Umfassender VA-Synthesizer für iOS, AUv3
Im April 2012 brachten Yonac den „dual-polyphonen“ (duo-timbralen) Synthesizer Magellan heraus, der für die damaligen Verhältnisse ein Meilenstein war, was iOS-Musik-Apps betraf.
Danach folgen 8 Jahre kostenlose Software-Unterstützung bis zur Version 5 im Jahr 2018. Seitdem wurde es still um das Urgestein und mittlerweile mag der alte Magellan auch nicht mehr so richtig mit iOS 13+ funktionieren.
Abhilfe gibt es nun mit Magellan 2, einem grundlegenden Re-Write des Synthesizers für AUv3-Support, MPE-Unterstützung, iPhone-Kompatibilität und zahlreichen Interface-Verbesserungen. Da die App als ein neues Produkt eingeführt wird und die alte Version nicht einfach aus dem iOS-App-Store entfernt wird, ist hier durchaus positiv zu bewerten.
Yonac Magellan 2: AUv3
Die erste große Neuerung, die einem auffällt, ist das AUv3-freundliche 1-Seiten-Design. Musste man bei V1 noch allein für die Synthesefunktionen zwischen drei Panelen pro Synthesizer umschalten, so ist bei Magellan 2 nun alles auf einer großen, scrollbaren Seite untergebracht, die sowohl in Landschafts- als auch im Portraitorientierung darstellbar ist. Man kann zwar lässig, mit dem Finger über die Seite rollen, aber über die Kopfleiste lässt es sich noch einmal so komfortabel zu den einzelnen Sektionen navigieren.
Die zweite große Neuerung, ist das Wegfallen der Dual-Timbralität. Version 1 bot zwei komplett unabhängige Synthesizerinstanzen, die über zwei On-Screen-Keyboards oder per Core-MIDI getrennt voneinander gespielt werden konnten. Das war 2012 ohne Audiobus, IAA und sonstige Multitasking-Hilfen schon ein extrem praktisches Novum. Da mit AUv3 jedoch beliebig viele Instanzen in den diversen iOS-DAWs aufgerufen werden können, ist dieses Feature aber überflüssig geworden.
SPAWN – Sounds per Zufall
Die dritte große Neuerung ist der massive Ausbau der Spawn-Funktion. Spawn dient zum KI-basierten, wahrscheinlichkeitsgesteuerten Erzeugen neuer Klangpresets und ist daher ein wertvolles Werkzeug zur Ideenfindung.
War Spawn in Magellan noch in den Preset-Browser integriert mit rudimentären 4 Kategorieparametern zur Anpassung, sind es bei Magellan 2 nun 15 Parameter und 3 Algorithmen, mit denen sich Klänge nach Gefühl erzeugen und mutieren lassen.
Der Yonac Magellan 2 Sequencer
Auch der Sequencer wurde überarbeitet. Statt 8 Tracks x 16 Steps oder 4 Tracks x 32 Steps, die bei Version 1 jeweils einer der beiden Instanzen zugewiesen können, sind es nun generell 4 Tracks mal 32 Steps für eben nur eine Instanz. Die Bedienung des Sequencers wurde auch vereinfacht und optimiert und natürlich lassen sich die Sequenzen auch immer noch als eigene Presets getrennt von den Sounds laden und speichern.
Magellan 2 Software-Synthesizer
Soviel zu den auffälligen Neuerungen, schauen wir uns die einzelnen Features noch einmal genauer an. Im Interface wurde einiges umgestellt, so dass es nicht ganz einfach ist, die alten Funktionen wiederzufinden. Aber es scheint alles da zu sein und manchmal ein bisschen mehr. So wurde z. B. die FM-Möglichkeiten in eine komplett eigene Sektion ausgelagert und erweitert und eine neue Maximizer-Sektion ist auch zu finden.
Magellan zählte von Beginn an zu den umfassendsten virtuell analogen Synthesizern auf dem iOS-Musikmarkt und daran hat sich auch mit Version 2 nicht viel geändert. Am Moog-Design orientiert, bietet er für die Klangerzeugung drei unabhängige Oszillatoren mit Sinus, Dreieck, Sägezahn, invertierten Sägezahn, die markante „Haifischflosse‟ und Pulsschwingung zu Verfügung, wobei Osc 3 nur eine 1/2, 1/3 und 1/6 Pulsschwingung bietet. Die Signale der Oscs 1 und 2 sind frei oder synchron schwingend und werden ganz Moog-like zuerst im Lautstärkemischer summiert, bevor es weitergeht. Unison und Rauschfarben dürfen natürlich nicht fehlen.
In der FM-Sektion kann Osc1 durch Osc2 ringmoduliert werden und der Countour-Parameter kommt auch selbst mit seiner eigenen Hüllkurve und erweiterter Mixerfunktion daher. Das klangliche Ergebnis lässt sich nach Belieben zum Osc-Summensignal dazumischen.
