Die erste MC-Groovebox am Markt
Dieses kleine Wunderkästchen war wohl der Vorläufer der modernen Roland Grooveboxen und hatte verschiedene Väter und Mütter. Das Kürzel MC wurde erstmals für die Microcomposer Sequencer Familie verwendet, wie dem Roland MC-4 und MC-8. Die Klangerzeugung hingegen ist an den Roland SH-101 angelehnt und die Bedienung an die Roland TB-303.
Inhaltsverzeichnis
Der integrierte Synthesizer war zwar „nur“ ein monophoner Bass-Synthesizer, aber der wurde wiederum durch einen integrierten Sequencer ergänzt. Synchronisierte man dazu einen Drumcomputer, hatte man im Prinzip ein vollständiges Groove-Setup für den Desktop. Die erste Groovebox? Ja, ein wenig schon.
Leider habe ich nie eine MC-202 besessen, durfte aber bei der einen oder anderen Session damit arbeiten. Auf der anderen Seite wollte ich nicht noch mehr Jahre ins Land gehen lassen, bis wir die Roland MC-202 vorstellen würden, denn die Chance, dass einer unserer Autoren das Teil in die Finger bekommt, wird eher kleiner als größer. Aus dem Grund hier also nun mehr ein Fact-Sheet zur Roland MC-202 als ein echter Vintage-Report.
Umso mehr würde ich mich freuen, wenn ihr eure eigenen Erfahrungen mit der MC-202 in den Kommentaren postet. Ich würde mir dann die Mühe machen und diese „Schnipsel“ in den Artikel integrieren. Oder ihr verfasst gleich selbst eine Leserstory dazu.
Die Bilder kamen übrigens vom eBay-Verkäufer „Mario“, der sie uns freundlicherweise überlassen hat und die von unserer Grafikerin Anna Wild in Szene gesetzt wurden.
Geschichtlicher Rückblick
1982 erschien bei Roland der Bassline-Synthesizer TB-303. Ein einfacher monophoner Synthesizer mit integriertem Sequencer, der auf einfache Basslines spezialisiert war und obendrein eine eher ungewöhnliche Programmierung besaß. Der Plan war wohl, den Bassisten der Band durch eine Maschine ersetzen zu können.
Gleichzeitig erscheint bei Roland auch der monophone Solo-Synthesizer SH-101. Der wiederum sollte den Keyboardern ermöglichen, an der Bühnenperformance auch aktiv und stehend teilzunehmen. Zu dem Zweck konnten ein Griff und ein Gurt angebracht werden, der den Keyboarder dank Batteriefach auch mobil wie einen Gitarristen machte.
Die Rechnung ging in beiden Fällen nicht ganz auf. Und so beschloss man 1983, ein Jahr später, die Features beider Geräte zusammenzulegen. Das war die Geburtsstunde der Roland MC-202
Ein erster Blick auf die Features
Die Roland MC-202 enthält einen monophonen Synthesizer, der dem Synthesizer Roland SH-101 sehr ähnlich ist und fast genau so klingt. Manch einer behauptet, er könne auch wie eine Roland TB-303 klingen, aber der Vergleich hinkt. Die Sounds der MC-202 und der TB-303 sind schon zwei Paar Stiefel.
Der integrierte Sequencer der Roland MC-202 war dem Sequencer der Roland Bassline TB-303 weit überlegen. Er verfügte über zwei Spuren und erlaubte die Aufnahme von bis zu 2600 Steps.
Die Anschlüsse der Roland MC-303
Anschlusseitig sorgen zwei DIN-SYNC-Ausgänge und ein DIN-SYNC-Eingang auf der Rückseite für die problemlose Verbindung zu anderen Roland Units derselben Ära.
MIDI-Verbindungen sucht man vergeblich, aber entsprechende Konverter sind heute leicht zu bekommen, z. B. den D-Sync von Kenton. Eine kleine Warnung: Die Verbindung funktioniert gut, ist aber nicht ganz Timing-fest.
