Moog im Wolfspelz
Nachdem wir erst vor Kurzem den Nyborg-12 einem ausführlichen Test unterzogen hatten, war diesmal sein enger Verwandter, der Analogue Solutions Nyborg-24, für einen Bericht zu Gast. Nur in wenigen Punkten unterscheiden sich die nach Herstellerangaben komplett von Hand aufgebauten Geräte:
Das Oberheim inspirierte 12 dB Filter ist beim Nyborg-24 einer 24 dB Transistorkaskade gewichen. Passend dazu wurde die SEM-typische weiße Vorderseite des 12ers durch eine Moog-ähnliche schwarze Frontplatte ersetzt.
Die beiden Oszillatoren, zwei Hüllkurven, der LFO, Mixer und VCA sind dagegen technisch identisch und an der gleichen Stelle auf dem Panel zu finden wie beim Nyborg-12.
Da also bis auf das Filter und die Farben die inneren und äußeren Werte gleich geblieben sind, sparen wir uns die Wiederholung und verweisen wegen der unveränderten Baugruppen auf die Informationen im Testbericht des Nyborg-12.
Äußerlichkeiten des Nyborg-24 Synthesizers
Die Haptik wirkt hochwertig. Aber vor allem der turmartige Aufbau hebt die Nyborgs von vielen ihrer Desktop-Wettbewerber deutlich und positiv ab. Steht der Nyborg aufrecht vor einem, kann man stundenlang ermüdungsfrei daran arbeiten, perfekt.
Wie auch beim Bruder (oder der Schwester?) sind am Analogue Solutions Nyborg-24 auf der Rückseite Stromanschluss, MIDI In und Thru sowie zwei Audioeingänge und ein Audioausgang angebracht.
Auf der Vorderseite gibt es wieder die CV-Miniklinkenanschlüsse für zwei mal Tonhöhe, Filtereckfrequenz, Gate und EXT sowie den Funktionsschalter zur Auswahl des MIDI-Kanals und CV2 Controllers.
Lieferumfang des Analogue Solutions Nyborg-24
Mitgeliefert wurde der schon beim Nyborg-12 kritisierte Standard-Wechselstrom-Adapter. Mono-Miniklinkenkabel waren diesmal nicht dabei, nach Aussage des Herstellers sind diese auch lediglich als kostenlose Zugabe zu verstehen. Eine schriftliche Anleitung fehlte wieder. Das für beide Geräte ausschließlich im Internet in digitaler Form und nur auf Englisch verfügbare knappe Handbuch wirkt leider unfertig und weist auch inhaltliche Fehler auf. Wer sich halbwegs mit Synthesizern auskennt, sollte aber keine Probleme haben, da tatsächlich fast jede Funktion des Gerätes einen eigenen Knopf oder Schalter besitzt.
Qualität des Nyborgs
Die mechanische Verarbeitungsqualität des Analogue Solutions Nyborg-24 war besser als beim Nyborg-12, ein Wackeln des Gehäuses war diesmal nicht festzustellen und die Front litt nicht unter Unsauberkeiten. Die Knöpfe sind zwar gleich geblieben, aber die Drehregler machten einen etwas besseren Eindruck, auch wenn sie immer noch nicht starr und schwergängig wie z.B. bei Vermona sind.
Inwiefern diese Unterschiede übrigens etwas mit den beiden Nyborgs zu tun haben, bleibt dahingestellt. Berichte aus dem Netz legen auch nah, dass beispielsweise bei den Potis einfach je nach Verfügbarkeit ganz pragmatisch Teile unterschiedlicher Hersteller verbaut werden.
Das Ladder-Filter im Nyborg-24
Kommen wir zum zentralen Bauteil in jedem subtraktiven Synthesizer, dem Filter. Im Analogue Solutions Nyborg-24 handelt es sich um den bereits im Leipzig verwendeten 4-Pol Tiefpass, für dessen Schaltung die klassische Moog-Anordnung eingesetzt wird, wie sie ähnlich schon im Ur-Modularsystem und Minimoog klangerzeugend tätig war.
Die Möglichkeit zum Multimode wie beim Nyborg-12, d.h. die Realisierung von Hochpass, Bandpass und Notch, gibt es konstruktionsbedingt beim Transistorkaskadenfilter nicht. Dafür wurden hier zusätzliche Regler für Modulationsquelle und Modulationsintensität eingebaut.
Auf den launischen, kaum kontrollierbaren Boost-Modus des Nyborg-12 wurde im Analogue Solutions Nyborg-24 ebenfalls verzichtet, da das 24 dB Filter bei höheren Resonanzeinstellungen bis zur Selbstoszillation reicht und ausreichend aggressiv klingen kann. Allerdings wird zur Vermeidung von Übersteuerungen das Eingangssignal mit dem Aufdrehen der Resonanz heruntergeregelt. Das Filter zu „überfahren“ und damit Verzerrungen zu erzeugen, ist daher kaum möglich.
Klingt der Nyborg-24 nach Moog?
Das Wichtigste zuletzt: Wie klingt der Analogue Solutions Nyborg-24?
Direkter, wuchtiger, fetter als der im Vergleich schöngeistigere 12er. Wie die Klangbeispiele verdeutlichen, harmonieren die wunderbar knackigen Hüllkurven großartig mit dem angenehm zupackenden Filter.