Die zwei Filter bieten insgesamt zwölf Variationen von Hoch-, Band- und Tiefpass inklusive einer Notch- und einer Formant-Variante. Zwei LFOs, die nun bis 30 Hz (anstatt 20 Hz) reichen, können auf jeweils vier Ziele gleichzeitig angewendet werden. Unter den 16 möglichen Zielen befindet sich Osc- und Filter-Kombinationen, FM, Ring-Mod, LFO und Pulsbreitenmodulationen. Ein sehr schönes Detail ist, dass bereits verwendete Ziele aus der Liste ausgeblendet werden. Die LFO-Frequenz kann dem Keyboard-Tracking folgen und auf Wunsch BPM-synchron laufen.
CTRL, XY, ARP, CHORDS
Ein sehr schönes Feature ist der Chord-Maker. Hier kann exakt festgelegt werden, welcher Akkord beim Drücken einer einzigen bestimmten Note auf dem Keyboard gespielt wird. Bis zu drei Teilnoten können im Chord-Maker hinzugefügt werden. Leider lassen sich die Akkordfolgen nicht mehr separat abspeichern und es gibt nur noch Werkspresets für die Tonarten. Als (schwachen) Ausgleich gibt es dafür einen Lock-Taster, der die Akkorde auch bei Preset-Wechseln beibehält.
Die Effekte des Magellan 2
Die Effektsektion ist soweit geblieben und bietet die sechs Effekte aus der alten Version: Reverb, Delay, Distortion, Phaser, Flanger, Chorus, einen parametrischen 6-Band-EQ und einen Kompressor. Die Kopfleiste dient hier nicht nur zur Navigation, sondern auch zum Umstellen der Effektreihenfolge in der Signalkette per Drag-and-Drop.
Etwas schade ist, dass Magellan 2 nicht mehr als Insert-Effekt unter Audiobus/IAA zur Verfügung steht, aber ich denke, da stehen inzwischen genügend alternative AUv3-Effekte zur Auswahl.
Ebenfalls geblieben und aufgehübscht wurde die interne Aufnahmefunktion mit Metronom, die sowohl aufnehmen als auch abspielen kann.
Zuletzt gibt es noch die Voreinstellungen. Einige Einstellungen wie Tuning, Unison, Polyphonie und Panorama sind in das Synth-Hauptpanel und in die Osc-, CTRL/XY-Sektionen abgewandert, andere wie die MPE-Einstellungen und die Audio-Performance sind neu hinzugekommen. Was geblieben ist, sind die umfangreichen MIDI-Einstellungen wie separate MIDI-Kanäle und eine erschöpfende, separat speicherbare MIDI-Map und -Learn-Funktion.
Audiovergleich und Preset-Import zum Magellan 1
Für den Import von Presets und Banken von Magellan wurde der „Magellan-Translator“ in Version 2 integriert, der die Ursprungs-Patches mit maximaler Akkuratheit in die neue Struktur überträgt. Der Import geschieht am einfachsten über E-Mail aus Magellan heraus. Einfach den Anhang antippen und in der Dateien-App Magellan 2 auswählen. Schon sind die Patches in der neuen Version verfügbar.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich Klangunterschiede feststellen lassen. In dem Beispiel Neon Vandy habe ich ein Beispiel desselben Patches (ohne Effekte) aus Magellan und Magellan 2 aufgenommen. Die Version 2 empfinde ich als lebendiger. Ob das allerdings nur auf die Parameterunterschiede zurückzuführen ist oder auf eine verbesserte Engine, vermag ich bisher nicht zu sagen.
Magellan 2 ist weitgehend selbsterklärend, sollten dennoch Fragen aufkommen, lässt sich in der App und von der Homepage ein soweit gut geschriebenes, englischsprachiges 41-seitiges PDF-Handbuch herunterladen.
Wenn das so weiter geht mit den spannend und preiswerten Synths für IOs, dann lege ich mir doch noch ein iPad zu. ?
@Flowwater Bei dem, was wirklich gute Synths für iOS im Vergleich zu Desktop-Versionen kosten, rechnet sich die Investition in ein iPad wirklich schnell. Gibt zwar auch diversen Schrott, aber auch etliche – richtig grandios klingende – Perlen! Also: DO IT! ?
@CloudSounds > Bei dem, was wirklich gute Synths für iOS im Vergleich zu Desktop-Versionen kosten, rechnet sich die Investition in ein iPad wirklich schnell. […]
Genau das ist auch meine Überlegung. Das aktuelle (normale) iPad mit 32 GByte ohne die Möglichkeit des Mobilempfangs kostet EUR 379,00. Und ältere Varianten sind auf eBay deutlich günstiger zu haben.
Allerdings müsste ich mich mal schlau machen, wie das mit den Anschlussmöglichkeiten der verschiedenen Varianten aussieht. Ich habe da so dumpf in Erinnerung, dass Apple quasie für jede Generation wieder neue inkompatible Stecker erfindet oder Anschlussmöglichkeiten gleich ganz weglässt.
@Flowwater Für Lightning iPad/IPhone: NUR originale Apple Lightning-Adapter kaufen – d.h. den Lightning USB-3 mit Ladeport in dem Fall. Alles andere ist sinnlos!
Funktioniert seit Jahren problemlos. Der Adapter macht oft sogar einen (stromversorgten) USB-Hub überflüssig.