Ansonsten stehen klassische CV/Gate-Anschlüsse zur Verfügung, um andere Analogsynthesizer damit anzusteuern oder als die MC-303 ansteuern zu lassen. Abgehört wird per einem monophonen Kopfhöreranschluss und/oder einem Line-Ausgang.
Der MC-202 Analogsynthesizer
Das kommt einem alles bekannt vor und ist schnell durchschaut. Ein analoger Oszillator bietet simultan Sägezahn- und Rechteck mit Pulsbreitenmodulation sowie einen Rechteck-Suboszillator. Das Signal kann per analogem VCF gefiltert werden. Das Filter ist ein spannungsgesteuertes 4-Pol Lowpass-Resonanzfilter. Wie üblich bei Roland, klingen VCO und VCF im Verbund sehr warm und rund und erinnern durchaus an das Roland System 100m. Lässt man das Filter kreischen, lassen sich aber auch durchsetzungsfähige Soloparts kreieren.
Für Modulationen steht ein Sinus-LFO sowie eine ADSR-Hüllkurve bereit. Zusätzlich kann man im Sequencer auch Accents programmieren.
Der Sequencer der Roland MC-202
Wie bereits erwähnt, kann man zwei Spuren programmieren. Die Gesamtmenge der Steps beträgt 2600 Schritte. Die Programmierung ist ein wenig zäh und erfolgt über die symbolisierte Klaviatur am unteren Rand des Gerätes. Nacheinander gibt man Tonhöhe, Länge der Steps und der Gates ein. Abgerundet wird das Ganze durch Slides und Accents. Die Stärke der Slides und Accents stellt man über zwei Potentiometer ein. Hier merkt man dann auch sofort, dass man sich hier großzügig bei der hauseigenen TB-303 bedient hat.
Dank der beiden CV/Gate-Ausgänge können mit der MC-202 auch zwei externe Synthesizer angetriggert werden und zusätzlich der interne Synthesizer, dann allerdings mit derselben Sequenz des CV/Gate 1 Outputs.
Spaßfaktor oder Spaßbremse?
Schwer zu sagen. Tatsächlich erzeugt die frickelige Eingabe musikalische Ergebnisse, die wohl auf herkömmliche Weise durch Keyboard und Sequencer nicht zustande kommen würden. Wer aber genau die klassische Variante sucht, wird mit der MC-202 nicht glücklich werden, wohingegen der Faktor „Zufall“ der MC-202 Fangemeinde besonders zusagt.
Speicher?
Fehlanzeige. Schaltet man die MC-202 aus, gehen alle Sequenzen verloren, außer es befinden sich Batterien im Batteriefach. Dank eines Kassetten-Interfaces konnte man Sequenzen aber extern auf Tapes speichern und wieder einspielen. 1997 veröffentlichte Defective Records Software MC-202 Hack eine Software, mit der man Sequenzen am Computer erstellen und in das Gerät schicken konnte – und zwar eben über jene Kassettenschnittstelle. So etwas ähnliches gibt es auch für den Oberheim Hardware-Sequencer DSX und funktioniert tatsächlich einwandfrei.
Reparaturanfälligkeit
Das Ding ist „fast“ für Ewigkeit gemacht. An anfälligsten ist wohl das Display, aber hier gibt es mittlerweile gute Möglichkeiten, um aus alt wieder neu oder sogar „besser als vorher“ zu machen. Hegt und pflegt man die MC-202, dürfte sie auch die nächsten 10 Jahre gut überstehen.
Trotzdem beim Gebrauchtkauf mal aufmachen und die Platine ansehen. Ausgelaufene Batterien und Grünspan könnten das schöne Gerät arg ramponiert haben.
Gebrauchtmarktpreis 2022
Vintage wird immer teurer. Da es die MC-202 so gut wie überhaupt nicht mehr in Versteigerungen schafft, werden teils utopische Preise aufgerufen von bis zu 1.000,- Euro. Realistisch wären hingegen eher um die 800,- Eureo. Auf der anderen Seite muss man überlegen, dass die Roland MC-202 zur Kultfamilie der TBs und TRs gehört und die Preise sicher auch weiterhin kräftig steigen werden.
