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Workshop Modular Synthesizer: Alles über Filter

Workshop-Klassiker im 10. Jahr

15. September 2018

Vor ca. 10 Jahren hat Theo Bloderer für AMAZONA.de eine mehrteilige Workshopserie über Modulare-Syntesizer verfasst. Wir haben die ganze Serie aus dem Archiv geholt und optisch überarbeitet. Erstaunlich, wie sich trotz dieser langen Zeit, dieser Serie aktueller ist denje. Viel Spaß damit.

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Vorwort von Theo Bloderer zum Modular Workshop

Willkommen zur „Workshop Modular-Synthesizer Serie“. Es gibt vier Haupt-Aspekte, warum diese Modular-Testreihe ins Leben gerufen wurde.

Erstens ist es eine Hommage an die deutsche Musikindustrie bzw. an Dieter Döpfer, dessen A-100 das weltweit umfangreichste – und wohl auch erfolgreichste – je in Serie gebaute Modularsystem darstellt.

Zweitens sind viele Abschnitte als allgemeine Modular-Workshops zu verstehen, die natürlich nicht unbedingt den Gebrauch des A-100 Systems voraussetzen. Stattdessen geht es vielfach um allgemeine Möglichkeiten modularer Verknüpfungen bzw. um Grundsätze der subtraktiven Klangsynthese. Diese Aspekte lassen sich in Folge am A-100, doch ebenso auf anderen modularen Synthesizern anwenden. Dem nicht genug: Genau genommen bedarf es in einigen Fällen überhaupt keines Modularsystems. (Fast) jeder Synthesizer – ob analog oder digital, ob monophon oder polyphon, ob Software oder Hardware – hat die gleichermaßen entscheidende Herausforderung der Klanggestaltung im Gepäck. Und so lassen sich viele Grundkenntnisse und Gestaltungsideen vom A-100 auf andere Synthesizer übertragen (sofern diese eine Programmierung erlauben, was natürlich Voraussetzung ist).

Drittens wird das A-100 System in einen weiten „historischen Zusammenhang“ gestellt. Schließlich hatte (und hat) Dieter Döpfer bei der Entwicklung einiger Module konkrete historische Vorbilder, die als Grundlage der A-100 Bausteine dien(t)en. So werden in den Berichten Hintergrund-Informationen eingestreut, die ganz allgemein auf die Geschichte der (meist analogen) Synthesizer, ihre Entwickler, diverse Bauteile etc. eingehen. Je nach Thema dürfte der historische Aspekt variieren, doch sollten diese Informationen für alle Synthesizer-Enthusiasten gleichermaßen von Interesse sein.

Viertens – und damit neigt sich die Einleitung dem Ende zu – soll die „Modular Serie A-100“ wichtige musikalische Aspekte aufzeigen. Dabei geht es in erster Linie nicht so sehr um komplexe Strukturen, die – selbstredend – interessante Klänge ermöglichen, im Gegenteil: Manchmal sind es ganz einfache Vorgehensweisen und Gestaltungsideen, die zu erstaunlichen (musikalischen) Resultaten führen können.

So versteht sich die „Amazona Modular Serie“ als Würdigung besagten Modularsystems, als aufbauenden Basiskurs zur subtraktiven Klangsynthese, als Lieferant allgemeiner Hintergrund-Informationen rund um analoge Synthesizer bzw. deren Geschichte, sowie als Motivations- und Ideen-Portal zur Klang- bzw. Musikgestaltung.

Die Gewichtung der Schwerpunkte wird – abhängig vom Thema – von Artikel zu Artikel unterschiedlich sein. Auch können aus Platzgründen nicht alle nötigen Grundbegriffe sofort geklärt werden. Während dieser Artikel sich dem Terminus „Oszillator“ widmet, wird „Oszillator-Synchronisation“ erst im nächsten Beitrag erläutert. Schließlich aber ist es ebenso unmöglich, JEDES der weit (!) über 100 verschiedenen Module des System A-100 vorzustellen. Wer die technischen Merkmale und Hinweise zu musikalischen Möglichkeiten (fast) aller Module nachlesen möchte, der kann sich auf www.doepfer.de unter „Manuals“ entsprechende PDFs downloaden.

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Wir beginnen mit dem am häufigsten besprochenen und diskutiertem Bauteil, dem Filter.

Was genau macht ein Filter (VCF, DCF etc.)

Das Filter wird häufig als „wichtigster Bestandteil“ der Subtraktiven Synthese bezeichnet. Das ist natürlich insofern richtig, als sich die gesamte Syntheseform durch Wegnahme / Abziehen / Subtrahieren von Klangmaterial definiert, dessen hauptsächliches Werkzeug eben das Filter ist.

