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Vintage-Analog: Roland Jupiter-6, Synthesizer (1983)

Immer noch ein echter Jupiter

22. März 2008

 

Roland Jupiter 6 Gesamtansicht

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Der Nachzögling in Rolands Jupiter-(Keyboard)-Serie hatte es nie wirklich leicht. 1983 auf den Markt gekommen, stellte der Jupiter-6 zwar eines der ersten MIDI-Keyboards dar, doch weder war der angesagte Preis (6500 Deutsche Mark) ein Schnäppchen, noch stellte “analog” in besagtem Erscheinungsjahr ein (allgemein) lusterweckendes Schlagwort dar. Die Nachfolge des genialen Jupiter-8 anzutreten schien zudem eine wenig dankbare Aufgabe, zumal Roland mit einer klar abgespeckten Variante des Klassikers – Midi hin oder her – nun nicht wirklich punkten konnte. Warum bloß 6 Stimmen, wo wir doch schon im Jahre 1981 bei 8 waren? Und wo sind die Layer-Sounds des großen Jupiter geblieben? Warum hat der Arpeggiator keinen Random-Modus, und was passierte mit dem schönen Display?

Geschichtlicher Rückblick auf den Jupiter-6

Nun, von rein technischen Aspekten abgesehen ist dem Jupiter-6 auch ein gewisser Stilbruch der klassischen Roland-Designlinie anzumerken. Dies ist nun nicht unbedingt wertend gemeint, doch wird das zeitlose, ausgewogene Layout des Jupiter-8 eben auch nicht annähernd erreicht. Violett ist sicher nicht die eleganteste Farbe für Bedienelemente, und hellgraue Potis mit oranger (!) Positionsmarkierung sorgen keinesfalls für schnelle Übersichtlichkeit am Panel. Mit dem etwas “gewöhnungsbedürftigen” Layout des Jupiter-6 geht auch eine nur mittelmäßige Qualität der Bedienelemente einher. Mittelmäßig für Roland-Standard, um genau zu sein.

Roland Jupiter 6 seitlich

 

Die Fader sind zumindest “ok”, vermitteln aber nicht das exakte, schwergängig gleitende Feeling der Jupiter-4-Schieberegler (um hier auch mal den – qualitativ sehr hochwertig gebauten – “ersten” Jupiter aus dem Jahre 1978 zu nennen). Deutlich krasser als die (brauchbaren) Fader sind die Drehpotis des Jupiter-6. Diese sind unbedingt mit Vorsicht zu behandeln. Grundsätzlich wackeln sie etwas in ihrer Befestigung, was gerade beim Einstellen diverser Parameter nicht wirklich ein seriöses Gefühl vermittelt. Darüber hinaus ist beim Transport (und auch bei der Lagerung) des Jupiter-6 auf die Potis besonders zu achten.

Ein Case wäre zunächst die goldene Sicherheits-Regel Nummer 1. Schon beim unachtsamen Hantieren / Tragen des Instruments mit bloßen Händen können sich die Achsen “bedrängter” Potis gerne mal verbiegen. Weder beim Jupiter-4, noch beim Jupiter-8 wäre dies so leicht möglich (schon allein der deutlich größeren Potiköpfe – und des damit verbundenen Selbstschutzes der Achsen – wegen). Kurz gesagt: Der Jupiter-6 bedarf eines etwas sorgfältigeren Umganges als man es von anderen analogen Keyboards der Firma Roland gewöhnt ist.

Roland Jupiter 6 Knöpfe und Fader

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Bedienung des Roland Jupiter 6

Doch kommen wir zum Sonnenschein. Der Jupiter-6 verfügt über ein ganzes Feuerwerk an genial aussehenden (da von innen beleuchteten) Tastern. Dieser ansprechende optische Eindruck macht sich natürlich erst im aktiven Betriebszustand und bei abgesofteter Raumbeleuchtung bemerkbar. Nun muss man dem Jupiter-6 eine herrliche Aura zugestehen, das Instrument sieht im eingeschalteten Zustand extrem modern, kultig, und sehr inspirierend aus. Damit untermauert sich auch optisch, was klanglich auf Rolands Jupiter-Serie zutrifft: Ob Jupiter-4, Jupiter-8 oder Jupiter-6… jeder dieser Synthesizer ist ein völlig eigenständiges Instrument, mit eigenem (starken) Charakter sowie eigenwilligen Features bzw. Besonderheiten. Und damit nun endlich zum Aufbau des Jupiter-6…

Die Klangerzeugung des Jupiter 6

Wie sein Name sagt ist dieser Jupiter sechsstimmig. Bei 2 VCOs pro Stimme ergibt das eine beachtliche Kraft von 12 VCOs im Unisono-Modus.

