Wir trauern um Manfred Fricke
Einen Nachruf zu schreiben, fällt nie leicht, insbesondere wenn es sich dabei um einen persönlichen Freund handelt. Der Anruf mit der Mitteilung, dass Manfred Fricke am 17.06.2021 im Alter von 70 Jahren verstarb, traf mich wie der sprichwörtliche Hammer. Zumindest ist er laut seiner Familie sanft und friedlich entschlafen. Wenigstens das, denke ich mir, denn mit gesundheitlichen Problemen hatte er schon seit einiger Zeit zu kämpfen. Aber das hielt den Ingenieur nicht von seiner Arbeit ab. Ich habe meine E-Mails nochmals durchgeschaut und kann es kaum glauben, dass es gerade mal drei Monate her ist, dass er mir Überlegungen für neue Produkte mitgeteilt hat. Das sollte zwar nicht zuletzt auch dem Übergang der Firma dienen, da Manfred schon länger an den Ruhestand dachte, aber so richtig loslassen konnte er dann doch nicht.
Vor 20 Jahren hatte ich Manfred persönlich kennengelernt. Da begann er gerade nach einer rund 15-jährigen Pause, in der er sich anderen Gebieten zugewandt hatte, wieder Drum-Maschinen und Synthesizer zu bauen. Wir zwei Berliner teilten den gleichen Humor und haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden, auch wenn sich unsere generellen Sichtweisen auf Gerätekonzepte sehr unterschieden. Aber vielleicht war der Gedankenaustausch deshalb so lebendig und hielt über die Jahre an. Manfred war in erster Linie Ingenieur und dachte auch wie einer. Daher gab es bei vielen seiner Entwicklungen mitunter recht eigenwillige Lösungen.
Mich erstaunte dabei stets, wie er ein quasi fertiges Konzept, dann immer noch um ein paar Punkte erweitern konnte, weil ihm von verschiedenen Seiten Vorschläge gemacht wurden. Da wurde die Platine bis auf den letzten Millimeter ausgereizt, dem Prozessor noch ein paar Bits mehr entlockt und eine weitere Tasten-Kombi hinzugefügt. Und was hatten wir für Diskussionen über Tasten-Kombinationen! Einst Grund für graue Haare, jetzt möchte ich mich nur noch mit einem leisen Lächeln daran erinnern.
Für Manfred, der jedes Bauteil, jede Schaltfunktion stets vor dem geistigen Auge hatte, war das alles höchst logisch und praktisch. Die Mischung aus seiner leicht chaotisch Organisiertheit, einem uralten Rechner für das Platinendesign und seiner Sicht, was ein Musiker brauchen könnte und was nicht, ergab dann schließlich etwas, was man den MFB-Charme nennen könnte.
In den 80er-Jahren war MFB allerdings in erster Linie ein regionales Phänomen. Westberlins Insellage beschränkte den Verkauf auf die Stadt und wenige Händler in Westdeutschland. Im Ausland blieb die Marke weitestgehend unbekannt. Und auch ein paar Kilometer weiter hinter die Mauer verirrte sich nur selten ein MFB-Drummy. Meine erste Begegnung mit solch einer Rhythmusmaschine, die ich gebraucht erwerben wollte (ich glaube es war eine 512), löste jedenfalls mit der binären Eingabe keine echte Begeisterung aus und der Verkäufer konnte mir das Teil auch nicht richtig vorführen, weil er mit der Bedienung ebenso wenig klarkam.
Die klare Prämisse, die sich Manfred von Anfang an selbst gestellt hat, war es, günstige Geräte zu bauen, die sich jeder Musiker leisten konnte. Zu seiner Anfangszeit traf er mit seiner Drum-Maschine 301 – und besonders mit dem Nachfolgemodell 501 – voll ins Schwarze. Wer sich Roland, Linn oder Korg nicht leisten konnte, fand in den MFB-Maschinen eine Alternative. So verhalf Manfred nicht eben wenigen Musikern zu ihren ersten Erfahrungen mit elektronischer Musik und analogen Drums. Vor zwei Jahren (ist es wirklich erst zwei Jahre her?) führte ich mit Manfred ein Interview zu seinem 40-jährigen Firmenjubiläum. Da berichtete er ausführlich über diese Epoche. Bitte schaut euch diesen Artikel an.
Als Manfred anlässlich dieses Jubiläums eine Sonderauflage der MFB-301 als Pro-Version, ankündigte, hatte nicht nur ich Zweifel, ob das Gerät akzeptiert werden würde. Doch der Drummy war in wenigen Tagen komplett vergriffen und Manfred hatte schon bald darauf die Pläne für die MFB-501 Pro zur Hand!
