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Interview: Tom Carpenter zum Analogue Solutions Modularsynthesizer Colossus

Der Mann hinter dem Colossus Modularsystem

13. August 2022
Interview: Tom Carpenter zum Analogue Solutions Modularsynthesizer Colossus

Interview: Tom Carpenter zum Analogue Solutions Modularsynthesizer Colossus

Tom Carpenter ist seit vielen Jahren ein bekannter Synthesizer-Enthusiast, der die Marke ANALOGUE SOLUTIONS gegründet hat und spätestens mit dem umfangreichen Modularsystem Colossus in der Modular-Oberliga mitspielt. Wir haben den sympathischen Engländer kontaktiert und ein Interview mit ihm geführt:

Peter:
Hallo Tom, wie hat es für dich mit den Synthesizern angefangen?

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Tom:
Hallo!! Mein Musikgeschmack war schon immer überwiegend elektronische Musik, insbesondere Musik, bei der die Synthesizer tatsächlich analoge oder eindeutig synthetische Klänge erzeugen, nicht nur Popmusik mit einigen Synthesizern. Musikalisches Interesse habe ich schon seit jungen Jahren – und ich war immer schon sehr neugierig und habe Musik von Anfang an seziert. Ich wurde süchtig nach Synthesizern als ich entdeckte, dass sie die Grundlage vieler Songs waren.

Peter:
Spielst du noch in einer Band oder produzierst Musik?

Tom:
Ich war nie wirklich in einer physischen Band, aber ich komponiere und produziere seit der Schulzeit meine eigenen Melodien. Ich habe zusammen mit der Band Sound of Science Songs geschrieben und mache oft Remixe für Freunde und andere Bands.

Peter:
Was ist das für eine Musik?

Tom:
Das ist sicher keine Überraschung, ich mache rein elektronische Musik. 95 % davon mit Hardware-Synthesizern, meistens verwende ich analoge Vintage-Synthesizer. Ich schreibe lieber Songs als Instrumental-Loops. Wir reden also über Texte, Struktur und jede Menge Synthesizer.

Peter:
Welche Synthesizer verwendest du am liebsten?

Tom:
Natürlich Analogue Solutions Synths, welche ich gerade zur Hand habe. Allerdings habe ich auch eine respektable Vintage-Sammlung. Zu meinen Favoriten gehören ARP 2600, OSCar, System 100m, Korg 700 und der E-Mu Emax. Weil ich eben eine große Auswahl  habe, neige ich dazu, für jedes Projekt andere Synthesizer zu verwenden.

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Peter:
Irgendwann hast du angefangen, selbst Synthesizer zu bauen. Was war der Auslöser?

Tom:
Ich habe immer schon Sachen zerlegt und auch gebaut, bevor ich laufen konnte. Welches neue Hobby ich auch immer anging, ich dachte mir, wie könnte ich das selbst machen? Das heißt, die Dinge selbst zu bauen, die ich brauche, anstatt von der Stange zu kaufen. Es schien vollkommen natürlich, dass ich am Ende Synthesizer bauen würde.

Peter:
Was waren die ersten Synthesizer, die du gebaut hast?

Tom:
Wie die meisten Builder habe ich mit Eurorack angefangen, weil dies historisch gesehen die einfachsten Synthesizer-Komponenten waren, die man herstellen konnte (einige sind jetzt natürlich viel komplexer, da sich der Sektor weiterentwickelt hat). Analogue Solutions war meines Wissens das dritte Unternehmen, das mit der kommerziellen Herstellung von Eurorack-Modulen begann. Mein erster Build war ein TR-808 Bassdrum-Modul.

Peter:
Wann hast du gemerkt, dass die Synthesizer auch wirtschaftlich spannend sein können?

Tom:
Es gab keinen Heureka-Moment. Meine Arbeit hat sich ganz natürlich dazu entwickelt. Bevor ich Module herstellte, führte ich einige grundlegende Reparaturen durch, modifizierte aber auch Vintage-Synthesizer und Drumcomputer. Das Entwerfen eigener Produkte war sozusagen der logische nächster Schritt.

Peter:
Was war dein erfolgreichster Synthesizer?

Tom:
Bezogen auf Stückzahlen der  Telemark, bezogen auf Umsatz der Colossus.

