Moog Synthesizer im Orgel Lookalike
Leider gelingt es uns nicht, jeden Vintage-Synthesizer, den wir gerne vorstellen wollen, auch im Original in die Finger zu bekommen. Da aber unsere Community immer weiter wächst, werden wir von Zeit zu Zeit quasi „Snapeshots“ von seltenen Units veröffentlichen, ein paar Fakten zusammentragen und mit eurer Hilfe auch durch persönliche Erfahrungen ergänzen.
Inhaltsverzeichnis
Der Moog, der aussieht wie eine Mini-Orgel
Den Anfang machen wir mit dem Moog Satellite Synthesizer aus dem Jahr 1973.
Drei Jahre nach der Veröffentlichung des legendären Minimoogs wollte man mit dem Moog Satellite den Portable-Organ-Markt für sich gewinnen. Entsprechend packte man den Moog Satellite in Holzgehäuse, dass dem Look & Feel ähnlicher gearteter Zeitgenossen entsprach. Üblicherweise wurden die kleinen E-Orgeln als Ergänzung eines Keyboard-Sets oben auf das Masterkeyboard gesetzt (z. B. ein Rhodes).
Zur Klangerzeugung des Moog Satellite
Der Moog Satellite verfügt nur über einen VCO, ein resonanzfähiges Filter und eine Hüllkurve. Die Bedienung fällt entsprechend rudimentär aus. Und trotzdem kann man dem Moog Satellite eine erstaunliche Bandbreite an schönen Mono-Sounds entlocken:
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Die Preset-Bänke
War der Minimoog-User noch gewohnt, jeden gewünschten Klang neu zu registrieren – was vor allem Live ein nicht zu unterschätzendes Problem darstellte – verfügt der Moog Satellite über eine Reihe von Presets, die sich über die Kippschalter unterhalb der 37-Noten Tastatur abrufen lässt.
Unterteilt in Brass, Reed und Strings plus Bell und Lunar, kommt man so auf 12 verschiedene Klänge.
Modulationen
Ebenfalls über Kipptaster wurde die Oktavwahl realisiert sowie diverse Modulationsmöglichkeiten (siehe Bild).
Hier noch einige interessante Informationen von Stephen Parsick zum Moog Satellite:
Der Satellite bzw. die Idee, Moog einen Preset-Synthesizer bauen zu lassen, ging auf Dave van Koevering zurück, der (glaube ich) Anfang der 1970er Moogs Sales Manager war und den Minimoog ins Feld geführt hatte.
Interessanterweise hat Van Koevering nach seinem Ausstieg bei Moog die Firma Vako gegründet, die das berüchtigte Orchestron baute. Später hat er wohl wieder für Moog Music gearbeitet und Memorymoogs unter dem Namen “Sanctuary“ an Kirchengemeinden verhökert…
In Freffs Artikel über Moog Music wird Bob Moog (sinngemäß) zitiert mit „Wir hatten einen gleichermaßen unfähigen Designer, der mit keinem Hilfsmittel der Welt einen geraden Strich hinbekommen hätte und mit dem zusammen setzten wir uns an einen Preset-Synthesizer, der dem ARP Soloist Paroli bieten sollte. Das wurde dann der Satellite.“ Ob der Satellite irgendwas mit dem Lyra/Apollo/Taurus-Dreigestirn zu tun hatte, das Keith Emerson damals testen durfte, weiß ich allerdings nicht mehr genau. Ich hatte vor Jahren mal die Gelegenheit, einen hervorragend erhaltenen Satellite kaufen zu können, habe mich dann aber doch für den ARP Pro/DGX entschieden.
Die interessanteste Info ist bestimmt, dass dieses Gerät mit das kommerziell erfolgreichste Moog-Produkt gewesen sein dürfte, da das Design an die Thomas Organ Corporation lizensiert wurde, reichlich Tantiemen flossen, was wiederum dafür sorgte, dass Moog Music auf dem Papier ein prosperierendes Unternehmen war – allerdings nur einmalig, durch den Lizenzdeal. Das hat aber wohl gereicht, um Bill Waytena Moog Music an Norlin weiterverkaufen (oder besser: andrehen) zu können.
Ach ja, und den Spin-Off zum Satellite, den Minitmoog, gab es auch noch. Der ist allerdings wohl unglaublich selten und noch seltener noch funktionsfähig, weil irgendwelche Komponenten aus Schaumgummi gefertigt waren, die nicht wirklich haltbar waren (in der Aftertouch-Mechanik, glaube ich).
