Der verrückte Schlagzeuger
Crazy 8 Beats von Twisted Electrons, der nun zweite Sequencer mit dem Fokus auf Drums der kleinen Firma aus Frankreich, deren Kopf Alex Smith ist und die man vor allem durch den Acid8 Synthesizer kennt – eine Neuinterpretation eines Klassikers. Ob wir hier mit dem Twisted Electrons Crazy8 Beats ebenfalls eine Neuinterpretation altbekannter Drum-Programmierung haben und was an ihm interessant ist, zeigt der folgende Test.
Zum Test des Acid8, AY3 und Interview von meinem Kollegen Martin Andersson mit Alex Smith geht es hier.
Der Inhalt
Geliefert wird der Drum-Sequencer von Twisted Electrons mit dem Namen Crazy8 Beats in einem flachen Karton, gerade einmal etwas größer als das Gerät selber. Die Maße dieses in einem schwarzen Alugehäuse untergebrachten Sequencers betragen ca. 20 cm x 13 cm (40 HP x 3U), wenn gewünscht, kann man den Sequencer auch als Modul ins Rack schrauben. Dazu muss man nur die Rückseite abschrauben und das zum Vorschein kommende Breitbandkabel kann die Stromversorgung gewährleisten, was das ebenfalls mitgelieferte Netzteil unnötig macht.
Alle Buchsen bis auf den Stromanschluss sind im oberen Drittel als 3,5 mm Variante ausgeführt, wobei es 8x „trigger“ und „accent„, ein Paar „sync“ In und Out und eine MIDI In und zwei MIDI Out Buchsen gibt. Für den MIDI-Anschluss liegen zwei Adapterkabel bei, die eine Länge von 2 m aufweisen, zu kurz dürften sie also nicht sein. Darunter gibt es die 4 x 16 LED-Matrix, wie sie auch beim Acid8 und dem Crazy8 eingebaut sind, diese geben Auskunft über den Status in den verschiedenen Situationen der Bedienung des Twisted Electrons Crazy8 Beats.
Darunter liegt die eigentliche Bedienoberfläche, die aus 16 beleuchteten Pads, sechs harten Tastern und einem Encoder besteht. Zum Lieferumfang gehören noch ein ausgedruckter Zettel mit Hinweis auf die Bedienungsanleitung und die Kurzanleitung, die auf ein DIN A5 Zettel beidseitig bedruckt und laminiert daher kommt. Die ist auch nötig, um sich aufs Erste zurechtfinden zu können – so ganz ohne Display.
Übersichtlich und gut in der Größe ist der Twisted Electrons Crazy8 Beats. Alle Tasten lassen sich gut erreichen, selbst wenn alle Buchsen mit Kabeln belegt sind. Die Abstände zueinander lassen auch die Bedienung mit einer Hand zu und auch die Drumpads in ihrer Größe stellen einen guten Kompromiss dar. Schon erstaunlich, wie so viele Möglichkeiten in ein so kleines Gehäuse gepackt werden können.
Minimal größer, aber etwas flacher als die Volcas
Bedienung des Crazy 8 Beats
Da ein Sequencer selber keine Töne erzeugt, heißt es erstmal diesen an eine entsprechende Klangquelle anzuschließen. Dabei stehen zwei grundsätzliche Optionen zur Auswahl, entweder macht man dies über MIDI, wobei es hier zwei Ausgänge gibt, die auch beide die Clock übermitteln. Eine Kleinigkeit, die ich persönlich großartig finde und in jeder erdenklichen Situation seinen Nutzen haben kann. Besonders wo heute immer häufiger die MIDI Thru Buchse weggelassen wird.
Die andere Option sind die acht Trigger-Ausgänge, mit den dazugehörigen Accents zu nutzen.
Der nächste Schritt ist das Erstellen der Pattern, wenn der Edit-Modus eingeschaltet ist, wobei sich die Steps setzen oder einspielen lassen, während man beim Editieren der einzelnen Steps genaue Werte für Accents und MIDI-CC mit dem Encoder eingeben kann. Diese beeinflussen dann entweder die Lautstärke oder was eben sonst noch gerne moduliert werden soll. Hier glänzt der Twisted Electrons Crazy8 Beats schon einmal, da man pro Step einen unterschiedlichen Wert eingeben kann.