Um die Funktion des Filters verstehen zu können, müssen wir zunächst einen Schritt zurückgehen und uns noch einmal den „Kern“ des elektronischen Klanges vor Augen führen: den Oszillator. Je nach generierter Wellenform ist das „Basismaterial“ ein Klang, der aus einem Grund- und unterschiedlichen Obertönen besteht. (Ausnahme: Die reine Sinus-Schwingung, die nur über eine „Grundschwingung“ verfügt). Anzahl und Lautstärke der Obertöne sind nun dafür verantwortlich, ob wir einen Klang als flötenähnlich, streicherähnlich oder einer sonstigen Instrumentengruppe ähnlich identifizieren (wobei es gerade in der elektronischen Musik häufig überhaupt kein akustisches „Vorbild“ geben dürfte, da der generierte Klang „für sich“ schon ein neues Instrument bzw. eine allenfalls als „elektronisch“ zu bezeichnende Klangfarbe darstellt).

Obertöne bedeuten jedenfalls „Klangfarbe“. Am akustischen Instrument wird die Klangfarbe im musikalischen Vortrag automatisch leicht variiert – durch unterschiedliches Anschlagen, Anzupfen oder Anblasen des Instruments. Jede kleine Variation hat nun einen entsprechend „unterschiedlichen“ Klang zur Folge, was sich in der „Natürlichkeit des Tones“ und im abwechslungsreichen Klangspektrum akustischer Instrumente ausdrückt. Der Klang eines leicht angeschlagenen Klaviertones ist beispielsweise nicht einfach die in ihrer Lautstärke reduzierte Version des stark angeschlagenen Tones – es IST ein neuer Ton, mit eigenen Obertönen und entsprechend eigener Klangfarbe. Krasse Änderungen des Klangeindruckes sind natürlich ebenso möglich und werden in der musikalischen Praxis gezielt eingesetzt. Bei Streichinstrumenten etwa durch eigene Spieltechniken wie Staccato, Legato, Pizzicato (Saiten werden mit dem Finger gezupft), Flageolett oder Glissando. Je nach Art und Weise, wie man das Instrument spielt, ergeben sich andere Klangeindrücke bzw. unterschiedliche Klangfarben.

Um diesen „dynamischen“ Eingriff in die Klangfarbe am Synthesizer / Modularsystem realisieren zu können, bedarf es eines Filters. Das Filter übernimmt die Aufgabe, Obertöne aus dem Klang des Oszillator-Signals zu nehmen, zu „filtern“. Dieses „Wegnehmen“, das Subtrahieren, ist Kerngedanke der „Subtraktiven“ Synthese.

Der Begriff der „Wegnahme“ erscheint bei schneller Betrachtung möglicherweise etwas unlogisch, da man – am Synthesizer / Modularsystem arbeitend – das Filter ja „zu UND aufmachen“ kann. Doch bezieht sich der Gedanke des Subtrahierens auf den gesamten, ursprünglichen Oszillator-Klang, der mit 100% des verfügbaren Obertonspektrums versehen ist. Sobald ein Filter nun zum Einsatz kommt, findet – der „Funktion“ des Moduls entsprechend – quasi immer eine „Wegnahme vom Klang“ statt. Nur bei völlig geöffnetem Filter würde „keine“ Subtraktion passieren (und das Filter wäre damit auch obsolet).

[Ein einfacher Klang-Test für einen „ungefilterten Ton“ ist das Verbinden der Oszillator-Wellenform DIREKT mit dem Verstärker. Der daraus resultierende Klang ist zwar nicht sehr schön (weil eben ungefiltert), ist aber mit maximaler Präsenz (vollem Frequenzumfang) vorhanden. Das „kleinste“ Modularsystem würde folglich aus nur einem VCO und einem VCA bestehen. Im nachfolgenden Klangbeispiel ist ein solcher „ungefilterter“ Ton zu hören. Das An- bzw. Abschwellen des Klanges ist dabei KEIN Öffnen oder Schließen eines Filters sondern nur das einfache Fade-In / Fade-Out der Lautstärke …

Wenn man des „nicht dynamischen, ungefilterten Tones“ müde wird (was sehr schnell der Fall sein dürfte, vor allem weil der Klang statisch ist), setzt man zur Kontrolle, Minimierung bzw. Änderung der Klangfarbe ein Filter dazwischen und dürfte nun ob der Möglichkeit, den Klang zu dämpfen, sehr dankbar sein].

