TR-707 in der Software-Version
Die Roland TR-707 hat zwar nicht den Kultstatus der TR-808 und TR-909, aber das Ziel von Roland scheint aktuell zu sein, alle Instrumente aus der langjährigen Firmengeschichte in der Roland Cloud wieder zum Leben zu erwecken und mit den modernen Produktionsmitteln zugänglich zu machen.
Roland TR-707
Die TR-707 ist eine weitere Drummachine von Roland. Damals war es nicht das Ziel, Drummachines zu erschaffen, die sich durch einen besonderen elektronischen Klang auszeichnen. Das Ziel war es, ein echtes Schlagzeug nachzuahmen und eigentlich muss man sagen, dass dieses Ziel weit verfehlt wurde. Diese Unzulänglichkeiten machten aber auch den Charme aus und heutzutage wissen wir die Künstlichkeit des Klangs durchaus zu schätzen. Für Roland war die TR-707 ein weiterer Entwicklungsschritt, Drumsounds realistisch klingen zu lassen. Deswegen wurde sie auch in etlichen Pop-Produktionen der 1980er verwendet.
Ein prominentes Beispiel für den Einsatz der TR-707 dürfte das Album „Kick“ der australischen Band INXS sein. Der TR-707 wurde auf Kick zwar nicht ganz so viel Platz eingeräumt wie Prince der LinnDrum auf dem Album 1999, aber es ist dennoch sehr auffällig, wie gut sie in vielen Stücken zu hören ist. Der Hit „Need You Tonight“ beginnt beispielsweise mit 18 Sekunden TR-707, bis das erste Gitarrenriff erklingt und der Song wirklich beginnt.
Wie bei allen großen Produktionen, wurde der Klang der TR-707 mit Effekten angereichert, um ihm eine individuelle Note zu verleihen. Dabei ist es beeindruckend, wie die TR-707 diesen Song trägt.
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Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass die TR-707 auch in vielen klassischen House-Tracks eingesetzt wurde, wie z. B. in „Move Your Body“ von Marshall Jefferson.
Prinzipiell sind TR-707 und TR-727 Geschwister. Der Unterschied zur TR-727 besteht darin, dass diese zusätzlich mit Latin-Percussions ausgerüstet wurde. Weitere Informationen zum Original findet ihr in unserem Roland TR-707 Beitrag.
Zugang zur Roland Cloud Version der TR-707
Um die Software-Version der TR-707 nutzen zu können, ist eine Mitgliedschaft in der Roland Cloud notwendig. Roland bietet hierfür verschiedene Abomodelle an. Die TR-707 kann aber auch als eigenständige Software-Lizenz erworben werden. Details dazu findet ihr in unserem Roland Cloud Artikel.
Ich führte den Test unter Logic 10.7.1 durch, die Roland Cloud TR-707 verfügte über die Version 1.0.
Klanggestaltende Elemente der Roland Cloud TR-707
Die originale TR-707 erlaubte es, nur die Lautstärke der einzelnen Sounds anzupassen. Dazu standen 10 Regler zur Auswahl. Mit dem elften Regler ließ sich der Einfluss von Accent bestimmen.
Glücklicherweise verfügte die TR-707 über Einzelausgänge. Das ermöglichte es, beispielsweise die Snare unkompliziert mit einem Hall anzureichern. Das hat man ja gerne in den 1980ern gemacht. Einige Kritiker sind der Ansicht, dass der Klang der TR-707 von Hause aus langweilig sei. Das hat sich Roland wohl zu Herzen genommen und ihre Cloud-Version der TR-707 mit klanggestaltenden Möglichkeiten ausgerüstet.
Links neben der Mixer-Sektion befindet sich die Funktion „Panel“. Wenn der dazugehörige Knopf gedrückt wird, verändert sich die Ansicht des GUI und es werden Regler sichtbar, die auf die einzelnen Sounds der Cloud TR-707 Einfluss nehmen.
In Panel 2 finden sich Werkzeuge, mit denen es möglich ist, Gain, Level und Pan für die einzelnen Sounds einzustellen. Werkzeuge also, die für den Mix und die Aufteilung der Klänge im Stereobild nützlich sind.
Viel spannender ist aber das Panel 1, denn hier lässt sich der Sound der TR-707 richtig verbiegen. Die TR-707 wurde von Haus aus mit PCM-Sounds bestückt. Mit dem Regler „PCM Clk“ lässt sich entsprechend die Abtastrate aller Sounds gleichermaßen verändern. Die Abtastrate reicht dabei von 6,25 kHz bis 100 kHz, was sich extrem auf den Pitch und den Klang der PCM-Sounds auswirkt. Hierdurch ändert sich der Charakter der TR-707 komplett. Sie ist nun in der Lage, extreme Lo-Fi- und Trash-Sounds zu erzeugen. Diese eignen sich besonders gut für Hip-Hop, Industrial, aber auch für alle Spielarten experimenteller elektronischer Musik.
