Der E-Mu Analogsynthesizer, der nur einmal gebaut wurde
Die Geschichte um das Projekt des polyphonen Analogsynthesizers Auditiy von E-Mu hat uns schon immer fasziniert, weshalb wir hier die wenigen bekannten Fakten nochmals zusammengetragen haben.
Persönlich habe ich erstmals von dem Projekt gehört, als ich Juni 2015 die Gelegenheit bekam, Dave Rossum persönlich zu interviewen. Dave Rossum war einer der Gründerväter der Firma E-Mu, die in den Achtzigern durch ihre Sampler zu Weltruhm gelangen sollte und mit dem legendären Sample-Drumcomputer SP-12 und SP-1200 heute noch in aller Munde ist. Der Werdegang der Firma E-Mu liest sich so spannend wie ein Krimi, daher kann ich das vierteilige Interview mit Dave nur wärmstens empfehlen.
Um nicht die ganze Story hier nochmals aufzuwärmen, sei nur soviel erwähnt. Zunächst war die kleine kalifornische Firma E-Mu (Electronic Music) vor allem auch Zulieferer anderer namhafter Synthesizer-Marken in USA. Durch die Erfindung eines Keyboards, mit dem man polyphone Synthesizer ansteuern konnte, kam man ins Geschäft mit Oberheim und später mit Sequential Circuits, die dieser Erfindung schließlich für den Prophet-5 einsetzten, der weltweit enorm erfolgreich wurde.
Durch den überraschend einsetzenden Geldfluss durch Lizenzeinnahmen fühlte sich Dave Rossum bestärkt, ein eigenes polyphones Synthesizerprojekt anzugehen, das den Namen E-Mu Auditiy bekommen sollte. Die Idee zu diesem 16-stimigen Analogsynthesizer war bereits ein Jahr zuvor von Peter Baumann (Tangerine Dream) an Dave herangetragen worden, der 1978 mit der Ausarbeitung und Umsetzung eines ersten Prototyps begann.
Was dann geschah, erzählte uns Dave Rossum in Teil 2 des Interviews:
Peter:
Habt ihr auch an einem eigenen neuen Synthesizer gearbeitet?
Dave:
Zu dieser Zeit entwickelten wir den E-MU Audity, einen klassischen analogen Synthesizer mit 16 Stimmen, aber bereits CPU-gesteuert, den wir im Mai 1980 auf der AES Show vorstellten. Doch dann kam es zu einem überraschenden und einschneidenden Rückschlag. Sequential Circuits beschloss, uns keine Lizenzgebühren für den Prophet-5 mehr zu zahlen.
Dave:
Laut unseren Anwälten würde sich ein Verfahren über mehrere Jahre hinziehen und uns ziemlich teuer zu stehen kommen. Der Audity hätte Jahre gebraucht, bis er die Einnahmen generiert hätte, die wir brauchten. Konnten wir uns ein anderes Produkt auf die Schnelle überlegen? Dies war die Geburtsstunde des Emulators.
Bedenkt man den Umstand, dass der E-Mu Audity als direkter Konkurrent zum Sequential Prophet-5 gedacht war, wird zumindest ein wenig verständlicher, warum Dave Smith indirekt kein Projekt finanzieren wollte, das das Aus des eigenen Flaggschiffs zum Ziel hatte. Auf der anderen Seite war der Verkaufspreis für ca. 70.000 USD angesetzt worden. Inflationsbereingt wären das heute deutlich mehr als 200.000 USD. Dieser Umstand war letztendlich sicher auch für den Abbruch des Projekts verantwortlich, denn ein Bestseller wäre der E-mo Audity zu diesem Preis 1980 ganz sicher nicht geworden.
Auf der anderen Seite hätte es wohl nie die genialen E-Mu Sampler gegeben, hätte der E-Mu Audity die Serienreife erlangt.
Es blieb also beim Prototyp des Analogmonsters, der 1980 auf der AES Show erstmals vorgestellt wurde. Als wir Dave nach dem Verbleib dieses Prototyps befragten, konnte er dazu keine Auskunft geben – der Synthesizer war in den Wirren der Übernahme von E-Mu durch Creative Labes spurlos verschwunden.