Damit zurück zur vorangegangenen Überlegung rund um das „Schließen UND Öffnen des Filters“. Dass „Schließen“ eine „Wegnahme“ des Klanges bedeutet, leuchtet natürlich ein. Doch auch das Öffnen des Filters ist (genau genommen) nur eine Variation der „Wegnahme“ vom Klang. Trotz Hinzufügen von Obertönen bewegt man sich immer noch im „subtraktiven“ Bereich, da man nur ein kleines Stück des durch das Filter bereits abgezogenen Klangspektrums wieder beisteuert.

Traute Vielfalt: Cwejman MultiMode Filter, Doepfer A-103 18dB LowPass Filter

Das „Wegnehmen“ (und das neuerliche „Hinzufügen“) von Klangteilen / Obertönen durch Verschieben der Filter-Eckfrequenz ist zentraler Vorgang der Subtraktiven Synthese und ständiger Wegbegleiter beim Arbeiten mit Synthesizern / Modularsystemen: Ob wir dem Filter mit Midi-Signalen oder CV-Spannungen an den Leib rücken – es ist so gut wie immer das Spiel mit den Obertönen (d.h. mit der Klangfarbe), das die unterschiedlichen Klangspektren in der elektronischen Musik ausmacht.

Wichtig ist noch festzuhalten, dass sich dabei nicht nur die Klangfarbe, sondern effektiv auch die Lautstärke ändert. Ein stark gefilterter Sägezahn-Klang verliert beispielsweise einen guten Teil seiner Obertöne bzw. seines Frequenzspektrums und klingt bei zunehmender Filterung nicht nur dumpfer, sondern auch entsprechend leiser.

A-120 LowPass Filter und A-121 MultiMode Filter

Bei zu „lauten“ Sounds kann der erste Schritt zwecks Optimierung also durchaus die Rücknahme der Filter-Frequenz sein und erst in zweiter Linie die Regulierung des VCA-Outputs …

Das Filter ist zentrales Werkzeug der Subtraktiven Synthese. Durch Wegnahme / Filtern bzw. neuerliches Hinzufügen von Obertönen werden Klangfarbe und Lautstärke des Ausgangssignals verändert.

Umgekehrt „tut“ sich jedoch bei einer reinen Sinus-Welle trotz Filterung nicht viel im Klang! Schließlich verfügt die reine Sinus-Welle – wie schon mehrfach erwähnt – über keine Obertöne, was gäbe es also zum Filtern? Bei einem reinen Sinuston wird – je nach Einstellung der Filterfrequenz – nur die Lautstärke geändert, die Klangfarbe bleibt jedoch gleich. Sinustöne sind daher in der musikalischen Praxis bei weitem nicht so „ergiebig“ wie etwa eine Sägezahn- oder Pulswelle.

… bei einem wirklich reinen Sinus ändert sich beim Filtern nur die Lautstärke. Da aber alle mir bekannten Sinus-Konverter keinen reinen Sinus erzeugen, sind in aller Regel auch in den mit „Sinus“ bezeichneten Kurvenformen noch Oberwellen enthalten (so auch bei A-110 und A-111). Um einen reinen Sinus zu erhalten, muss dieser mit einer Schaltung erzeugt werden, die gleich als Grund-Wellenform einen Sinus erzeugt und nicht „versucht“ den Sinus aus einem VCO mit Sägezahn-Grundwelle (A-110) oder Dreieck-Grundwelle (A-111) abzuleiten. Ein Beispiel hierfür ist der Quadrature LFO/VCO A-143-9. Auch ein Großteil der Filter liefert in Eigenresonanz einen reinen Sinus (aber auch hier gibt es Ausnahmen wie z.B. unser X-Treme-Filter A-106-1). Will man das Ganze aber als VCO einsetzen, so muss die 1V/Oktave-Kennlinie des Filters sehr präzise sein (wie z.B. in dem neuen DARK ENERGY).“ (D. Doepfer)

Filtercharakteristik

Nachdem man nun erkannt hat, dass ein Filter zur Regulierung der Klangfarbe äußerst praktisch ist, bleibt noch die Frage offen, WIE ein Filter wirken soll. WAS möchte man vom Klang wegnehmen? Das Filter kann z. B. die Frequenzbereiche oberhalb der Cutoff Frequency ausblenden oder jene unterhalb. Es kann aber auf Wunsch auch nur einen engen Bereich innerhalb der eingestellten Eckfrequenz abschwächen oder diesen hervorheben. Das führt uns zum Thema der unterschiedlichen Filter-Charakteristika bzw. Filter-Typen …

Tiefpass-Filter

Ein TIEFPASS-Filter (LowPass) lässt die Klanganteile unterhalb der eingestellten Cutoff Frequency passieren (was meist einen voluminösen, Bass-betonten, dominanten Ton zur Folge hat).