Roland Jupiter 6 OWM und VCO

PWM

Oszillatoren

Die Oszillatoren sind klassisch aufgebaut, verfügen aber über eine Besonderheit, die wir z.B. auch vom Sequential Prophet-5 her kennen: Die einzelnen Wellenformen jedes Oszillators lassen sich beliebig miteinander kombinieren bzw. können gleichzeitig genutzt werden. Crossmodulation ist ebenso vorgesehen wie Osc Synchronisation. Letztere kann in beide Richtungen erfolgen, wobei entweder VCO1 oder VCO2 als “Masteroszillator” dient. Die beiden Synchronisationsmöglichkeiten lassen sich sogar gleichzeitig aktivieren, wobei ich mir über die Sinnhaftigkeit dessen aber noch nicht ganz im Klaren bin…

Roland Jupiter 6 VCO 2

VCO2

LFO

Der Haupt-LFO bietet neben den üblichen Standard-Wellenformen auch Random, um so klassische S/H-Effekte ins Geschehen einzubauen. Die Geschwindigkeit des LFO 1 reicht (laut Bedienerhandbuch) von 0,04 bis 100 Hz. Immerhin sind so im hochfrequenten Bereich schon diverse interessante FM-Sounds möglich. Doch zugegeben: Ein LFO kann nie schnell genug sein. Aus heutiger Sicht sollte ein wirklich guter LFO im hochfrequenten Bereich 1 kHz (oder mehr) erreichen, das wäre musikalisch absolut wünschenswert.

Neben dem Haupt-LFO gibt es noch einen LFO 2 in der Controller-Abteilung. Dieser ist – sehr klassisch – für die Modulation von VCO (Vibrato) und des Filters (WahWah) zuständig. Eine Rise-Funktion erhöht die LFO-Frequenz mit zunehmender Tastenhöhe des Keyboards, womit Klänge also auf eine etwas “natürlichere” Art (je nach ihrem Frequenzbereich unterschiedlich schnell) moduliert werden.

Roland Jupiter 6 LFO 2

LFO2

Envelopes

Tastaturbezogen sind auch die Hüllkurven des Jupiter-6 (sofern man dies will). Mittels der Key-Follow Funktion verändert sich der Wirkungsgrad der Hüllkurven abhängig von der Tonhöhe. Tiefe Töne sind länger hörbar, während hohe Töne schneller abklingen. Dies ist eine musikalisch inspirierende und im Grunde auch simple Funktion, die Sequenzen und Soli mit einer gewissen “Natürlichkeit” im Klangverhalten erlaubt.

Roland Jupiter 6 Envelope

Filter / VCF

Das Filter des Jupiter-6 bedarf unbedingt einer sehr löblichen Erwähnung. Entgegen allen anderen Jupiter-Mitgliedern hat der “mittlere” Kandidat ein Multi-Mode-Filter aufzuweisen. Zur Auswahl stehen Low Pass, High Pass und (durch gleichzeitiges Drücken beider Filterarten) Band Pass. Damit erweitern sich die klanglichen Möglichkeiten des Jupiter-6 ungemein. Vor allem der “bruzzelnde” Klang dramatischer Band Pass Filtersweeps ist sehr interessant. Aber auch für Effekte sind die erweiterten Filter-Angebote absolut willkommen. Man darf zudem nicht vergessen, dass es ja noch Cross Mod, Osc Sync, Noise und 2 LFOs gibt, um schon mal vorweg die Effektschiene ausgiebig einzurichten, bevor der Klang das Filter erreicht.

