Praxistest: Roland A-90 / A-90 EX
In den 1990er Jahren erfreuten sich Rack- und Software-Klangerzeuger immer größer werdender Beliebtheit, und so wurde auch das Bedürfnis nach Masterkeyboards mit einer guten Tastatur und vielen Funktionen immer stärker.
Die Firma Roland hat das erkannt, und erweiterbare Masterkeyboards produziert: Die Roland A-Reihe. Das damalige Spitzenmodell war das Roland A-90.
Das Roland A-90 ist ein Masterkeyboard mit 88-Tasten-Hammermechanik (Roland PA-4). Es kostete bei der Erstauslieferung im Frühjahr 1996 stolze 3998 DM, das Roland A-90 EX mit eingebauter Klangerzeugung (siehe weiter unten) 4848 DM. Dieser Preis war aber für die hervorragende Verarbeitung, die vielen Funktionen und die guten Sounds im Roland A-90 EX durchaus angemessen.
Als ich mein Roland A-90 EX das erste mal sah, fiel mir sofort die hervorragende Verarbeitung auf. Daran gibt es wirklich nichts auszusetzen – das Keyboard ist knapp 28 kg schwer und extrem stabil gebaut: Die Ober- und Rückseite bestehen aus stabilem Blech und die Seitenteile bestehen aus Spanplatte mit Holzoptik. Es besitzt die gleichen (griffigen) Taster und Schiebregler wie der JD-800. Die Taster werden mit der Zeit unzuverlässiger, aber Ersatz lässt sich günstig beschaffen und einfach einbauen.
Die Tastatur hat wie bereits gesagt 88 gewichtete, (selbstverständlich) anschlagsdynamische Tasten, verschiedene Velocitykurven, acht frei definierbare Zonen und monophonen Aftertouch. Beim ersten anspielen war ich begeistert – die Tasten fühlen sich sehr hochwertig an, man kann die Anschlagsdynamik perfekt beeinflussen, nichts klappert oder verbiegt sich. Was etwas schade ist: Die Hämmer bestehen aus nicht wirklich dickem Kunststoff mit einem eingegossenen Gewicht, weshalb 4 Hämmer zerbrochen sind und die Gewichte im Keyboard herumlagen. Ersatzteile sind relativ teuer und die defekten Hämmer waren in der Mitte der Tastatur, weshalb ich diese durch Hämmer aus der höchsten Oktave ersetzte.
Das Roland A-90 wurde als normales Masterkeyboard ohne eigene Klangerzeugung und als Roland A-90 EX mit eingebautem Roland VE-RD1 Expansion-Board verkauft. Es gab übrigens mehrere Expansion Boards:
– VE-RD-1: 128 Sounds, 64-stimmig Polyphon (Hauptsächlich mit Piano-, Klavier-, E-Piano- , Orgel-, Synthesizer- und Streichersounds)
– VE-GS-1: 226 GS-Sounds, 28-stimmig Polyphon, 16-fach Multitimbral
– VE-JV-1: JV-Synthesizer
Jedes dieser Boards hat eingebaute Effekte: Chorus und Reverb. Um an das Expansion-Board zu kommen oder um eins einzubauen, muss die Abdeckung des LCDs abgeschraubt werden. Die Effekte klingen für meinen Geschmack gut, aber für mehr Einstellmöglichkeiten und Effekte würde ich eher auf ein externes Effektgerät oder Plugins zurückgreifen.
Ein Sound besteht aus maximal vier einzelnen Patches. Mithilfe der „Palette“, den vier Schiebreglern, oder den Bedienelementen unter „Data Entry“ lassen sich für jeden Patch verschiedene Parameter einstellen.
Die Anschlüsse und Bedienelemente des Keyboards sind, auch für ein Masterkeyboard, sehr üppig ausgefallen. Das Roland A-90 bietet 4 (einzeln abschaltbare) Midi-Ausgänge, 2 Midi-Eingänge, 1x Midi-Thru, Anschlüsse für ein Expression-Pedal, einen Lautstärkeregler, ein Sustain/Hold-Pedal, zwei Footswitches, zwei anderweitig verwendbare Pedale und einen Anschluss für einen Breathcontroller. Bei Verwendung eines Expansion-Boards stehen noch zwei Symmetrische Ausgänge (Stereo) und ein Kopfhörerausgang zur Verfügung. Zur Stromversorgung kann ein normales C7-Kabel verwendet werden. Die Midi-Ausgänge lassen sich einzeln über Taster auf der Oberseite ein- und ausschalten.
