Auf spektralen Pfaden der KI
Mit Steinberg Spectral Layers Pro 8 läuten die Hamburger die achte Runde des Spektral-Editors ein. Entwickelt von Divide Frame begann er sein Dasein im Vertrieb von Sony und fand über Magix den Weg in die Hansestadt zu Steinberg. Diese Version ist bereits das dritte Update, das in Hamburg verantwortet wird. Angepriesen wird Steinberg Spectral Layers Pro 8 mit KI-Processing der zweiten Generation mit der ‚menschlichen Note‘, das sollten wir uns ansehen.
First Look: Steinberg Spectral Layers Pro 8
Der erste Eindruck ist unauffällig: Steinberg Spectral Layers Pro 8 wird mit dem hauseigenen Download-Assistenten installiert. Das funktioniert für (halbwegs) aktuelle Windows-Rechner und natürlich für die (aktuelle) Apple-Welt problemlos. Apple silicon–based Macs werden noch nicht nativ unterstützt, man greift hier noch auf Rosetta 2 zurück. Zu erwarten ist jedoch, dass der native Support in absehbarer Zeit kommen wird. Bei den Systemanforderungen ist Spectral Layers sehr genügsam.
Zwischen den Versionen
Der Spektral Editor findet in zwei Versionen den Weg über die Ladentheke: als Steinberg Spectral Layers Pro 8 und als Spectra Layers Elements 8. Steinberg Cubase Nutzer:innen bekommen mit ihrem Sequencer bereits Spectral Layers One. Zwar hatte man die Namenszusatz One bei Steinberg bereits gestrichen (Groove Agent One etc.), jedoch erlebt dieser hier ein Revival. Die bei Cubase (und Nuendo) mitgelieferte Version kann allerdings nicht upgegradet werden, schade. Magix legt in der aktuellen Version des Sequencer-Riesen Sequioa Spectral Layers noch in der Pro Version bei.
Die genauen Unterschiede der Versionen führt Steinberg auf seinen Seiten recht detailliert aus.
Unmix in Steinberg Spectral Layers Pro 8
Die Funktion Unmix ist in Steinberg Spectral Layers Pro 8 keine vollständig neue Angelegenheit, soll aber deutlich verbessert worden sein. Die in Cubase und Nuendo mitgelieferte Version (ebenso wie die Elements-Variante) erlaubt nur, die Stimmen freizustellen / zu entfernen, erst die Pro-Version bietet den kompletten Unmix.
Auch in dieser Version ist Unmix noch hinter den Rebalance-Funktionen in RX8 anzusiedeln, aber der Abstand ist erheblich kleiner als noch am Anfang. Je nach Material kann die Software von Steinberg sogar Augenhöhe mit RX8 herstellen und in einigen Fällen liefert es sogar leicht bessere Ergebnisse. Die richtige Tendenz! Wenn es um das Neubalancieren einer Mischung geht, fällt der Abstand zwischen Spectral Layers und RX8 praktisch gar nicht (so sehr) ins Gewicht; gut gemacht.
Ein Beispielsong bearbeitet mit Spectral Layers 8…
… und mit iZotope RX8 (vom damaligen Testbericht):
Was nicht passt wird passend gemacht: Umgebungsübereinstimmung
Eine Neuerung in Steinberg Spectral Layers Pro 8 ist die Funktion Ambience Match. Damit können Umgebungsgeräusche (und auch Störgeräusche etc.) aus einer anderen Aufnahme in eine neue Aufnahme integriert werden. Diese Option geht über das simple Kopieren von Sound-Schnipseln hinaus.
Dieses Werkzeug ist besonders für Produktionsphasen wie ADR interessant: So kann der Location-Ton an den Studio-Ton angepasst werden. Zwar konnte man ähnliche Effekte auch auf andere Art und Weise erreichen, Steinberg Spectral Layers Pro 8 bietet hier aber eine sehr einfache und komfortable Möglichkeit, die auch gute und sehr gute klangliche Ergebnisse ermöglicht; sehr schön!
Leider wird mit Ambience Match nicht wirklich die vorher gelernte Atmo in die gewählte Aufnahme integriert, sondern eine Ambience kreiert, die der zuvor erfassten ähnelt. Im Hörbeispiel ist dies sehr gut zu erfassen. Zunächst der Sprecher, dann die Atmo und zuletzt das Ergebnis:
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Mit EQ-Match kommen Erinnerungen an den alten Steinberg Free Filter wieder hoch, der vor fast 20 Jahren den VST-Markt aufmischen sollte: Steinberg Spectral Layers Pro 8 kann den Frequenzgang einer Audiodatei lernen und diesen dann auf eine Zieldatei übertragen.
Eine interessante Funktion fürs Mastering eines Albums oder um (bspw. in der Post Pro) akustische Gegebenheiten aneinander anzupassen. In Punkto Bedienbarkeit und Klangergebnis lässt Steinberg Spectral Layers Pro 8 den Free Filter weit hinter sich und dürfte auch Marktbegleitern deutlich machen, wie es geht. Der Beispielsong mit EQ-Match und Ambience-Match einer alten Schellack-Platte aus den 1930er Jahren:
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Steinberg Spectral Layers Pro 8: Bleeding
Das Bleeding – der Crosstalk vom Kopfhörer ins Gesangsmikrofon – und simpler Crosstalk (auch Spinning Over) können den „perfekten Take“ ruinieren: Wenn auf der Gesangsspur auch noch deutlich das Playback zu hören ist, was vom Kopfhörer in das Gesangsmikrofon abstrahlt, wird die gezielte Bearbeitung der Gesangsspur eben deutlich schwerer. In Steinberg Spectral Layers Pro 8 ist mit De-Bleed eine Funktion ins Portfolio gekommen, die diesem Problem ein Ende macht.