Roland Jupiter 6 VCF

Controller-Sektion

Die Controller-Sektion mit dem zweiten LFO wurde schon kurz erwähnt. Auf eine echte Besonderheit sei hier aber noch hingewiesen: Der unscheinbare WIDE Schalter erlaubt das Pitchen der Tonhöhe von Infraschall bis hinauf in den Ultraschall. Nun gut, das ist natürlich etwas übertrieben. Tatsache ist, dass WIDE eine Transponierung von 3 Oktaven nach oben / unten möglich macht. Dies ist schon erstaunlich, vor allem wenn man nur an klassische Range-Einstellungen anderer polyphoner Analogsynthesizer denkt, die meist kaum über eine Oktave hinauskommen. Mittels WIDE kann man Basstöne des Jupiter-6 direkt in den LOW FREQUENCY Bereich hinunterschicken bzw. hohe Töne im Nirvana verschwinden lassen. Das “Wide” Feature ist musikalisch extrem vielseitig und in punkto “ungewöhnliches Audio-Erlebnis” immer wieder für Überraschungen gut.

Roland Jupiter 6 VCO-Anwahl

Die Anschlüsse des Analogsynthesizers

…des Jupiter-6 sind sehr vorbildlich vorhanden. Audio-Out gibt es als XLR und Klinken-Ausgang sowie als Phones-Output. Die EXT. CONTROL Sektion ist natürlich – Roland ist seinen hohen Standards hier treu geblieben – Sonne pur. ARP Clock IN, PATCH SHIFT, PEDAL Hold sowie VCA und VCF sind die möglichen Eingänge. Neben dem Kassetten-Interface gibt es schließlich noch MIDI (entweder nur MIDI IN / OUT bei früheren Modellen, oder das klassische MIDI TRIO bei späteren Versionen). Die Verbindung von MIDI-Kontrolle und der schönen Garde an Analoganschlüssen wie VCF / VCA IN erlaubt wunderbares Kombinieren und Experimentieren rund um den Jupiter-6.

Anschlüsse Roland Jupiter 6

EUROPA MIDI

Die ursprüngliche MIDI Implementation des Jupter-6 ist keinesfalls spektakulär. Gut, 1983 war die Schnittstelle auch erst gerade in ihren Kinderschuhen, daher sei dies nicht als Wertung verstanden. Doch heute benötigen wir alle mehr als nur Note On/Off Befehle. Wir wollen Zugang zu den einzelnen Controllern, wir wollen den Arpeggiator über MIDI Synchronisieren, wir wollen das Kassetteninterface im Meer versenken und endlich alle Patches am Computer speichern. Und der “Random Patch Generator” ist doch immer ein netter Zusatz (man denke nur an den Waldorf Pulse), ebenso wie die Rückgabe des verloren gegangenen Random-Arp-Modes, und vieler weiterer, nützlicher Funktionen. Kurz: Wir wollen Europa!

Dieses Upgrade wertet einen Jupiter-6 ungemein auf und sei jedem Jup6-Besitzer dringend ans Herz gelegt. Auch ist das Preis/Leistungsverhältnis in einem sehr fairen Rahmen, und letztlich muss man den derzeitigen Dollarkurs nur einmal genauer studieren, um eventuell den günstigen Zeitpunkt einer Europa-Investition zu erkennen.

Der Jupiter-6 heute und morgen

Im Moment lässt sich rund um die analoge Garde der klassischen “Saurier” nicht viel Zuverlässiges sagen. Die Preise mancher Vintager erreichen Dimensionen jenseits jeglicher Logik, wobei ich aber auch sehr vorsichtig wäre und davon abgekommen bin, mich von hohen Preisen blenden zu lassen. Wenn man genau hinsieht, werden die geforderten, extrahohen Ablösen nur selten tatsächlich gezahlt. Man warte ein paar Tage oder Wochen, und derselbe Verkäufer schickt das Instrument in die nächste Auktionsrunde, die dann ziemlich sicher wiederum ergebnislos endet.

