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Blue Box: Sequential Prophet 3000, Stereo-Sampler mit Analogfiltern

Beinahe eine Legende, der Prophet 3000

18. Mai 2013

Sequentials 16Bit Sampler Prophet 3000

Er ist wenig bekannt, trotz spannender Geschichte und großem Potenzial: der letzte Prophet von Sequential. Wieso eigentlich?

Wir schreiben das Jahr 1986. Sampling ist eine Technik, die noch in den Kinderschuhen steckt. Der Fairlight CMI III konnte schon ziemlich viel, war aber nur zum Preis eines Einfamilienhauses erhältlich. Der Ensoniq Mirage war erschwinglicher, bot aber auch entsprechend wenig. Genau der richtige Zeitpunkt für die Geburt eines neuen Propheten: Ein Sampler, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Studio zu treiben und ewig zu binden. Die Schöpfer dieses Samplers, Prophet 3000 genannt, waren keine Geringeren als die Entwickler von Sequential rund um Mastermind Dave Smith. Sie schnappten sich das Vorgängermodell, den Prophet 2002, und veredelten ihn nach allen Regeln der Kunst des Instrumentenbaus. Rund 250 Geräte des neuen Propheten verließen schließlich 1987 die Werkstätten und wurden zu rund 3300 Dollar verkauft, vor allem in Europa, davon 50 Exemplare in Deutschland.

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Der Überlebenskampf

Zur selben Zeit war im fernen Osten eine andere Macht mit der Entwicklung ihres ersten eigenen Samplers beschäftigt: Yamaha. Sie wollte mit einem günstigen Modell, genannt TX16W, den Markt von unten aufrollen. Und witterte die Gefahr, die vom Prophet 3000 ausging. Weil Sequential zwar gute Instrumente baute, doch leider im Marketing weniger erfolgreich war und finanziell in der Bredouille steckte, kaufte Yamaha kurzerhand die ganze Bude. Die Leute um Dave Smith wurden zur Arbeit an den Vektorsynthesizern Yamaha SY22 und TG33 abgeordert. Um dem neuen eigenen Sampler nicht das Wasser abzugraben, ließ man den Prophet 3000 links liegen, obwohl das Konzept Potenzial hatte und seiner Zeit weit voraus war. Die Entwicklung wurde eingestellt und auch nicht wieder aufgegriffen, als sich der TX16W als Flop herausstellte – Yamaha wagte sich erst knapp zehn Jahre später wieder ins Samplergeschäft, diesmal mit dem A3000, der trotz der gleichen Nummer im Namen nichts mit dem Prophet 3000 gemein hatte. Zum Glück kaufte Yamaha aber mit Sequential auch die noch nicht fertig gestellten letzten Propheten. Denn die 250 ersten gelieferten Versionen waren noch nicht ausgereift und voller Fehler. So zahlte Yamaha für die Revision B und die Fertigstellung der verbleibenden Einheiten. Erst ab 1989 wurde der Prophet 3000 in einer revidierten, verbesserten Auflage wieder verkauft – es waren die letzten Instrumente von Sequential.

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Der Prophet 3000 im Detail

Doch was war der Prophet 3000 genau? Zu seiner Zeit eine richtige Sensation: Ein digitaler 16-bit Stereo-Sampler mit acht Stimmen und analogen Filtern. Die Standardversion war mit zwei Megabyte Speicher bestückt (eine Version mit 4 MB war auch geplant, doch nur ganz wenige wurden ausgeliefert) und konnte mit entweder 32 kHz, 44,1 kHz oder sogar 48 kHz aufnehmen, was für mindestens 10,6 Sekunden Stereosamples reicht. Das Signal wird mittels Stereoeingang oder zwei Mic/Line-Kanälen eingeschleift und kommt durch einen Stereo- und acht Einzelausgänge wieder zum Vorschein – beliebig verändert. Zudem gibt es Anschlüsse für einen Footswitch, ein SCSI-Laufwerk und ein MIDI-Trio. Zu den SMPTE-Anschlüssen steht in der Bedienungsanleitung: „for future use“. Doch leider hatte der Prophet 3000 schon von Geburt weg gar keine Zukunft.

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Das Telefonkabel

Auf der Frontseite findet sich neben den Lautstärkereglern und dem Diskettenlaufwerk (3,5 Zoll Floppy Disk) ein Telefonkabelanschluss. Nicht fürs Internet – das war damals noch den Unis und der Armee vorbehalten – sondern für das externe Bedienpanel. Dieses ähnelt einem Controller für Spielkonsolen, verfügt aber über ein großes, graues LC-Display, das sogar die Wellenformen der Samples anzeigen kann. Die Bedienung ging damit einigermaßen einfach von der Hand, ist aber immer noch umständlich im Vergleich zu heutigen computerbasierten Samplern.

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Der Wow-Faktor

Wirklich revolutionär waren 1986 folgende Features: Die acht Stimmen können frei über das Stereospektrum und die verschiednen Ausgänge verteilt werden, die Samples werden automatisch sauber geloopt und selbst die Tonhöhe wird prophezeit und automatisch richtig aufs Keyboard gemappt. Alles selbstverständlich heute, aber damals: Wow! Schade nur, dass die MIDI-Implementierung ziemlich buggy ist. Wenn zu viele Befehle anstehen, mit denen der Prophet nichts anfangen kann, kommt er ins Grübeln und nur ein Neustart holt ihn aus seinen Gedanken. MIDI-Filter sollen helfen.