Es ist aber auch möglich, die Klangfarbe einzelner Klänge zu bestimmen. Die Bassdrum und die Snare wurden mit den Parametern Tune, Decay, FX und Attack (Bassdrum) / Snappy (Snare) ausgerüstet. Mit Tune lässt der Effekt von „PCM Clk“ für die individuellen Sounds akzentuieren. Dadurch ist es fast möglich, ein Old-School Hip-Hop Drumset zu erzeugen. Es gelingt nur fast, denn Decay erlaubt es nicht, der Bassdrum die Ausschwingzeit einer TR-808 zu verleihen. Die Parameter Attack und Snappy verleihen der Bassdrum und der Snare insgesamt mehr Durchsetzungskraft.
Roland schweigt sich darüber aus, welcher Effekt sich hinter „FX“ verbirgt. Es klingt nach Bitcrusher, was das Konzept des sauberen Sounds der TR-707 ordentlich durcheinander wirbelt.
Die Toms, das Crash und das Ride wurden jeweils mit den Reglern Tune, Decay und FX ausgestattet. Es ist toll, dass man die Toms der Stimmung seines Songs anpassen kann. Decay beschert den Toms eine sehr lange Ausschwingzeit, wie ich sie mir auch für die Bassdrum und die Snare gewünscht hätte.
Dank des Bitcrushers, der wohl hinter FX steht, verwandeln sich die Toms in interessante FX-Sounds für Horror und Science-Fiction Filme. Ähnliches gilt auch für das Crash, das Ride und der Kombination mit FX. Die beiden Klänge reagieren aber besonders eindrucksvoll auf Pitch, weil dadurch metallische Sounds erzeugt werden, die sich sehr gut in Industrial und harten Techno einsetzten lassen. Sounds, die beispielsweise nach Stahlplatten und Ambos klingen, werden hörbar.
Für die HiHats findet sich jeweils ein Regler für Decay. Tune und FX wirken sich gleichermaßen auf die HiHats aus. Mit einem kurzen Decay lassen sich schon fast Kraftwerk typische ZAP-Sounds erzeugen. Decay wirkt sich sehr gut auf die Open-HiHat aus, weil sie dadurch sehr lange ausschwingen kann. Mit FX ist möglich, die HiHats in Snares zu verwandeln, die elektronischer klingen als die eigentliche Snare der TR-707.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass sich Roland von der Circuit-Bending-Szene beeinflussen ließ, denn der Klang der TR-707 kann so stark verändert werden, dass sie nicht mehr erkennbar ist. Dadurch wird die TR-707 zu einer sehr interessanten Drummachine, die auch noch im Jahr 2022 viel Freude bereiten wird.


Der Sequencer der Roland Cloud TR-707
Die originale TR-707 lässt sich mit einem Matrix-Sequencer und per Lauflicht programmieren. In allen Drummachines der Roland Cloud wurde entsprechend auch ein Matrix-Sequencer eingebaut, in dem man die meisten Funktionen wiederfindet, die Roland in seine klassischen Drummachines einbaute. Mit dem Taster „Edit“ wird er aufgerufen. Insgesamt verfügt jeder Sound über 16 Steps. Die TR-707 Cloud erlaubt es, 8 Patterns zu speichern und miteinander zu verknüpfen, wodurch man insgesamt über 128 Steps pro Spur verfügt.
Es ist möglich, die Step-Zahl pro Spur zu ändern, um polyrhythmisches Material zu erzeugen. Dazu muss die Funktion „Last Step“ aufgerufen werden und schon lässt sich die Step-Länge pro Spur ändern. Leider ist es nicht möglich, die Step-Länge in den Patterns individuell zu verändern. Verfügt die Bassdrum-Spur über 4 Steps, wird auch die Bassdrum-Spur im nächsten Pattern über 4 Steps verfügen. Ich hätte es schön gefunden, wenn ich in den unterschiedlichen Pattern eine andere Step-Anzahl angeben könnte, denn das würde polyrhythmischen Wahnsinn bedeuten.
Alle unterschiedlichen Scales, also Taktarten der TR-707 finden sich auch in der Cloud-Version. Eine Scale wirkt sich auf alle Patterns aus. Scale-Sprünge sind jedoch leider nicht möglich.