Lebendigkeit und Druck dieser Kombination erinnern mich schon an den Minimoog, mein Nachbau eines Moog Modularsystems klingt diesbezüglich vergleichsweise zahm. Dreht man die Resonanz in die Nähe der Eigenschwingung, kreischt und wabert es vertraut; selbst in diesen Extremregionen macht sich der große Sweetspot der Schaltungen immer positiv bemerkbar.
Die typischen Minimoog-artigen flüssig-funky dahin gleitenden Bässe bekommt der Nyborg-24 gar nicht schlecht hin. Richtig überzeugend und wunderbar klingen dann brizzelnde, brachiale Oldschool-Leads, Sequenzen, Bässe und Percussion-Sounds.
Die VCOs sind wie auch beim 12er nicht die Stärke des Synthesizers und nicht ganz auf dem Niveau von Filter, Hüllkurven und VCA. Was nicht bedeutet, dass sie schlecht klängen, nur eher wie aktuelle DSI-Produkte als vintage Moog oder Roland.
Soweit auf den Klangbeispielen Effekte zu hören sind, ging der Sound bei mir durchs Pult und wurde mit Hardware-Effekten erarbeitet, in allen anderen Fällen ging die Aufnahme komplett trocken direkt in den Wandler. In einem Fall wurden den beiden Oszillatoren und dem Suboszillator des Nyborg-24 über einen der externen Eingänge noch zwei Moog-Oszillatoren aus meinem Modularsystem beigemischt.
Und die Konkurrenz? Für meine Ohren klingt der Nyborg-24 natürlicher, interessanter und „analoger“ als z.B. die aktuellen Produkte von Moog in der gleichen Preisklasse. Auch sonst fällt mir nicht viel in diesem Bereich ein, was ich klanglich als besser einstufen würde.
Für mich gerade ein sehr interessantes Gerät. Danke für den Testbericht. Wie sieht es mit der Steuerung über Midi aus? Kann ich Modulationen über Midi triggern oder z.b die LFO´s synchronisieren?
@richard Hallo Richard,
die MIDI-Implimentierung ist identisch mit der des Nyborg-12, alles was gleich geblieben ist bitte dort nachlesen. MIDI beschränkt sich bei beiden Geräten auf Note On/Off und Velocity.
@g.scherer Hi,
wo bleiben die Soundbeispiele für Osz.FM und Sync ???
@8 Bit Fighter die Frage ist berechtigt, aber dein Ton lässt leider sehr zu wünschen übrig. Leider hat Georg den Nyborg 24 nicht mehr, deshalb schätze ich, dass auch keine weiteren Sound bespiele mir folgen werden. Viele Grüße, Peter
@8 Bit Fighter Hallo 8 Bit Fighter, dezidierte Sync- und FM-Beispiele wären prinzipiell natürlich möglich gewesen. Nun ist es aber im Rahmen eines Testberichts selten möglich, Klangbeispiele zu allen Funktionen zu liefern. Ich suche möglichst Klänge, die mir interessant und repräsentativ für den Grundklang eines Instruments erscheinen. Sync-Sounds sollten teilweise zumindest beim Testbericht des bis auf das Filter identischen Nyborg-12 mit dabei sein.
Sehr geehrter Herr Grandl,
Ihre Webseite hat nun mal eine bestimmte Zielgruppe, ich nenne diese einfach mal Musiker. Musiker sind meist junge Leute und keine englischen Aristokraten. Junge Leute / Musiker nutzen – wie jede andere Gruppe auch – die Umgangssprache in einer ganz bestimmten Form und Weise. Das hat sicher nichts mit mangelndem Respekt Ihrer Person gegenüber zu tun. Da finde ich es z.B. schlimmer, dass man ernsthaft darüber nachdenkt, die Neujahrsansprache von Frau Dr. Merkel mit arabischen Untertiteln zu versehen.
Vielen Dank für Ihre Seite, die ich fast täglich besuche, schöne Feiertage und alles Gute zum Neuen Jahr.
@tantris die „alte Schule“ sollte jeden nicht allzu schwer fallen, ein klein wenig „Form“ macht das ganze doch etwas netter:)
mfG
Ich war Besitzer erst des Semblances und dann des Telemarks und muss sagen das die Teile von AS wirklich einen sehr sehr tollen Grundklang haben. Der Nyborg 24 schlägt nun selbst meinen Moog Sub37 im Klang und ich fühle mich genötigt, meine Kaufentscheidung nochmals zu überdenken. Mist, warum kann ich nicht einfach alle haben?
@patchpoint Ich habe auch den Leipzig-S für einen Sub 37 verkauft. Klanglich ein deutlicher Rückschritt. Analogue Solutions zeigt Moog, wie der moderne Moog hätte klingen sollen. Schade, dass die Midi Implementierung so retro ist, wie der Sound (im positiven Sinne!) Welchen denn nun Nyborg 12 oder 24? Der Sub 37 ist verkauft…
Der Nyborg kann schon fein Midi, es geht neben Note on und Velocity to filter auch Pitch Bend. FÜr wenig Geld kann man auch ein Kenton Pro Solo anschließen, um auch Vibrato über Midi auszulösen.
Kritikpunkt beim Nyborg 12 war übrigens noch, dass der Mod Amount nicht feinfühlig genug einzustellen war. Ist dieser Punkt überarbeitet worden im N24?