Dazu hält man die Step Taste gedrückt und wählt die Intensität mit dem Encoder an. Das optische Feedback läuft über die oberen Lichtreihen. Live einspielen kann man über die unteren acht Pads, indem man Rec aktiviert, die Pads kommen den Drummern zugute. Wobei die Auflösung ziemlich oldschool anmutet, man merkt dies besonders beim ungenauen Einspielen und der darauf folgenden quantisierten Wiedergabe.
Das Tempo lässt sich am besten über Taps einstellen oder über ein externes Gerät bestimmen, der Versuch durch Gedrückthalten der Tempo-Taste und Bewegung des Encoders die Geschwindigkeit zu ändern (wie in der Anleitung angegeben), war mir mit dem Testgerät nicht möglich. 75,5 BPM war das Tempo, auf welches meistens der Sequencer sprang, wenn sich denn etwas veränderte. Manchmal auch auf den Wert 45,5 wobei meistens eine Tempoänderung zu vernehmen war, gefolgt von einem Zurückspringen auf den Ursprungswert. Die genaue Bestimmung der Geschwindigkeit war daher etwas umständlich. Dafür habe ich keine Aussetzer, Latenzen oder ähnliche Probleme im Verbund mit anderen festgestellt.
Neben der Länge von 16 Steps lassen sich mit dem Gedrückthalten der Skip-Taste alle Pattern individuell verkürzen, damit ist Polyrhythmik ein Leichtes. Ein Feature, was heute immer mehr Geräte aufweisen und zum Einen dem faulen Musiker zugutekommt, wie auch denjenigen, die den Nutzen von unterschiedlichen Taktlängen haben wollen. Ein starrer 4/4-Takt kann damit problemlos aufgebrochen werden.
Ist erst einmal ein Pattern programmiert, lässt sich über die Tool-Funktion (zu aktivieren über die Taste mit dem Pfeil links vom Encoder) eine Vielzahl an Einstellungen vornehmen, die da wären:
- mode: Hier lassen sich vier verschiedene Abspielrichtungen pro Stimme einstellen. Vorwärts, Rückwärts, Ping Pong und Zufall.
- crazy: Stellt die Probability ein, hier lässt sich die Wahrscheinlichkeit der Schläge bestimmen, wobei von der Mitte ausgehend die Anzahl dieser immer stärker reduziert wird. „x2“ ist dabei das Pattern ohne Veränderung, während mit den drei Pads rechts davon Pattern-remix sich aktivieren lässt, dabei kommt es zum Tausch einzelner Parts, wobei mit dem Pad ganz rechts Teile der Pattern mit anderen Tracks gemischt werden.
- drill: Auch bekannt als Ratcheting, meint mehrfach Schläge, also Trommelwirbel, wobei diese beim Gedrückthalten des „Drill“-Pads mit einer Länge von acht Steps individuell programmiert werden können. Kannte ich sonst noch von keinem Hardware-Sequencer.
- rate: Ist die Multiplikation und Division des Clock-Signals, wobei „x4“ voreingestellt ist.
- swing: Auch bekannt als Shuffle bestimmt die Spielart, ob und mit welchem Groove die Pattern wieder gegeben werden. Essentiell für einige Musikstile.
Die drei weiteren Funktionen sind Copy, Paste und Clear. Die Besonderheit beim Crazy8 Beats ist, dass beim Wechsel der Pattern nur das aktuell angewählte Instrument einen Wechsel vollzieht. Falls für alle Instrumente die Pattern gleichzeitig gewechselt werden sollen, muss immer die Shift-Taste gehalten werden, das Gleiche gilt für alle Tool-Einstellungen damit sie global gelten.
Unter Play lassen sich dann auch die Pattern muten, indem man Run kurz gedrückt hält und mit den oberen acht Pads auswählt, welches stummgeschaltet werden soll. Logischerweise leuchten die Aktiven auf, während die Inaktiven erloschen sind.
Sind erstmal mehrere Pattern erstellt worden, so lassen sich diese durch Gedrückthalten des Rec-Knopfes miteinander verketten, wobei man jedes Pattern einem Step zuweisen kann. Dies geschieht ebenfalls über den Encoder. In welcher genauen Abfolge dabei die Pattern verkettet werden, war bis zum Schluss nicht einleuchtend. Ebenso wie die möglichen erstellten 16 Pattern pro Track dann global oder einzeln aneinander gekettet werden und dabei noch verändert werden können.