Für USB-C ist die Sache deutlich relaxter, da es schon USB ist. Ein guter stromversorgter USB3 hub reicht da schon. Oder der Apple USB-C Multi-AV-Adapter mit Ladeport. Beides kostet in etwas gleich viel.
Ich hab allerdigns noch keine Erfahungen mit USB-C iPads, mein altes 2015 iPad Pro läuft noch so gut.
Richtig spanned wird es allerdings mit einem iConnectivityAudio2+ / 4+, die erlauben digitales streamen zwischen zwei Computern, d.h. z.B. das iPad als Outboard-Effekt in der Desktop-DAW einsetzen. Leider nicht billig.
Die MIDI2+ / 4+ können das zwar auch, aber mit deutlich weniger Kanälen, außerdem werden sie gerade ausgemustert, erhalten aber noch weiterhin Support.
soweit mal
:)
@Markus Schroeder verdammt, Markus war schneller :)
@Markus Schroeder PS: für Lighting-iPads gibt es im übrigen noch den Korg PlugKey als ultramobiles Mini-Interface: Audo-Out, MIDI-DIN-Eingang, Ladeport.
Aber es kann _jedes_ USB-klassenkomaptible Audio/MIDI-Gerät verwendet werden, man muss sich also nicht speziell was neues kaufen.
@Markus Schroeder Vielen lieben Dank für die ausführlichen Infos. ? ?
Das aktuelle (normale) iPad hat einen »Lightning«-Anschluss und es wird ein Lightning-zu-USB-C-Kabel mitgeliefert. In meinem Fall bräuchte ich evtl. noch ein Lightning-zu-USB-Kabel, weil ich keinen USB-C-Anschluss an meinem (Windows-)PC habe.
@Flowwater Ich denke, dass das aktuelle Einstiegs-iPad völlig ausreicht. Das hat noch einen Lightninganschluss. USB-C bieten nur die aktuellen Pro-Modelle. Mittels Lightning auf USB-Adapter kannst du bspw. deinen USB-Midi-Controller anschließen. Audio-Interfaces kannst du ebenfalls mit diesem Adapter anschließen. Das iConnectivity Audio 4+ benötigt bspw. keinen Adapter. Hier kannst du direkt das Ladekabel des iPads nutzen.
Wichtig wäre, dass du (beim Gebrauchtkauf) darauf achtest, dass das iPad einen 64Bit-Prozessor hat und mindestens iOS11 unterstützt, damit man AUv3 vollumfänglich nutzen kann.
@CloudSounds Seit dem 2020er Modell erst recht. A12 im Basis iPad, eines der geilsten Preis/Leistungsverhältnisse.
Gekauft. Keine Sekunde überlegt, AUv3, MPE, 8 €.
@Tai Also nach einigen Monaten gefällt er mir immer noch sehr gut. Akustisch. Die Optik ist z.T. echt gruselig. Schon der Font beim Namen schreckt mich manchmal ab das Ding zu spielen. ;) Rote Schrift auf schwarz in rotumrandeten Feldern bei der Soundauswahl, nee. An der Stelle würde mir ein schlichtes + und – als Alternative gefallen. So überdecken diese riesigen Soundnamen alles. Yonac sollte für die GUI jemanden dazunehmen und sich allein auf die Engines konzentrieren. Aber das hat wirklich nichts mit dem Sound zu tun, der ist prima. Und das ist eigentlich das Wichtigste.
Habe ebenfalls direkt zugegriffen. Hört sich auch brauchbar an. Mit den Effekten und Zufallsgenerator kann man auch nicht viel falsch machen.
Die GUI hat noch ein paar Macken, aber es reift halt beim Kunden, für den Einstiegspreis macht man nix falsch.
Hmmm vielleicht sollte ich meine Meinung gegenüber Apps und Tablets noch einmal überlegen. Bisher hab ich das immer nur als Spielzeuge abgetan, es aber noch nie als „richtiges“ Tool zum Musik machen angesehen. Ich hab allerdings auch nur Erfahrung mit Garage Band auf nen iPhone 5 und fand es total gruselig damals…
Klingt auf jeden Fall spannend :)
@SkandinAlien Auf dem iPhone machen leider die wenigsten Musik-Apps Spaß. Ist halt durch die Displaygröße bedingt. Auf einem iPad ganz anderes Erlebnis. Ich persönlich komme mit Touchbedienung deutlich besser klar, als mit Maus und Tastatur (Automation mit dem Finger malen sag ich nur).
Da die Geräte in den letzten Jahren ordentlich an Power zugelegt haben, findet man heute wirklich tolle, super klingende Apps. Klanglich sind die weit, weit weg von Kinderspielzeug. Dies gilt sowohl für Apps renommierter Hersteller von Synths oder Audiosoftware (bspw. KORG, Steinberg, AudioDamage) als auch für kleinere Entwickler die einen Fokus auf iOS haben (z. B. JimAudio, BramBos oder eben Yonac).
Der Synth der Thor hätte werden können. Das Upgrade von Magellan ist Klasse. Einer der besseren iOS Synths!