Pro Spur steht ein Shuffle-Regler zur Verfügung. Der Shuffle lässt sich für jede Spur individuell bestimmten. Einmal getroffene Shuffle Einstellungen bleiben über alle Patterns bestehen.
Auch Accent lässt sich mit dem Sequencer programmieren. So kann bestimmt werden, auf welchen Takt ein Accent wirkt. Dieses Werkzeug gestaltet ein Drumpattern dynamischer. Der Einfluss von Accent lässt sich für alle Spuren gleichermaßen einstellen. Auch hier hätte ich mehr Flexibilität gewünscht, wie z. B. vollen Accent auf der Bassdrum und ein bisschen Accent auf der Snare.
Die Funktion „Weak“ erzeugt das genau das Gegenteil von Accent. Sie entschärft durchdringende Sounds. Leider lässt sich Weak in seiner Konzentration nicht bestimmen. Sehr gut ist, dass sich die Farbe der Note ändert, sofern man sie mit Weak ausrüstet. So behält man eine Übersicht über die Besonderheiten eines Patterns. Ähnlich funktionieren auch die Funktionen Flam und Substep. Beide Funktionen erzeugen kurze Wiederholungen der gewählten Noten und können damit das rhythmische Schema aufbrechen und abwechslungsreicher gestalten. Noten mit Flam werden gelb angezeigt und als Substep in Blau.
Welche Sounds bietet die Roland Cloud TR-727?
Die Cloud TR-707 verfügt grundsätzlich über 11 Sounds. Eigentlich sind es aber 15 Sounds, denn im Sequencer ist es eine von 2 Variationen der Bass-Drum und Snare-Drum auswählbar. Außerdem kann man sich zwischen einer Hand-Clap oder Tamburine und Rim-Shot oder Cowbell entscheiden. Da man mit der Taste „Alt“ die Noten im Sequencer markiert, kann man auf einer Spur 2 Sounds abspielen lassen. Prinzipiell ist das gut, da man andere rhythmische Akzente setzt, wenn man 2 Sounds auf eine Spur platziert. Die hochauflösenden Grafiken erlauben es jedoch, 15 Spuren im Sequencer abzubilden, worüber ich mich mehr gefreut hätte. „Alt“ wird in Schwarz/Rot dargestellt.
Wie schon erwähnt, lassen sich 8 Variationen eines Beats erstellen, die miteinander verknüpft werden können. Die Variationen wurden nach dem Alphabet mit A-H benannt. Selbstverständlich müssen Variationen nicht von Hand nachgezeichnet werden, sondern die Patterns lassen sich kopieren und dann weiterarbeiten. Mit den Knöpfen A-H können die Patterns live aufgerufen werden.
Die Patterns können per MIDI getriggert werden. Neben den Patterns können auch die üblichen Start/Stop-Befehle und die individuellen Klänge getriggert werden. Die Funktionen sind im Handbuch mit der jeweiligen MIDI-Note hinterlegt. Es ist etwas irritierend, dass Roland keine MIDI-Note angeben hat, sondern die Nummer der Tastatur. Das bedeutet, dass die Pattern sich auf den Noten 24 bis 31 befinden.
Es ist nicht notwendig, mit dem internen Sequencer der TR-707 zu arbeiten. Patterns können als MIDI-File in den Sequencer der DAW gezogen werden. Das gilt auch für Audiospuren. Die Files müssen nicht gebounct werden, sondern können direkt in die DAW gezogen werden. Die dazugehörigen Befehle findet man in dem Menü „Option“. Es lohnt sich, mit den Möglichkeiten von „Option“ auseinanderzusetzen. Es ist beispielsweise möglich, Patterns von und für die Roland TR-8S zu importieren und zu exportieren.
Die Subouts der Roland Cloud TR-707
Die originale TR-707 hatte Einzelausgänge. Die Cloud TR-707 verfügt auch über Einzelausgänge, mit denen einzelne Klänge der TR-707 mit Effekten belegt werden können. Dazu muss die TR-707 von Stereobetrieb auf Multioutputs umgestellt werden.
Im nächsten Schritt muss die TR-707 Cloud-Version wissen, welche Spuren bzw. Instrumente auf die Multioutputs gelegt werden sollen. Dazu im Menü „Option“ Suboutput auswählen. Ein Fenster öffnet sich und die verschiedenen Klänge stehen zur Auswahl. Im Mixer von Logic ist zu beobachten, dass sich in der Spur der TR-707 nun ein Plus- und ein Minus-Zeichen befindet. Mit diesen können die unterschiedlichen Klänge auf einzelne Aux-Kanäle gelegt werden.