Hochpass-Filter

Das HOCHPASS-Filter (HighPass) lässt alle Klanganteile oberhalb der eingestellten Cutoff Frequency passieren (was meist einen abgeschlankten, Höhen-betonten und nasalen Ton zur Folge hat).

Bandpass-Filter

Eine Kombination von LowPass und HighPass ergibt das BANDPASS-Filter. Es schwächt alle Klanganteile unter- und oberhalb der Filter-Eckfrequenz ab. Durch das Fehlen der tiefen Klanganteile und dem daraus resultierenden weniger voluminösen Ton ist es klanglich meist näher am HighPass Filter angesiedelt.

Notch-Filter

Als Umkehrung des BandPass Filters gilt die BANDSPERRE (oder auch: SPERRPASS-, KERB- bzw. NOTCH-Filter). Hier wird der Klang oberhalb bzw. unterhalb der Filterfrequenz verstärkt und nur der schmale Bereich um die eingestellte Cutoff Frequency abgeschwächt. Durch das Vorhandensein der tiefen Frequenzbereiche ist dieser Filtertyp klanglich meist näher am LowPass Filter angesiedelt. In der Tontechnik werden Notch-Filter übrigens auch zur Beseitigung schmalbandiger Störungen verwendet. (Wie wir an dieser Stelle punkto Studiotechnik auch generell darauf hinweisen dürfen, dass Equalizer letztlich nichts anderes als „statische“ Filter sind).

Umgeben von Doepfer-Filtern: Das klanglich exzellente Steiner-Parker Filter von Livewire

Allpass-Filter

Das ALLPASS-Filter wäre schließlich noch zu erwähnen. Hier zitiere ich Florian Anwander aus seinem Buch „Synthesizer“ (PPV Verlag, 2000):

„Der letzte Filter-Typ ist das Allpassfilter, das – wie sein Name schon sagt – alle Frequenzen passieren lässt; es ändert nichts an der Verstärkung. Sie werden nun einwenden, ein Filter, das nichts filtert, sei ausgemachter Blödsinn. Ich müsste Ihnen Recht geben, wenn Filter nicht noch eine zweite Eigenschaft hätten, […]: an der Kennfrequenz ändert sich auch die Phasenlage des Signals.“ (Anwander, Florian: „Synthesizer“, S. 55)

Im Folgenden stellt Anwander auch fest, dass ein Phaser letztlich aus einem Allpass-Filter besteht und hierbei das Original-Signal mit dem umgedrehten (phasenverschobenen) Signal mischt, was eben zum bekannten Phaser-Effekt führt.

„Die Phasenveränderung produzieren alle analogen Filtertypen, allerdings fallen sie kaum auf, da man in industriellen Synthesizern nur sehr selten das gefilterte Signal mit dem ungefilterten mischen kann; doch gerade das ergibt reizvolle, Phaser-artige Effekte.“ (Anwander, Florian: „Synthesizer“, S. 56)

A-105 SSM Filter

Filter Flankensteilheit

Vielen Musikern ist der Ausdruck „24dB LowPass Filter“ ein Begriff (und dürfte im Volksmund einfach für „Moog-Filter“ stehen). Ein in den Raum geworfenes „Klar, der Synth hat das patentierte Kaskadenfilter mit 24dB Flankensteilheit!“ macht schon was her und lässt zuweilen auch technische Kompetenz vermuten. Doch es ist zu bezweifeln (und ich nehme mich selbst hier keinesfalls aus), dass der Übermittler solch illustrer Informationen auch tatsächlich immer eine klare Vorstellung davon hat, was das Gesagte klanglich bedeutet …

Vom ungefilterten Sägezahn zu 24dB- und 12dB-Filterung; Grafik (c) Taurus Press 1981

Grafisch gesprochen ist die „Flankensteilheit“ jene Kurve, die der Klang nach Erreichen der eingestellten Filter-Frequenz vollzieht. Die Bedämpfung (oder: Filterung) folgt ab dem eingestellten Wert der Cutoff Frequency einer Kurve, die mehr oder weniger steil ist.