Famous User: Vangelis
In verschiedenen Foren liest man immer wieder, dass Vangelis den kleinen Moog eingesetzt hat. Leider konnte ich nicht herausfinden, auf welchen Alben der Moog Satellite zu hören ist.
Anschlüsse
USB, MIDI und CV/Gate … hat er leider nicht. Wohl aber einen Eingang, um das Filter auch für externes Material zu verwenden. Ansonsten gibt es nur zwei Audioausgänge und wohl einen Pedaleingang, bei dem ich vermute, dass sich damit die Lautstärke kontrollieren lässt.
Insider Know-how zum Moog Satellite
Im Netz findet sich auf elektropolis.de von Dirk Matten ein zeitgenössischer Artikel (Entstehungsjahr ca. 1987/1988) zum „Auf- und Abstieg der Firma Moog“, der von Connor Freff Cochran, einem ehemaligen Moog Mitarbeiter verfasst und von Wieland Samolak für das Synthesizerstudio Bonn übersetzt wurde.
Mit Genehmigung von Dirk hier nun ein Absatz aus der deutschen Übersetzung, in dem der Moog Satellite erwähnt wird:
Van Koevering stellte fest, daß wir einen Preset-Synthesizer brauchten, etwas ähnliches wie der ARP ProSoloist. Ich fing im Dezember 1971 an. Ich hatte einen Zeichner, der keine geraden Linien ziehen konnte, nicht mit allen Hilfsmitteln dieser Welt, und einen entsprechend unfähigen Designer. Im Juni hatten wir irgendwie einen Prototypen namens Satellite. Bei der NAMM im Juni 1973 wurde er auf einer Wurlitzer-Orgel stehend vorgeführt, und jeder einzelne Orgelhersteller kam und fachsimpelte unsicher darüber. Ein heißes Produkt. Aber es war nicht in Produktion. Waytena beschloß, die Herstellungsrechte zu verkaufen und hatte Ende Sommer einen dicken Fisch an der Angel. Sie wollen erstaunliche, erschreckende, unfaßbare Verkaufszahlen hören? Die Thomas Organ Company unterschrieb, daß sie Satellites in ihre Orgeln einbauen und pro Stück $ 15 Tantiemen zahlen würde. Und das sie 5.000 eigenständige Satellites bauen und pro Stück $ 75 zahlen würde. Pro Stück. Der kalkulierte Endverbraucher-Preis lag bei $ 500. Dies bedeutete, daß die Musikgeschäfte $ 300 zahlten, was hieß, daß die Herstellung nicht mehr als $ 180 kosten durfte, um rentabel zu sein. Aus diesen $ 180 saugte sich Waytena $ 75. Eine rasante Rendite. Der normale Tantiemen-Anteil solcher Produkte liegt bei 5% des Großhandelspreises. In diesem Fall lag er bei mindestens 40%.
Im Geschäftsbericht des kommenden Jahres gab es bei Moog Music einen Posten zusätzliche Einkünfte – $ 375.000. Das waren die Tantiemen. Mit den anderen Einkünften addiert und gegen die Kosten aufgerechnet ergaben sie den ungewöhnlichen Profit von mindestens 25%.
Aufruf
Nun würden wir uns freuen, wenn sich der eine oder andere Besitzer eines Moog Satellite hier zu Wort meldet und seine eigenen Erfahrungen zum Besten gibt. Gleich im Voraus schon mal ein dickes Danke :)
Und ebenso ein besonderer Dank für die schönen Bilder des Moog Satellite an Andreas Hamm von 45music.
Nettes „One Trick Pony“ mit der klassischen Früh70er Soundästhetik. Nicht reizlos.
Also bei mir im Studio steht seit ein paar jahren ein Satellite rum. Ich hab den recht günstig bekommen. Obwohl er nicht sehr viel kann- er klingt definitiv nach Moog und er macht richtig Spaß!
Das verlinkte Video triffts sehr gut!
Übrigens wurde der Satellite, der auf den Fotos zu sehen ist irgendwie modifiziert. Die zwei Potis sind nicht original. Würd mich interessieren, was das ist, vermutlich aber Cutoff und Resonance.
Falls ich euch meinen Satellite für einen Test zur Verfügung stellen soll, müsst ihr es nur sagen….
@k-langwerkstatt Tolles Angebot, aber den Satellite haben wir jetzt schon abgefeiert. Vielleicht gibt es ja in deiner Sammlung noch andere Objekte, die uns auf AMAZONA.de noch fehlen :) ?
