Einfach unwahrscheinlich
Eine sehr spezielle Funktion verbirgt sich hinter den „probability based gate bursts“. Dieser bewirkt, dass die Note manchmal nur einmal angespielt wird oder auch zwei- oder viermal in der gleichen Zeit getriggert wird. Zusammen mit dem Random-Note-Trigger ergibt das eine sehr erratische CV-Quelle, die z.B. für Noodles (algorithmische Komposition, siehe zweiter Abschnitt hier) gut einzusetzen ist. Über die globale Setup-Einstellung kann man die Burst komplett (de)aktivieren und die benutzten Notenlängen auswählen – entweder nur halbe Noten, halbe und viertel oder halbe, viertel und achtel Noten
Im Arpeggio-Modus verhält sich der Pressure-CV anders als in den beiden Modi zuvor. Einmal gedrückt, kann der CV-Wert durch Veränderung des Drucks eben nicht mehr geändert werden, es zählt der Druck, der beim Anschlag aufgebaut wurde. Auch die Key-Funktion bietet mehr Optionen. Eine Notentaste, nur leicht betätigt, transponiert das Arpeggio und das abhängig von der ersten gespielten Note. Beginnt es beispielsweise auf der Note A, so wird es durch Key-Note G zwei Halbtöne nach unten transponiert. Daher ist es wichtig zu wissen, welche Note am Anfang gewählt wurde, um auf das ursprüngliche Arpeggio zurückzukommen. Ein festerer Druck generiert den Stottereffekt, wieder in zwei-, vier- und achtfacher Clock-Geschwindigkeit. Ein Manko ist, dass es keine Reset-Funktion für den Arpeggiator gibt. Stoppt man ihn, so setzt er bei der nächsten Note wieder ein und nicht bei der ersten.
Spurenleser
Der Sequencer wirkt zunächst recht simpel. Die Steps werden nacheinander im Ruhemodus eingegeben. Eine Sequenz kann 64 Steps enthalten und es können insgesamt vier Sequenzen über die Preset-Taster (Edit+Preset 1-4) gespeichert und aufgerufen werden. Dabei wird die laufende Sequenz zu Ende gespielt, bevor die nächste einsetzt. Vorwärts, rückwärts und random sind die möglichen Laufrichtungen, deren Umschalten auf der Stelle geschieht, es wird in diesem Fall nicht das Ende der Sequenz abgewartet. Über den Edit-Button erreicht man auch die Note-Shift-Funktion, die die Sequenz schrittweise nach vorne oder hinten verschiebt. Wie beim Arpeggiator auch, können die Probability Bursts aktiviert werden und beide CV-Channel ein oder zwei Oktaven voneinander transponiert werden.
Programmiert wird im stehenden Betrieb, sofern der Record-Button aktiv ist. Das Einspielen einer Sequenz ist nicht vorgesehen, die kleinste Step-Einheit ist dabei eine Viertelnote. Das scheint schon sehr rudimentär und so gibt es für die Steps sechs verschiedene Modifier, die beim Programmieren über die oberen Touch-Flächen ausgewählt werden können. Hier ein Auszug aus dem sehr detaillierten Handbuch, das als PDF von der Homepage geladen werden kann:
- trigger 1 – No retrigger between notes.
- trigger 2 – Bend pitches between notes.
- preset 1– 40ms trigger (default).
- preset 2 – Longer 7/8 beat length trigger.
- preset 3 – Double trigger note.
- preset 4 – Quad trigger note.
Mit Hold kann man Pausen in der Sequenz einlegen. Pressure wird auch verarbeitet und spiegelt die Anschlagsstärke beim Eingeben wieder.
Die Sequenzen werden direkt im Speicher abgelegt und bleiben auch nach dem Ausschalten erhalten. Eine Editiermöglichkeit gibt es jedoch nicht. Versetzt man die Sequenz mit Rec erneut in Programmierbereitschaft, wird die vorherige Sequenz überschrieben. Auch eine Möglichkeit, den Inhalt extern zu speichern, gibt es nicht. Über den Key-Button erreicht man wieder Transpose und Stottereffekt, wenn die Sequenz abgespielt wird.
Da geht noch mehr
Als wäre das nicht genug, können auch die Preset-CV-Werte sequenziert abgespielt werden. Über Edit-Button + Preset-Button + Preset-Fläche wird der normale Modus ebenso ausgewählt wie ein zyklischer, der mit der Clock-Geschwindigkeit vorwärts, rückwärts oder zufällig durch die Presets läuft.
Auch die Trigger-Pads können verschiedene Aufgaben übernehmen. Nicht nur dass sie als Gate/Latch/Trigger-Signale an die Trigger-Buchsen schicken, sie können auch die Random Bursts und Clock-Divider ausgeben. Ein besonderer Modus ist Pitchbend. Ist er aktiviert, dient das Trigger-Pad als Pitchbend für die beiden Keyboard Modi (+/- 2 HT) und für den Sequencer-Modus; für das Arpeggio haben sie keine Funktion. Der Clou: Beide Pads können unabhängig voneinander belegt werden.
Dann doch noch lieber ein Arturia Keystep für 129.- mit Velocity, Pitchbend und Modulationsweehl. 8 stimmigen Poly-Sequencer + Arp. 2 Okt. Keyboard. Aber die Pittsgurke sieht gut aus und passt ins Rack.
„Da das ganze System auf einer Arduino Mega basiert, die lustig hinten angeflanscht ist, kann man wohl auch mit Updates rechnen, die die eine oder andere Funktion nachliefern könnten.“ – In einer Shop-Präsentation der Lifeforms-Module hat Richard von Pittsburgh Modular klargestellt, dass nachgelieferte Updates nicht so ihr Ding sind. Wenn der Funktionsumfang und das Userinterface definiert sind, wird auch nichts mehr geändert. Ich mag den Ansatz. Was passiert, wenn man ein limitiertes Interface mit Funktionen vollstopft, hat man beim MAQ 16/3 gesehen. Man darf gespannt sein, wie sich PGH weiter entwickelt. Zuletzt haben sie ihr Lifeforms-Ökosystem bevölkert und keine klassischen Module mehr veröffentlicht.
Passend zum Tag der Deutschen Einheit: „probability based gate bursts“ – wunderschön. Sowas kann ein KeyStep natürlich nicht.
Ein Gesuch, etwas „off-topic“:
Kennt jemand eine fertige Tastaturlösung, die sich in ein 19Zoll-(Winkel-)Rack schrauben lässt? Ich denke an 36 (Mini-)Tasten auf z.B. 3HE, ähnlich der Tastatur im microKORG oder diversen Controllerkeyboards, aber mit echtem MIDI-Ausgang, gerne einem oder zwei Wheels oder Knöppen (bei weniger Tasten natürlich).
Ich möchte gerne alsbald einen Racksynth mit auf Tour nehmen und auch „im Rack spielen“, den SE-1X, aus dem auf diese Weise ein Art „Minimoog für Arme“ werden soll.
Gibt/gab es so etwas jemals zu kaufen?
Muss ich mir ein abgesägtes Controllerkeyboard ins Rack kleben?