Wobei der Wechsel zwischen den beiden Modi Edit und Play mir manchmal ganz schönes Kopfzerbrechen bereitet hat, da die darunter- und darüberliegende Leuchte Auskunft über die Page gibt, in der man sich befindet, in Abhängigkeit des Winkels konnte ich das obere Licht oft nicht sehen. Eine Sache, die erst einmal etwas Eingewöhnung braucht, zumindest bei mir.
MIDI Einstellungen am Crazy 8 Beats
Zum Einstellen der MIDI-Kanäle muss man den Encoder mehr als 4 Sekunden gedrückt lassen. Danach lassen sich mit den oberen Pads die Kanäle an Ausgang 1 einstellen, während man mit den unteren die an Ausgang 2 festlegt. Das Menü verlässt man, indem man nochmals auf den Encoder drückt.
Zum Ändern der MIDI-CC-Befehle muss man dem entsprechenden Track, die gewünschte CC-Nummer an den MIDI-Eingang senden, diese wird dann gespeichert und die „accents“ bestimmen dann diesen. Es lassen sich damit also etwas umständlich, aber dennoch machbar, unterschiedliche Parameter editieren.
Feststellungen und Kritik
Nach nun etwas mehr als zwei Wochen der Testzeit konnte ich mir abschließend einen ersten Eindruck machen, vom Funktionsumfang und der Bedienung sowie seinen Anwendungsmöglichkeiten. Da bekanntlich die Integration unter Produkten verschiedener Hersteller funktioniert, lassen sich einige zu erwähnenden Eigenarten feststellen, die am Ende darüber entscheiden könnten, ob man mit dem Twisted Electrons Crazy8 Beats überhaupt etwas anfangen kann oder ob nicht andere Produkte besser den eigenen Bedürfnissen entsprechen könnten.
Kommen wir zum Anfang und damit zum Umstand, dass wie erwähnt die Drum-Programmierung auf einem Prinzip basiert, welches man als Lauflicht-Step-Sequencer beschreiben kann. Eine technische Entwicklung, die es seit den 80ern gibt. Eine Verfahrensweise, die eingängig und relativ simpel ist und insgesamt wenig Musiktheorie voraussetzt. Eine Logik, die für jeden verständlich sein dürfte. Leuchtet der Step, ist dieser aktiv.
Im Gegensatz dazu haben wir beim Crazy8 Beats eine Vielzahl an zusätzlichen Funktionen und Mehrfachbelegungen an Bord, die nicht nur die Komplexität erhöhen, sondern auch dazu führen können, die Orientierung und die eigentliche Bedienweise nicht so schnell zu verstehen. Zumindest war der mehrfache Blick sowohl auf die Kurzanleitung als auch auf das PDF für mich nötig, um sich halbwegs zurechtzufinden.
Die Grundfunktionen waren recht schnell verstanden, während Prinzipien wie speichern, wechseln der Pattern und der Wechsel zwischen Patternauswahl, -editierung und -verkettung bis jetzt eine Sache relativen Unverständnisses geblieben ist. Denn nicht über alle Events gibt es eine optische Rückmeldung. Es konnten auch Pattern verknüpfen werden, aber statt zu dem erwarteten Ergebnis kam es zu anderen Resultaten. Crazy auf jeden Fall.
Nicht zu unterschätzen ist die Clock-Divider Möglichkeit, nicht nur dass dadurch das Synchronisieren zu anderen Geräten erleichtert wird, sondern darüber hinaus die Verschiebung und damit die Länge der Pattern alleine bei 16 Steps schon durch weitere Teilungsfaktoren verlängert werden kann.
Praktisches Beispiel einer Teilerfunktion: Oder auch Musik ist Mathe
Nehmen wir zwei Pattern mit 16 Steps, wobei das eine 4x so schnell läuft wie das andere. In der Grundeinstellung des Twisted Electrons Crazy8 Beats ist die Clockrate voreingestellt auf „x4“.
Folglich ist das langsamere Pattern mit der Clockrate Einstellung auf „1“ stehend. Die gesamte Länge bis beide Pattern an ihren Startpunkt kommen liegt dann bei 64 Steps, da ja das schnelle Pattern viermal abgespielt wird in der gleichen Zeit, in der das Langsamere einmal durchläuft.