Im Vergleich zu einer originalen TB-303 darf man die MC-202 sogar als günstig bezeichnen, kann man mit ihr doch fast dieselben Acid-Sequenzen erzeugen wie mit der TB-303, wenn auch mit einem anderen Sound.
Die Roland MC-202 on YouTube
Wie erstaunlich kreativ man mit der Roland MC-202 auch heute noch umgehen kann, zeigen Dutzende von Videos auf YouTube. Hier ein paar Beispiele:
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Und hier der pure Sounds der kleinen Plastikbox:
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Sound sehr geil, aber wenn ich an das Kassetteninterface denke wird mir schlecht. Mit dem PC hat man dann WAV-Files aufgenommen, in MP3 konvertiert und dann mit dem MP3-Player wieder den Speicher der MC befüllt. Alles andere als user-freundlich ^^. Wie man das allerdings beim Erscheinen der Kiste empfunden hat, kann ich nicht sagen, hatte meine erst Anfang der 90. Da hat die allerdings nur 350 DM gekostet :)… Braucht man heutzutage eine MC 202? Meiner Meinung nach nicht, das Programmieren ist ähnlich nervig wie bei der TB 303. Und Riffs generieren durch das Herausnehmen von Batterien geht auch nicht :P. Eines der wenigen verkauften Geräte die ich nicht vermisse…
Das zweite Video mit dem shuffligen Beat und der wabernden „Katzenjammer LFO Sequenz“ aus der 202 grooved ab 1:34 wirklich schön lush drauf los. Klasse.
Groovebox? Naja… ;-)
Ich hatte sie damals für ca. 300 DM im Ausverkauf erstanden und zusammen mit meinem Mono/Poly eingesetzt. Später hab ich sogar noch eine einfache 8031-Mikrocontroller-basierte Box gebaut, um die MC-202 mit meiner TR-505 zu syncen (DIN-Sync zu MIDI).
Was hat man damals alles in Kauf genommen, um Musik zu machen! Das Eingeben und Editieren von Sequenzen war nach heutigen Maßstäben unterirdisch nervig, aber man hat es eben hingenommen.
Am Ende habe ich die MC-202 im Rahmen des beginnenden TB-303-Hypes für ca. 800 DM verkauft. Meine Syncbox wollte der Käufer aber nicht. :-D
@Full Bucket Wahnsinn….
Ich würde mit dem 101/202/303/606/707/808/909 Ensemble völlig klarkommen in meiner Welt. Wegen der polyphonen Teppichleger im Studio ernte ich seit jeher Hohn und Spott vom Flat Eric-Kissen…
Meist liegen die Bewertungen des Autors und der Leser nah beisammen.
Hier offenbar nicht.
Ich enthalte mich der Stimme mangels Kenntnis und Erfahrung mit der Box.
Oh ja, die 202. Wurde Bestandteil meines kleinen Setups aus Poly 800, Korg DDM-110 und eben der MC202.
Weil ich damals leider noch nicht wusste, dass Sync und MIDI was anderes war trotz des gleichen Steckers und ich die DDM110 gekaufte hatte, konnte ich die 110 mit dem Poly 800 gerade noch ca 3 Minuten „synchronisieren“ – durch Einstellung des Tempos auf beiden Kisten :-)
Da sollte die MC202 helfen aber ich fand den Klang (damals) dann leider doch zu dünn und der Sequencer war ein Grauen.
Und dann eben keine Speicherung. Ausschalten und weg wars. Das konnte ja sogar der Poly 800 besser, wenn auch nur mit 256 Noten. Ich meine ja ich habe da ca 500DM für bezahlt, Ende der 80er. Und dann für einen ähnlichen Preis wieder vertickert.
Danke für den nostalgischen Moment liebes Amazona Team :-)
@Soundreverend Keine Speicherung? Ich glaub deine 202 war kaputt….
@Atarikid Ich glaube nicht, wie es auch oben im Text steht war der Speicher nach dem Ausschalten leer.