Sonstige Bedienelemente sind ein Roland-typischer Hebel für Pitch-Bend und Modulation und zwei normale, frei belegbare Räder links oben. Auch einige Taster zum Steuern eines Sequencers sind vorhanden. Im „Parameter Select“-Feld gibt es viele Einstellmöglichkeiten.
Mein Roland A-90 EX habe ich günstig über Ebay Kleinanzeigen bekommen. Laut dem Verkäufer wurde es in einem Studio in Österreich verwendet. Aber auch viele Bühneneinsätze hätten dem Keyboard garantiert nicht geschadet, dank der beschriebenen sehr guten und stabilen Bauweise.
Es ist mein Haupt-Keyboard geworden und ich spiele sehr gerne darauf, mit den vielen Midi-Ausgängen kann ich andere Keyboards und Rack-Module ansteuern und nach belieben ein- und ausschalten. Die Sounds des VE-RD-1 lassen sich sehr universell verwenden, teilweise fehlt es ihnen aber an Brillanz. Die vielen Funktionen verwirren anfangs, aber nach etwas Einarbeitung hat man einen guten Überblick.
Vielen Dank FlorianH für diesen tollen Beitrag :)
Kannte noch die Vorgänger A-50 und A-80. Die hatten mich wegen des polyphonen Aftertouch gereizt, war aber damals für mich nicht finanziell erreichbar.
Der A-90 ist aber an mir vorüber gegangen.
Die Bedienelemente sind ja auch sehr zahlreich. Kannst Du uns da deine Erfahrungen über die Nutzung mit externen Klangerzeugern mitteilen.
Also wie sinnvoll sind die heute noch zu nutzen. Sind die speziell auf Roland Geräte hin optimiert.
@enso-nick Falls du das A-90 meinst: Das ist m. E. nicht auf Roland-Geräte optimiert – es ist halt ein normales Midi-Keyboard mit extrem vielen Möglichkeiten.
Außerdem ist es ist auf jeden Fall besser als irgendwelche neuen Plastik-USB-Midikeyboards, und mit einem vernünftigen Midi-USB-Adapter auch heute noch problemlos einsetzbar. Ich kann mir gut vorstellen, dass es noch in einigen Studios als Masterkeyboard eingesetzt wird, zumindest spricht m. E. nichts dagegen.
Das mit kaputten Hämmern kann ich leider bestätigen.
Ich habe es mir damals neu gekauft und einige Jahre viel live gespielt.
Irgendwie beruhigend zu lesen, dass die Hämmer auch bei anderen kaputt gehen.
Ich dachte, es wäre mein zu kräftiger Anschlag.
Nachdem ich es- keine Ahnung- vielleicht fünf mal, ich glaube sogar öfter- habe richten lassen,
war ich so genervt, dass ich es verschenkt habe.
Seitdem habe ich mehrmals gelesen, dass es eine so tolle Mastertaste sein soll,
was mich mein Urteilsvermögen hat hinterfragen lassen.
Aber ganz ehrlich, ich habe es nicht bereut, das Ding weggegeben zu haben.
Im Gegensatz zu anderen Instrumenten :)
@storyplay Ebenfalls, da bin ich auch beruhigt… ;)
Das A-90 finde ich, bis auf diese Hämmer, auch super. Mal schauen, welche Probleme mein Exemplar mit der Zeit haben wird…
Wenn ich das so lese, kommt wieder der Frust hoch… Warum gibt es heutzutage keine vernünftigen Masterkeyboards mehr? Schwammige Velocity, kaum funktionierender oder nicht vorhandener Aftertouch vereint in einer billigen Plastikwanne. Unerträglich!
Ich hab sehr lange eine Korg 01/W Workstation aus Mangel an Alternativen benutzt. Gibt es heute noch gute Masterkeyboards die ich eventuell nicht auf dem Zettel habe (hauptsächlich für Synthesizer)?
@Atarikid Ging mir sehr ähnlich. Anfangs habe ich mich über gewichtete Tastaturen lustig gemacht, dann habe ich am Arbeitsplatz immer ein KX-88 gehabt. Auf einmal wollte ich auch eines. Hatte zwei davon, inzwischen findest du nur noch selten nicht abgerockte Teile. Also neue Suche.