Eine simple mathematische Darstellungsweise die gut verständlich aufzeigt, dass bei Loop-basierter Musik wie es House und Techno par excellence sind. Die eingebaute Clockdivider und -multiplier Funktion sind dabei nicht nur notwendig, um bei unterschiedlichen Clock-Auflösungen das Angleichen der Geschwindigkeit hinzubekommen, sondern ermöglichen mit einfachen Grundeinstellungen ein Pattern ohne Chain, welches durch Step „skip“ und „rate“ Verschiebung in einer unglaublich, dynamisch und sich stetig verändert, aufgehen kann. Technik, die man einfach lieben kann. Zumindest meine Faszination für Musikelektronik und Eurorack ist dabei stetig aufs Neue beflügelt. Die Zuhilfenahme technischer Entwicklungen als Ersatz für das Programmieren von einer Vielzahl an Instrumenten, die eine Band ersetzen kann, die der Musikern oder dem Musiker der Technik fasziniert und alleine lieber spielt, die ein oder andere glückliche Stunde in seinem Kämmerlein bereiten kann.
Noch zu erwähnen ist die Feststellung, dass wenn der Crazy8 Beats im Sync zu einem anderen Eurorack Sequencer lief, in meinem Fall vornehmlich der Stillson Hammer MKII, die Clockrate auf „x8“ gestellt werden musste, um das Tempo anzugleichen. Während er als Master perfekt zu den anderen Sequencern lief ohne Änderung der Rate.
Ebenfalls aufgefallen ist, dass die Spannungspegel maximal 4 V stark waren, sowohl der „Trigger“ als auch der „Accents“, womit in einigen Fällen VCA, Filter etc. nicht ganz geöffnet werden können. Das Verhältnis der Spannungspegel zu den MIDI-Werten habe ich nicht weiter überprüft.
Alter Schwabe … die Audiodemo, „der Pfurz zum Sonntag“!
Ganz so drastisch würde ich es nicht empfehlen. Aber beim Hören frage ich mich schon, ob das Dingen keine richtigen Bassdrums kann.
äh, „ausdrücken“ war gemeint… weiß jetzt nicht, wieso ich auf „empfehlen“ kam. War im Gedanken vielleicht noch beim Sneakerthema. ;.)
Dat Dingens ist ein Trigger-Sequencer, kein Klangerzeuger. Scheint auch ganz interessant zu sein! Verwundert war ich eher um das Klangbeispiel. Hört sich an als wenn jemand das allererstemal ein Modularsystem antriggert und probiert irgendwas drumähnliches rauszuzaubern.
@Wellenstrom
Du bist aber auch der Platzhirsch hier …
Jo, hatte nur deinen Kommentar gelesen und gar nicht den Test dazu, mea Culpa. Dachte, das Dingen wäre ein Klangerzeuger. So optisch vermutete ich da unten Drumpads.
Ach so, ich Horst… sehe, dass es nur ein Sequencer ist….jut, wer lesen kann, ist im Vorteil…
Da Platzhorst :D !!!
jo, der heute scheinbar auch noch ’nen Scheißtag erwischt hat.
kann mit den soundbeispielen gut leben. fand den artikel gelungen und werde mir den crazy8 auf jeden fall mal ansehen auf der superbooth.
Cooles Audiobeispiel, klares understatement – und ein offensichtlich wirklich Crazy Sequenzer! :)
Guter Testbericht, vielen Dank dafür! Ein kompakter Triggersequencer, endlich!! Für SDS, Techstar, DMX & Co könnte das Teil eine echte Offenbarung sein. Wird auf jeden Fall mal angetestet.
@Flying C (DeSanto) Hmm, die 5 V sollten zumindest via Accent ausgegeben werden. Wenn es sich nicht um eine versteckte Funktion o.ä. handelt muss da nachgebessert werden. Für mich trotzdem ein überaus interessanter Drumsequencer.
@Flying C (DeSanto) Modular-Besitzer können dem oft nachhelfen; ich zweckentfremde da z.B. mein Doepfer A-133 Dual Polarizer als ordinären Verstärker, um mein KB-Gate von 5V auf >6V zu bringen, die der Delay/Reset-In meines A-147-2 VCDLFO benötigt.
die letzten beiden „minus punkte“ sind im letzten OS update (was jeder selbst auf seinen c8b spielen kann per midi) behoben worden!
@dr w Sehr gut, vielen Dank für die Info!