Der Moog Prodigy Klon
Vorwort: Lesen sie HIER den Test zum Nachfolger AS Leipzig-S, der unseren Tester bereits deutlich mehr überzeugen konnte.
Der Moog Prodigy stand Pate
Es ist so einfach wie genial: Man klebe einfach zwei Holzleisten an einen Synthesizer, und schon sieht es wie das Minimoog-Panel aus. Da stört es gar nicht weiter, dass weder Knöpfe, noch Schrift oder die restliche Gestaltung gar nichts mit dem klassischen Moog-Design zu tun haben, die Assoziation ist einfach da.
Tom Carpenter von Analogue Solutions weckt mit seinem jüngsten analogen Monosynth Leipzig also von vornherein eine gewisse Erwartungshaltung. Auch in der Bedienungsaneitung steht selbstbewusst, dass für die Entwicklung des Leipzig die beliebten kleineren Moog-Synthesizer Prodigy und Rouge Pate standen. Aber das sollte man nicht allzu wörtlich nehmen. Auch die vorherigen AS-Synthesizer Vostok, TransbassX und SEMblance hatten zwar historische Vorbilder, waren aber doch eher eigenständige Synthesizer und nur von den EMS-, Roland- bzw. Oberheim-Klassikern inspiriert.
Der MIDI-fähige Monosynth Leipzig präsentiert sich im angemessen dimensionierten 5HE-Rackformat. Seine Ausstattung ist gradlinig ohne Schnörkel: zwei Oszillatoren, zwei Suboszillatoren, Rauschgenerator, Mixer, Filter, LFO, zwei Hüllkurven und Ausgangsverstärker. Keine Patchbuchsen, keine Modulationsmatrix, keine außergewöhnlichen Funktionen. Hier wird die Parallele zu Prodigy & Co. deutlich, ein einfach zu bedienender Synthesizer, der schnell und zuverlässig die bewährten Analogsounds liefert. Keine Editierorgien, sondern flink einstellbare Klänge im Rahmen der Möglichkeiten. Das ist eine klare Ansage.
VC Oscillators & Mixer
Leipzig hat zwei Oszillatoren (… wenn man sich diesen Satz mal langsam auf der Zunge zergehen lässt). Als Wellenformen gibt es nur Saw und Pulse. Die jeweils angegliederten Suboszillatoren erzeugen aufgrund der Frequenzteilungstechnik natürlich nur Square und liegen eine bzw. zwei Oktaven unter Oszillator 1 bzw 2. Dabei folgen sie dem Tuning der VCOs, d.h. stimmt man VCO 2 auf ein Quinte gegenüber VCO 1 folgt auch Suboszillator 2 diesem Intervall. Apropos Tuning, die VCOs haben nur einen kleinen Stimmbereich von ungefähr zwei Oktaven. Den altbekannten Fusslagenschalter gibt es nicht. Außerdem wurden hier recht ungünstige Potis mit Mittenrastung für das Tuning eingebaut. Theoretisch findet man damit zwar schnell zur Grundstimmung zurück, aber erstens sind subtile Feinverstimmungen wegen eben dieser Mittenrastung nahezu unmöglich, und zweitens war das Testgerät nicht kalibriert. Leider kenne ich das von Analogue Solutions schon, bislang musste ich jeden AS-Synth zuerst einmal nachjustieren. Sinnvollerweise sind die dafür zuständigen Trimmer durch kleine Löcher im Frontpanel erreichbar. Aber bei dem Testmodell waren einige Trimmer so schief eingebaut, dass man sie nur mit Mühe erreichen konnte. Und selbst nach der Kalibrierung blieb das Tuning etwas instabil.