Letztlich schließt sich hier der Kreis zur Einleitung und zur Erkenntnis, wozu ein Filter überhaupt notwendig ist und dass das Filter eben filtert. (Um an dieser Stelle anzumerken, dass man für solche Erkenntnisse natürlich überhaupt keinen Workshop benötigt). Doch die Flankensteilheit sagt uns nun, WIE bzw. wie stark das Filter filtert.

„Eine Flankensteilheit von 24dB/Oktave bedeutet, dass der Anteil des Signals, der eine Oktave über (= Tiefpass) oder unter (= Hochpass) der Cutoff-Frequenz liegt, um 24dB leiser ist, entsprechend bei 2 Oktaven 48dB und so weiter.“ (Gorges, Peter: „Das Keyboard Lexikon“, S.96)

Küchentechnisch gesprochen: „Schneidet man das Brot nun gerade vom Laib oder schräg …?“ Wenn es möglichst gerade geschnitten wird, bleibt eine dicke Scheibe in der Hand. Klanglich ausgedrückt ist dies eine „24dB“ Scheibe. Ab dem Punkt, wo man quasi das Messer ansetzt, werden die Klanganteile stark abgeschnitten (bei einem LowPass Filter: oberhalb der Eckfrequenz). Der Ton ist kräftig und auf der härteren Seite. Schneidet man das Brot jedoch schräg, so erhält man eine spitz zulaufende Scheibe. Dieser „12dB“ Scheibe werden die Obertöne nicht so hart weggenommen. Der daraus resultierende Klang ist weicher und nicht ganz so dominant.

Klanglich ein Phänomen: Das Oberheim SEM Filter

[Wobei noch immer ein Rätsel ungelöst bleibt, warum das Oberheim SEM Filter – trotz 12dB Flankensteilheit – derart mächtig und voluminös klingt, doch das ist eine andere Geschichte …].

Filter-Resonanz

Noch ein schneller Einblick in die Filter-Resonanz, die musikalisch von äußerster Wichtigkeit ist. Wenn das Filter für die „Wegnahme von Obertönen“ zuständig ist, so hat sich mancher Leser bestimmt schon die Frage gestellt, ob das in der Praxis auch „konkret zu Hören“ sei. Die Antwort ist „Nein“. Wir können die einzelnen Obertöne im Klanggemisch nicht direkt wahrnehmen. Beim Filtern (mit niedriger bzw. keiner Filter-Resonanz) ändert sich nur das grobe Klangbild von „hell / laut“ nach „dumpf / leise“ (bis hin zu „völlig ausgelöscht“) oder umgekehrt.

Beispiel LowPass-Filter: Eine niedrig eingestellte Filter-Eckfrequenz schneidet die Klanganteile oberhalb von – sagen wir – 100 Hz ab (bzw. lässt sie – korrekt formuliert – der Flankensteilheit entsprechend leiser werden). Da die Filterung also sehr „früh“ einsetzt, ist der Klang relativ dumpf und abgeschwächt. Liegt die Filter-Eckfrequenz hingegen bei 8000 Hz, ist der Ton im Vergleich dazu deutlich heller und lauter. Das Geschehen lässt sich als „Änderung der Klangfarbe“ deutlich wahrnehmen, doch was im Detail mit den Obertönen passiert (wann welche Partialtöne hinzu- oder wegkommen), hören wir nicht.

Mit dem Einsatz der Filter-Resonanz lässt sich das ändern: Obertöne können nun „hörbar“ gemacht werden! Der Begriff „Resonanz“ bedeutet in der Akustik die Verstärkung einer Schwingung durch ein weiteres, mitschwingendes Medium. Dies kann bei einer Gitarre der Instrumentenkörper sein oder bei einer Oboe die sie umgebende Luftsäule. Jeder kennt z. B. dieses Experiment: Wird eine Stimmgabel angeschlagen und auf eine Tischplatte gestellt, beginnt das Möbelstück mitzuschwingen – der zuvor kaum wahrnehmbare Ton wird verstärkt und im Raum „hörbar“ gemacht. In der Musikelektronik versucht man, dieses Phänomen der „Klangverstärkung“ zu imitieren. Bei zunehmender Filter-Resonanz werden die Obertöne verstärkt und hervorgehoben (wobei die Technik / Elektronik einen mitschwingenden Klang-Raum letztlich nur vortäuschen kann).

Nebenbei: Die für „Resonanz“ anzutreffenden Namen sind in der Synthesizer-Landschaft sehr vielfältig! Während Moog Modularsysteme den Begriff „Regeneration“ verwenden, nennt sich die Resonanz bei kompakteren Moog-Synthesizern „Emphasis“, Korgs PS- und MS-Instrumente betiteln sie als „Peak“, Cwejman Module sind mit „Q Peak“ versehen, während eine Vielzahl von Synthesizern bzw. Modularsystemen natürlich den Ausdruck „Resonance“ verwendet.