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Ganz ist Bleeding nicht zu beseitigen, da macht auch Steinberg Spectral Layers Pro 8 keine Ausnahme. Jedoch ist diese Funktion immer sehr deutlich besser als die reine Arbeit mit Gate und EQ. Der Vergleich mit Mitbewerbern ist hier schwierig, da die Ergebnisse stark vom verwendeten Ausgangsmaterial abhängen.
Reverb Reduction
Auch die Funktion den Raumklang (Hall) aus einer Aufnahme zu entfernen ist nicht neu in Steinberg Spectral Layers Pro 8 . Allerdings soll hier eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Vorgängerversion erreicht worden sein, der KI sei Dank.
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Ich empfinde den Sprung von Version sieben zu acht zwar als bemerklich, aber eben nicht als Quantensprung. Im Vergleich zu bspw. dem Plug-in von SPL DeVerb (ohne KI) und iZotope RX8 macht Steinberg Spectral Layers Pro 8 eine gute Figur: Bei vielen Anwendungen lieferte Spectral Layers ein besseres Ergebnis als die genannten Mitbewerber, bravo. In den Audiobeispielen (immer unbearbeitet, mit Spectral Layers Pro 8 bearbeitet und danach mit iZotope RX8 bearbeitet) kommt das nicht so klar zum Vorschein:
Und was gab es sonst noch in Steinberg Spectral Layers Pro 8?
Der Voice Denoiser wurde ebenso renoviert. Hier kann Steinberg Spectral Layers Pro 8 sich auch nicht an die Spitze der Werkezuge setzen, holt aber deutlich auf. Mit dem Pendant aus RX8 ist Voice Denoiser durchaus vergleichbar, aber mit Dialog Isolate in iZotope RX8 kann es diese Funktion leider noch nicht aufnehmen.
Hier ein Sprachbeispiel mit Stadtatmo (direkt aufgenommen, keine Montage). Zunächst unbearbeitet, dann mit Spectral Layers und RX8 (Voice Denoise und Dialog Isolate) bearbeitet:
Der Pattern Finder in Steinberg Spectral Layers Pro 8 erkennt auch komplexere Muster im Obertonspektrum. Sogar das automatische Wählen der Obertöne ist möglich. Der ARA2-Support wurde auch auf Vordermann gebracht. Liessen sich zunächst keine verschiedene Spectral Layers Projekte innerhalb einer Sequencer-Session unterbringen, ist dies nun problemlos möglich. Die Clipping-Reparatur wurde ebenso verbessert.
Die Praxis mit Steinberg Spectral Layers Pro 8
Der Workflow hat sich mit dem Update nicht wesentlich verändert. Das ist zum einen gut, da bereits gelernte Shortcuts und Maus-Wege zu Menüpunkten nicht neu gelernt werden müssen. Zum anderen ist hier noch Optimierungsbedarf in Steinberg Spectral Layers Pro 8. So hatte man bspw. in WaveLab mit dem letzten Facelift alte Zöpfe im Workflow abgeschnitten, jedoch damit eine deutlich bessere Oberfläche für Nutzer:innen geschaffen. Ein solches Redesign würde auch Sepctral Layers gut zu Gesicht stehen. Apropos WaveLab: Die Integration in den hauseigenen Wave Editor ist mit unterirdisch noch sehr wohlwollend beschrieben. Das mag an der in WaveLab noch nicht vorhandenen ARA-Unterstützung liegen und ist somit kein Punkt, den man Steinberg Spectral Layers Pro 8 ankreiden könnte. Allerdings kommen beide Programme aus dem gleichen Haus: Steinberg, das könnt Ihr besser.
Richtig punkten könnte man hier, wenn Spectral Layers und WaveLab eng verschmolzen werden könnten, und auch Batch-Prozesse aus WaveLab auf das Spektralwerkezug zugreifen könnten.Die VST 3-Anbindung aus Spectral Layers Pro 8 ist leider nicht verbessert worden. Zum einen sind einige Plugins, die aus Cubase, Nuendo und WaveLab bekannt sind nicht nutzbar (bspw. Frequency), zum anderen lässt sich die Selektion nicht mehr ändern, wenn das Pluginfenster einmal offen ist. Die gesamte Anbindung wirkt nicht wie „auf der Höhe der Zeit“ und hätte einen Facelift notwendig gehabt.
Interessantes Tool, besonders das Unmix, zum Noten raushören.
Wenn es noch eine Funktion gäbe, den schrecklichen Genderunsinn aus dem Artikel zu filtern…
Liest sich einfach grausam.
Schrecklich? Grausam? Unsinn? Mir scheint, hier werden gerade Mück:innen zu Elefant:innen gemacht… Oder meinst du die Verwendung des Maskulinität suggerierenden Begriffs „Kopfhörer“ zur Bezeichnung eines geschlechtslosen Dings?