Nach seinem Ausflug in den Videobereich kehrte Manfred Anfang der 2000er zum Musikbereich zurück. Für die neuen Entwicklungen fand er nach und nach Leute, die ihm Input gaben, Aspekte von Studio- und Live-Anwendern einbrachten und ihn später auch ermutigten, etwas mehr auf Wertigkeit zu setzen. Gab es für die ebenso umfang- wie auch erfolgreiche Zwergen-Serie sowie einige Drum-Maschinen noch PVC-Standardgehäuse aus dem Großhandel, wurden später solidere Geräte gebaut. Und die verkauften sich zu Manfreds Überraschung nicht weniger gut, speziell der Dominion 1 war so stark nachgefragt, dass die Produktion nicht mehr hinterherkam. Ich denke jedoch, dass die „Vorarbeit“ der preiswerten Maschinen hier den Weg nicht unerheblich geebnet haben. Und immer, wenn ein Gerät, wie zum Beispiel die Drum-Maschine MFB-522, eine magische Marke in der Auflage geknackt hatte, gab es bei Frickes eine gesellige Gartenparty – die dann jedoch in fachgesimpelten Gesprächen endete ;-)
Und nun ist mein Freund Manfred nicht mehr da.
Aber mit MFB wird es weitergehen, wie Jean-Marcel Fricke, der Sohn von Manfred, mitgeteilt hat. Er hatte bereits auf vergangenen Messen MFB repräsentiert. Natürlich wird es eine Zeit des Überganges dafür brauchen, doch die Partner von Manfred werden weiterhin zu der Marke stehen.
Vielen Dank für ihren Beitrag zur elektronischen Musikkultur. Mit viel Witz und Ideenreichtum haben sie stets versucht alle Schichten der elektronischen Szene zu erreichen. Man wird sie nicht vergessen.
Ich wünsche ihnen, Herr Fricke, eine gute Reise.
oh nein :( ruhe in frieden und viel kraft für die familie! ich werde heute noch meinen tanzbär anschmeißen!
Das tut mir sehr leid. Er war ein Pioneer und ist eine Legende in der Branche. Meine erste Drummachine war von Fricke. R.I.P.
Ich habe es bei CDM gesehen und gar nicht geglaubt. Jetzt ist es traurige Gewissheit. Ruhe in Frieden.
Oh nein. RIP! Kein Tag vergeht ohne den Tanzbär :-)
Vielen Dank für die viele schönen Instrumente !!
<3
HvR
Ich hatte das Glück Manfred kennen zu lernen, der Nachruf trifft es auf den Punkt. Ich bin sehr traurig und möchte seinen Angehörigen mein tiefstes Mitgefühl aussprechen. Ich hoffe Jean-Marcel kann sein Vermächtnis weiterführen. Ein Teil von Manfred lebt in meinem Studio weiter …
:-(
:-(
Ruhe in Frieden, Manfred! Ein Teil von Dir lebt in vielen Studios weiter.
Vor einigen Monaten konnte ich mir mit dem Kauf eines gepflegten Dominion1 einen Traum erfüllen. Ich war (und bin!) so begeistert vom diesem wohlklingenden, musikalischen Synth, den ich seit Nick Batts Test nie aus dem Kopf bekam. Wie toll, wenn kleinere Hersteller mit so viel Liebe und Know-how Musikinstrumente bauen. Schön, ein Stück von MFB im Studio zu haben. Ich finde es sehr traurig, heute von Manfred Frickes Tod zu lesen. RIP!
Der MFB-Synth Lite II war 2004 nach vielen Jahren digitaler Teile mein zweiter monophoner Analog-Synth (nach dem MS-10), den ich dann 2009 mit dem MFB-Step64 paarte. Beide sind immer noch im Einsatz, und der Microzwerg Mk II ist seit 2009 meine bessere MS-20-Alternative. In meinem Eurorack finden sich ebenso einige MFB-Module.
MFB war lange vor Behringer besonders für die weniger betuchten Leute die beste Möglichkeit, gut klingende Instrumente zu erwerben. Dabei wurde nirgendwo kopiert, auch wenn ich meinen Synth Lite II lange für meine beste Moog-Annäherung hielt…
Zuletzt hatte ich noch den Nanozwerg Pro wiederentdeckt als nach meinem Kentnisstand vielfältigste kompakte Synthvoice im Modularformat – und natürlich kann ich mich nur den Vorrednern anschließen: wir werden weiter die zeitlosen Klassiker spielen und die Erinnerung an MFB am Leben halten.
Danke auch für den schönen Nachruf.
Och nee … ach … Mensch … das tut mir jetzt echt Leid.