Zunehmende Filter-Resonanz führt nicht nur zur akustischen Verstärkung einzelner Obertöne, sie versetzt bei Maximalwerten das Filter sogar in Eigenresonanz (Selbstschwingung). Der daraus resultierende Klang ist ein „reiner“ Sinus-Ton. Das Filter selbst wird quasi zum Oszillator …

Die Funktionen des Filters:

  • Unterdrückung bzw. Filterung von Obertönen (Cutoff Frequenz) zur Regulierung von Klangfarbe und Lautstärke
  • Hervorhebung von Obertönen innerhalb des verbleibenden Tonmaterials (Filter Resonanz); Obertöne werden „hörbar“ gemacht
  • Erzeugung einer Sinusschwingung bei Selbstresonanz

Nicht-Linearität / Verzerrung

Abschließend möchte ich das Wort an Dieter Doepfer übergeben, der einen häufig vernachlässigten Aspekt bei Filterbeschreibungen anspricht: Die Verzerrung. Kernfrage ist, warum z. B. ein 24 dB Moog-Filter und ein 24 dB ARP-Filter – trotz gleichen Filter-Typs und gleicher Flankensteilheit – so unterschiedlich klingen …

„Ein meiner Meinung nach wichtiger Aspekt bei Filtern, der für den Klang eines Filters auch entscheidend ist, wurde nicht angesprochen: die Nicht-Linearitäten oder Verzerrungen. Theoretisch müsste ja ein 24dB-

Moog-Tiefpass genauso wie ein 24dB-Oberheim-Tiefpass oder ein 24dB-ARP-Tiefpass oder ein 24dB-Sequential-Tiefpass oder ein …. klingen. Je nachdem wie die Spannungssteuerung der Filterfrequenz und andere Teile der Schaltung realisiert sind (z.B. mit der berühmten Moog-Transistorkaskade oder der „nachempfundenen“ Dioden-Kaskade oder OTAs oder Vactrols oder integrierten Schaltungen von Curtis oder SSM): alle haben ein anderes Verhalten hinsichtlich der Verzerrungen und das trägt – neben den Parametern Flankensteilheit und Filtertyp – ganz entscheidend zum Klang eines Filters bei. Allerdings kann man die Verzerrungen oder Nicht-Linearitäten nicht einfach mit einem Wert spezifizieren. Hier liegen die Verhältnisse wesentlich komplizierter und darum wird das oft auch vergessen.

Beispielweise wurden beim Wasp-Filter statt Operationsverstärker digitale Inverter „missbraucht“, einfach weil digitale Schaltungen damals erheblich preisgünstiger waren und mit Einschränkungen (hauptsächlich hinsichtlich Verzerrungen und allgemein nicht spezifizierte Verstärker-Parameter) auch als Operationsverstärker in einer Filterschaltung eingesetzt werden konnten. Auch die frequenzabhängigen Phasenverschiebungen unterschiedlicher Filterschaltungen sind nicht unwichtig (wie in dem Zitat von Florian Anwander kurz angedeutet). Das kommt aber meist erst zum Tragen, wenn das Filtersignal mit dem (unveränderten oder anderweitig bearbeitetem Audio-Eingangssignal) gemischt wird. Je nach Filterschaltung kann man z.B. durch Addition oder Subtraktion aus einem Tiefpass einen Hochpass machen. Wenn die Phasenlagen gleich sind muss man subtrahieren, sind die Phasenlagen gegensinnig, muss man addieren. Ist die Phasenlage nicht genau 0 oder 180 Grad, so erhält man keinen reinen Hochpass (sondern z.B. einen Bandpass).“ (D. Doepfer)

Filter am Beispiel der Doepfer A-100-Filterserie

Nach der Theorie nun zum praktischen Teil. All die vorangegangenen Zeilen sollen deutlich machen, wie sehr das Filter „Klangformungs-Einheit Nummer EINS“ in der Subtraktiven Synthese ist. Klarerweise ist gerade dieses Modul von entscheidender Bedeutung innerhalb eines Modularsystems (bzw. Synthesizers) und stellt seit jeher so etwas wie das „Aushängeschild“ des betreffenden Instrumentes dar. Entsprechend intensiv wurde bzw. wird daher an „gut“ bzw. „eigenständig“ klingenden Filtermodulen entwickelt und gearbeitet.