Leider hat sich Roland nicht bemüht, die einzelnen Klänge sinnvoll zu beschriften. Ich weiß jedenfalls nicht, welcher Sound sich hinter TR-23-24 versteckt. Zum Glück stimmen die kryptischen Zahlenwerte mit der Sound-Reihenfolge von Roland überein. Mit der Zeit wird man sich die Belegung gemerkt haben.
Wenn man diese kleine Hürde überwunden hat, kann man tatsächlich jeden Klang der TR-707 individuell mit Effekten bearbeiten. Ab hier beginnt der wahre Spaß mit der TR-707 Cloud-Version.
Das Arbeiten mit der Roland Cloud TR-707
Wer mit den Roland Cloud Drummachines gearbeitet hat, wird wissen, wie praktisch es ist, Patterns mit MIDI zu triggern oder die Patterns als MIDI- oder Audio-File zu exportieren. Am meisten Spaß an der TR-707 macht aber die Circuit-Bending-Sektion der TR-707, weil den angestaubten PCM-Sounds aus den 1980er-Jahren ein neuer Charakter verliehen werden kann. Dadurch eignet sie sich wirklich sehr gut für den Einsatz mit experimenteller elektronischer Musik.
Das aufgeräumte Design, das sich am Original orientiert, ermöglicht angenehmes Arbeiten mit der Roland Cloud TR-707. Lustig ist es, dass man die TR-707 in verschiedenen Abnutzungszuständen darstellen kann. Dem einen oder anderen hilft das ja bei der Inspiration. Nett sind auch solche Details wie der Speicherschacht und dass die Sequenzen im LED-Display angezeigt werden.
Das ist wirklich notwendig, denn sonst eignet sich die TR-707 fast nur für Synthie-Pop-Bands, die den Sound aus den 1980er-Jahren auferstehen lassen wollen. Dies ist aber nur meine Meinung und ich bin mir sicher, dass es viele Musiker gibt, die den Sound der TR-707 sicher sehr kreativ einsetzten.
Besonders toll gefällt es mir, die einzelnen Sounds auf unterschiedliche Outputs zu legen und dann zu bearbeiten. Mit externen Effekten und dem Circuit-Bending-Charakter ist es möglich, die Cloud TR-707 in noch extremere Sphären zu führen.
Wer hätte sich gedacht das man sich eines Tages die Frage stellen kann: Kaufe ich mir für das Geld ein Plug-in oder gleich den Hardware-Klon. Ansonsten findet man, dass Roland verhältnismäßig spät mit den Plug-ins ihrer kultigen Drummachines begonnen haben. Aber besser spät als nie! Wenigstens gibt es hier noch erweiterte Features. Ärgerlich nur, wenn diese so verbaut sind, dass man nicht mehr erkennen kann was ist original Sound und was mit einem Feature bestückt. Wie das sich hier verhält weiß ich nicht. Kann man das erkennen?
ich habe in den 80ern eine 707 gehabt und geliebt, die sounds mag ich immer noch. darum triggere ich mit meiner drumbrute impact gelegentlich 707-samples. aber wozu die emulation in einer software? der charme der 707 (wie auch der impact) ist doch gerade die interaktion mit der hardware, dh in der kreation und beim abspielen. ein paar samples in eine nostalgische oberfläche zu verpacken ist mE was ganz anderes.
@mdesign Na ja, ich denke mir für den Workflow und auch aus Platzgründen hat die Software eineutig Vorteile. Bestes Beispiel sind mein Bro und Ich. Er kauft sich jetzt eine Drummachine weil er gerne mit diesen Geräten jammt, in dem er sie unter anderem mit anderen Gerätschaften verknüpft. Das mache ich generell auch, sehe mich aber überwiegend als Producer und brauche die Drums höchstens an einer Stelle: Im Rechner! :)
@Filterpad eben – da reichen doch aber die samples. im rechner will ich doch nicht über eine 80er-hardware-oberfläche programmieren.
@mdesign Jetzt verstehe ich. Ja das stimmt allerdings. Stelle ich mir nur bissel schwierig vor, wenn das Instrument nicht so aussieht wie die Sounds wo es abliefert. Aber möglich ist es.
Ich habe die Roland Cloud abonniert aber die 707 nicht installiert, mir reichen da Samples völlig aus. Programmiere ich auch lieber in Live auf dem Push als in dem Plugin.
Aber trotzdem schön das Roland solche Plugins bereitstellt.
Sieht sehr interessant aus, werde ich definitiv testen. Danke!