Welche Tastaturen sind gut ausgestattet und gleichzeitig unsexy. Ich mag eigentlich keine Autovergleiche, wertet die Kisten nur unnötig auf, aber ich suchte sowas wie einen lila Jetta…. Ich bin auf das Kurzweil PC-88 gekommen, das fliegt komplett unterm Radar, eigentlich ein Piano, aber mit 88 gewichteten und aftertouchfähigen Tasten. 4 Fadern Anschlüsse für ein halbes Dutzend Pedale/Schweller ein prima Masterkey. Die eingebauten Sounds sind mir eigentlich egal, verwende sie trotzdem für ab und an blöd vor mich hinspielen. Lässt sich mit Stimmenerweiterungskarte aufrüsten und kostete so wenig, das Geld gebe ich für zwei, drei Einkäufe im Lebensmittelhandel aus.
Das Ding kostet nur so wenig, weil es ein Piano Surrogat ist, der etwa gleich gelagerte (von Tastatur/Ausstattung) K2500X kostet locker das Dreifache, nur weil er noch eine gute Tonerzeugung drin hat. Also suche einfach das lila Auto für konservative Käufer.
Danke für die gute Story. Ich habe meinen Roland A90 Ex während einer gewissen Zeit sehr intensiv auf der Bühne benutzt und mir haben die 4 Midi-Outs während der Performance sehr geholfen. Insbesondere, dass man diese durch Tastendruck einfach ein- und ausschalten kann.
Ich musste leider ebenfalls die Erfahrung mit den defekten Tasten machen, die ich dann ersetzen musste. Und ja, leicht zu transportieren ist er nicht, aber dafür war er abgesehen dieser Schwachstellen stets zuverlässig.
Hey, da kommen Erinnerungen hoch. Ich hatte für viele Jahre ein Roland A-90 EX mit der eigebauten VE-RD1 Erweiterungskarte, dadurch hatte ich ein Stage-Piano/ Synthesizer mit 64-stimmiger Polyphonie. Die 88 gewichteten Tasten mit der PA-4 Hammermechanik, einstellbarer Anschlagdynamik und Channel Aftertouch waren schon großartig. Gewiss, die Sounds waren von 1996 und klangen immer etwas alt, aber da ich den Roland Sound der 90er Jahre mochte, konnte ich damit lange leben. Leider hat sich dann das Roland A90 EX irgendwann von selbst aufgelöst – die Hammermechanik ging sukzessiv defekt und die Taster spielten irgendwann nicht mehr mit. Ich hatte lange überlegt, es beim Fachhändler reparieren zu lassen, entschied mich aber dagegen. Seitdem flog das A-90 raus und wurde gegen ein Kurzweil PC 3X ersetzt, welches ein gefühlter Quantensprung war. Das Kurzweil bleibt und für den warmen Roland-Klang hab ich noch ein gut ausgestattetes JV-1080 Synthesizermodul.
Hallo FlorianH,
danke für den guten Bericht über das A-90.
Vielleicht kannst du mir bei einem Problem meines Roland A-70 weiterhelfen, da ich nach zahlreichen Recherchen dieses Problem nicht lösen konnte. Der A-70 hat das gleiche Innenleben wie der A-90 nur halt mit halbgewichteten Tastern.
Ich steuere damit mein Arranger-Modul Ketron SD-90.
Mittels Aftertouch kann ich zwischen den Arrangern A-B-C-D umschalten. Dies funktioniert gut, da ich keine extra Buttons drücken muss um umzuschalten. Nun habe ich das Problem, dass das Umschalten mittels Aftertouch öfters unabsichtlich ausgelöst wird, da der A-70 auch bei leichtem/mittleren Druck schon Aftertouch-Werte von 127 sendet.
Gibt es eine Möglichkeit an dem Roland A-90/A-70 die Aftertouch-Empfindlichkeit einzustellen?
Ich kann dazu leider nichts finden. Mein Problem würde gelöst werden, wenn nur bei sehr starkem Druck auf die Tasten der Aftertouch-Wert 127 gesendet wird. Ein unabsichtliches Weiterschalten würde dann nicht mehr so schnell ausgelöst.
Für einen Tip wäre ich sehr dankbar.
Dieter