VCO 2 kann zu VCO 1, dem LFO oder einem externen Signal synchronisiert werden. Außerdem lassen sich beide VCOs vom LFO oder einer Hüllkurve in der Pulsweite modulieren und verfügen jeweils über einen eigenen Glide-Regler. Für Letzteres konnte ich aber kaum einen sinnvollen Einsatz finden. Wellenformwahlschalter sucht man bei den VCOs vergeblich. Dafür muss man zum Mixer greifen, denn ob Saw oder Pulse erklingt, entscheidet man mit Links- oder Rechtsdreh des Mixer-Potis. Ebenso wählt man Suboszillator 1 oder 2 und White Noise oder externes Signal aus. Dieses Prinzip gab es schon beim SEMblance, das ist zwar ungewohnt, aber auch nicht unpraktisch. Nur leider schließen die Regler die Kanäle in Mittelstellung nicht vollständig und man hört im Hintergrund stets die Oszillatoren leicht durch. Arbeitet man mit einem externen Signal oder reinen VCF-Sounds stört das mitunter.
Eine Spielerei leistet sich Leipzig dann aber doch noch in Form von blauen LEDs, die so gar nicht zum Vintage-Look passen, welche die Tonhöhe der Oszillatoren anzeigen. Natürlich blinken die LEDs nicht in der Originalfrequenz, sondern um ein Vielfaches geteilt. Eine nützliche Information, wie etwa ein Tuning-Abgleich, kann man den LEDs aber nicht entnehmen.
VC LPF
Nicht nur mit den Holzleisten, sondern auch mit dem Filter orientiert sich Leipzig an Moog, ergo handelt es sich um ein 24 dB Tiefpassfilter, das bis zur Selbstoszillation reicht. Allerdings hat man sich beim Emphasis-Poti einen Fehlgriff geleistet. Auf zwei Dritteln des Regelweges geschieht fast nichts, dann kommt auf wenigen Millimetern der „Schmatzbereich“, worauf die Selbstoszillation fast schlagartig einsetzt. Das gleiche Problem gab es seinerzeit bei der ersten Serie des Doepfer MS-404 und wurde durch einen Austausch gegen ein Poti mit einer anderen Kennlinie nachgebessert. Das Gleiche möchte ich Analogue Solutions dringend empfehlen.
Der Klang des Filters ist markant, aber nicht frei von Nebengeräuschen. Bei tiefer Filterung wird nicht nur ein Noise, sondern mitunter auch die Clock des LFOs hörbar, so dass man die LFO-Rate, wenn nicht anders benötigt, besser runterdreht um diesen Click entsprechend selten zu hören. Außerdem macht die Resonanz einen leicht instabilen Eindruck. Verbucht man das unter „charaktervoll“ oder ist das einfach nur unsauber?
Modulation, Envelopes & MIDI
Die Sektion Modulation beherbergt nicht nur den LFO, sondern auch das dazugehörige Routing. Der LFO selbst bietet nur die Wellenformen Triangle und Square und hat keinen allzu weiten Bereich. Direkt unter dem Rate-Regler werden der LFO und andere Modulationsquelle auf die beiden VCOs und den VCF geroutet, wobei jeweils eine von vier Quellen pro Ziel gewählt werden kann. Einzig das VCF hat natürlich noch einen eigenen Regler für die Hüllkurve. Neben den beiden LFO-Wellenformen stehen für die drei Ziele noch die Hüllkurven, VCOs oder ein MIDI-Controller (Mod-Wheel) zur Wahl. Die Hüllkurve wird bei VCO 2 natürlich für Sync-Sounds benötigt. Die Frequenzmodulation bei VCO oder VCF sind jedoch ziemlich uneffektiv, nicht zuletzt weil es keinen Sinus gibt.
Die beiden Hüllkurven für VCF und VCA sind ähnlich dem Moog Prodigy. Zunächst arbeiten sie als ADR, wobei Decay und Release vom gleichen Regler gesteuert werden. Das Sustain lässt sich nur mit vollem Pegel zuschalten, dann ist Decay ohne Funktion und der Regler steuert nur Release. Etwas eigenwillig, aber es funktioniert. Seltsamerweise hat der Sustain-Schalter vier Positionen, wobei nur zwei benötigt werden. Die lapidare Erklärung in der Bedienungsanleitung dazu, „man konnte keine Zwei-Positionen-Schalter auftreiben …“
MIDI wurde im Leipzig sehr einfach gehalten. Es kann lediglich der Kanal gewählt werden und neben CV/Gate für die Noten werden nur die Werte vom Pitch- und Modualtions-Rad verarbeitet. Bei Test zeigte sich das MIDI-Interface auch anfällig gegen zu viele Controller-Daten, die von einer Groovebox auf diesem Kanal mitgesendet wurden. Erst nach deren Deaktivierung wurde die Sequenz korrekt gespielt.