Peter:
Was war deiner Meinung nach der Grund für diesen Erfolg?

Tom:
Ich habe mich finanziell nie überhoben, nie Geld geliehen, um das Geschäft zu führen. Dazu kamen mehr gute als schlechte Entscheidungen und gute Instinkte. Außerdem baue ich, was mir gefällt – das macht Spaß und ist weniger wie ein Job.

Peter:
Du bist gut vernetzt mit Stars der Musikszene.

Tom:
Dazu trägt sicher die Langlebigkeit in der Branche bei, um.die Produkte herzustellen, die die Szene wirklich will – oder zumindest die Bands und Musiker, die mich interessieren. Ich stelle Instrumente her, von denen ich mir vorstelle, dass sie meine Musikidole benutzen. Außerhalb meiner eigenen musikalischen Geschmacksblase interessiere ich mich nicht so sehr für die Vorlieben anderer.

Peter:
Könntest du uns etwas über deine berühmtesten Kunden erzählen?

Tom:
Ich habe fast alle meine musikalischen Helden getroffen oder hatte Kontakt mit ihnen und sie kennen mich mit Vornamen. Das bedeutet mir mehr also als hohe Verkaufszahlen. Als großer Depeche-Mode-Fan ist es ein großer Gewinn für mich, die meisten bedeutenden Leute zu treffen, die mit ihnen aus der goldenen „Wilder“-Ära zu tun hatten. Ich habe bei mehreren Gelegenheiten Gore, Clarke, Miller und Wilder getroffen. Außerdem habe regelmäßig Kontakt zu verschiedenen Produzenten, auch zu Ingenieuren, die mit ihnen zusammengearbeitet haben, wie Simenon, Hillier. Human League sind auch große Analogue Solution Fans, ebenso Hans Zimmer und Deadmau5. Eigentlich eine ziemlich lustige Liste, die bis in die frühen 90er-Jahre zurückreicht.

Peter:
Produzierst du auch Sonderanfertigungen auf Kundenwunsch?

Tom:
Nein, das kostet zu viel Zeit, Einzelanfertigungen herzustellen. Meine Zeit ist kostbar und die ist ausgefüllt mit der Wartung des Standardsortiments. Aber ich veröffentliche oft benutzerdefinierte Frontpanels. Ich habe allerdings einige Eurorack-Module für Vince Clarke gemacht.

Peter:
Deine Branche durchlebt gerade eine sehr schwierige Zeit. Einige stehen kurz vor dem Bankrott und einige sind bereits vom Markt verschwunden. Warum ist das so?

Tom:
Wie in jeder anderen Branche sind es auch bei uns lähmende, steigende Kosten. Meine Holzkosten sind zum Beispiel um 100 % gestiegen, Metall um 30 %, Verpackung um 20 %. Buchstäblich alles ist teurer als letztes Jahr, um 20-100 %. Die internationalen Versandkosten haben sich für Paletten und Kisten vervierfacht.

Ich kann mich nicht zu anderen Unternehmen äußern, weil ich ihre Methoden nicht kenne, aber vielleicht haben sich einige überschätzt.

Ich weiß, dass die meisten User die Kosten für den Betrieb eines Unternehmens nicht einmal in normalen Zeiten wirklich verstehen. Es gibt so viele versteckte Kosten, die Außenseiter einfach nicht wissen können. Und jetzt mit Inflation, Versorgungsproblemen usw. bin ich überrascht über jedes Unternehmen, das überlebt.

Der Colossus von Analogue Solutions

Peter:
Anstatt Euroracks zu bauen, hast du dich nun auf ein großes modulares System gestürzt, den Colossus. Du magst ganz offensichtlich große Modularwände.

Tom:
Ich habe kein Interesse daran, Pinzetten zu verwenden, um einen Synthesizer zu steuern (wie das megakompakte Desktop-Zeug) und ich habe kein Interesse daran, Software-Synthesizer zu programmieren. Mein Geschmack waren schon immer griffige klassische Vintage-Designs aus der Ära vor 1988.

Peter:
Die günstigste Version des Colossus kostet bereits über 25.000 £. War das nicht ein großes Risiko?