2017 tauchte dieses Modell allerdings wieder auf, im NATIONAL MUSIC CENTRE in Kanada steht es nun gut erhalten (aber nicht funktionsfähig) in einer Ausstellung.
Erwähnenswert wäre noch, dass Dave Rossum 1998 mit einem E-Mu Proteus-Ableger eine kleine Hommage widmete. Der E-Mu Audity 2000, so der offizielle Name des Proteus-Expanders, hat allerdings, bis auf den Namen, keine Ähnlichkeit zu dem Analog-Saurier von 1980.
Was ein Gerät. Vielleicht möglich zu einem vernünftigen Preis mit heutiger Technik? Warum repariert keiner das einzige Gerät in Kanada? Ulli Kauf bitte das Museum und clone das Teil.
Der würde mir auch gefallen.
Tolle Farbkombination.
Schön das es immer noch Maschinen gibt die man einfach nur bestaunen darf :-)
Ähnliche Knöpfe nutzt Dave Rossum heute noch bei seinen Euroracks :)
@Tyrell und es ist immer eine Freude die in die Hand zu nehmen!!!
Kann ich auch nicht nachvollziehen, warum der einzige Prototyp nicht reaktiviert und spielbar gemacht wird. International gesehen gibt es durchaus Elektronik-Revisions-Koryphäen die sich diesem historischen Stück gerne widmen würden. Im SMEM in der Schweiz wäre der wohl besser aufgehoben.
@Sensimood Da hast du vollkommen Recht. Das Problem ist nur, wenn etwas museal ist ändern sich die Spielreglern. Da gibt es eine schönen Berricht über das Jean Tinguley Museum und seine kinetischen Maschinen. Das da was kaputt geht ist ja ganz normal und Jean Tinguley hat dann einfach ne Schraube ausgetauscht, wenn es sein musste und gut war. Da es jetzt aber ein Museumstück ist, geht das nicht mehr so einfach, weil das Werk verändert werden könnte. Es geht darum zu bewaren und jede Schraube die getauscht wird ist deswegen ein riesen Aufwand. Ähnlich stellle ich es mir auch mit dem EMU vor.
@Sensimood hab gerade ein wenig recherchiert – siehe meinen post unten.
kleine Info für die redaktion.die klangerzeugung war wahrscheinlich in einem externen rack untergebracht (siehe anschlüsse). außerdem schreibt greatsynthesizers:
„Kurz nach Aufgabe des Projekts wurden die vorhandenen Sound-Karten entnommen und in abgespeckter Variante von diversen Musikern (Peter Baumann, Pat Gleeson) zum Einsatz gebracht.“
wenn das stimmt, dürfte es quasi unmöglich sein den audity wieder zum laufen zu bringen. trotzdem schön, dass ihr den auditiv hier nochmals erwähnt, so wird amazona immer mehr zum wiki für vintage-synths jeglicher couleur. vielen dank dafür.
@fritz808 Chris Franke hatte ebenfalls jahrelang ein E-Mu Systems programmable voice board in seinem Moogt-Rack. Interessant wäre es zu wissen, wie a) das Baumann-System aussah, b) welche Komponenten davon in den von Andreas Bahrdt entwickelten Computer-Synthesiser einflossen und was c) aus dem Bahrdt-Gerät wurde.
„[…] Als wir Dave nach dem Verbleib dieses Prototyps befragten, konnte er dazu keine Auskunft geben – […]“
Was schon ein bißchen komisch ist, wenn man bedenkt, daß die Audities-Collection von David Kean nach dem E-Mu Audity benannt wurde, der in dieser Sammlung gelandet war. Und das war schon in den späten 1990ern der Fall.
Spannender Beitrag, danke!
Bei Dave Rossum habe ich übrigens immer angenommen, es handele sich um einen Künstlernamen. Dass ein Konstrukteur avantgardistischer Geräte ausgerechnet denselben Familiennamen trägt wie der Hersteller der Roboter in dem namensgebenden Theaterstück „R.U.R.“ (Rossum’s Universal Robots) von Karel Čapek, war mir zu viel des Zufalls. :)
Einfach zu Behringer klopfen gehen, die sagen sofor jup……