Aber ist auch schon 30 Jahre her, vielleicht kann es ja noch jemand anders bestätigen…
@Soundreverend War ein Fehler und wurde im Text korrigiert! Also doch kaputt ^^…
@Atarikid 👍🏻
bitte den text nochmal korrektur lesen,
da sind einige schnitzer drin.
ansonsten ist die mc 202 völlig überteuert durch den „kultfaktor“.
konnte man vor jahren noch „relativ“ günstig bekommen.
naja, nostalgie hat eben seinen preis..:)
Mindestens 2 Informationen im Artikel sind falsch. Es gibt kein Dreieck für VCO, sondern Sägezahn. Wenn sich Batterien im Batteriefach befinden, werden die Sequencen nach dem Ausschalten nicht gelöcht. Die internen Synthesizer- Komponenten entsprechen zum größten Teil dem Sh 101.
@8 Bit Fighter Hab beide Fehler soeben behoben, danke für den Hinweis.
@8 Bit Fighter Nope, Speicher geht auch mit Batterien beim Ausschalten verloren (siehe Manual Seite 6). Man kann per PowerSave-Option die Klangerzeugung abschalten und damit die Batterie auch im eingeschalteten Zustand schonen, aber der Power-Knopf ist nicht sonderlich gut gesichert, daher sollten kostbare Sequenzdaten immer per Tape-Interface gespeichert werden.
Hallo Peter,
Herzlichen Dank für den interessanten Artikel!
Auch damals sahen Synthesizers schon Cool aus und tun sie immer noch! :-)
Viele Grüße, Garfield.
Ich mag den „Future 80 er“ Style der Kiste.
Naja , die Typo der Beschriftung ist schon grauenhaft einfallslos , da hat Roland dann aber zügig dazugelernt .
@Killnoizer … der Einsatz von Typografie war bei Roland immer zweckmässig und formal einwandfrei. Das galt damals und prägt auch heute noch, über den Zeitgeist hinweg, das typische Erscheinungsbild aller Geräte/Instrumente.
Ein paar Korrekturen und Kommentare zum Artikel:
1) Der Speicherinhalt geht auch mit eingelegten Batterien beim Ausschalten verloren (siehe Owners Manual p.6).
2) Die CV/Gate-Eingänge des MC-202 sind nur zur Noteneingabe in den internen Sequencer gedacht, und laufen über die CPU. Daher gibt es beim Versuch, den 202-Synth per CV/Gate extern anzusteuern, Verzögerungen und Artefakte. Erst nach Modifikation (CPU Bypass) ist die externe Ansteuerung der 202-Klangerzeugung sinnvoll möglich.
3) Es gibt eine Modifikation, mit der die beiden Sequencer-Spuren im laufenden Betrieb zwischen intern und extern umgeschaltet werden können, damit kommt man dann quasi auf einen „Pattern“-Speicher mit zwei Speicherplätzen.
4) Unterschiede zum SH-101: 101 hat zusätzlich Noise und Random LFO. 202 hat hingegen LFO Delay und Filter Accent.
@motone P.S.: zu 4) 101 hat natürlich mehrere LFO-Formen, u.a. Random, 202 nur Sinus (oder Dreieck?).
@motone Hi motone, Ich muss dir leider widersprechen. MC 202 bietet noch zusätzlich als Alternative zu Power Switch, die E. Power Save Function. Damit schaltet man alle Funktionen des Gerätes aus, dadurch ist das Gerät außer Betrieb und die Batterie hat nur noch die Funktion, den internen Speicher mit Strom zu versorgen, so gehen die Daten nicht verloren und die Batterie hält viel länger. Die Funktion erreicht man mit Shift Taste +Power Save-Taste ( die Schwarze Taste neben der Step-Taste).
@8 Bit Fighter Stimme dir zu, habe ich weiter oben auch beschrieben. Wenn man aber aus Versehen den nicht sonderlich gut geschützten Power-Switch betätigt, ist leider alles weg, Batterie hin oder her. Daher besser die mühsam erstellte Hitsequenz abspeichern.
@motone Wenn man dermaßen ungeschickt und verpeilt ist, kann man nicht dem Gerät die Schuld zuschieben und dank Digital Recording funktioniert das Abspeichern und Empfangen von Daten perfekt, mühelos und millionen mal zuverlässiger als Diskettenlaufwerk.