Ich kannte Herrn Manfred Fricke nicht und besitze auch keines seiner Instrumente. Und trotzdem trifft auch mich die Nachricht – hier durch den wundervollen Nachruf bei Amazona – wie ein Hammer. In der Aufzählung der Top-Synthesizer unter Freunden hat MFB bei mir nie gefehlt.
Alles Gute für Herrn Jean-Marcel Fricke!
R.I.P.
Ich hatte die 80er über eine 501. Die gefiel mir sehr gut. Schade um diesen Einzelkämpfer.
Der MFB Synth 1 hat mich zum Fan gemacht… Manfred R.I.P
Peter Zinovieff ebenfalls, einer der ganz grossen Synth Developer
Manfreds Tod stimmt mich sehr traurig. Ich habe ihn als netten und liebenswert-nerdigen Menschen kennengelernt. Ich wünsche seiner Familie alle Kraft, die sie jetzt braucht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Jean-Marcel das Vermächtnis seines Vaters weiterführt. MFB ist eine sehr sympathische Marke, ebenso wie Manfred es war.
Möge er in Frieden ruhen. Danke für die tollen Instrumente.
… und wieder eine traurige Nachricht aus dem Kreis der Synth-Entwickler; zu viele in den letzten Monaten …
Mein Beileid gilt der Familie, Angehörigen und Freunden. Jean-Marcel Fricke wünsche ich besonders die Kraft und Zuversicht, das Unternehmen weiter zu führen.
Danke auch an „der Jim“ für diesen Nachruf mit den persönlichen Noten.
Hinter Namen wie der „Zwergenfamilie“ und dem „ambitionierten DIY Charme“ der Geräte steckt immer sehr viel Liebe zum technischen Detail und praktischem Nutzen. Da sind teils features drin, die man sich bei manchen Synth’s der großen Hersteller wünschen würde.
Herzlichen Dank Manfred Fricke für all die schönen Instrumente und wunderbare Unternehmensphilosophie!
Ruhe in Frieden!
Ich möchte mich den Vorrednern anschliessen. Kann es nicht besser in Worte fassen.
r.i.p
Ach je, was für ein trauriger Tag. 70 ist doch kein Alter!
Ich erinnere mich noch an die winzigen schwarzweiß-Anzeigen von MFB in Riebes Fachblatt, dem „Vorgänger“ der KEYBOARDS. Und weiß noch, wie ich mich fragte, wie man den je programmieren soll. Dafür war der Preis ein Oberhammer. Sah eher nach Hobbythek aus, muss aber für viele Leute ein echter Geheimtipp gewesen sein. Muss glatt mal gucken, ob ich die alten Testberichte noch irgendwo habe …
Umso mehr habe ich mich gefreut, dass Fricke so einen fulminanten Neustart hingelegt hat. Auch in meinem Eurorack tummeln sich ein paar seiner Module.
Ich wünsche seiner Familie viel Kraft und seinem Sohn den Biss, die Firma weiterzuführen.
70 ist heutzutage wirkich noch kein Alter – R.I.P. MF
ohje, ruhe in Frieden lieber Manfred.
Meine erste Fricke Box war der Sequenzer 601, 1985 ungefähr angeschafft. Dann war da noch eine 501 drumbox, ein nanosynth oder ähnlich mit grandiosem sound, leider verkauft. Heut hab ich nur noch einen Schlagzwerg, den ich sicher nicht hergebe! Hab ihn außer am Telefon nicht persönlich kennengelernt, aber er hat mir tatsächlich kostenfrei den Schlagzwerg repariert und sogar das Porto gezahlt. So ein guter Mensch! Wieder ist eine wahre Legende von uns gegangen.
Viel Kraft und Erfolg in der Zukunft JM! Hoffe es wird weiter gehen.
„Love and mercy to you and your friends tonight.“ (Brian Wilson)
Manfred Fricke — der Erfinder des Verbs „frickeln“ und Urvater der „Frickelelektronik“.
Danke dafür.
Schade.
Ruhen Sie in Frieden Herr Fricke. Und grüssen Sie den Bob von uns. Vielen Dank
Da kommt man aus dem Urlaub und geht die News der letzen Wochen und dann liest man sowas!
MF, einer der aussterbenden Art. R.I.P.
Ich bewundere auch diesen tollen etwas unkonventionellen und genialen ingenier!
Seine mfb 512 war damals der absolute oberknaller, und er was so symphatisch und geduldig wegen meiner dummen fragen bezüglich der versorgungsspannung
meines synth II Er ist und bleibt in unseren herzen und seine klänge bleiben!
Andreas
Werde meinen Eurorack Nanozwerg in Ehren halten.
Alles gute für Marcel.