer etwas weich – aber dafür stimmt der Rest bei der tonalen Abstimmung. Sehr neutral klingt das große A-Modell auch bei höheren Lautstärken nicht nervig. Allerdings gilt für beide Modelle: Wenn das musikalische Geschehen zu dicht wird, dann verlieren die Monitore den Überblick. Ein Orchester macht im Stakkato weniger Spaß, als Singer/Songwriter Sachen oder elektronische Musik. Insgesamt würde ich in meinem Studio die A308 bevorzugen: Höhen, Mitten und Bässe sind gut balanciert, die räumliche Abbildung passt und der Spaßfaktor ist auch garantiert.
Es ist allerdings wichtig, all diese Klangbeschreibungen zu relativieren: Wir haben es mit Lautsprecher zwischen 278,- Euro und 318,- Euro pro Paar zu tun. Das merkt man an den nur durchschnittlich präzisen Bässen, der zu breiten Stimmwiedergabe und daran, dass die Lautsprecher hier und da leise Details verschlucken. Nuancen, die mir bei der KSD C88 Reference vertraut sind, werden mit den Swissonic nur hörbar, wenn man sich darauf konzentriert.
Trotzdem: In dieser Preisklasse gefallen mir die Speaker sehr gut und so ein Komplettpaket ist in dieser Preisklasse kaum woanders zu finden. Schade nur, dass die Mitten der A306 ein paar Schwächen zeigen.
Finite Impulse Response (FIR) ist zunächst eine sehr allgemeine Bezeichnung für ein Konzept der Filterimplementierung in der digitalen Signalprozessierung und sagt nichts darüber aus, was mit dem Filter tatsächlich bewerkstelligt wird. Die Filterkoeffizienten können z.B. rein mathematisch generiert werden, um eine bestimmte Impulsform am Ausgang zu erzielen oder sie werden per inverser Fourier-Transformation aus der gewünschten Frequenzantwort des Filters berechnet. Die 1:1 Kompensation einer gemessenen Impulsantwort eines realen Systems ist nur eine von vielen möglichen Anwendungen eines FIR-Filters. Bei den Swissonic Boxen wird mit dem FIR-Filter wohl hauptsächlich die Equalizerfunktion implementiert. Den angeblichen Claim, es werde mit dem FIR-Filter die Impulsantwort des Tieftöners kompensiert finde ich bei Thomann nicht.
@RoDi >Den angeblichen Claim, es werde mit dem FIR-Filter die Impulsantwort des Tieftöners kompensiert finde ich bei Thomann nicht.
Ist aber so implementiert, wenn auch mit 3ms nicht bis unter 100Hz. VG aus Treppendorf ;)
Ah schön, schon wieder Schweiz und Neutralität.
Wie siehts eigentlich in Deutschland aus, gibts da noch was anderes als Sauerkraut?
@4finger Die KSD (sehr viel teurer) sind unverschämt neutral und ehrlich. Unverschämt im positiven Sinne. Wobei: Ob das immer gut ist die Wahrheit zu erfahren, was man eigentlich für nen Mist produziert. ;) Für die Mische ist es natürlich gut.
Oha, Swissonic, die neuen Behringer Truth ? ;-)
Die bis dato erfolgten Berichte über diese „Apple und ’nen Ei“ – Monitore lesen sich in der Tat sehr gut.
Da überlege ich mir doch ob ich diese nicht auch gebrauchen kann. Als Multimedia-Speaker und zum Fernseher im Schlafzimmer.
Statt Swissonic sollten die doch eher Chinasonics heissen. Und China ist, wie wir alle wissen, alles andere als neutral.
Aber Schlafzimmer beschallen, oder die Lautsprecher der anorexen Flachbildschirme unterstützen. Y Not?
Bei diesen Preisen lasse ich mir China noch eingehen.
Bei ADAM aber definitiv nicht mehr. :-(