Es scheint ein Spiel auf Zeit zu sein, frei nach dem Motto: “Irgendwann wird schon ein Irrer (ein Sammler mit entsprechendem Bankkonto) den unverschämten Preis bezahlen”. eBay eben – ich brauche wohl nicht mehr zu sagen. Der seit nunmehr gut einem Jahr angebotene Roland SH-5 für 3500 Eurolinger wird langsam zur Witzfigur, und auch die diversen PPG-Wave-Synthesizer in der Region jenseits von 2500 Euro lassen nur noch ein mitleidiges Lächeln zu. Eines dürfen wir nicht vergessen: Die angebotene Hardware ist mindestens ein Vierteljahrhundert alt! Mit extrahohem Kaufspreis wird möglicherweise also gleich noch ein ganzes Paket an Problemen (kostenlos, vielen Dank!) mit erworben. Kann ja gut sein, dass der geliebte Tasten-Klassiker heute noch tadellos funktioniert, aber was ist, wenn sich in ein paar Monaten oder in wenigen Jahren wichtige Bauteile verabschieden?

Wo ist dann der nächste Techniker in Ihrer Nähe, der z.B. einen PPG Synthesizer erfolgreich (und hoffentlich kostengünstig) richten kann? Ich stelle generell die (Preis-)Entwicklung am Gebrauchtmarkt rund um klassische Synthesizer etwas in Frage bzw. ermutige alle Interessenten dazu, sich nicht den sehr hohen Preisen und unkalkulierbaren Risiken auszusetzen. Zudem, und das ist eine sehr positive parallele Entwicklung, gibt es eine neue Palette an leistungsfähigen, modernen Analogsynthesizern. Alesis Andromeda, MacBeth M5 oder Moog Voyager, um nur einige zu nennen. Doch zurück zum Jupiter-6…

Roland Jupiter 6 Unisono Mode
Tatsache ist, dass der Jupiter-6 ein wunderbares Musikinstrument darstellt. Ich persönlich habe ihn früher nie sehr ernst genommen. Die Optik schien mir etwas misslungen, und fehlende Layer-Sounds in Verbindung mit dem Mono-Ausgang verhießen keine echte musikalische Ekstase. Nun, ich lag hier völlig falsch. Der Jupiter-6 darf nicht am Jup-8 oder Jup-4 gemessen werden (was ich natürlich immer tat). Er ist eigenständig, bietet völlig eigene Sounds und auch Stärken, die keiner seiner Brüder aufzuweisen hat. Er kann bretterhart (und durchaus “kalt”) klingen, doch das sehr überzeugend und trotz allem inspirierend “electronic-like”. Er lässt weniger “Leben” im Klang zu als der große Jupiter-8, denn für softes Geplänkel hat der Jupiter-6 nicht viel übrig. Er dominiert mit schneidenden Sounds, mit harten Bässen, mutierten Effekt-Schockern und anderem. Auch ist das Klangbild – Monoausgang hin oder her – erstaunlich schön. Der Jupiter-6 präsentiert sich “ganz vorne”, er sitzt direkt an der Lautsprechermembran, lässt sich nicht durch irgend einen Chorus verwischen oder in die Ecke treiben, er ist an der vordersten Front und sagt, was Sache ist.

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Fazit

Von zuweilen etwas wackeligen Hardware-Komponenten abgesehen, ist der Jupiter-6 ein äußerst seriöses Instrument. Zum Kultstatus hat es nie wirklich gereicht, doch spielt das aus heutiger Sicht keine große Rolle. Spätestens seit es Europa-Midi gibt, ist die Leistungsfähigkeit des Jupiter-6 in fast allen Belangen äußerst erstaunlich. Der Europa-Jupiter-6 ist ein hochwertiges Studioinstrument und darf in einem Atemzug mit einem Groove-Jupiter-8 oder auch einem Lintronics Memorymoog (in punkto technischer Ausstattung und Midi-Möglichkeiten) genannt werden. Allerdings bewegen wir uns hier bereits in Preisklassen, die eindeutig den Focus auf aktuelle Instrumente (als mitunter sogar bessere Alternative?) lenken. Ein Andromeda etwa ist gebraucht für 1800 Euro zu bekommen, was ungefähr einem Jupiter-6 mit Europa-Midi entspricht. Trotz allem Respekt vor Rolands legendärer Jupiter-Serie würde ich daher heute der Riege neuer, moderner Analogsynthesizer in einigen Fällen den Vorzug und somit eine echte Chance geben…

Plus

  • Klassischer Roland Sound
  • Teils mehr Möglichkeiten als der Jupiter 8
  • Midi

Minus

  • Erreicht nciht die Fülle und Wärme des Jupiter 8
  • Nur 6 Stimmen
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