@Tyrell Ich hab mal die Suchfunktion bemüht. Fast alles, was ich an Synths hab, habt ihr schon getestet. Allerdings finde ich keine Einträge zum wunderbaren Korg Micro-Preset (in meinem Fall der M500SP mit allen Overlaykarten) und auch nichts zu dem recht seltenen Farfisa Syntorchestra 4…. Und der Hohner Keyboardbass wär auch noch so ein Kandidat.
Kannte ich nur dem Namen nach, vielen Dank. Der Filter-Anschluss ist wohl eher ein Frequency-Control-Input als ein Audio-In; er ist ja auch als ‚Filter-Control‘ gekennzeichnet. Leider wird nichts über die ‚Accessory‘-Buchse erwähnt; welches Zubehör könnte da wohl gemeint sein? Leslie-Control? CV/Gate für einen zweiten Satellite?
@Son of MooG Laut Bedieungsanleitung gab es da wohl mal ein Fußpedal von Moog für den Accessory-Anschluss um „diverse“ Synthesizerfunktionen zu kontrollieren. Mit Leslieanschluss hat das m.E. nichts zu tun. Leslieanschlüsse sehen anders aus. Und anscheinend gab es ebenfalls ein Pedal um das „Timbre“ des Filters zu beeinflussen (Filtercontrol).
@k-langwerkstatt Hier die Beschaltung des Ext. Accessory Socket:
Pin 1: +9V
Pin 2: Gnd
Pin 3: -9V
Pin 4: CV in for VCO
Pin 5: CV in for VCF (via Ext. Filter jack)
Pin 6: not connected
Wenn also etwas im Ext. Filter jack steckt, so hat das Vorrang vor dem Ext. Accessory Socket.
Quelle: Service Manual
@Son of MooG Korrekt, hätte ich mal die Augen aufgemacht :)
@Tyrell Macht doch nix :-)
Faszinierend. Zu den Nutzern des Satellites gibts Literatur, Analog Synthesizers: Understanding, Performing, Buying. Steve Winwood, Saga und für mich offensichtlich Jean Michel Jarre und eben Vangelis. Leider ist die Webseite nicht mehr auffindbar, im Buch werden als Klangbeispiel Tracks 43 -45 und 54 – 55 referenziert.
Ach ja, ich habe da auch noch eine Thomas Celebrity Orgel herumstehen, die ich seit Jahren restaurieren wollte. Der Grundsound ist ganz schön, auch der des Moog-Synthesizers, der auch den originalen 24dB Ladder-Filter verwendet.
Aber hier sieht man, dass bei Thomas ordentlich der Rotstift angesetzt wurde und das machte es extrem wartungsunfreundlich bei den Steckverbindungen, Potis und Schaltern. Skurril ist das Ganze aber schon.
Schöner Holzlook und mit dem richtigen Hall dahinter klingt das auch. Die verträumten Reed-Sounds erinnern an Kitaro. Ich denke trotzdem, dass man von einem Micromoog oder speziell einem Prodigy mehr hat, wenn man den Moog-Sound will. Bei den Presetkisten hatte damals ARP die Nase vorn mit dem Pro Soloist. Konzeptionell und auch klanglich, denn einige der Pro Soloist-Klänge lassen sich mit keinem Odyssey nachbauen.
Klingt schön durchsetzungsfähig. Für das kleine Geld mehr als OK.
Wenn man sich im Vergleich den ARP Pro Soloist preislich anschaut, dann wird es einem schlecht.
Gut über 2000 Euro auf der elektronischen Bucht und dann noch aus den USA. Möchte nicht wissen was das Ding kostet, wenn es ankommt.
Das muss aber Sammlerliebe sein ;)
Vangelis wird den Satellite auf Alben wie Albedo 0.39 oder Heaven & Hell verwendet haben, allerdings nicht herausragend und unverkennbar als Moog Satellite — die technisch große Umstellung bei Vangelis erfolgte mit Spiral und der Einführung von Roland System 100 und Yamaha CS80, davor benutzte er wohl alles, was ihm a) musikalisch sinnvoll erschien und ihm b) in die Hände fiel.
Es wäre interessant zu erfahren, welchen Zweck die beiden nachgerüsteten Drehregler bei obigem Satellite haben.
Ach ja, eine Gemeinsamkeit mit dem Lyra-Monosynthesiser: Die verwendeten Faderkappen. Ist doch schonmal was.
wenn schon Preset-Synth, dann lieber Roland Promars
@SynthNerd promars hat zwar presets, ist aber voll editierbar
@dilux also neben dem geilen Klang noch ein Grund ihn dem Satellit vorzuziehen :-)
(ist ja ’ne komische Uhrzeit, um Kommentare zu schreiben ;-)