Betrieb des Warm Audio WA-73 EQ
Zunächst lässt sich feststellen, dass die Bedienelemente sinnvoll angeordnet sind. Die großen Taster und Potis lassen keine Fehlanpassung zu. Die Rasterpotis mit ihrem charakteristischen „Klack“ machen einfach Spaß beim Bedienen. Auch die Klangregelung mit Doppelpotis, sonst gerne mal ein ordentliches Gepfriemel, ist hier perfekt gelöst. Hat sich ja auch schon Jahrzehnte gut bewährt. Die Gain-Potis bieten keine Mittenrasterung, darauf kann aufgrund der „Off“-Stellung pro EQ-Band auch gut verzichtet werden.
Sinnvoll ist auch der Instrument-Input auf der Vorderseite und der gedoppelte Mic-Eingang.
Interessant ist natürlich zunächst einmal, wie der Preamp mit verschiedenen Mikrofonen klingt. Dafür beginne ich mit meinem Studiostandard, dem AKG C414 B-ULS. Da ich die meisten Mikros zumindest als Paar zur Verfügung habe, kann ich hier direkt einen Vergleich mit dem sehr neutralen Millenia HV-3C Preamp anstellen.
Überrascht bin ich hier, dass der WA73-EQ dem Millennia in Rauscharmut in nichts nachsteht. Beim Klang färbt der Warm Audio deutlich, klar, dafür ist er auch gebaut. Das Mikro bekommt diese kernigen Mitten, die für den 1073 so typisch sind. Wieder bin ich überrascht, das ist keine Annäherung, die Warm Audio Leute haben, das wirklich authentisch hingekriegt. In den oberen Höhen klingt der Millennia offener und klarer, das ist nun keine Überraschung, hier liegt eine der Stärken des HV-3C, der immerhin mit einem Frequenzgang bis 300 kHz (!) angegeben ist.
Eine Betätigung des Tone-Schalters und damit die Absenkung der Eingangsimpedanz erzeugt eine deutliche Klangveränderung. Das Signal wird druckvoller und bekommt so im Bereich um 1 kHz eine Anhebung, was die Stimme weiter nach vorne bringt. Diese Option darf also gerne bei jedem Signal als Alternative ausprobiert werden.
Das Hipass-Filter unterdrückt wirksam die Frequenzen unterhalb der Schaltfrequenz. Dabei ist die Flankensteilheit von 18 dB praxisorientiert gewählt. Auffällig ist, dass das Filter ein schmales Frequenzband oberhalb der Schaltfrequenz betont. Das kann man natürlich für die Klanggestaltung nutzen, sollte sich über diese Eigenart aber im Klaren sein.
Nun kommt der Equalizer zum Einsatz. Ich bin ja eigentlich ein Anhänger der Aufnahme ohne Klangverbiegung, aber die drei Bänder des WA73-EQ arbeiten schön smooth, selbst hohe Gain-Werte klingen nicht künstlich. So gelingt es mir schnell, meiner Gesangsstimme noch den nötigen Feinschliff zu geben.
Hilfreich für ein schnelles Ergebnis sind hier die durch die Spulenbasis vorgegebenen Einsatzfrequenzen.
Es geht weiter mit dem nächsten Paar Mikrofonen, meine kürzlich erworbenen sE Electronics Voodoo VR-2 kommen nun zum Einsatz. Das VR-2 arbeitet mit einer aktiven Elektronik, stellt also keine erhöhten Ansprüche an die Gain-Struktur des Preamps. Somit wäre die passive Variante, das VR-1, hier von mir getestet, eigentlich der bessere Herausforderer gewesen.
Bändchen und der WA-73 vertragen sich sehr gut, die Klangunterschiede zum Millennia Preamp fallen hier geringer aus als bei den Kondensatormikros. Eine deutliche Veränderung ruft auch hier wieder der Tone-Button ab, das Signal wird griffiger und drückt mehr nach vorn. Die Klangregelung agiert auch hier wieder sehr natürlich und passt den Klang den Erforderlichkeiten an.
Um nun auch die Gain-Reserven etwas zu fordern, nehme ich als dynamisches Mikrofon ein MD-30II von Funkberater aus der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Hier darf ich nun wirklich 60 dB Verstärkung hinzufügen. Das macht der Preamp klaglos mit. Auch die Klangregelung arbeitet wie gehabt sehr akkurat. Die Umschaltung auf „Tone“ bewirkt auch hier die schon bei den anderen Versuchen bekannte intimere und druckvollere Ausrichtung.
Für eine Sache ist der 1073 auch berühmt, die Möglichkeit, seinen Tranformator zu „überfahren“. Dafür schalte ich das Gerät nun auf volle Verstärkung, schön dass man das mit dem Output-Regler ausgleichen kann. Nun wird der Preamp zum Biest, der Sound drückt unheimlich nach vorne, harmonische Verzerrungen werden hinzugefügt. Das ist nicht immer gewollt, wenn man aber dieses Klangbild erzeugen will, der WA73 kann liefern.
Die Mikrofontests hat der Premp nun überstanden und mit Bravour gemeistert. Aber er kann noch mehr. Es ist auch ein Instrument-Input vorhanden. Hier stöpsel ich nacheinander meine LTD PA-1, eine Halbakustische mit Piezo-Tonabnehmer und meine 6-saitige Akustik von Breedlove an. Als Vergleich dient der Instrumenteneingang meines TLAudio A1 Preamp.
Hier klingt der WA73-EQ recht brav, da bietet der TLAudio deutlich mehr Charakter. Schön arbeitet aber auch hier wieder die Klangregelung, die den Sound aufwerten kann. Auch das Überfahren des Übertragers gibt mehr Punch, hier ist der TLAudio mit zuschaltbarer Röhrenstufe aber nochmals im Vorteil.
Voll überzeugen kann hingegen wieder der Line-Eingang. Hier hänge ich meinen NordLead 2 dran, der Vergleichskanal kommt direkt ins Audiointerface, ein Universal Audio Apollo Twin.
Hier bekommt der WA-73 Kanal mehr Fleisch, klingt dreidimensionaler. Noch deutlicher wird das mit Betätigen des „Tone“-Buttons, der hier im Gegensatz zum Instrument Input wieder im Signalweg liegt. Auch das heiß Anfahren des Übertrager bietet weitere Klangmöglichkeiten, nicht zu vergessen die auch hier gut harmonierende Klangregelung. Analoger hat das virtuell analoge Instrument noch nie geklungen. Hier bieten sich für Klangtüftler prima Möglichkeiten, digitale Signale druckvoller und durchsetzungsfähiger zu gestalten. Auch aus diesem Grund rate ich beim etwaigen Kauf unbedingt zur EQ-Variante, zudem fällt der Preiszuschlag hier äußerst moderat aus.
Danke Armin für den Testbericht, auf den ich schon sehnsüchtig gewartet habe.
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Erstaunlich, wie entspannt in diesem Segment letztendlich etwas aufgenommen wird, das in einem anderen Bereich doch zu ziemlichen Diskussionen geführt hat.
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Warm Audio scheint offenbar wieder gediegene Qualität abgeliefert zu haben. Vor allem die Kombi aus PreAmp und EQ scheint sehr gut geeignet für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen. Schade, dass es dazu keine Audiobeispiele gibt. Zumindest ich hätte diese sehr hilfreich gefunden.
@peter
Vielleicht liegt es ja an den Qualitätsunterschieden?
Wo der eine Hersteller Trimpotikompetenz voraussetzt, liefert der andere fertige Panzerqualität.
Audiobeispiele habe ich auch vermisst.