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Die Disketten

Im Lieferumfang war eine Library enthalten, verteilt auf acht Disketten, mit sehr gut gesampelten Grand Piano, Chören, Streichern und einem Performance-Set. Jedes Preset ist auf zwei Disketten verteilt – eine für das Betriebssystem und eine für die Klänge. Zum Gebrauch muss man also zuerst das Betriebssystem laden, dann die zweite Diskette mit den Klängen einlesen. Das dauert um die zwei Minuten. Zum Glück können eigene Klänge auch auf einem SCSI-Laufwerk gespeichert werden, das wesentlich schneller ist.

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Die Prophezeiung

Nun, ich habe noch nie einen Prophet 3000 angefasst und kann darum nicht beurteilen, wie er klingt. Ob er wirklich gut war, zeigt der Test meines Kollegen. Ob es sich lohnt, heute einen zu kaufen? Sicher ist, dass der Stern der Hardware-Sampler mit dem neuen Jahrtausend zu sinken begann. Jede DAW hat heute ein entsprechendes Plug-in an Board, das in puncto Workflow und Benutzerfreundlichkeit meilenweit vorne liegt. Doch was wäre wohl geschehen, wenn Yamaha den Prophet 3000 weiterentwickelt hätte? Wahrscheinlich hätte der erfolgreiche Akai S 1000, erschienen im Jahre 1988, nicht so leichtes Spiel gehabt. Wahrscheinlich wäre Yamaha zu den großen Playern im Samplermarkt aufgestiegen. Wahrscheinlich hätte Hip Hop dadurch nicht viel anders getönt. Ganz gewiss hätte der Siegeszug der Computer auch vor dem Prophet-Sampler nicht Halt gemacht. Vielleicht würden wir unsere Beats heute mit einer Prophet Renaissance oder einer Prophet Maschine zusammenschrauben. Wer weiß.

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Das Erbe

Dave Smith und sein Team wechselten jedenfalls schon bald nach der Übernahme durch Yamaha zum Konkurrenten Korg und waren dort unter anderem für die Entwicklung der berühmten Wavestation verantwortlich. Diese wiederum ist eine Weiterentwicklung des Prophet 3000, mit einer ähnlichen Struktur und der gleichen Bedienung, aber mit ganz anderem Charakter. Wer die Wavestation kennt und bedienen kann, der wird mit einem Prophet 3000 sofort zurechtkommen, da inklusive Display-Größe und Softbuttons alle Merkmale bei beiden Instrumenten identisch sind. So lebt denn der Geist des letzten Propheten in einem äußerst erfolgreichen Instrument weiter, das als Teil der Legacy Collection sogar den Sprung auf den Computer schaffte.

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Bilder mit freundlicher Genehmigung von „Knobexploit“.

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    das Ding war einfach nur genial! Wir hatten einen in unserem ersten Studio stehen und erst vor 4-5 Jahren haben wir in verkauft (defekt).
    Im Gegensatz zu Akai S2000 oder auch dem EMU6400 war die Bedienung einfach nur genial!
    Die Softwaremacher hatten Sinn für Humor und die Filter klangen einfach gut! Vielleicht in Summe der beste Sampler (Hardware) den es je zu kaufen gab :)

  2. Profilbild
    Viertelnote AHU

    Man muss sich einen Flashback gönnen und ins Jahr 1986 reisen, anders
    machen Hardwaresampler heute kaum noch richtig sinn. (abgesehen eben
    von analogen Filtern ect.)

    Übers reine Sampeln brauchen wir hier nicht zu diskutieren, wie ich finde.
    Ich sample sehr wenig, ich bin also nicht so der Sampling Fan.

    Ich habe noch einen alten MKS-100 mit zig Disketten dastehen, der vor sich hinsteht. Für die eine oder andere Sentimentalität ist er noch gut.
    Aber damals war da noch echte und vor allem sehr gute Hardware drum und drann, noch echte charakterstarke Maschinen.

    Ansonsten schöner Test und angenehm zu lesen.

    mfG

  3. Profilbild
    moogskywalker

    Wie mein Musikerkollege „the_IMP“ schon erwähnte war der P3000 das absolute Teil. Ich war damals 17 und hatte das Gerät vom mittlerweile leider verstorbenen Musiker Louis Zachert erworben. Bis zu jener Zeit hatte ich nur einen Akai S700, und der Aufstieg zum P3000 war ein absoluter Quantensprung. Selbst heute würde ich noch sagen dass das User-Interface genial einfach und schnörkellos war. 5 Softkeys, 4 Cursortasten und Alpha-Dial – Top ! Der Sound war wuchtig und die Filter sehr smooth und musikalisch. Leider musste ich die Kiste aber öfters reparieren – Glücklicherweise nur abgerauchte Spannungsregler. Das Disklaufwerk war nicht mehr das Beste, und manchmal musste ich die Disk mehrfach während des lesens(!) auswerfen und wieder einschieben – Irgendwann kam dann eine Fehlermeldung : „Please say that you are sorry and i will continue…“. Daraufhin erschien ein Softkey mit der Aufschrift „I`m Sorry“, und dann erst gings weiter… Entwickler mit Humor und ein wahrlich tolles Gerät ! Ich vermisse es, und würde es auch heute nochmals kaufen

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