Rund um das A-100 Modularsystem hat Dieter Doepfer viele der vorhandenen Chancen genützt und (neben der Entwicklung eigener, neuer Filter-Module) einige grandiose, historische Filter-Konzepte übernommen. Während die meisten klassischen Modularsysteme höchstens 2 oder 3 unterschiedliche Filtermodule anbieten, gibt es für das A-100 heute eine unübertroffene Vielzahl an Filtern zur Auswahl.

Die A-100 Filter-Module im Überblick:

Wie man sieht, ist das A-100 Filter-Angebot mit einem ansehnlichen Querschnitt durch die Synthesizer-Geschichte vertreten. Nachdem im letzten Beitrag das A-106-6 XP VCF zwecks Klangvergleich dem originalen Oberheim Xpander gegenüber gestellt wurde, setzen wir den Filter-Exkurs diesmal mit dem A-109 VC Signal Processor und seinem 24dB LowPass VCF fort.

A-100 mit A-100CGK MIDI- & CV-Keyboard

A-109 VC Signal Processor

Das A-109 könnte man vereinfacht als „Synthesizer-Stimme ohne Oszillator und Envelopes“ bezeichnen. Das sehr kompakte Modul beherbergt einen kleinen Mixer (für 2 Eingangssignale), ein 24dB LowPass Filter mit CV-steuerbarer Resonanz, einen VCA sowie eine VC Pan(orama) Abteilung. Zusammen mit einem (oder besser zwei) A-110 VCOs bzw. einer 143-2 Quad-ADSR hat man damit schon einen kompletten Synthesizer im Gepäck, der zudem bereits beachtliche Möglichkeiten bietet. Die meisten der angefügten Klangbeispiele basieren auf diese Modul-Kombination (siehe auch nachstehendes Foto).

Der Vorteil des A-109 VC Signal Processors besteht darin, dass die Signalflüsse innerhalb des Moduls bereits vorverdrahtet sind. Zwar können alle Verbindungen „umgangen“ und von außen beliebig zwischengeschaltet werden, doch für den Standard-Einsatz ist der Signalfluss quasi fest vorgegeben. Konkret muss also nur ein VCO-Signal in den Audio-Mischer geschickt und der VCF bzw. VCA mit einer Hüllkurve verbunden werden. Damit ist der „Synthesizer“ komplett.

Bis hierher ist die Sache noch nicht ausgesprochen spektakulär. Doch die kleinen Zusätze sind es, die den A-109 VC Signal Processor sehr „effektiv“ und reizvoll machen …

Da wäre zunächst der Audio-Mixer. Wenn man bei einem Modularsystem etwas „wirklich dingend“ benötigt, so sind es – neben einigen Tassen starken Kaffee, Unmengen an Patchkabeln und vielen Multiples – eine stattliche Anzahl an Mischern. Nicht selten müssen die Mixer dabei nur Standard-Anwendungen erfüllen und so ist es manchmal beinahe eine Verschwendung (und doch unumgänglich), für das Zusammenführen zweier VCO-Signale (nur als Beispiel) einen eigenen Mischer einsetzen zu müssen. Noch mehr, als natürlich der Kabel-Salat rund um den zu erstellenden Sound mit jedem zusätzlich verwendeten Modul wieder um ein kleines Stückchen unübersichtlicher wird. Mit dem Mini-Mixer (2 Audio-Eingänge samt einem Abschwächer) ist beim A-109 also bereits von Haus aus für das Nötigste gesorgt.

Das integrierte 24dB LowPass Filter verfügt über die nicht ganz alltägliche Funktion der spannungssteuerbaren Filter Resonanz. Wenige „klassische“ Modularsysteme bieten diese Möglichkeit (wie etwa das Roland System-700). Zugegeben, der „musikalische Wert“ der CV-Filter-Resonanz ist nicht wirklich spektakulär. Doch ist es ein schöner Zusatz, der gerade im subtilen Effekt-Bereich das Klanggeschehen ungewöhnlich erweitern kann.

Sehr schön: das integrierte PAN-Modul des A-109

Als weitere – sehr wichtige – Besonderheit ist die PAN-Abteilung zu nennen. Das Arbeiten mit Stereo-Eindrücken zählt zu den effektivsten Aspekten beim Erstellen elektronischer Klanggebilde. Ohne speziellem PAN-Modul würde man zwei VCA-Module und zwei entsprechende CV-Modulationsquellen benötigen, um den spannungsgesteuerten Stereo-Effekt erreichen zu können. Doch mit integrierter Panorama-Funktion ist die Sache schon deutlich bequemer. Einzig die CV-Modulationsquelle ist natürlich als separates Modul trotzdem nötig. Im Falle der angefügten Klangbeispiele rund um das „A-109 mit CV-steuerbarem PAN-Modul“ kamen folgende CV-Quellen – einzeln oder auch im Zusammenspiel – zum Einsatz: A-143-2 Quad ADSR, A-143-3 Quad LFO sowie zwei Stück des A-155 Sequenzers.