Tom:
Nicht wirklich für mich. Im schlimmsten Fall hat es eine Menge Spaß gemacht und war gut fürs Marketing. Aber meine Instinkte funktionieren normalerweise gut. Ich betrachtete es als ein persönliches Projekt, bei dem der Verkauf ein Bonus war.

Peter:
Wie verkauft sich der Colossus und wie kommt er bei den Kunden an?

Tom:
Dem Colossus geht es gut. Die Kunden sind wirklich begeistert. Die meisten schreiben mir zurück und gratulieren dazu, dass ich die Eier hatte, so etwas Großes zu machen, statt auf Nummer sicher zu gehen und Bewährtes fortzusetzen. Wenn es möglich ist, liefere ich den Colossus persönlich aus, um die große Freude der Kunden mitzuerleben. Die Welt braucht solche kühnen Dinge. Die Welt wäre sonst sehr langweilig.

Peter:
Mir ist auch aufgefallen, dass du auf deiner Website auch originale Vintage-Synthesizer und Drumcomputer verkaufst. Handelt es sich um ein neues Geschäft oder nur um den Verkauf alter Geräte?

Tom:
Auf keinen Fall ist das ein neues Geschäft. Mit dem Verkauf von Vintage-Ausrüstung habe ich vor über 25 Jahren angefangen. Früher bin ich durch ganz Südengland gefahren und habe Synthesizer gesammelt. Ich habe sie wieder hergerichtet und weltweit weiterverkauft. Die Synthesizer, die ich jetzt verkaufe, sind nur meine eigenen Synthesizer. Ich verkaufe sie, wenn ich keinen Platz mehr oder Lust auf eine Veränderung habe. Aber ich forciere die Vintage-Verkäufe nicht. Ich behalte sie gerne und lösche oft Einträge.

Peter:
Welche Pläne hast du für die Zukunft mit ANALOGUE SOLUTIONS?

Tom:
Viele große Pläne. Ich habe ungefähr 7 weitere neue Produkte in einer Warteschlange zur Veröffentlichung.

Peter:
Klingt spannend :). Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Erfolg und freuen uns auf tolle neue Produkte!

Tom:
Danke!

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Forum
  1. Profilbild
    dilux AHU

    geil, ms20 educational edition!! das teil hat riesige knöpfe und 6,3mm klinkenbuchsen als patchpoints…quasi das absolute gegenstück zu den volcas und den boutiques.

    tom ist ein absolutes mastermind, und alle seine synthies klingen voll und markant…für mich neben dreadbox die absolute speerspitze unter den kleinserien-herstellern.

  2. Profilbild
    xtront

    Tom ist ein sehr netter und kompetenter Typ. Habe ihn das erste Mal vor ca. 18-20 Jahren auf der Musikmesse getroffen, damals gab es von ihm neu zu kaufen den Red Square und Kenni hatte den M3X vorgestellt. Über eine Neuauflage des SemBlance mit 8 Step Sequencer würde ich mich echt freuen.

  3. Profilbild
    Garfield Modular AHU

    Hallo Peter,

    Herzlichen Dank für das tolle, offene und interessante Interview mit Tom Carpenter. Der Colossus ist ein toller Traummaschine, (fast) genau so unerreichbar für mich wie ein Lamborghini ;-)

    Ich habe aber ein enormen Respekt für Tom dass er das „einfach“ mal gemacht hat. Ich bin froh das es Leute wie Tom gibt die sich mal trauen „was anderes“ zu machen, das finde ich sehr positiv! Viele Grüße, Garfield.

  4. Profilbild
    SynthNerd AHU

    Solange es solche tollen, kreativen und engagierten Typen gibt, wird es neue interessante Produkte geben, an denen wir Freude haben…

  5. Profilbild
    P-Nautilus

    Danke für das Interview! Tom Carpenter wirkt sympathisch und nahbar, kompetent ist er ja allemal. Sonst wäre er nicht schon so lange erfolgreich dabei. Seine Kundenliste und die immer wieder neuen, manchmal wirklich mutigen Designs seiner Instrumente sprechen für sich. Ich besitze zwar selbst (noch) nichts von Analogue Solutions, beobachte Tom und seine Firma seit langem äusserst interessiert.

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