Es ist nicht ganz einzusehen, warum auf CV/Gate-Eingänge verzichtet wurde. Da Leipzig komplett analog aufgebaut ist, wäre es kein großer Mehraufwand gewesen. Besitzer von Analogsequenzern und Modularsystemen hätte es gefreut.
Letzte Sektion ist der VCA, zu dem nicht viel zu sagen ist. Er kann wahlweise von einer der beiden Hüllkurven gesteuert werden (dieser Wechsel bietet sich an wenn Hüllkurve 2 für Sync-Sounds gebraucht wird), per MIDI-Gate geöffnet oder mit Thru auf Durchzug gestellt werden. Letzteres benötigt man zum Beispiel, wenn man externe Signale ohne MIDI-Trigger mit dem Filter bearbeiten möchte.
Es gibt also doch Bewertungen die schlechter als ein Stern sind … quod erat demonstrandum.
Gruß Frank
„unter-ein-Stern-Bewertungen“ gabs doch schon immer, es geht sogar noch tiefer als ein südwärts gerichteter Pfeil …
In diesem Fall tut es mir sogar ein wenig leid, weil mir Tom Carpenter sehr symathisch ist und eigentlich tolle Kisten baut. Nur manchmal langt er halt ein klitzekleinwenig daneben, wie etwa mit der sinnfreien TransbassX – oder jetzt mit dem Leipzig. Aber ich bin mir sicher, dass er in Zukunft wieder was ähnlich Gutes wie Vostok oder Red Square basteln wird.
Hab den mal beim Schneider ausprobiert und fand den echt übel verarbeitet!
Jawoll ich wurde soeben eines besseren belehert ;) sorry nochmal ^^
Speziell im ersten Demo klingt die Kiste doch ziemlich gut, aber wenn die Verarbeitung nicht so toll ist da natürlich auch wieder blöd, zumal bei dem aufgerufenen Preis …
Ja, Tom Carpenter lötet nicht unbedingt für die Ewigkeit, das konnte ich schon zur Genüge feststellen. Schade eigentlich, denn wenn einem schon nix (Neues) einfällt, dann sollte man doch wenigstens durch AAA-Clone-Work glänzen! Das Clonen schientz Tom ja zu liegen, aber das Exakte weniger.
Kleiner historischer Exkurs: Schonn der Name von Toms Firma Analogue Solutions (AS) ist ein Clone der ebenfalls britischen Synthschmiede Analogue Systems (AS)!
Ich warte dann doch lieber auf das Modell Bitterfeld.
…aber nur, wenn der dann nicht so heruntergekommen aussieht…
;-)
das design erinnert an den prophet
5, der an den moog erinnern soll.
führt ihm hoffentlich ein paar
käufer zu, denn aussehen tut er ja
ganz gut und die suboszis zeichnen
ihn ja gegenüber anderen ein wenig
aus, würde mir aber lieber einen
kleinen evolver kaufen.
Wirklich schade! Ich habe mich schon seit einiger Zeit auf den Leipzig gefreut und da ja noch eine Keyboardversion im Gespräch war, dachte ich mir, dass er evtl. was taugen könnte. Aber vielleicht überdenkt der Entwickler nochmal seinen Synth.
Vielen Dank, mit diesem Artikel habt ihr mein GAS für AS geheilt! Die Dinger scheinen weniger zu halten, als sie versprechen…
Der Sound des Leipzig ist auf jeden Fall gut bis sehr gut.
Worauf kommt es nochmal bei einem Synthesizer an???