Punkto „musikalischer Performance“ ist der A-109 VC Signal Processor ein äußerst gelungenes Modul. Immerhin hat man die Grundeinstellungen rund um eine „komplette“ Synthesizer-Stimme schnell erreicht, und das entscheidet nicht selten über „Lust oder Frust“ – gerade bei einem Modularsystem! Die Integration des kleinen Mischers und vor allem die komplette interne Verdrahtung des weiteren Signalwegs sparen Zeit, sodass man relativ zügig das klangliche „Grundgerüst“ und damit die notwendige Basis für weiteres experimentelles Arbeiten erreicht. Von da weg ist es nur eine Frage der Muße und der Phantasie, um mit den CV-Eingängen von Filter Frequency bzw. Filter Resonance zu „spielen“, um die Wirkungsweisen unterschiedlicher CV-Modulationsquellen im Zusammenhang mit dem PAN-Modul zu erkunden, etc.

Abschließend noch ein Wort zum integrierten VCA des A-109. Eine sehr schöne (zugleich aber heimtückische) Situation rund um das Arbeiten an Modularsystemen ist – gerade beim Doepfer A-100 – die enorme Anzahl der verfügbaren Module. So hat das hier abgebildete System auch den A-132-3 Dual-VCA integriert. Nun kommt es natürlich, wie es kommen muss: Rein aus Neugierde wird der integrierte VCA des A-109 VC Signal Processors umgangen und durch einen der beiden A-132-3 VCAs ersetzt. Ergebnis: Der erzielte Klang ist noch ein deutliches Stück besser!

So sei allen Interessenten punkto A-109 VC Signal Processor die Beigabe eines zusätzlichen VCAs empfohlen (sofern ein extra VCA nicht ohnehin bereits vorhanden ist, was bei vielen A-100 Usern der Fall sein dürfte). Der integrierte Verstärker im A-109 wäre damit aber dennoch – trotz Ersatz durch einen weiteren VCA – nicht umsonst! Schließlich lässt er sich bestens zum Verstärken (oder Abschwächen) von CV-Signalen einsetzen und bietet zudem zwei eigene CV-Eingänge, um diese Verstärkungen / Abschwächungen durch weitere Module vielseitig modulieren zu lassen.

A-109 VC Signal Processor und dahinter der A-155 Sequenzer

Das KLANG des A-109 VC Signal Processors ist – damit kehren wir zum 24dB LowPass Filter und dem Ursprung des Kapitels zurück – sehr anständig! Wie den Hörbeispielen zu entnehmen, erzeugt das Modul ein solides Klangfundament. Eine „Basis“, die man beim Arbeiten am Modularsystem häufig braucht. Das VCF liefert keine extrem ungewöhnlichen Klangfarben (dafür gibt es andere Filtermodule der A-100 Serie bzw. weiterer Anbieter wie Cwejman oder Lifewire), eignet sich jedoch als kompaktes Arbeitstier ausgezeichnet. Darüber hinaus bietet das A-109 Filter die besondere Möglichkeit der spannungssteuerbaren Resonanz – nebst kleinem Bonus eines nachgeschalteten, CV-steuerbaren PAN-Moduls!

Der dritte Artikel zum Thema „Modular – Die Filter“ beschäftigt sich nächstes Mal mit dem A-124 WASP Filter (im Vergleich zum originalen EDP Wasp), mit dem A-105 SSM Filter, sowie dem A-127 Triple Voltage Controlled Resonance Filter …

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Preis

  • A-109 VC Signal Processor: 120 Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    könntet ihr bitte eine liste mit allen bisher veröffentlichten modular serie-teilen machen?
    das wär echt cool, dann findet man auch die alten teile schneller :)

    • Profilbild
      Tyrell RED

      Die komplette Serie findet man nun aufgelistet, direkt unter jedem Teil der Serie.

  2. Profilbild
    Rockingricky

    Eine günstige Möglichkeit den Umgang mit Modulen zu probieren ist der „Modulair“. Ein kostenloses Vst-plugin für Mac und PC, das man auf der Site von Björn Arlt „music.fullbucket.de“ finden kann.

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